Die Diagnose Brustkrebs löst Angst und Sorgen aus. Eine Unmenge an Fragen taucht auf und das Gedankenkarussell beginnt. Hier finden Sie die wichtigsten Fragen und Antworten aus dem Kurs “Angst und Brustkrebs” übersichtlich zusammengefasst.
Angst bei Brustkrebs verstehen
Was passiert bei Angst im Körper und welche körperlichen Symptome kommen bei Angst häufig vor?
Grundsätzlich muss man sagen, dass Angst ein sehr wichtiges Gefühl ist. Ohne Angst wären wir alle schon ausgestorben; man hätte sich ohne die Angst voller Mut schon in schrecklichste Gefahren hineingestürzt. Angst ist somit eine wichtige Emotion; Angst kommt jedoch bei Krankheiten wie Brustkrebs natürlich in einer sehr extremen Form vor. Schon beim ersten Ansprechen eines Verdachts für Brustkrebs entsteht eine ganz reale Angst, dass es sich um eine schwere Krankheit handelt und man dadurch sterben könnte. Das ist natürlich eine sehr große Angst, welche am Anfang entsteht, wenn es noch gar keine Befunde gibt bzw. ganz wenige Verdachtsmomente; es ist für die meisten Leute sehr schwierig, damit umzugehen. Viele Betroffene erstarren dabei fast und müssen innerlich erst wieder in Bewegung kommen; meist bekommt man in dieser Situation einen ganz engen Fokus auf das, was gefährlich ist und dann muss man nach und nach erst wieder ein bisschen weiter werden, um selbst wieder aktiver und kontrollierender in den Prozess eingreifen zu können.
Welche Arten von Angst gibt es?
Bei Brustkrebs kämpfen wir vor allem gegen zwei Arten von Angst. Das Eine ist eine ganz reale Angst; das ist die Angst, wie die Krankheit verlaufen wird, wie krank man wirklich ist, wie die Langzeitprognose aussieht, ob man tatsächlich selbst an der Krankheit sterben kann und ob man dann seine Angehörigen verliert bzw. ob man seine Kinder aufwachsen sehen kann. Das sind ganz konkrete Ängste. Mit dieser Angst geht man so um, dass man viele Informationen dagegen anbietet. Im Laufe der Behandlung kommen immer mehr Informationen dazu; das kann auch die Angst nehmen. Die zweite Angst, mit der wir gemeinsam mit den Patienten und Patientinnen sehr zu kämpfen haben, ist die Erwartungsangst. Dabei tauchen Fragen auf, was vielleicht irgendwann einmal kommen könnte oder was passiert, wenn ein gewisser Fall eintrifft. Das fühlt sich in etwa so an, als würde man mit einem Bein auf den Zehenspitzen stehen; dieses „könnte“ und „wäre“ – diese Möglichkeitsformen – geben ganz wenig Sicherheit. Erwartungsangst ist etwas, womit schwierig umzugehen ist; darauf werde ich aber später nochmal genauer eingehen.
Was ist der Unterschied zwischen Angst und einer Angststörung?
Grundsätzlich ist der Unterschied bei Angststörungen, dass das bei betroffenen Menschen üblicherweise mindestens ein halbes Jahr dauert. Zudem richten sie sich oft gegen ganz alltägliche Dinge. Dabei hat man z.B. Angst, vergessen zu haben, das Fenster zu schließen. Im Gegensatz dazu steht die konkrete Angst – die lässt sich festmachen und da lässt sich tatsächlich ein realer Hintergrund ausmachen. Damit muss man anders umgehen als mit Menschen, die unter Angststörungen leiden.
Wie kann ich mich verhalten, wenn mir die Erzählungen anderer Patientinnen Angst machen?
Es wird immer wieder vorkommen, dass Sie zum Beispiel in einem Wartezimmer sitzen oder sich auf einer onkologischen Rehabilitation befinden. Da wird es so sein, dass Ihnen andere Menschen ihre persönliche Krebsgeschichte erzählen oder die Geschichte von ihrer Cousine, die auch Brustkrebs gehabt hat; das sind alles Dinge, die Angst machen können. Das hat jedoch nicht viel mit einem selbst zu tun; es gibt hier ganz unterschiedliche Ausgangssituationen. Es gibt ja nicht nur „den“ Brustkrebs, sondern es gibt sehr viele verschiedene Varianten von Brustkrebs. Wenn Sie in die Situation kommen, dass Ihnen Menschen ihre Geschichte erzählen wollen und Sie merken, es ist ihnen zu viel, dann sagen Sie Ihnen das höflich, aber bestimmt. Bitten Sie um Verständnis, kommunizieren Sie Ihre Angst und dass Ihnen das unangenehm ist bzw. dass Sie von etwas anderem (wie vom schönen Wetter oder den schönen Blumen im Zimmer) reden wollen.
Was kann ich gegen Herzklopfen/Herzrasen machen?
Herzklopfen und Herzrasen als Zeichen von Aufregung oder von Stress werden immer wieder vorkommen. Bitte wundern Sie sich nicht darüber – Angst macht sehr viel Stress und das kann manchmal Herzrasen verursachen. Versuchen Sie auch nicht unbedingt, in dem Moment ganz ruhig zu werden. Oft ist es viel besser, in so einer Situation diese Unruhe, die man verspürt, rauszulassen und zum Beispiel eine Runde flott spazieren zu gehen. Man kann außerdem jemanden anrufen und ihn darum bitten, sich mit einem zu unterhalten. Es ist auf jeden Fall besser, sich nicht in die Bewegungslosigkeit zu zwingen, sondern eher in die Bewegung zu gehen, um die Unruhe und den Stress abzubauen.
Hier geht es zum Video-Interview: „Angst bei Brustkrebs verstehen”
Angst nach der Diagnose
Wie geht es nach der Diagnose Brustkrebs weiter?
