Die Diagnose von Brustkrebs hat einen großen Einfluss auf den Kinderwunsch, da Brustkrebstherapien starke Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit haben. Dr.in Katherina Kovalenko und Dr.in Gunda Pristauz-Telsnigg beantworten die wichtigsten Fragen rund um Fruchtbarkeitserhalt und Schwangerschaft bei Brustkrebs
Auswirkungen von Brustkrebs auf den Kinderwunsch
Wie und warum kann sich Brustkrebs auf die Fruchtbarkeit auswirken?
Der Brustkrebs selbst wirkt sich nicht auf die Fruchtbarkeit aus, aber unsere Therapien können das. Ein Großteil der Mammakarzinome ist Hormonrezeptor positiv, das heißt an der Oberfläche der Brustkrebszelle befinden sich Fangarme, die aus dem Blut Hormone auffischen können, um sich weiter zu teilen. Genau diese Hormone blockieren wir mit Therapien.
Ein Fünftel der Mammakarzinome ist nicht Hormonrezeptor positiv, dann kommen Chemotherapien zum Einsatz. Diese Chemotherapien zielen auf die sich rasch teilenden Zellen ab. Das heißt, wir töten alle Zellen, die sich rasch teilen, ab. Darunter fallen jedoch auch gesunde Zellen, wie Blutzellen oder Haarzellen, deswegen verliert man Haare und Eizellen. Wenn wir Eizellen abtöten, dann leidet natürlich die Fruchtbarkeit.
Welche Faktoren können das Risiko beeinflussen, dass meine Fruchtbarkeit als Folge der Krebstherapie vermindert ist?
Das Hauptrisiko dafür ist das Alter. Je älter wir werden umso mehr nimmt die Eizellreserve ab. Wenn nur noch eine geringe Anzahl an Eizellen vorhanden ist, dann kann diese natürlich durch eine Therapie abgetötet werden.
Ein weiterer Risikofaktor ist das Rauchen. Wir wissen, dass Raucherinnen vorzeitig in den Wechsel kommen und die Eizellreserve früher zu Ende geht.
Auch ein Risikofaktor könnte sein, wenn Voroperationen an den Eierstöcken durchgeführt wurden, wenn zum Beispiel Eierstockgewebe im Rahmen von Zysten-Operationen oder Endometriose-Operationen entfernt werden musste.
Können erkrankte Frauen Brustkrebs an ihre Kinder vererben?
Ja, erkrankte Frauen aber auch gesunde Frauen könnten das Risiko für Brustkrebs an ihre Kinder vererben. In unseren Zellkernen sitzen die Chromosomen, welche verantwortlich für unsere Erbinformation sind, sie tragen unser Erbgut. Hier sitzen circa 22.000 Gene, welche für unseren Bauplan verantwortlich sind. Es gibt gute Gene, sogenannte Schutz-Gene, sie werden auch Tumorsuppressorgene genannt.
Sind diese allerdings fehlerhaft, das bedeutet mutiert, dann können sie nicht richtig funktionieren und es kann Krebs entstehen. Trägt man so eine Mutation in den Genen, dann kann diese zu 50 Prozent an die Nachkommen weitergegeben werden. Mit diesen Risikogenen gibt es ein sehr hohes Risiko von bis zu 80 Prozent an Brustkrebs zu erkranken.
Kann man während der Brustkrebstherapie schwanger werden?
Man kann während der Brustkrebstherapie schwanger werden, wenn keine komplette Hormonblockade durchgeführt wird. Das heißt, wenn man keine Spritzen und Tabletten einnimmt. Bei allen anderen Therapien kann man schwanger werden.
Dies sollte allerdings nicht passieren, da die Chemotherapien teratogen sind und deshalb empfehlen wir eine Verhütung, in erster Linie eine hormonfreie Verhütung, also Kondome oder die Spirale.
Was bedeutet das Ausbleiben der Periode unter Therapie bzw. nach der Therapie?
Die Regelblutung kann nach einer Chemotherapie bis zu einem Jahr ausbleiben. Meistens erholt sie sich dann wieder, aber das ist abhängig von der Eizellreserve, welche bereits vor der Chemotherapie bestanden hat.
