Grundlagen - Hormonabhängiger Brustkrebs
Bei Ihnen wurde ein hormonabhängiger Brustkrebs diagnostiziert. Was bedeutet das und was hat das für Auswirkungen auf eine mögliche Therapie?
Was bedeutet hormonabhängiger Brustkrebs?
Hormonabhängiger Brustkrebs heißt, dass auf den Krebszellen viele Rezeptoren für bestimmte Hormone vorhanden sind. Rezeptoren sind Strukturen an der Zelloberfläche, an die Hormone andocken und dadurch eine Wirkung in der Zelle auslösen können.
Was ist Östrogen und Progesteron?
Bei Brustkrebs sind die Rezeptoren für zwei Hormone von Interesse: Östrogen und Progesteron. Beide zählen zu den weiblichen Geschlechtshormonen. Zu ihren vielen Funktionen zählt die Förderung des Wachstums von Brustgewebe, aber damit auch die Förderung des Wachstums von Brustkrebs – zumindest wenn der Brustkrebs hormonabhängig ist.
Ab wann spricht man von hormonabhängigem Krebs oder positivem Hormonrezeptorstatus?
Die Grenze liegt bei mehr als 1% – 10% der Zellen, die in speziellen Laboranalysen „positiv“ für den jeweiligen Rezeptor sind. Hormonabhängiger Krebs kann positiv für den Östrogenrezeptor oder für den Progesteronrezeptor oder für beide sein. Bei hormonunabhängigem Brustkrebs sind beide Rezeptoren nicht oder unter 1% nachweisbar.
Luminal-A und Luminal-B
Anhand von Labor-Analysen lassen sich Brustkrebszellen in verschiedene Kategorien klassifizieren. Von diesen Kategorien sind die Luminal-A-Tumore und die Luminal-B-Tumore hormonrezeptorpositiv. Luminal-A und Luminal-B sind sozusagen Unterkategorien von hormonabhängigem Brustkrebs. Sie unterscheiden sich jedoch in einigen Punkten:
Luminal-A-Tumor | Luminal-B-Tumor | |
Hormonabhängig | Ja | Ja |
Ki-67, HER2 | Niedrig / negativ | Mindestens eines erhöht |
Vergleich zu gesunder Zelle | Veränderung meist niedrig | Veränderung meist hoch |
Prognose | gut | unterschiedlich |
Häufigkeit | ca. 60% aller Tumore | ca. 20% aller Tumore |
Therapieoptionen bei hormonabhängigen Brustkrebs
Hormonabhängiger Brustkrebs kann mittels Hormontherapie behandelt werden. Dies ist eine effektive Therapie mit meist weniger Nebenwirkungen als eine klassische Chemotherapie.
Metastasen bei hormonabhängigem Brustkrebs
Wie andere Brustkrebs-Arten auch kann hormonabhängiger Brustkrebs in verschiedene Organe streuen. Am häufigsten streut er in die Knochen, außerdem in innere Organe und selten ins Gehirn.
Meinen Befund verstehen
Sie haben Ihren konkreten Befund vorliegen und möchten ihn verstehen? Hier, sowie unter „HER2-positiver Brustkrebs“ und „Triple negativer Brustkrebs“ erklären wir jeweils Beispielbefunde.
Wichtige Werte im Befund
Bezüglich des Hormonrezeptorstatus sind die Werte für den Östrogenrezeptor und den Progesteronrezeptor wichtig. Je höher die Werte sind, desto stärker ist Ihr Krebs hormonabhängig.
Dies ist wichtig für die Wahl der Therapie: Bei negativen oder sehr niedrigen Werten für Östrogen- und Progesteronrezeptor werden Ihre ÄrztInnen Ihnen eher zu einer anderen Therapie raten. Außerdem ist für die Wahl der Hormontherapie wichtig, ob Sie noch Ihre Regelblutung haben oder bereits in der Menopause sind.
Andere wichtige Werte wie Grading, Ki-67 und HER2/neu werden in der Lektion Einteilung von Brustkrebs erklärt.
Beschreibung hormonabhängiger Brustkrebs im Befund
Sie haben hormonabhängigen Brustkrebs, sobald der Östrogenrezeptor oder der Progesteronrezeptor positiv ist. Es reicht, wenn ein Rezeptor bei mindestens 10% der Zellen positiv ist. Bereits wenn mindestens 1% der Zellen für einen Rezeptor positiv sind, spricht man von schwach positiv. Der höchste mögliche Wert ist 100%.
Abkürzungen für Hormonrezeptoren
Östrogen heißt international Estrogen, daher wird der Östrogenrezeptor oft E abgekürzt. Der Progesteronrezeptor wird oft P abgekürzt. Je nach Labor/Klinik können aber auch ganz andere Abkürzungen verwendet werden, wie zum Beispiel „ER“ und „PgR“.
Wie kann ein eindeutig positiver Östrogenrezeptorstatus aussehen?
Beispiele für die Darstellung eines eindeutig positiven Östrogenrezeptorstatus (auch Mischformen möglich):
- E 95%
- Östrogen E +++
- ER positiv
Wie kann ein eindeutig positiver Progesteronrezeptorstatus aussehen?