Die Diagnose entsteht durch eine Probenentnahme und eine histologische Sicherung von Brustkrebs. Davor besteht normalerweise eine Mammographieverdacht oder ein klinischer Verdacht, wenn man einen Knoten ertastet. Wenn die Probe schon gewonnen wurde und die Diagnose steht, wird man zu einem onkologisch tätigen Arzt überwiesen und dort erfolgt dann die Aussprache. Das ist das sogenannte Erstgespräch, in welchem der Erstkontakt hergestellt wird und wo man über die Diagnose spricht. Dabei wird auch die weitere Vorgehensweise besprochen und entschieden, welche Art der Therapie begonnen wird. In diesem Moment ist es ganz wichtig, wirklich auf die Diagnose und die Bedeutung dieser Diagnose einzugehen und möglichst viele Fragen zu stellen, damit diese auch beantwortet werden.
Was kann ich tun, wenn ich mich überfordert fühle oder das Gesagte nicht verstehe?
Es gibt unterschiedliche Unterstützungsmöglichkeiten; zuerst kann man immer beim Arzt des Vertrauens oder beim onkologisch tätigen Arzt nachfragen. Es ist wichtig, dass man wirklich versteht, worum es geht. Der Arzt ist in der Hinsicht natürlich die erste Ansprechperson; es gibt jedoch auch unterstützende Möglichkeiten wie psychologische Begleitbetreuung. Es gibt auch Gruppen, die im äußeren Bereich tätig sind. Weiters bietet die Krebshilfe psychologische Unterstützung im äußeren Bereich an und dann gibt es noch Patientinnengruppen, die in unterschiedlichem Ausmaß auch unterstützend dabei sein können.
Wie ist die Lebenserwartung bei Brustkrebs?
Die Lebenserwartung ist abhängig vom Stadium, in dem Brustkrebs diagnostiziert wird. Dieses Tumorstadium ist abhängig von der Tumorgröße und den Lymphknoten, die eventuell befallen sind und potentiellen Metastasen, welche zum Zeitpunkt der Diagnose feststellbar sind. Ein sogenanntes primär metastasiertes Mammakarzinom oder primär metastasierter Brustkrebs wird in 6-7% der Fälle diagnostiziert. Bei den meisten Diagnosen handelt es sich um Krebs im Frühstadium – das trifft auf 93% der Fälle zu. Die Prognose des Frühstadiums ist abhängig von der Primärtumorgröße und vom eventuellen Lymphknotenbefall; das besprechen Sie bei der Diagnose mit den behandelnden bzw. auch chirurgisch tätigen Ärzten. Zur Entfernung des Primärtumors gehören immer auch die Lymphknoten bestimmt, weil das auch in die Prognosebestimmung einfließt, wovon letztendlich die Prognose abhängig ist. Die Prognose eines frühen Mammakarzinoms liegt bei mehr als 80%, dass es zu keinem Wiederauftreten kommt; weder zu einem Auftreten von Fernmetastasen noch zu Rezidiven. Das fließt schlussendlich in das Gesamtüberleben ein – alle Maßnahmen, die man zur Therapie durchführt, führen zu einer Verbesserung der Prognose und zu noch besseren Ergebnissen.
Wie kann ich nach der Diagnose mit meinen Kindern über den Krebs reden?
Betroffene Frauen tun sich oft sehr schwer, mit ihren Kindern über Krebs zu reden; das fäll nicht nur den Betroffenen schwer, sondern auch den Partnern bzw. Partnerinnen. Grundsätzlich gilt die Regel, dass man als Erwachsene gemeinsam zu einem Standpunkt gelangt sein sollte und erst dann mit den Kindern reden sollte. Da können ruhig ein paar Tage vergehen; auch wenn die Kinder merken, dass was nicht in Ordnung ist, kann man das kommunizieren, dass man daran arbeitet und in zwei, drei Tagen ganz verlässlich Bescheid gibt, wenn man so weit ist. Hier kann man definitiv um ein bisschen Geduld bitten – das kommt natürlich auch auf das Alter der Kinder an. Wichtig ist, dass es vor niemandem Geheimnisse geben sollte, alle sollten informiert werden. Man kann sich hier auch Rat holen, wie man damit umgeht; es gibt zu diesem Thema sehr gute Broschüren bei der Krebshilfe. Zusätzlich kann man bei der Krebshilfe österreichweit Beratung dazu in Anspruch nehmen. Bei allen betroffenen Frauen ist die größte Sorge, was passieren könnte, wenn man tatsächlich früher sterben muss als eigentlich erwartet und als es dem eigenen Alter entsprochen hätte bzw. dass man die Sorge hat, die eigenen Kinder nicht aufwachsen sehen zu können. Das ist immer eine sehr schlimme Geschichte; aber was ich Ihnen sagen möchte, was mit ganz besonderes wichtig ist: Das, was Sie Ihren Kindern in den ersten beiden Lebensjahren voller Liebe, Aufmerksamkeit und Zuwendung mitgegeben haben, ist der wichtigste Baustein und die Grundlage Ihrer Kinder für den Rest ihres Lebens. Wenn Sie das geschafft haben, haben Sie etwas unendlich Wichtiges für das Leben Ihrer Kinder getan und das Wichtigste ist schon erledigt. Alles andere ist ein Geschenk – wenn Sie Ihre Kinder durch die verschiedenen Lebensphasen begleiten – aber diese ersten beiden Lebensjahre sind die wichtigsten. Wenn Sie das geschafft haben, haben Sie ganz Entscheidendes für das glückliche Leben Ihrer Kinder geschafft.
Wie kann ich mit der Ungewissheit besser zurechtkommen?
