Die Kunst als Kraftquelle
Genau in diesen Momenten fand ich meinen Ausweg: die Kunst. Schon früh begann ich, mit Stiften und Skizzenbuch meine Gedanken zu ordnen. Ob Zeichnen, Schreiben oder absichtsloses Kritzeln (Doodel) – sobald mein Stift über das Papier fuhr, wurde mein Geist ruhiger. Ich erlebte kleine Inseln von Entspannung, Momente, in denen das Schwere ein Stück leichter wurde. Mein Stift gab mir Halt, lenkte meine Aufmerksamkeit, manchmal sogar meine gesamte Stimmung. Statt mich an meine Ängste zu klammern, suchte ich gezielt nach Sicherheitssignalen: einem freundlichen Blick, klaren Abläufen, Gesten der Unterstützung. Diese bewusste Ausrichtung ordnete etwas in mir – und erstaunlich oft kam Positives zurück.
Über die Jahre nutzte ich auch Kunsttherapie, um belastende Erfahrungen sichtbar und verarbeitbar zu machen. Was zu schwer war, um in Worte gefasst zu werden, durfte in Bildern eine Form finden. Ich lernte, Gefühle von außen zu betrachten und neu zu gestalten. Manche traumatischen Erfahrungen haben dadurch ihre Bedrohlichkeit verloren. Die Kunsttherapie hat mir ungeahnte Ressourcen gezeigt und mir geholfen, Wege zu finden, wo ich zuvor keine sah. Dafür empfinde ich bis heute tiefe Dankbarkeit.
Auch zuhause bleibt das kreative Tun mein heilsamer Rückzugsort. Besonders das Zeichnen, Illustrieren und die textile Kunst schenken mir Ruhe und innere Freiheit. Wenn meine Hände etwas gestalten, kann ich loslassen, träumen, verarbeiten. Bilder werden zu Spiegeln meiner Gefühle und öffnen Türen zu neuem Verständnis. Egal ob Sorgen, Hoffnungen oder Fantasien – all das bekommt Gestalt und darf bleiben. Was ich einmal durch kreatives Arbeiten gewonnen habe, kann mir niemand mehr nehmen.
Gemeinschaft und neue Räume
Ich habe zudem erfahren, wie wohltuend kreatives Schaffen in Gemeinschaft ist. 2016 gründete ich mit vier weiteren Künstlerinnen einen Kunstkreis. Dort inspirieren wir uns gegenseitig, tauschen Erfahrungen und lernen voneinander. Es tut gut, diese Reise nicht allein zu gehen – und jedes gewählte Thema eröffnet neue kreative Räume.
Auf meiner Entwicklungs- und Kunstreise habe ich auch oft erlebt, dass mir das Kreatives Tun in der Gruppe guttut. Daher habe ich 2016 einen Kunstkreis mit weiteren Künstlerinnen gegründet. Wir inspirieren uns gegenseitig, tauschen uns regelmäßig aus und lernen voneinander. Jeweils einen Zyklus lang arbeiten wir gemeinsam an einem gewählten Thema.
Heute weiß ich: Die Kunst hat mich unzählige Male gerettet. Sie schenkt mir Ruhe, Orientierung, Ausdruck und Hoffnung. Sie gibt meinem Leben Farbe, wo Krankheit oft Grautöne hinterlässt. Und sie erinnert mich daran, dass auch in den schwersten Momenten Kraftquellen in uns liegen, die wir nur entdecken müssen.
Persönlicher Tipp
Ich habe immer ein paar Stifte und Papier meist in Form eines kleinen Skizzenbuches oder Heftes mit dabei. Das kann ich überall, wo ich warten muss einfach herausnehmen und zum „Doodeln“ (deutsch Kritzelei oder Gekritzel).
Danke, dass du deine Geschichte mit uns teilst, Ursula.