7. CED früh erkennen – alle Fragen

Die Diagnose einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung (CED) wirft viele Fragen auf. Dr. Robert Koch erklärt, wie es überhaupt zu einer CED kommt und welche unterschiedlichen Formen es gibt. Außerdem werden die wichtigsten Symptome erläutert und Sie erhalten Informationen zu den Schritten auf dem Weg zur Diagnose der CED und Einblicke in die Therapie.

CED und ihre Entstehung

Was ist der “Verdauungstrakt” und was versteht man unter gesunder Verdauung?

Der Verdauungstrakt ist ein essenzielles Organ in unserem Körper. Er ist für die Aufnahme von Wasser, von Nährstoffen, von Vitaminen und Spurenelementen verantwortlich. Der Verdauungstrakt beginnt in der Mundhöhle und geht dann über den Schlund zur Speiseröhre in den Magen. Dort wird der Speisebrei mit dem Magensaft vermengt. Der Speisebrei wandert dann weiter in den Dünndarm; dort kommen die Verdauungsenzyme der Bauchspeicheldrüse und der Galle hinzu. Den Dünndarm unterteilt man in drei Abschnitte: der obere Dünndarm, auch Duodenum bzw. Zwölffingerdarm genannt; das Jejunum und das Ileum. Der Speisebrei wandert im Anschluss weiter in den Dickdarm – dort wird er eingedickt. Im Dickdarm unterscheiden wir das Colon ascendens bzw. das aufsteigende Colon, das Querkolon, das absteigende Colon, das Sigma und den Enddarm. Was versteht man nun unter einer gesunden Verdauung? Der Begriff ist schwer zu definieren. Unter einer gesunden Verdauung versteht man unter anderem, dass der Körper seine Nährstoffe, seine Vitamine und sein Wasser im ausreichenden Maße aus dem Speisebrei beziehen kann und dieser dann den Körper als Stuhl problemlos verlässt – ohne, dass vermehrt Blähungen auftreten oder die Stuhlfrequenz durch flüssigen Stuhl, durch Durchfälle oder Verstopfung beeinträchtigt wird.

Wann spricht man von einer gesunden Darmflora und warum ist sie wichtig für die Verdauung?

In unserem Darm befinden sich hundert Billionen Bakterien – das sind hundertmal mehr bakterielle Zellen als unser Körper Zellen hat. In der gesamten Entwicklungsgeschichte, sei es vom Homo sapiens aufwärts oder abwärts, sind wir nie ohne diese Bakterien aufgewachsen. Das heißt, dass diese Bakterien und unser Körper eng zusammenarbeiten. Die Bakterien unterstützen uns in der Verdauung; sie spalten unverdauliche Fasern und Proteine, Fette und Kohlenhydrate. Sie bilden auch verschiedene Vitamine und helfen uns, Nahrung aufzunehmen. Sie unterstützen uns außerdem in der Immunantwort, was am besten durch ein Mäuseexperiment vor Augen geführt werden kann:

Wenn eine Maus in einem vollkommen sterilen Medium aufwächst, kann diese Maus kein funktionierendes Immunsystem ausbilden – deshalb sind Darmbakterien essenziell für die Ausbildung des Immunsystems. Ein weiterer Punkt ist natürlich, dass uns unsere gesunden, guten Darmbakterien vor pathogenen Keimen und schlechten Darmbakterien wie beispielsweise campylobacten Shigellen oder Clostridien schützen; eine gut funktionierende Mikrobiota schützt vor pathogenen Keimen.

Was bedeutet eine Entzündung des Darmes für die Verdauung?

Der Darm ist immer wieder auch mit pathogenen, schädlichen Bakterien und Viren konfrontiert, die eine Entzündungsreaktion auslösen können. Im Darm wird der Speisebrei aufgenommen – dieser bildet hiermit eine ganz eine vulnerable Kontaktfläche zur Umwelt. Somit ist unser Immunsystem gefordert, die Nahrungsaufnahme und diese Interaktion mit den Darmbakterien zu gewährleisten. Wenn nun verschiedene genetische Veränderungen vorliegen, die die Entzündungsantwort bzw. Immunantwort nicht adäquat ablaufen lassen, kann es zu einer verstärkten Entzündung kommen. Diese Entzündung kann sich dann nicht wieder automatisch beruhigen, sondern treibt sich weiter voran und aggraviert sich immer mehr. Das macht es notwendig, mit Medikamenten einzugreifen, um diese Entzündungsreaktion wieder zu normalisieren.