Ein kurzes Ausbleiben der Regelblutung ist kein Grund zur Sorge. Sollte allerdings nach über einem Jahr keine Regelblutung einsetzen, dann sind Untersuchungen notwendig.
Welchen Einfluss kann die Brustkrebstherapie auf die Wechseljahre haben?
Eine antihormonelle Brustkrebs Therapie versetzt die Frauen in die Wechseljahre. Wenn der natürliche Wechsel zu diesem Zeitpunkt noch nicht eingesetzt hat, dann ziehen wir diesen etwas nach vorne.
Werden die Therapien nach dem Wechsel eingesetzt, so kann es manchmal sein, dass Patientinnen erneut Wechselbeschwerden durch die Therapie bekommen. Meistens halten diese nur ein paar Monate an und sind sehr milde.
Was kann man nach der Brustkrebstherapie tun, um die Fruchtbarkeit zu steigern?
Sollte eine antihormonelle Therapie notwendig sein, könnte man diese eventuell unterbrechen und versuchen schwanger zu werden. Wenn ein Kinderwunsch besteht, wird grundsätzlich empfohlen, nach einer zweijährigen Therapie eine Pause zu machen und zu versuchen Kinder zu zeugen.
Sollte dies nicht gelingen, können wir auch bei beispielsweise nicht hormonsensiblen Tumoren Kinderwunschbehandlungen durchführen. Diesbezüglich sollte man sich an ein Kinderwunschzentrum wenden.
Kann man nach einer abgeschlossenen Brustkrebstherapie noch stillen?
Nach einer abgeschlossenen Brustkrebstherapie kann man sehr wohl stillen. Die medikamentöse Therapie hat keinen Einfluss auf das Stillen.
Falls es bei einer operativen Therapie notwendig sein sollte, dass wir die Brustdrüse entfernen, dann kann auf dieser Seite natürlich nicht gestillt werden. Auch wenn die Brustwarze oder hinter der Brustwarze Gewebe entfernt werden musste, kann es sein, dass an dieser Seite das Stillen nicht möglich ist. Nach einer Bestrahlung kommt es meistens zu einer geringen Reduktion des Milchvolumens auf der bestrahlten Seite, die andere Seite ist davon nicht betroffen.
Hat die Schwangerschaft Auswirkungen auf meine Prognose?
Die Schwangerschaft hat keine Auswirkungen auf die Prognose. Es konnte in einigen Studien gezeigt werden, dass Frauen, die nach einer Brustkrebstherapie schwanger wurden, kein schlechteres Outcome haben als jene, die nicht schwanger wurden.
Es wurde sogar gezeigt, dass sie teilweise sogar ein besseres Outcome hatten und man spricht von einem “Healthy Mother Effect”. Das heißt, dass Frauen, die nach einer Therapie schwanger werden, eventuell fitter und gesünder sind und daher auch ein besseres Outcome haben.
Hier geht es zum Video-Interview: Auswirkungen von Brustkrebs auf den Kinderwunsch
Brustkrebstherapie und Kinderwunsch
Sind die Auswirkungen der Therapie auf die spätere Fruchtbarkeit beeinflussbar?
Die Auswirkungen der Therapien auf die spätere Fruchtbarkeit sind nicht wirklich beeinflussbar. Wir richten unsere Therapien nach den Merkmalen des Tumors. Das heißt jede Frau wird so therapiert, wie es ihr Tumor gerade braucht. Daher sind die Therapiemöglichkeiten gering beeinflussbar und wir können auch nicht wirklich abschätzen, wie jede einzelne Frau auf die Therapie reagiert.
Es gibt zwar Daten, durch welche wir wissen, welche Therapieformen besonders toxisch sind, beziehungsweise mehr schädigen und welche nicht. Wie jede Frau einzeln reagiert, kann jedoch nicht vorhergesehen werden.
Warum sollte man während der Krebstherapie verhüten und was sollte man dabei beachten?