Im Laufe der Behandlung beziehungsweise der Nachbehandlung von Brustkrebs werden immer wieder Situationen auftreten, in denen die Angst einfach aufsteigt und in den meisten Fällen aber auch wieder abfällt. Das passiert speziell bei Kontrolluntersuchungen, welche am Anfang alle drei Monate stattfinden; vor Kontrolluntersuchungen wird die Angst natürlich immer wieder getriggert bzw. ausgelöst. In den Tagen vor einer Kontrolluntersuchung ist die Unruhe besonders groß, weil man sich unsicher ist, ob alles in Ordnung ist; da wird die Angst immer größer. Wenn die Kontrolluntersuchung dann vorbei ist und gut ausgegangen ist, fällt die Angst aber genauso schnell wieder ab. Die Angst wird vor Kontrollen oder Untersuchungen immer wieder in die Höhe gehen, aber je länger die Erkrankung hinter Ihnen liegt, desto kleiner ist der Anstieg und es wird im Laufe der Zeit auch immer weniger. Rechnen Sie aber bitte damit und stellen Sie sich darauf ein; diese Angst ist ganz normal.
Wie kann ich mit negativen Gedanken umgehen?
Ich bitte Sie darum, sich vor negativen Gedanken nicht zu erschrecken. Das ist ganz normal – wie wollen Sie es auch schaffen, bei der Diagnose Brustkrebs die ganze Zeit nur positive Gedanken zu haben? Die wohlgemeinten Ratschläge von Familie oder Freunden, man solle doch positiv denken können oft wirkliche Rat-Schläge sein, da das auf einen „einschlägt“ und viel Druck auslöst. Das hilft einem nicht weiter; natürlich sind negative Gedanken und Ängste da. Es hilft in der Regel sehr gut, diese negativen Gedanken, so wie man sie hat, einfach auszusprechen und klar zu kommunizieren, wenn man einen schlechten Tag hat und man diese panische Angst hat, dass man diese Krankheit vielleicht nie wieder loswird und daran sterben könnte. Man kann sein Gegenüber bitten, einfach mit einem darüber zu reden; das sind jedoch auch keine Profis, und so kann es gut sein, ihnen eine Art Gebrauchsanweisung zu geben und nur darum zu bitten, dass einem ohne Ratschlag zugehört wird und man vielleicht getröstet werden möchte. Da kann man ruhig sagen, dass man nicht mit seiner Angst abgewimmelt werden möchte, sondern dass man einfach in den Arm genommen werden möchte. Fürchten Sie sich nicht vor negativen Gedanken; diese verändern nichts an Ihren Krankheits- oder Gesundheitsaussichten.
Hier geht es zum Video-Interview: „Angst nach der Diagnose”
Angst und Brustkrebstherapie
Was kann ich tun, damit ich beim Arztgespräch nicht so nervös bin?
Was ich immer wieder empfehle ist, Fragen aufzuschreiben. Man sollte sich fragen, was man konkret in diesem Gespräch bzw. beim ersten Kontakt (und auch bei den weiteren Gesprächen) beantwortet haben möchte. Das sollte man sich dann aufschreiben, da im Gespräch selbst diese Fragen dann oft untergehen. Diese Vorbereitung ist wirklich das Allerwichtigste; man sollte wissen, was man sich von diesem Gespräch erwartet. Das hat sich wirklich als erfolgreich gezeigt; wenn man vorbereitet ist, kann man auch während des Gesprächs schauen, ob etwas vergessen wurde oder schon alle Fragen beantwortet wurden. Darüber hinaus stellt das auch eine Möglichkeit dar, eine Beziehung mit dem behandelnden Arzt aufzubauen; das ist meiner Meinung nach sehr wichtig.
Ich habe Angst vor Spritzen, was kann ich tun?
Die Angst vor Spritzen kann natürlich ein Thema sein. Manchmal kann man Spritzen vermeiden, manchmal auch nicht – aber man lernt, damit umzugehen. Wenn diese Angst sehr groß ist, gibt es die Möglichkeit, für die Therapien einen Port-a-Cath zu legen. Das ist eine Möglichkeit, den Zugang zu erleichtern; das ist relativ schnell erledigt und damit wird das Stechen erleichtert. Großteils ist es aber nicht vermeidbar; wenn man sich aber mit der Idee anfreundet, dass es sich um wirklich wichtige Therapien handelt, die so verabreicht werden und die den Weg zur Besserung und Heilung unterstützen, dann sieht man es oft nicht mehr so schlimm. Wenn es Schmerzen sind, vor denen man Angst hat, gibt es auch Pflaster, die man vorher an die Stelle, an der gestochen wird, anlegen kann; dadurch ist es weniger schmerzhaft und so entsteht weniger Angst. Auch das sollte angesprochen werden – so kann man in einer entsprechend ruhigeren Umgebung die Zugänge legen bzw. kann sich das Personal dementsprechend anpassen. also grundsätzlich ist es wichtig. Eine Angst vor Spritzen bedeutet nicht, dass das dann nicht machbar ist; es gibt immer gute Wege und wichtig ist letztendlich, dass die Therapie verabreicht werden kann. Nicht alle Therapien werden über Venen bzw. über Spritzen verabreicht; ein Teil davon sind auch Medikamente, da ist es dann natürlich gar kein Thema. Port-a-Cath als Zugang kann eine Möglichkeit sein; wenn es aber nicht absolut notwendig ist, dann kann man das auch vermeiden. Das muss im Gespräch genau besprochen und erläutert werden. Wenn die Therapie dann vorbei ist, kann man den Port-a-Cath auch entfernen; das sollte jedoch keine schnelle Lösung sein, sondern nur dann, wenn es notwendig ist.
Ich habe Angst vor Schmerzen, was lässt sich dagegen tun?
Angst kann und soll man natürlich auch ansprechen. Es gibt die Möglichkeit, gegen Angst und Entspannungsübungen zu machen; hier wird auch psychoonkologische Begleitbetreuung angeboten, bei der man mit dem Psychologen Entspannungsübungen durchführen kann. Wenn tatsächliche Schmerzen auftreten, gibt es Medikamente und unterstützende Maßnahmen dagegen, dass die Schmerzen zu keinem Problem werden. Auch da ist es wichtig, die Symptome bzw. die Beschwerden mit dem behandelnden Arzt anzusprechen, damit man eine entsprechende Therapie einleiten kann. Schmerz als Symptom ist sehr stark vom Stadium der Erkrankung und von der Notwendigkeit der Behandlung abhängig. Wenn es sich um vorübergehende, leichtere Schmerzen handelt, kann man eventuell mit einem Paracetamol oder mit einem Diclofenac eine schnelle Erleichterung herbeiführen; wenn es aber chronische Schmerzen sind, die in einem ausgeprägteren Krankheitsstadium auftreten, dann muss das natürlich behandelt werden. Schmerzlinderung und Schmerzfreiheit bedeuten Lebensqualität; aus diesem Grund sollte dieses wichtige Thema im Gespräch auch angesprochen werden.