Was ist eine Darmentzündung und was bedeutet chronische Darmentzündung?

Unter einer Darmentzündung versteht man, dass das Immunsystem im Darm arbeitet. Dabei werden vermehrt Entzündungszellen in den Darm transportiert, um z.B. pathogene bzw. schädliche Bakterien zu eliminieren. Meistens ist eine derartige Entzündungsreaktion, die oft durch eine Infektion ausgelöst wird, innerhalb von wenigen Tagen bis zwei Wochen von selbst wieder behoben. Dauert diese Entzündungsreaktion länger als vier Wochen, spricht man von einer chronischen Entzündungsreaktion im Darm.

Was versteht man unter CED und welche Formen gibt es?

Unter CED versteht man eine chronisch entzündliche Darmerkrankung. Das ist eine Darmerkrankung, die chronisch ist und somit länger als vier Wochen andauert, eine entzündliche Komponente beherbergt und den Darm betrifft. Man unterscheidet grob zwei verschiedene Subtypen: den Morbus Crohn und die Colitis ulcerosa.

Worin unterscheidet sich eine CED von anderen Darmerkrankungen wie z.B. Reizdarm?

Wie der Name “CED”, also chronisch entzündliche Darmerkrankung, besagt, ist die Erkrankung chronisch; das heißt, sie dauert länger als vier Wochen. Das ist ein wesentlicher Unterschied zu infektiösen Darmerkrankungen, die durch Viren oder Bakterien hervorgerufen werden. Chronisch könnte natürlich auch ein Reizdarm sein, nur ist der Reizdarm im Gegensatz zu den CED nicht entzündlich getriggert. Der Reizdarm ist eine Erkrankung, die sehr viele Personen betrifft, bei der es wahrscheinlich zu einer Störung im Bereich der Hirn-Darm-Achse kommt. Man hat damit eine erhöhte Schmerzempfindlichkeit – aber im Unterschied zur chronisch entzündlichen Darmerkrankung hat man keine Entzündungsreaktion.

In welchem Alter beginnt eine CED typischerweise?

Typischerweise wird eine chronisch entzündliche Darmerkrankung bei jungen Patienten diagnostiziert – es handelt sich dabei meist um Patienten im Alter zwischen 20 und 35 Jahren. Es gibt natürlich auch Patienten, bei denen die chronisch entzündliche Darmerkrankung bereits im Kindesalter oder sogar im Säuglingsalter manifest wird und diagnostiziert wird – das ist aber eher eine Minderheit. Auch wenn die Diagnose im höheren Alter bzw. über 50 Jahren gestellt wird, ist das eher bei einem geringeren Teil der Bevölkerung der Fall.

Welche Risikofaktoren gibt es für die CED?

Was die Risikofaktoren für die chronisch entzündliche Darmerkrankungen betrifft, hat es sehr viele epidemiologische Studien gegeben. Wir wissen, dass chronisch entzündliche Darmerkrankungen vor allem in unseren westlichen Industrieländern vorkommen und damit schließen wir zurück, dass der westliche Lebensstil und unsere Ernährung mit Fastfood und ähnlichem wahrscheinlich für die Entstehung und für den Ausbruch der chronisch entzündlichen Darmerkrankungen mitverantwortlich ist. Wir wissen auch, dass unser etwas ausgeprägtes Hygienebewusstsein und der stärkere Einsatz von Antibiotika, vor allem im Kindes- und Säuglingsalter oder auch während Schwangerschaft, das Auftreten bzw. das Entstehen einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung begünstigen kann. Ein weiterer Faktor ist das Rauchen. Rauchen begünstigt die Entstehung eines Morbus Crohns und verschlechtert auch den Verlauf dessen. Schmerzmittel können z.B. auch einen Schub auslösen, welcher auch der erste Schub sein kann. So kann es sein, dass die Erkrankung durch das Schmerzmittel ausgelöst wurde.

Was kann CED auslösen?