Beispiele für die Darstellung eines eindeutig positiven Progesteronrezeptorstatus (auch Mischformen möglich):
- P 95%
- Progesteron P +++
- PgR positiv
Befundbeispiel
Hier ist ein Beispiel für einen pathologischen Befund eines typischen hormonabhängigen Brustkrebses:
pT1a, SN neg (0/1), E 95%, P 95%, Ki-67 5%, G2, HER2/neu neg
- pT1a: Tumorgröße – ein kleiner Tumor, höchstens einen halben Zentimeter groß
- SN neg (0/1): Wächterlymphknoten – es wurde 1 Wächterlymphknoten entfernt, dieser ist unauffällig (0 von 1 auffällig)
- E 95%: Östrogenrezeptor – hochgradig positiv, da weit über 10%, Hormontherapie ist deshalb sehr erfolgversprechend
- P 95%: Progesteronrezeptor – ebenfalls hochgradig positiv
- Ki-67 5%: Zellteilungsrate – niedrig, das heißt der Tumor wächst langsam
- G2: Grading – Mittlere Abweichung der Tumorzelle von der Normalzelle
- HER2/neu neg: Wachstumrezeptor HER2 – nicht nachweisbar, also HER2-negativer Brustkrebs
Therapie bei hormonabhängigem Brustkrebs
Wenn bei Ihnen hormonabhängiger Brustkrebs diagnostiziert wurde, kommt bei Ihnen eine Hormontherapie in Frage. Es gibt verschieden Möglichkeiten eine Hormontherapie durchzuführen.
Die Hormontherapie
Die weiblichen Sexualhormone wie Östrogen und Progesteron führen zu einem Wachstum des hormonabhängigen Brustkrebses. Das heißt aber auch umgekehrt, wenn diese Hormone fehlen, hört der Brustkrebs meist auf zu wachsen – oft wird er dann sogar kleiner.
Die Hormontherapie ist zielgerichteter als die meisten Chemotherapien, weil sie nicht auf alle Zellen wirkt, die sich teilen wollen. Sie wirkt nur auf die Zellen, die Östrogen brauchen. Deshalb ist sie besser verträglich.
Formen der Hormontherapie
Es gibt verschiedene Möglichkeiten eine Hormontherapie durchzuführen:
- Der Hormonrezeptor kann direkt an der Tumorzelle blockiert werden durch Anti-Östrogene.
- Die körpereigene Östrogenproduktion kann gehemmt werden, zum Beispiel indem die Umwandlung der Vorstufe Androgen (Testosteron) in Östrogen blockiert wird durch Aromatase-Hemmer.
- Die Östrogenausschüttung und -produktion kann zentral gehemmt werden durch GnRH-(Analoga).
Die Wahl der passenden Hormontherapie hängt von verschiedenen Faktoren ab. Wichtig ist vor allem, ob Sie prämenopausal oder postmenopausal sind.
Die Menopause
Die Menopause bezeichnet die Monate nach der letzten Menstruation einer Frau. Kurz vor der Menopause wird die Menstruation oft unregelmäßig. Daher lässt sich erst im Nachhinein sagen, wann die Menopause begonnen hat – nämlich, wenn ein Jahr keine Menstruation mehr aufgetreten ist. Die Zeit vor der Menopause wird als „prämenopausal“ bezeichnet, danach „postmenopausal“. Im Durchschnitt sind Frauen bei der Menopause etwa 52 Jahre alt.
Bedeutung der Menopause für die Hormontherapie
Prämenopausal wird die Hormontherapie meist mit Anti-Östrogenen durchgeführt, vor allem mit Tamoxifen. Das besondere an Tamoxifen ist, dass es zwar an den Tumorzellen als Anti-Östrogen wirkt, aber an bestimmten Organen wie der Gebärmutter-Schleimhaut aber wie ein Östrogen. Das ist für die Gebärmutterschleimhaut, die sich im Zyklus regelmäßig erneuert, besser. Daher wird es gerne bei Frauen vor der Menopause eingesetzt.
Postmenopausal wird die Hormontherapie meist mit Aromatase-Hemmern durchgeführt.
Dauer der Hormontherapie
Ziel der Hormontherapie ist, den Brustkrebs möglichst gut im Zaum zu halten bei gleichzeitig möglichst wenig Nebenwirkungen. Es gibt zahlreiche Studien, die sich mit der optimalen Dauer der verschiedenen Formen der Hormontherapie beschäftigen. Daher gibt es gute Daten, wie lange eine Therapie mit einem bestimmten Präparat durchgeführt werden sollte, um das Ziel möglichst gut zu erreichen. Daneben sind Ihre individuellen Ergebnisse der regelmäßigen Kontrolluntersuchungen und natürlich Ihr Befinden wichtig, um die optimale Dauer der Hormontherapie festzulegen.
Meist wird die Hormontherapie über mehrere Jahre durchgeführt. Zum einen weil sie gut die Tumorausbreitung bremst und auch das Risiko für einen Rückfall einer therapierten Krebserkrankung senkt. Zum anderen wird die Hormontherapie meist gut vertragen.
Hormonrezeptoren und Brustkrebs
Weitere Informationen über die Rolle von Hormonrezeptoren bei Brustkrebs erhalten Sie in der Online-Schulung „Hormonrezeptoren und Brustkrebs“.
Geprüft OÄin Dr.in Ursula Denison: 11.02.2022 | Quellen und Bildnachweis