Sich die Haare zu färben, hat eine lange Tradition: Bereits in der Altsteinzeit wurde dazu rotes Eisenoxid aus dem Boden verwendet. Im alten Rom hingegen trugen die Menschen eine Mischung aus Bleioxid und Löschkalk auf ihre Haare auf, um diese schwarz werden zu lassen. Die gesundheitlichen Auswirkungen des Schwermetalls Blei kann man sich lebhaft ausmalen und die Anwendung unserer heutigen Haarfärbemittel wirkt dagegen gefahrlos. Immer wieder werden jedoch Studien veröffentlicht, die auf einen möglichen Zusammenhang zwischen Haare färben und erhöhtem Brustkrebsrisiko hinweisen. Sollten wir also darauf verzichten, uns den Wunsch nach einer anderen Haarfarbe zu erfüllen?
Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen Haarfärbemitteln und Brustkrebs
Im Jahr 2019 wurde im International Journal of Cancer eine Studie veröffentlicht, in der die Fälle von Brustkrebs bei fast 50 000 US-amerikanischen und puerto-ricanischen Frauen analysiert wurden. Das Ergebnis: Sich die Haare zu färben, kann das Brustkrebsrisiko erhöhen. Und je öfter gefärbt wird, desto höher wird das Risiko. Unter schwarzen Frauen, die sich alle fünf bis acht Wochen die Haare färbten, war das Brustkrebsrisiko um 60% höher als bei Frauen, die ihre natürliche Haarfarbe behielten. Unter weißen Frauen hingegen erhöhte sich das Risiko nur um 12%, der Grund für den Unterschied ist nicht ersichtlich. Interessanterweise erhöhte sich das Risiko auch bei Frauen, die anderen die Haare färbten. Dies weist darauf hin, dass auch das Auftragen der Farbe kritisch sein kann. Allerdings ist die Aussagekraft dieser Studie eingeschränkt, da jeweils mindestens eine Schwester der Frauen an Brustkrebs erkrankt war und die Frauen deswegen eine gewisse familiäre Vorbelastung hatten.
Eine andere Studie, publiziert 2015 in der Zeitschrift PLOS ONE, zeigte ebenfalls, dass Haarfärbemittel das Brustkrebsrisiko erhöhen können. Dazu wurden über 6500 finnische Brustkrebspatientinnen befragt. Aus dem Anteil der Frauen mit gefärbten Haaren ging hervor, dass Frauen, die sich regelmäßig die Haare färben, gegenüber den Frauen, die keine Haarfärbemittel nutzen, ein um 23% erhöhtes Brustkrebsrisiko aufweisen.
Diese beiden exemplarischen Studien sind jedoch nicht die einzigen, die sich dem Thema widmen. Um eine übergreifende Aussage treffen zu können, haben WissenschaftlerInnen 2018 im International Journal of Cancer eine Metaanalyse, also eine Zusammenfassung der Daten verschiedener Studien, erstellt. Aus den Ergebnissen von acht verschiedenen Studien, die sich mit dem Zusammenhang zwischen Haarfärbemitteln und Brustkrebsrisiko beschäftigen, geht hervor dass das Brustkrebsrisiko durch das Auftragen von Haarfärbemitteln insgesamt um 18,8% steigt.
Warum Haarfärbemittel das Brustkrebsrisiko erhöhen könnten
Die permanente Haarfärbung wird durch die Verwendung von Oxidationsmitteln wie zum Beispiel Wasserstoffperoxid erreicht. Diese dringen in das Haarinnere ein und zerstören die eigenen natürlichen Farbpigmente. Erst dadurch kann die Farbstoffbildung der gewünschten Farbe auf und im Haar erfolgen. Die Farbe wird so im Haar „eingeschlossen“ und kann nicht mehr herausgewaschen werden.
Haarfärbemittel bestehen aus über 5000 Chemikalien, unter anderem aromatische Amine und Azofarbstoffe. Manche Vertreter dieser Verbindungsklassen sind gesundheitlich unbedenklich, andere können jedoch krebserregende Effekte haben. Während des Färbeprozesses auf der Kopfhaut und durch den Verbleib der Farbe im Haar ist es möglich, dass solche Stoffe über die Haut in unseren Körper gelangen.
Hinweise auf die Unbedenklichkeit von Haarfärbemitteln
Allerdings gibt es nicht nur Studien, die den Zusammenhang zwischen Haare färben und Brustkrebs bestätigen. Beispielsweise fanden WissenschaftlerInnen, die die Ergebnisse ihrer Studie 2009 in der Zeitschrift Cancer Science veröffentlichten, kein signifikant erhöhtes Brustkrebsrisiko bei über 70 000 untersuchten chinesischen Frauen. Dies könnte auch daran liegen, dass die meisten chemischen Stoffe, die als krebserregend eingestuft sind, zunächst im Körper etwas umgewandelt werden müssen, um tatsächlich krebserregend zu wirken. Dies ist jedoch von Stoff zu Stoff unterschiedlich.
Wir dürfen uns auch bewusst sein, dass die zuständigen europäischen Behörden ein strenges Auge auf die Hersteller von Haarfärbemitteln haben. Denn ohne den wissenschaftlichen Nachweis von Sicherheit und Unbedenklichkeit der Inhaltsstoffe werden diese Produkte vom Markt ausgeschlossen.
Fazit: Es gibt tatsächlich Hinweise darauf, dass Haarfärbemittel das Brustkrebsrisiko erhöhen können. Doch die Studienergebnisse zu diesem Thema sind nicht immer eindeutig und kommen nicht zu einem einheitlichen Ergebnis. Besteht, zum Beispiel familiär bedingt, ohnehin ein erhöhtes Brustkrebsrisiko, sollten wir uns ganz genau überlegen, ob die Veränderung der Haarfarbe wirklich dringlich ist. Zumal es dann ja ganz besonders gilt, jegliche möglicherweise krebserregende Faktoren zu meiden. Generell ist aber nicht vom Färben der Haare abzuraten und es spricht nichts dagegen, dass wir einem neuen Modetrend folgen oder kleine Alterserscheinungen überdecken.