Wie kann ich meine Sorgen über die Therapie bei meiner Ärztin/meinem Arzt besprechen?
Wichtig ist, die Fragen, welche die Therapie betreffen, auch zu stellen; es gibt in der Behandlung von Krebs viele unterschiedliche Therapieformen. Es soll im Gespräch dann zugeordnet werden können, welche Art der Therapie Sie bekommen und in welche Gruppe diese gehört. Es tut sich bei den onkologischen Therapien sehr viel, sodass man zwischen den Patienten und Patientinnen wirklich auch nicht vergleichen kann. Manche Dinge können auch die einen zutreffen und auf die anderen gar nicht – es betrifft nicht jeden das Gleiche. Man sollte über die Art der Therapie ein genaues Gespräch führen und wissen, welche Wirkung und welche Nebenwirkungen aufgrund des Mechanismus zu erwarten sind. Kommunizieren Sie, was es genau ist, das Ihnen Sorgen macht – das kann man alles in einem Termin ansprechen und dort kann das genauer besprochen werden. Wichtig ist, dass man als Patient bzw. Patientin mündig ist und dass man die Fragen stellt, die man beantwortet haben möchte.
Ich habe Angst davor meine Haare zu verlieren, was kann ich tun?
Manchmal ist das nicht vermeidbar, da manche Therapien einfach mit dem Haarverlust einhergehen. Es gibt jedoch Möglichkeiten, den Haarverlust zu vermeiden; wir setzen jetzt im Therapiebereich zunehmend auf Kühlhauben oder das Scalp-Cooling-System. Wenn sich das mit der Therapie vereinbaren lässt, kann man das natürlich beanspruchen. Nicht alle Frauen vertragen diese Kopfkühlung gut; deshalb sagen wir immer, dass die Chance, dass der Haarverlust vermieden wird, bei circa 50% liegt. Wenn es trotzdem zum Haarverlust kommt, gibt es sehr viel kosmetische Unterstützung und man sollte sich immer vor Augen halten, dass das ein vorübergehender Zustand ist. Wenn die Phase, die hauptsächlich die Chemotherapie betrifft, vorbei ist, wachsen die Haare auch wieder.
Bedeutet die Palliativ-Therapie, dass man bald stirbt?
Das ist eine gute Frage – zum Glück bedeutet es nicht mehr das, was es mal bedeutet hat. Wir sind im onkologischen Bereich Zeugen von einer gewaltigen Entwicklung an neuen Medikamentenformen und wir sehen auch, dass in den allermeisten Fällen nicht mehr Lebensmonate, sondern Lebensjahre gewonnen werden können. Im Gespräch mit dem behandelnden Arzt wird dann besprochen, welche biologische Form von Brustkrebs diagnostiziert wird oder wurde, damit man weiß, welche Möglichkeiten es aktuell gibt und welche Möglichkeiten dann noch verfügbar sind. In den letzten Jahren hat sich abgezeichnet, dass sich diese neuen Therapiemöglichkeiten im Gewinn des Überlebens abzeichnen. Das freut uns als onkologisch tätige Ärzte natürlich sehr; das ist aber vor allem für Sie wichtig. Die Entwicklung ist enorm und deshalb gibt es viele Möglichkeiten, mit der Erkrankung lange und vor allem auch gut leben zu können, auch wenn sie palliativ ist.
Wie kann ich Gedankenkreise unterbrechen?
Wenn Gedanken kreisen oder sehr negativen Gedanken, aus denen man nicht herauskommt, ein Thema sein sollten, dann würde ich Ihnen eine bestimmte Übung empfehlen. Die Übung wird „Schachtel-Übung“ genannt und funktioniert folgendermaßen: Stellen Sie sich eine große, schöne, gut ausgepolsterte Schachtel mit einem Deckel vor. In diese ganz besondere Schachtel können Sie all Ihre Sorgen, Ihre Bedenken und Ihre negativen Gedanken hineinlegen. Die Angst vor der nächsten Chemotherapie legen Sie sorgfältig in die Schachtel hinein. Die Sorge, wie der sechsjährige Sohn in der Schule zurechtkommt, jetzt wo sie in Behandlung sind und Oma oder Papa mehr Betreuung übernehmen, legen Sie in die Schachtel hinein. Die Angst, dass Sie die Krankheit nicht mehr loswerden oder langfristig krank sein könnten – legen Sie sie in die Schachtel. So legen Sie alle negativen Gedanken und Sorgen in diese Schachtel hinein. Wichtig ist, dass Sie, wenn Sie fertig sind, den Deckel auf die Schachtel geben, in Gedanken ins Nebenzimmer gehen und für diese Schachtel einen guten Ort suchen, wo sie einfach in Ruhe stehen kann, ohne, dass etwas darauf fällt oder Sie etwas darauflegen. Der Sinn dahinter ist, dass Sie diese vielen Dinge, um die Sie sich Sorgen machen, nicht den ganzen Tag beschäftigen sollen. Sie sollen diese Dinge auch wegstellen können; Sie sollen auf diese aber auch wieder zugreifen können, wenn es notwendig ist und auch das, was im Moment gerade benötigt wird, aus der Schachtel herausholen. Wenn Sie mit einem bestimmten Problem umgehen wollen, nehmen Sie sich diesen Gedanken her und gehen Sie mit dem Thema um, bis es gelöst ist und dann legen Sie es wieder in die Schachtel und stellen Sie diese weg. Das Prinzip davon ist, sich nicht die ganze Zeit ununterbrochen mit den eigenen Problemen zu konfrontieren – das hält kein Mensch aus. Sie sollen die Dinge bearbeiten, wenn es notwendig ist und ganz in Ruhe und ohne schlechtes Gewissen auch wieder wegstellen, wenn es gerade nicht notwendig ist; so können Sie – so gut wie möglich – normal leben. Wenn dann Ängste kommen, können Sie sich damit auseinandersetzen und wenn Sie damit fertig sind, diese aber auch wieder wegstellen und sich den guten Dingen widmen.
