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Depression – Wie bekomme ich einen Therapieplatz?

Zeit um dankbar zu sein

Psychische Erkrankungen sind in vielen Fällen gut behandelbar. Mittels einer Psychotherapie kann vielen Betroffenen geholfen werden. Der Haken dabei? In Deutschland wartet man laut Bundespsychotherapeutenkammer durchschnittlich fünf Monate lang auf einen Psychotherapieplatz. Die Betroffene Nora Fieling hat selber die Erfahrung gemacht, dass sich die Suche nach einem Therapieplatz als sehr schwierig erweisen kann. Im Gastbeitrag für selpers erzählt sie über ihre eigenen Erfahrungen und klärt auf, wie Betroffene einen Therapieplatz finden können.

Wenn man bei sich selbst eine Depression vermutet oder diese diagnostiziert wird, ist das so schon eine enorme Herausforderung. Der Marathonlauf, um einen Therapieplatz zu finden erschwert das Ganze noch einmal mehr.

So ging es auch mir. Meinen ersten Therapieplatz erhielt ich relativ schnell, was daran lag, dass ich in einer Kleinstadt wohnte, wo gerade eine Praxis neu eröffnete. Doch ein paar Jahre später sah das ganz anders aus: Ich war Anfang 20 und war inzwischen nach Berlin gezogen, legte mir meine Hausärztin wg. einer erneuten depressiven Krise eine Psychotherapie nahe. Nach 10 Absagen und nicht erreichten Therapeut*innen gab ich auf. Ich hatte keine Kraft, keine Motivation mehr. Es erschien mir sinnlos. So verschleppte ich in den darauffolgenden Monaten meine Symptomatik.

Inzwischen bin ich 36 Jahre, seit ca. vier Jahren bezügl. der Depression genesen und ich arbeite mit anderen Betroffenen zusammen. Unter anderem unterstütze ich sie bei der Suche nach einem Therapieplatz. Nachfolgend also ein paar Tipps, damit auch Du zeitnah eine*n Psychotherapeut*in findest:

  • Zunächst kannst Du Dich an Deine Krankenkasse wenden, damit Dir diese Kontaktdaten von Psychotherapeut*innen in Deiner Nähe zukommen lassen. Leider sind diese Listen nicht danach sortiert, ob die jeweiligen Therapeut*innen freie Plätze haben oder nicht.
  • Ebenso ist das Prozedere bei den Terminservicestellen der kassenärztlichen Vereinigung, die Du via Google für jedes Bundesland findest. Dieser gehören alle Vertragspsychotherapeut*innen des jeweiligen Bundeslandes an. Sie sind gemäß §75  Abs. 1 SGB V und §73 Abs. 2 SGB V für die flächendeckende ambulante ärztliche und psychotherapeutische Versorgung von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung zuständig. D.h., dass diese Dir innerhalb von einer zumutbaren Zeit einen Psychotherapieplatz vermitteln müssen. Du darfst hierbei natürlich mitbestimmen, um welches Therapieverfahren es sich handelt und auch, ob Du lieber zu einem Mann oder einer Frau in Therapie gehen möchtest. Doch auf die Entfernung zu Deinem Zuhause hast Du keinen Einfluss. Das ist vor allem für Menschen hinderlich, die nicht mobil sind oder aufgrund einer weiteren Erkrankung (z.B. Angststörung) eingeschränkt sind, was die Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln betrifft.
  • Online findest Du via der „Weißen Liste“ weitere Psychotherapeut*innen. Anhand einer Suchmaske kannst Du die Fachrichtung und die Postleitzahl erhalten und erhältst entsprechende Ergebnisse. Manche der Therapeut*innen sind ähnlich wie bei anderen Ärzt*innenportalen bewertet, was kritisch zu bewerten ist, da dies natürlich total subjektiv erfolgt. Das was die eine Person toll und hilfreich findet, kann bei Dir total anders sein.
  • Die Website therapie.de finde ich selbst am besten. Denn da kannst Du neben den bewährten Suchkritierien, wie PLZ, Verfahren und Geschlecht, auch angeben, wie lange Du bereit bist zu warten. In dem Fall werden Dir dann auch nur diejenigen Therapeut*innen angezeigt, die freie Kapazitäten haben. Eine Garantie ist das dennoch nicht, da alle Therapeut*innen selbst dafür verantwortlich sind, ihre Seite aktuell zu halten. Hierüber habe übrigens auch ich im Herbst 2020 meine Psychotherapeutin innerhalb weniger Wochen gefunden.
  • In größeren Städten gibt es sogenannte PIA´s. Die Abkürzung gibt es einmal für Psychiatrische Institutsambulanzen und einmal für Psychotherapeutische Institutsambulanzen. Letztere sind an Hochschulen angebunden und sind die Ausbildungseinrichtungen für Therapeut*innen in Ausbildung. Diese haben ihr Psychologie- oder Medizinstudium abgeschlossen und machen nun die Zusatzausbildung, damit sie auch psychotherapeutisch arbeiten können. Auch dies habe ich vor ein paar Jahren mal genutzt und innerhalb weniger Wochen einen Platz erhalten.
  • Wenn all das nicht funktioniert und Du von mindestens fünf kassenzugelassenen Therapeut*innen keinen Termin innerhalb von drei Monaten erhalten hast, wäre das Kostenerstattungsverfahren eine Möglichkeit. Das bedeutet, dass Du eine Psychotherapie in einer Privatpraxis machst. Hierbei teilst Du Deiner Krankenkasse mit, welche Psychotherapeut*innen Du angerufen bzw. gemailt hast und wann diese erst einen Termin in Aussicht gestellt haben. Vor allem der Nachweis über einen weit entfernten Termin ist ein entscheidender Punkt für die Kostenübernahme. Die Kasse ist nun verpflichtet, Dir einen kassenzulässigen Platz innerhalb einer Woche zu vermitteln. Ist dies nicht möglich, kannst Du Dir ein*e Privattherapeut*in suchen. Von dieser benötigst Du eine schriftliche Bestätigung über die Notwendigkeit einer Behandlung und die Angabe, dass zeitnah ein Platz frei ist. Dies leitest Du an Deine Krankenkasse weiter und gibst in diesem an, dass Du die Übernahme der Kosten nach §13,3 Sozialgesetzbuch (SSGB) V beantragst. Bevor Du die Therapie anfängst, empfehle ich Dir auf jeden Fall, die schriftliche Bestätigung Deiner Kasse abzuwarten.

All diese Schritte sind gewiss nicht leicht und daher wünsche ich Dir viel Kraft – für Deine Genesung und dabei, einen passenden Therapieplatz zu finden. Vielleicht gibt es in Deiner Stadt in Selbsthilfe-Kontaktstellen oder Psychosozialen Kontakt- und Beratungsstellen auch sogenannte Peer-Berater*innen, die Dich bei der Suche nach einem Therapieplatz unterstützen können!?

Anlaufstellen in Österreich

Anlaufstellen in der Schweiz

Nora Fieling

Nora Fieling arbeitet haupt- wie ehrenamtlich in verschiedenen psychosozialen Projekten. Sie gibt Workshops, hält Vorträge und ist Ansprechpartnerin für Betroffene, Angehörige als auch (angehende) Multiplikator*innen im sozialen Bereich. 2020 veröffentlichte der Starks-Sture-Verlag ihr erstes Buch „Depression – und jetzt? Wegweiser einer Erfahrungsexpertin“, in welchem sie fachliche Informationen über Depressionen in einen fachlichen Kontext setzte. Auf ihren Social-Media-Kanälen leistet die Autorin einfühlsam und kompetent Informations- und Aufklärungsarbeit.

 

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Autorin: Nora Fieling

Bildnachweis: Steffen Roth | Andrea Katheder