Während einer Krebstherapie sollte unbedingt eine Verhütung angedacht werden, da die Chemotherapien oder auch andere Therapien teratogen wirken. Das bedeutet, dass sie das wachsende Kind, den Embryo, schädigen und eventuell zu schweren Fehlbildungen führen können. Deswegen sollte unter der Brustkrebstherapie eine hormonfreie Verhütung durchgeführt werden, in erster Linie Kondome oder eine Kupferspirale.
Können Brustoperation oder Bestrahlung bei Brustkrebs die Fruchtbarkeit senken?
Nein, weder die Operationen noch die Bestrahlung senken die Fruchtbarkeit. Bei der Bestrahlung wird allein der Oberkörper bestrahlt und nicht der Unterkörper. Somit ist keine Strahlenauswirkung auf die Eierstöcke zu erwarten.
Warum hat die Chemotherapie Einfluss auf die Fruchtbarkeit?
Die Chemotherapie greift in die Zellteilung ein. Das bedeutet, dass sie die rasch wachsenden Tumorzellen blockiert. Leider blockiert die Chemotherapie jedoch nicht nur die Tumorzellen, sondern auch gesunde Zellen. Dazu zählen beispielsweise Blutzellen, Haarzellen oder auch Eizellen. Wenn die Eizellen zerstört werden, kann natürlich die Fruchtbarkeit abnehmen.
Wovon hängt es ab, wie stark die Auswirkungen der Chemotherapie auf die Fruchtbarkeit sind?
Die Auswirkungen der Chemotherapie auf die Fruchtbarkeit hängt von einigen Faktoren ab. In erster Linie natürlich von dem Mittel, das wir einsetzen. Nicht alle Chemotherapeutika sind gleich toxisch. Zweitens auch von der Dosis, also wie viel wir verabreichen müssen.
Weiters hängt es vom Alter der Patientin ab, wie groß die natürliche Eizellreserve noch ist. Jüngere Frauen werden sich in erster Linie rascher von der Chemotherapie erholen, beziehungsweise können die Eierstöcke nach der Chemotherapie wieder normal funktionieren. Ist die Eizellreserve allerdings aufgrund des Alters bereits reduziert, dann wird die Chemotherapie wahrscheinlich zu einer Unfruchtbarkeit führen.
Ab wann kann und darf man nach einer Chemotherapie schwanger werden?
Grundsätzlich kann man nach einer Chemotherapie sofort schwanger werden, sobald die Regelblutung wieder einsetzt. Bei manchen Hoch-Risiko-Tumoren ist es allerdings sinnvoll, eventuell zwei Jahre nach der Erstdiagnose zu warten, weil es häufig in den ersten zwei Jahren zu Rückfällen kommen kann.
Warum kann sich die Antihormontherapie auf die Fruchtbarkeit auswirken?
Unter einer antihormonellen Therapie unterdrücken wir die Hormone, somit ist eine Schwangerschaft grundsätzlich nicht möglich. Eine antihormonelle Therapie schädigt im Gegensatz zu einer Chemotherapie jedoch nicht die Eizellen. Es werden nur die Hormone unterdrückt, nicht die Eizelle selbst angegriffen. Deshalb ist es nach einer abgeschlossenen antihormonellen Therapie meist wieder möglich, schwanger zu werden.
Wovon hängt es ab, wie stark die Auswirkungen der Antihormontherapie auf die Fruchtbarkeit sind?
Die Auswirkungen der Antihormontherapie auf die Fruchtbarkeit hängt in erster Linie von der Dauer der Therapie ab. Manchmal müssen wir eine antihormonelle Therapie sieben bis zehn Jahre lang verabreichen. Erst dann wird sich zeigen, ob die Eizellreserve noch groß genug ist, um danach schwanger zu werden.
Ab wann kann und darf man nach einer Antihormontherapie schwanger werden?
Nach einer Antihormontherapie kann man, sobald die Regelblutung wieder einsetzt, sofort schwanger werden. Eine Wartezeit ist hier nicht notwendig.
Kann die Antihormontherapie angepasst werden, um einen Kinderwunsch zu ermöglichen?