Hier geht es zum Video-Interview: „Angst und Brustkrebstherapie”
Innere Unruhe bei Brustkrebs
Darf ich bei Schlafstörungen Schlafmittel nehmen?
Das ist ein Thema, das natürlich auch im ärztlichen Gespräch angesprochen werden muss. Es gibt gewisse potenzielle Wechselwirkungen; aber grundsätzlich ist es immer machbar, dass man ein Mittel findet und damit zumindest vorübergehend Schlafstörungen beheben kann. Wichtig ist, dass man nicht drunter leidet; sprechen Sie deshalb dieses Thema an – es gibt immer Möglichkeiten, dagegen zu wirken.
Darf ich Psychopharmaka gegen meine Angst oder Depression nehmen?
Das ist es so ähnlich wie mit Schlafstörungen. Teilweise gibt es Medikamente, die sowohl gegen Schlafstörungen als auch gegen Depressionen wirken; dann gibt es auch gezielte Medikamente wie Psychopharmaka bzw. Antidepressiva, die ein Bestandteil von der Begleittherapie des Mammakarzinoms sind. Wichtig ist, diese Therapie immer in Absprache mit dem behandelnden Arzt einzuleiten, weil es auch Möglichkeiten gibt, die Wechselwirkungen zu überprüfen. Das ist deshalb wichtig, damit es weder zu einer Verstärkung noch einer Minderung der Wirkung der eigentlichen Therapie kommt. Wenn man das überprüft hat, kann man unterstützend dazu psychopharmakologische Medikamente einzunehmen.
Was kann ich tun, wenn ich Angst habe, dass der Krebs wiederkommt?
Wichtig ist, dass man an der eigentlichen Lebenseinstellung arbeitet und dass es kein Bestandteil des Lebens sein kann, dass man immer in Angst lebt. Natürlich lebt jede Frau und auch jeder Mann, der mit der Diagnose konfrontiert war und potenziell als geheilt gilt, in dieser Angst, dass der Krebs wieder kommt und diese kommt immer wieder. Das muss man sich auch eingestehen, aber wichtig ist, dass sie nicht überhandnimmt und das sie das Einzige ist, worüber man nachdenkt und das ganze Leben darauf basiert. Es gibt Ärzte, mit denen man darüber reden kann und auch psychologische Begleitbetreuung. Weiters gibt es auch Hilfegruppen oder Patientinnengruppen, die eine Unterstützung darstellen können, weil man dann sieht, dass es viele gibt, bei denen es nicht mehr zurückgekommen ist. Wichtig ist, das auszusprechen und mit diesen Ängsten nicht alleine zu sein.
Was passiert bei einer Panikattacke im Körper und welche Symptome sind typisch?
Manchmal kann es vorkommen, dass Frauen nach Brustkrebs das erste Mal in ihrem Leben Panikattacken haben. Das sind Gefühle, die ganz plötzlich auftreten; dabei entsteht meistens ohne Anlass eine starke Enge in der Brust und das Gefühl, dass man keine Luft mehr kriegt oder einen Herzinfarkt kriegt. Man ist sehr aufgeregt, das Herz pocht, man kann sich nicht beruhigen und kann sich nicht erklären, was los ist – hier kann es sich um Panikattacken handeln.
Was kann bei einer akuten Panikattacke helfen?
Panikattacken können auch aus dem Nichts im Schlaf passieren und weil das sehr unangenehm und belastend ist, werde ich Ihnen sagen, was Sie in dieser Situation – egal zu welchem Tageszeitpunkt – tun können. Es ist wichtig zu wissen, dass sich bei einer Panikattacke all Ihre Aufmerksamkeit und der ganze Körper auf sich und auf diese Panik konzentriert. Hier ist es wichtig, dass Sie starke Gegenreize setzen, damit Sie sich ablenken und aus diesem einengenden Konzentrieren auf die Panik wieder zu mehr Kontrollmöglichkeiten kommen. Am wichtigsten ist es, aufzustehen und das Fenster aufzumachen – lassen Sie einen Schwall Luft herein: dadurch entsteht erstmal ein starker thermischer Reiz. Weiters sollen Sie ein Glas Wasser trinken; das soll möglichst kalt sein, da das ebenfalls ein starker thermischer Reiz ist, der Sie sozusagen aus dieser Panikkonzentration herausbringt. Versuchen Sie dann, mit jemandem darüber zu sprechen – wenn Sie einen Partner/eine Partnerin haben, wecken Sie sie auf und geben Sie Bescheid, dass Sie eine Panikattacke haben und bitten Sie darum, dass Ihr Partner/Ihre Partnerin mit Ihnen redet. Wenn Sie keine Partnerschaft haben, rufen Sie bitte die Telefonseelsorge an. Das sind geschulte Menschen, die wissen, wie man mit einer Panikattacke umgeht. Reden Sie ein paar Minuten darüber, was Ihnen gerade durch den Kopf geht und was Ihnen Sorgen macht; Sie werden sehen, dass das Reden Ihnen aus der Situation heraushilft. Außerdem können Sie auch anfangen, verschiedene Dinge aufzulisten oder Wörter von hinten nach vorne zu buchstabieren – da müssen Sie sich konzentrieren. So kommen Sie von der Konzentration auf die Angst in die Konzentration auf etwas anderes. Zu guter Letzt kann man sich auch beruhigende Medikamente gegen Panikattacken verschreiben lassen, die Sie im Notfall nehmen können. Panikattacken dauern in der Regel nicht lange; es kann somit schon entspannend wirken, wenn man weiß, was man alles dagegen tun kann. Das gibt eine gewisse Sicherheit, dass man weiß, dass man im Nachttisch noch eine Tablette liegen hat, die sicher dabei hilft, dass die Panikattacke vorbeigeht. Es dauert einige Minuten, bis diese Tabletten wirken, darum sind sie im Nachttisch am besten platziert, wenn man die Sicherheit hat, dass sie da sind und man im Notfall darauf zugreifen kann.