Ja, das ist grundsätzlich möglich. Dies sollte man allerdings mit den behandelnden Ärztinnen oder Ärzten besprechen. Wird die antihormonelle Therapie unterbrochen, um schwanger zu werden, sollte sie nach der Geburt wieder begonnen werden und die gesamte Dauer, die vorgesehen war, eingenommen werden.
Hier geht es zum Video-Interview: Brustkrebstherapie und Kinderwunsch
Fruchtbarkeitserhalt bei Brustkrebs
Welche Möglichkeiten gibt es, um die Fruchtbarkeit von Brustkrebspatientinnen zu erhalten?
Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, die Fruchtbarkeit von Brustkrebspatientinnen zu erhalten. Man kann die Eierstöcke zum einen mit Medikamenten ruhig stellen und sie so vor den Schäden der Chemotherapie schützen.
Die zweite Möglichkeit wäre, aus dem Bereich der Reproduktionsmedizin, die Eizellen mit hormoneller Stimulation heranreifen zu lassen. Diese kann man dann entnehmen und kryokonservieren, sprich mit flüssigem Stickstoff einfrieren.
Die dritte Möglichkeit, die sich im Fruchtbarkeitserhalt der Krebspatientinnen immer mehr etabliert, ist die Entnahme des gesamten Eierstockgewebes. Dieses kann als Ganzes eingefroren werden und nach abgeschlossener Therapie der Patienten wieder eingepflanzt werden.
Welche Maßnahmen bieten sich zum Schutz der Fruchtbarkeit für verschiedene Altersgruppen an?
Es gibt eigentlich keine speziell empfohlenen Maßnahmen für die unterschiedlichen Altersgruppen. Prinzipiell muss man sagen, dass je jünger die Patientin bei der Diagnose Brustkrebs ist, desto größer sind ihre Chancen, später nach abgeschlossener Therapie noch eine Schwangerschaft zu haben.
Denn der Hauptfaktor ist immer noch die Eizellreserve der Patientin. Je mehr Eizellen die Patienten zur Verfügung hat, desto mehr kann man nach abgeschlossener Therapie gewinnen und desto wahrscheinlicher ist danach der erfüllte Kinderwunsch.
Wie hoch sind die Erfolgsaussichten bei den verschiedenen fruchtbarkeitserhaltenden Maßnahmen?
Die Erfolgsaussichten bei den unterschiedlichen Maßnahmen zur Fruchtbarkeitserhaltung hängen sehr von der Eizellreserve der Patientin ab. Je jünger die Patientin ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie nach abgeschlossener Therapie eine erfolgreiche Schwangerschaft hat.
Wozu dient die Entfernung von Eierstockgewebe und wann bietet sich das an?
Die Entfernung von Eierstockgewebe etabliert sich immer mehr im Thema Fruchtbarkeitserhalt bei Brustkrebs. Das Eierstockgewebe kann relativ einfach mittels einer laparoskopischen Operation entfernt werden.
Es wird dann eingefroren und nach abgeschlossener Therapie in die Patientin zurück verpflanzt, um dann reaktiviert zu werden. Es bedarf keiner hormonellen Vorbehandlung, was für die Patienten recht belastend und bei hormonsensitiven Tumoren auch sehr umstritten ist.
Wie laufen die Entnahme und das Einsetzten von Eierstockgewebe ab?
Bei dem “Ovarian Tissue Banking”, der Eierstockgewebe-Entnahme, erfolgt eine laparoskopische Operation, eine Bauchspiegelung. Dies ist eine unkomplizierte Operation für die Patientin, die auch rasch geschehen ist. Dabei wird Eierstockgewebe oder der ganze Eierstock entfernt und eingefroren.
Daraufhin erhält die Patientin ihre Krebstherapie. Wenn diese zu Ende ist, kann man das gesamte Eierstockgewebe wieder in den Körper zurück verpflanzen. Es gibt die Möglichkeit, dieses wieder an dieselbe Position, zurück in die Bauchhöhle einzusetzen. Möglich sind auch ein Einsatz in die Bauchdecke oder in den Oberarm.