Was kann ich akut bei innerer Unruhe machen?
Ich möchte Ihnen jetzt eine Übung vorstellen, die Ihnen helfen soll, mit innerer Unruhe besser umzugehen. Die Übung fußt darauf, über Ihren Atem und über Ihre Aufmerksamkeit die Unruhe bleiben zu lassen und wieder Ruhe einziehen zu lassen. Richten Sie sich auf und stellen Sie sich entweder vor ein geöffnetes Fenster oder vor eine Wand, an der Sie einen schönen Punkt finden, den Sie anschauen können. Darauf konzentrieren Sie sich, haben Ihre Schultern dabei aufrecht und legen Ihre Hand auf Ihre Brust. Versuchen Sie, dabei ruhig zu atmen und durch die Hand auf der Brust den Atem zu spüren. Zählen Sie dann innerlich bis zehn – ganz langsam und in Ruhe. Wenn Sie bei zehn angekommen sind, beginnen Sie wieder bei eins. Sollten Sie so unruhig sein, dass Sie plötzlich bei fünfzehn sind, dann gehen Sie einfach zurück und beginnen wieder bei eins. Dasselbe machen Sie auch, wenn Sie zwischendurch vergessen, wo Sie waren; diese Übung machen Sie ungefähr zwei Minuten lang; Sie werden sehen, dass Sie nach und nach ruhiger werden. Sie werden den Atem spüren, der langsamer und vielleicht auch ein bisschen flacher wird; versuchen Sie, wirklich aus dem, was Sie gerade erlebt haben und was hinter Ihnen liegt, auszusteigen und sich auf das zu konzentrieren, was Sie jetzt vor sich sehen. Diese Übungen können Sie natürlich auch am Abend im Bett machen; dann können Sie die Augen schließen und innerlich wiederholend von eins bis zehn zählen. Das ist eine Übung, die auch gut beim Einschlafen helfen kann.
Hier geht es zum Video-Interview: „Innere Unruhe bei Brustkrebs”
Innere Haltung bei Brustkrebs
Welchen Einfluss hat meine innere Haltung auf meine Angst und wie kann ich lernen, gelassener zu sein?
Die innere Haltung gegenüber Ihrer Angst bei einer Brustkrebserkrankung ist sehr wichtig. Sehr viele Menschen, die an Brustkrebs erkrankt sind, schauen gerne zurück in die Zeit, bevor sie Brustkrebs gehabt haben. Sie sagen, dass damals alles leichter war; die Partnerschaft war besser, mit den Kindern war es einfacher und im Job hat man keine Probleme gehabt. So schlagen Sie einen großen Bogen aus der Vergangenheit in die Zukunft und sagen, dass danach alles wieder schwieriger werden wird – wie wird das mit dem Job, mit der Partnerschaft und den Kindern? Wie wird das Leben in zehn oder fünfzehn Jahren sein und werde ich meine goldene Hochzeit erleben? Man geht damit aus der unveränderbaren Vergangenheit in eine vollkommen ungewisse Zukunft und dadurch entsteht eine äußerst unsichere innere Haltung. Aus diesem Grund würde ich Ihnen sehr empfehlen, sich weder an der Vergangenheit noch an der Zukunft zu orientieren. Die Vergangenheit ist vorbei und jetzt ist es anders; schauen Sie, was Sie im Moment tun können. Versuchen Sie auf der anderen Seite auch nicht allzu sehr in die Zukunft zu gehen – je weiter die Zukunft weg liegt, desto ungewisser ist sie. Der einzige Zeitpunkt, zu dem Sie wirklich verlässlich eine gewisse Sicherheit haben können, ist die Gegenwart. Hier weiß man, was man machen kann, damit es einem gut geht und wie man zu den Informationen kommt, die man braucht. In der Gegenwart weiß man auch, was man sonst noch tun kann, damit es den Lieben gut geht. Die Gegenwart ist etwas, was Ihnen Ruhe geben kann und was ich Ihnen sehr empfehlen würde, sich darauf zu konzentrieren, da Sie die Gegenwart kontrollieren können. Die Vergangenheit ist unkontrollierbar, weil sie bereits vorbei ist, die Zukunft ist unkontrollierbar, weil sie noch in weiter Ferne liegt – aber die Gegenwart ist kontrollierbar. Machen Sie aus dem heutigen Tag das Beste, was Sie daraus machen können.
Was kann ich tun, um in einer schwierigen Situation Ruhe zu bewahren?
Eine Möglichkeit ist das sogenannte Power Posing. Wenn man sich beispielsweise in einem Krankenhaus in einem Gespräch befindet, von dem sehr viel abhängt und man große Angst hat, neigt man dazu, ganz unsicher und etwas krumm zu dazusitzen, die Füße nur ganz mit den Fußspitzen am Boden zu haben und den Blick von unten hinaufzurichten; das gibt wenig Sicherheit. Probieren Sie mal aus, wie es Ihnen in einer Situation geht, in der Sie ein Gespräch mit sehr wichtigen Inhalten führen, wenn Sie ganz bewusst versuchen, die Beine breit nebeneinander zu stellen, sich aufzurichten und die Hände auf die Beine zu legen, um sich selbst mehr Stabilität zu geben. Heben Sie dabei auch das Kinn und schauen Sie Ihr Gegenüber direkt an; das kann es leichter machen, ruhig zu bleiben und die Situation erträglicher und angenehmer machen.
Hier geht es zum Video-Interview: „Innere Haltung bei Brustkrebs”
Hilfe annehmen als BrustkrebspatientIn
Wer kann mich im Umgang mit der Diagnose Brustkrebs psychologisch begleiten?
Starke Frauen bleiben starke Frauen, auch wenn sie sich Hilfe holen und auch gerade weil sie sich Hilfe holen. Es ist wichtig, dass Sie nicht glauben, dass Sie an Kompetenz oder an Kontrolle verlieren, wenn Sie sich in schwierigen Krisensituationen oder in Situationen, die Ihnen Angst machen, durch Psychoonkologen bzw. Psychologen oder Psychotherapeuten Hilfe holen. Diese sind zum Teil spezialisiert auf den Umgang mit der Krankheit Krebs; ich möchte Sie bitten, aktiv diese Hilfe in Anspruch zu nehmen. Das kann wie eine Krücke nach einem Beinbruch helfen; manchmal braucht man eine Zeit lang und dann stellt man diese „Krücke“ auch wieder in die Ecke. Das macht aus Ihnen keine schwache Frau und Sie brauchen keine Angst davor zu haben. Es wird an fast allen großen Krebszentren psychoonkologische Betreuung angeboten; bitte fragen Sie danach. Sollten Sie in einem Spital sein, in dem das nicht angeboten wird, wenden Sie sich an die Krebshilfe in Ihrem Bundesland. Die Krebshilfen bieten Betreuung während einer Krebsbehandlung an. Zusätzlich dazu bieten Sie auch Angehörigenbetreuung und viele weitere Möglichkeiten an, wie man mit Angst umgehen kann. Nehmen Sie bei Bedarf auch eine onkologische Rehabilitation in Anspruch; das können Sie bei Ihrem Hausarzt beantragen. Das soll am besten nach einer Krebserkrankung als Übergang zwischen Spital und der Normalität gemacht werden. Diese drei Wochen Rehabilitation tun psychisch sehr gut und führen Sie zusätzlich zu Bewegung und Sport hin, was in Zukunft für Sie ein wichtiger Faktor sein wird.
Ich habe Angst vor dem Sterben. An wen kann ich mich wenden?
Die Angst vor dem Tod ist bei den meisten Krebspatientinnen und -patienten das erste Gefühl, das entsteht, wenn die Diagnose Krebs ausgesprochen wird. Das ist etwas, was innerhalb von Sekundenbruchteilen als Angst auftritt; die Angst vor dem Sterben kommt schon ganz früh im Auseinandersetzungsprozess. Wenn man daran denkt, ob man an dieser Krebserkrankung sterben wird, ist von einer Behandlung noch lange nicht die Rede. Das heißt, dass der Gedanke an den Tod von Anfang an da ist; das trifft jedoch nicht nur auf die Betroffenen selbst zu, sondern auch auf sämtliche Angehörige. Sogar kleine Kinder fragen gleich, ob ihre Mutter jetzt sterben muss; diese Frage kommt und mit ihr muss man sich immer wieder auseinandersetzen. Das macht manchmal mehr und manchmal weniger Angst – das hängt davon ab, wie viele Informationen man bereits hat und wie der eigene Gesundheitszustand bzw. die Prognose aussieht. Es ist gut, gegen diese Angst vor dem Tod an Krebs mit ihrem behandelnden Ärzteteam, mit dem Pflegeteam und auch mit der Psychoonkologin bzw. dem Psychoonkologin zu reden. Man kann und sollte zudem Hilfe und Unterstützung aus diesem professionellen Team in Anspruch nehmen, weil Sie diese Leute nicht schonen müssen. Wir kennen diese Fragestellung und den Umgang damit und wissen, wie wir damit umgehen müssen, wenn Sie sich Sorgen machen, wenn Sie weinen und wenn Sie verzweifelt sind. Sie müssen nicht unbedingt nur Unterstützung in Ihrer Familie suchen, wenn Sie das Gefühl haben, dass ihnen das gerade zu viel wird. Es kann sein, dass Ihre Familie die gleichen Ängste verspürt wie Sie – so brauchen Sie keine Angst haben, dass Sie Ihre Angehörigen zum ersten Mal auf diesen Gedanken bringen, wenn Sie mit Ihnen darüber reden. Wichtig ist, dass Sie darüber reden, dadurch kann man viel besser damit umgehen. Je mehr man es für sich behält und das tabuisiert, desto mehr Angst macht der Gedanke an den Tod.
Was kann ich gegen meine Angst vor Einsamkeit machen?
Einsamkeit ist ein großes Problem unserer modernen Gesellschaft. Das betrifft auch gesunde Menschen, aber insbesondere Frauen und Männer mit chronischen Krankheiten. Wenn Sie an Brustkrebs erkrankt sind und das Gefühl haben, besonders isoliert zu sein, wenden Sie sich bitte an die Krebshilfen und erfragen sie aktiv, ob es Gruppen von Patientinnen gibt, die sich regelmäßig treffen und über das Thema Brustkrebs reden. Es werden auch oft Sportgruppen für Brustkrebs-Patientinnen angeboten, bei denen man gemeinsam Sport macht – angepasst an die Möglichkeiten, die man als Brustkrebspatientin hat.
Was kann ich gegen Verspannungen machen?
Verspannungen im Körper sind nach Brustkrebsoperationen und -behandlungen häufig ein sehr belastendes Thema. Was in den letzten Jahren aufgebaut wurde und was sehr gut funktioniert ist Brustkrebs-Yoga. Das sind Gruppen mit Frauen, die durch Brustkrebs betroffen sind und es gibt spezialisierte Trainerinnen, die diese Übungen mit ihnen durchführen. Das Programm wird an Frauen angepasst, die Entfernungen der ganzen Brust oder Teilentfernungen bzw. Operationen der Achselhöhlen hinter sich haben. Dabei werden die Übungen an den körperlichen Zustand der Patientinnen angepasst. Diese Gruppen gibt es über ganz Österreich verteilt – bitte fragen Sie in Ihren Krebshilfestellen nach, wo es bei Ihnen in der Nähe eine solche Brustkrebsgruppe geben könnte. Ich möchte Ihnen sehr dazu raten, das auch in Anspruch zu nehmen, weil sie dadurch in sanfter Art und Weise in einen Bewegungsalltag zurückkehren. Bewegung wird für Sie in der Zukunft sehr wichtig sein.