Im Anschluss kann der Eierstock durch hormonelle Stimulation wieder aktiviert werden, um dann Eizellen zu entnehmen. Mithilfe der assistierten Reproduktionsmedizin können die Eizellen befruchtet und die Embryonen wieder in die Gebärmutter der Frau zurück verpflanzt werden.
Wie wirken GnRH-Antagonisten und wann können diese eingesetzt werden?
Die GnRH-Antagonisten reduzieren die Eierstockfunktion und legen diesen still. Das bedeutet, die Frau wird in den Wechsel geschickt. So kann während der Chemotherapie eine protektive Wirkung auf den Eierstock erzielt werden und der Schaden am Eierstock geringer gehalten werden.
Können mehrere fruchtbarkeitserhaltende Maßnahmen kombiniert werden?
Prinzipiell können fruchtbarkeitserhaltende Maßnahmen auch kombiniert werden. Es bekommt jede Frau unter vierzig Jahren, die eine Chemotherapie erhalten muss, GnRH-Antagonisten zum Schutz der Eierstöcke verabreicht. Davor erhält sie natürlich noch die Möglichkeit, sich Eizellen, Embryonen oder das gesamte Eierstockgewebe einfrieren zu lassen.
Wie laufen die Entnahme und das Einfrieren der Eizellen ab?
Zuerst werden der Patientin Hormone verabreicht, damit die Eizellen zu Reifen beginnen. Dies wird mit dem Ultraschall regelmäßig, alle zwei bis drei Tage überwacht. Wenn die Eizellen reif genug sind, sprich kurz vor dem Eisprung, können Sie mittels Punktion durch die Scheide entnommen werden.
Daraufhin werden sie unbefruchtet oder befruchtet, spricht als Embryonen, eingefroren, um nach der abgeschlossenen Krebstherapie wieder eingesetzt zu werden.
Für welche Patientinnen eignet sich diese Methode weniger?
Das Problem ist, dass die Stimulierung und Gewinnung von Eizellen oder auch von Embryonen eine Hormontherapie, eine Hormonbehandlung voraussetzt. Dies ist bei Patientinnen mit hormonsensitivem Brustkrebs ungünstig und kann die Prognose eventuell auch verschlechtern.
Das sogenannte “Ovarian Tissue Banking”, das Konservieren des gesamten Eierstockgewebes, gewinnt daher immer mehr Bedeutung in der Brustkrebstherapie. Dabei kann durch eine Operation das Eierstockgewebe entnommen werden und später, nach abgeschlossener Therapie, wieder eingepflanzt werden. So kann die assistierte Reproduktion ohne Risiko, den Krebs wieder aufflammen zu lassen, fortgeführt werden.
Wovon hängt es ab, ob die Eizellen vor dem Einfrieren befruchtet werden oder nicht?
Das ist eine Frage, die am ehesten von der Partnerschaft, dem Beziehungsstatus der Patienten abhängt. Ist die Patientin in einer Beziehung, kann man Embryonen einfrieren, denn diese sind widerstandsfähiger, was das Einfrieren angeht.
Wenn es aber keine Partnerschaft gibt, oder man damit rechnet, dass vielleicht nicht alle Partnerschaften halten, wird empfohlen, nur die Eizellen einzufrieren.
Hier geht es zum Video-Interview: Fruchtbarkeitserhalt bei Brustkrebs
Entscheidungen zum Fruchtbarkeitserhalt
Sind fruchtbarkeitserhaltende Maßnahmen für Brustkrebspatientinnen notwendig, um später schwanger werden zu können?
Alle Frauen, die im reproduktionsfähigen Alter sind und die Diagnose Brustkrebs erhalten, sollten den Hinweis bekommen, dass fruchtbarkeitserhaltende Maßnahmen sehr sinnvoll sind.
Falls Sie die Diagnose Brustkrebs erhalten und sich selbst noch im geschlechtsreifen Alter befinden und einen Kinderwunsch haben, besteht auf jeden Fall die Möglichkeit, sich über fruchtbarkeitserhaltende Maßnahmen zu informieren.