Hier geht es zum Video-Interview: „Hilfe annehmen als BrustkrebspatientIn”
Angehörige unterstützen
Wie kann ich über meine Angst sprechen, ohne meinem Gegenüber Angst zu machen?
Es wird nicht möglich sein, mit jemandem über das Thema Brustkrebs zu sprechen, ohne dass man selbst oder der andere in irgendeiner Form Angst verspürt. Das ist ganz normal, weil das Thema einfach auch beängstigend ist. Das heißt nicht, dass es immer so bleiben wird – das heißt, dass man auch etwas gegen die Angst tun. Es kann genauso Angst machen, nicht darüber zu sprechen, weil bei fehlender Kommunikation schlimme Situationen entstehen. Wenn man beispielsweise in einer Partnerschaft aus Angst, den anderen auf schlimme Gedanken zu bringen, gar nicht mehr miteinander spricht, sitzt jeweils einer in der Ecke und dazwischen findet keine Kommunikation und kein Trost mehr statt. Dazwischen steht ein großer blauer Elefant, über den nicht gesprochen werden darf; das beschreiben sehr viele Brustkrebs-Patientinnen als das Schlimmste, was passieren kann. Ich empfehle Ihnen, darüber zu reden, auch wenn es Angst macht und man mit der Angst umgehen muss. Bitte lassen Sie Ihre Partnerin/Ihren Partner nicht mit der Angst allein; stützen Sie sich gegenseitig, wenn Angst auftritt, wenn Sie mit so einem schwierigen Problem wie mit der Krebserkrankung umgehen müssen.
Wie gehen PatientInnen und Angehörige zusammen am besten mit Angst um?
Sowohl Angehörige als auch Patientinnen haben Angst vor Brustkrebs und vor der Behandlung bzw. vor allem unangenehmen Dingen, die im Zusammenhang mit Brustkrebs auftreten können. Es fällt vielen Paaren nicht einfach, darüber zu reden, da man oft automatisch schon so eine Schonhaltung einnimmt. Betroffene Frauen denken sich oft, dass Sie im Spital waren, dort schon genug darüber geredet haben und so nicht mehr mit dem Partner darüber reden, um ihn nicht auf Gedanken zu bringen, auf die er gar nicht gekommen wäre. Männer setzen sich dann oft hin, recherchieren im Internet und lesen die schrecklichsten Dinge; dabei denken Sie sich oft, dass sie nicht mit ihrer Frau darüber reden sollten, da sich diese sonst zu Tode fürchten würde. Das ist ganz schlecht, weil dann beide einfach sehr einsam sind. Zu empfehlen ist, trotzdem den Schritt über die Angst zu machen und zu versuchen, sich ganz behutsam zu erkundigen, wie es dem Partner/der Partnerin geht, was er/sie im Spital erfahren hat bzw. was ihm/ihr gesagt wurde und wie es ihm/ihr damit geht. Fragen Sie nach dem Gefühl – wie sich der betroffene Partner fühlt, ob er Angst hat oder traurig ist. Es ist oft einfacher für Paare, die dieses miteinander Reden zu einem bestimmten Thema nicht so gewöhnt sind, wenn man das beispielsweise beim Spazierengehen macht. Man geht nebeneinander her und muss sich dabei auch nicht unbedingt konfrontativ anschauen; mit der Bewegung kommt man auch innerlich in Bewegung. Das funktioniert oft auch gut beim Autofahren, wenn man längere Strecken auf der Autobahn fährt. Finden Sie Ihren eigenen Stil, was Ihnen am leichtesten fällt – vielleicht sitzen Sie gerne am Sofa und haben die Arme umeinander gelegt, während Sie miteinander reden. Vielleicht wollen Sie sich auch Trost zusprechen und sich streicheln – egal wie Sie es machen, wichtig ist nur, dass Sie keine Angst vor der eigenen Angst und der der anderen haben. Gehen Sie es an und seien Sie zuversichtlich, dass Sie es gut schaffen, trotz der Angst gut miteinander zu reden. Das ist eine ganz wichtige Lernaufgabe in einer Krebserkrankung.
Wo können sich Angehörige von KrebspatientInnen Unterstützung holen?
Angehörige von krebserkrankten Menschen sind oft eine übersehene Gruppe. Sie sind in einer sehr ähnlichen Art und Weise wie die KrebspatientInnen selbst durch Angst und Sorge betroffen; sie stehen aber nicht so im Zentrum der Aufmerksamkeit. Meist wird die betroffene Frau gefragt, wie es ihr geht, was man für sie tun kann und was sie braucht; betroffene Angehörige werden das lange nicht so oft gefragt. Es ist aus diesem Grund gut, einmal aktiv auf einen Freund/eine Freundin zuzugehen und darum zu bitten, mal gemeinsam auf ein Bier oder ins Kino zu gehen. Dann kann man fragen, ob sich der- oder diejenige dazu in der Lage fühlt, mit einem ein wenig über die Krankheit der eigenen Frau/des Mannes zu reden, da einem das zu schaffen macht. Wenn Sie das Gefühl haben, dass das in Ihrem Bekannten- oder Verwandtenkreis überhaupt nicht geht, nehmen Sie auch Unterstützung durch die Krebshilfen in Anspruch. Dort gibt es auch Angehörigengruppen, wo speziell Angehörige von Krebspatientinnen und -patienten sehr viel Unterstützung durch die anderen Mitglieder der Gruppe erfahren können. Außerdem kann man dort auch Beratung durch professionelle Psychoonkologinnen und Psychoonkologen in Anspruch nehmen.
Hier geht es zum Video-Interview: „Angehörige unterstützen”