Wer ist mein/e AnsprechpartnerIn bei diesem Thema und wann ist der beste Zeitpunkt darüber zu sprechen?
Der beste Zeitpunkt, um einen Fruchtbarkeitserhalt zu besprechen, wäre so bald wie möglich nach der Diagnose von Brustkrebs und vor Beginn der Therapie. Die Ansprechpartner hierfür wären die Experten aus dem Brustgesundheitszentrum oder die Experten in den Kinderwunschzentren.
Wo finde ich weitere Beratung zum Thema Brustkrebs und Kinderwunsch?
Es gibt einen Zusammenschluss aller Kinderwunschzentren von Deutschland, Österreich und der Schweiz. Unter www.fertiprotekt.com kann man sich Informationen von allen Kinderwunschzentren, die sich mit Fertilitätserhalt und Kinderwunsch befassen einholen.
Welche medizinischen Kriterien sind wichtig bei der Entscheidung?
Bei der Entscheidung eines Fertilitätserhalts nach der Brustkrebsdiagnose gibt es zwei wichtige Kriterien. Das eine wäre das Stadium der Erkrankung: Ist die Erkrankung heilbar oder befindet man sich in einem metastasierten Setting?
Der zweite Punkt wäre das Alter der Patientin. Je jünger die Patientin ist, desto wahrscheinlicher ist die Möglichkeit, dass sie nach der Therapie schwanger werden kann. Bei einer vierzigjährigen Patientin ist dies beispielsweise schwieriger.
Welche persönlichen Faktoren sollte ich bei der Entscheidung berücksichtigen?
Faktoren, die man bei der Entscheidung berücksichtigen sollte, sind der Beziehungsstatus der Patientin: Befindet sie sich in einer Partnerschaft oder ist sie gerade allein? Je nachdem kann man Embryonen oder auch einzelne Eizellen einfrieren lassen, um diese später zu befruchten, wenn eine Partnerschaft besteht.
Ein weiterer Faktor ist natürlich das soziale Gefüge: Gibt es Freunde oder Familie, welche die Patientin unterstützen können, wenn es ihr nach der Erkrankung und unter der Schwangerschaft nicht so gut geht?
Kann meine Fruchtbarkeit vor der Therapie erhoben werden?
Die Fruchtbarkeit kann und sollte vor der Therapie erhoben werden. Das kann man mittels Blutbild, Bestimmung der Hormone und einer gynäkologischen Untersuchung zusammen mit dem Alter gut abschätzen.
Wie schnell muss ich mich für die Durchführung von fruchtbarkeitserhaltenden Maßnahmen entscheiden?
Im Idealfall entscheidet man sich so schnell wie möglich für fruchtbarkeitserhaltende Maßnahmen, sprich baldig nach der Feststellung der Diagnose. Folglich kann man entsprechende Maßnahmen setzen und die Therapie im Anschluss planen.
Was wenn man sich vor Therapiebeginn gegen Kinder entscheidet, es sich während der Therapie jedoch anders überlegt?
Wenn Sie sich während der Krebstherapie doch für den Kinderwunsch entscheiden sollten, dann besprechen Sie bitte die möglichen Maßnahmen mit Ihrem Arzt. So kann man den geeigneten Zeitpunkt festlegen, wann eine Eierstockgewebe-Entnahme am besten wäre.
Wo werden fruchtbarkeitserhaltende Maßnahmen angeboten?
Es gibt einen Zusammenschluss aller Fertilitätszentren von Deutschland, Österreich und der Schweiz, die unter www.fertiprotekt.com zusammengefasst sind. Hier können sich Patientinnen mit Krebsdiagnose und Kinderwunsch Informationen einholen, welche Institute sich auf Kinderwunsch nach der Krebstherapie spezialisiert haben.
Wie hoch sind die Kosten für die Maßnahmen zum Fruchtbarkeitserhalt?
Die Kosten für die Maßnahmen zum Fruchtbarkeitserhalt belaufen sich je nach Maßnahme auf 3.000 bis 5.000 Euro. Dazu kommt die Lagerung und Kryokonservierung der Eizellen, Embryonen oder des Gewebes mit 300 bis 800 Euro jährlich. In Deutschland werden die Kosten teilweise von der Krankenkasse übernommen, in Österreich gibt es das leider noch nicht.
Hier geht es zum Video-Interview: Entscheidungen zum Fruchtbarkeitserhalt
Brustkrebs in der Schwangerschaft
Was bedeutet eine Brustkrebsdiagnose in der frühen Schwangerschaft für die Schwangerschaft und die Gesundheit des Kindes?
Die Brustkrebserkrankung an sich hat keinen Einfluss auf die Frühschwangerschaft, das Kind wird sich ganz normal weiter entwickeln. Sehr wohl haben aber unsere Therapien Einfluss auf die Frühschwangerschaft und deshalb setzen wir diese erst ab der 14. Schwangerschaftswoche ein. Ab diesem Zeitpunkt ist das Kind bereits entwickelt und die Organanlage abgeschlossen.
Wann kann ein Schwangerschaftsabbruch sinnvoll sein?
Ein Schwangerschaftsabbruch ist natürlich immer sinnvoll, wenn die Mutter es selbst wünscht.
Aus medizinischer Sicht ist das allerdings nur in seltenen Fällen notwendig. Zum Beispiel, wenn ein fortgeschrittenes Tumorstadium besteht oder eine hohe Tumorlast und wir rasch Therapien einsetzen müssten, die das Kind schädigen würden. Dann kann ein Abbruch sinnvoll sein.
Hat die Erkrankung oder Brustkrebstherapie im letzten Schwangerschaftsdrittel Auswirkungen auf die Gesundheit des Kindes?
Ja, im letzten Schwangerschaftsdrittel haben vor allem wir Ärztinnen die Verantwortung, das Kind im Mutterleib zu belassen und keine Frühgeburt zu induzieren.
Es ist nämlich besser für das Kind, wenn es im Mutterleib bleibt und unter der Chemotherapie weiter wachsen kann, als wenn es zu früh geboren ist. Die Folgen der Frühgeburt sind schlimmer als die Folgen der Chemotherapie.
Wird die Brustkrebsbehandlung während der Schwangerschaft angepasst?
Ja, die Brustkrebsbehandlung wird während der Schwangerschaft angepasst. Nicht alle Therapien dürfen in der Schwangerschaft verabreicht werden, denn manche sind schädlich für das Kind, einige sind allerdings unbedenklich. Genau diese setzen wir dann ein.
Läuft die Geburt unter Brustkrebstherapie anders ab?
Nein, grundsätzlich sollten wir allerdings die letzte Chemotherapie ungefähr um die 37. Schwangerschaftswoche verabreichen, also ein paar Wochen vor dem Geburtstermin. Danach kann eine ganz normale Geburt stattfinden und wir können normal auf das Einsetzen der Wehen warten.
Muss die Brustkrebsbehandlung nach der Geburt angepasst werden?
Das ist natürlich abhängig von dem, was wir zuvor schon verabreicht haben, also welche Therapien die Patientin bereits in der Schwangerschaft erhalten hat, was noch ausstehend ist und vor allem nach dem Wunsch des Stillens – möchte die Patientin stillen oder nicht. Das muss individuell festgelegt werden.
Kann ich mein Kind trotz Brustkrebs stillen?
Ja, grundsätzlich ist das Stillen ganz normal möglich. Wenn nach der Geburt allerdings noch Therapien ausstehen und diese eventuell dringend notwendig wären, dann sollten Sie mit Ihrer behandelnden Ärztin oder Ihrem behandelnden Arzt absprechen, ob ein Stillen sinnvoll ist oder nicht und ob die Therapie eventuell noch verzögert werden kann oder nicht.
Hier geht es zum Video-Interview: Brustkrebs in der Schwangerschaft
Geprüft Priv. Doz. Dr.in Gunda Pristauz-Telsnigg: Stand März 2022 und Geprüft Dr.in Katherina Kovalenko: Stand März 2022 | Quellen und Bildnachweis