Was von Patienten oft gefragt wird ist, welchen Stellenwert die Ernährung in der Entstehung der chronisch entzündlichen Darmerkrankung oder beim Auslösen eines Schubs spielt. Hier ist zu sagen, dass alles, was wir essen, durch den Darm geht – verschiedene Nährstoffe wie Fruchtzucker etc. werden unterschiedlich gut resorbiert, so dass Fruchtzucker, Milchzucker oder verschiedene andere Zucker unverdaut in den Darm kommen. Es kann bei einem Patienten vorkommen, dass er ein bestimmtes Lebensmittel manchmal schlechter verträgt und er Blähungen oder Durchfall bekommt, während ein anderer Patient das Lebensmittel sehr gut verträgt. Das heißt aber nicht, dass Lebensmittel einen Schub auslösen können – sie können Beschwerden auslösen, aber keinen Schub. So sollten sich Patienten nicht einer falschen Diät unterwerfen und dann am Ende in eine etwaige Mangelernährung driften. Stattdessen soll immer wieder ausprobiert werden, ob bestimmte Nahrungsmittel vertragen werden. Wenn an diesem Tag das Nahrungsmittel nicht vertragen wird, kann es durchaus sein, dass es in einem Monat dann doch wieder vertragen wird.

Welche Rolle spielt Genetik bei der CED und kann ich das Krankheitsrisiko vererben?

Bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen spielen genetische Veränderungen eine Rolle, es ist aber keine genetische Erkrankung. Das heißt, dass man diese genetischen Veränderungen haben kann, aber nicht an einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung erkrankt. Dementsprechend sieht es mit der Vererbung aus – wenn die Eltern oder ein Teil der Eltern an einer chronischen entzündlichen Darmerkrankung leiden, dann ist das Risiko für das Kind, auch eine chronisch entzündliche Darmerkrankung zu bekommen, etwas höher, als wenn die Eltern nicht an einer solchen Erkrankung leiden; das Risiko ist durch die Vererbung in etwa um den Faktor fünf oder sechs erhöht. Da das Risiko einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung aber generell eher gering ist, ist natürlich auch dieses etwas höhere Risiko weiterhin sehr gering.

Hier geht es zum Video-Interview: „CED und ihre Entstehung”

CED – Symptome erkennen

Welche Teile des Verdauungstraktes sind bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa betroffen?

Die Unterschiede zwischen Morbus Crohn und der Colitis ulcerosa sieht man vor allem in der Lokalisation. Während der Morbus Crohn unterschiedlich und diskontinuierlich verschiedene Anteile des Magen-Darm-Trakts wie den Dickdarm, den Dünndarm, aber auch den Magen, die Speiseröhre und sogar die Mundhöhle betreffen kann, ist die Colitis ulcerosa strikt auf den Dickdarm beschränkt. So beginnt die Colitis ulcerosa immer ganz distal beim Anus im Enddarm und kann proximal nach oben fortschreiten, sodass eine Proktitis ulcerosa vorliegt. Weiters kann sie linksseitig sein, wenn de facto auch das Sigma und das absteigende Colon betroffen ist oder eine Pancolitis, wenn der gesamte Dickdarmrahmen betroffen ist. Außerhalb des Dickdarms finden wir die Colitis ulcerosa nicht.

Welche Darmbeschwerden sind typisch bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa?

Typisch bei Morbus Crohn sind die Bauchschmerzen. Da der Morbus Crohn sehr häufig im untersten Bereich des Dünndarms bzw. im aufsteigenden Dickdarmbereich zu finden ist, sind typischerweise rechtsseitige Bauchschmerzen zu spüren, die man dann oftmals mit der Blinddarmentzündung verwechselt. Durchfälle sind beim Morbus Crohn eher seltener und treten vor allem auf, wenn auch der Dickdarm betroffen ist. Demgegenüber sind die Beschwerden bei der Colitis ulcerosa durch blutige Durchfälle charakterisiert, da vor allem der Enddarm betroffen ist.

Wie unterscheiden sich die Darmsymptome bei CED von Symptomen bei anderen Darmerkrankungen?

Die Symptome von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen wie Durchfall und Bauchschmerzen sind sehr schwierig von den Symptomen der anderen Darmerkrankungen auseinanderzuhalten. Gerade bei Reizdarm oder bei infektiösen Darmentzündungen ähneln sich die Symptome und sind schwierig auseinander zu halten. Typisch wäre, dass z.B. beim Reizdarm der Durchfall bzw. der Stuhlgang nie abends auftritt, während der Patient mit einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung durchwegs auch in der Nacht aufsteht, weil er Bauchschmerzen hat oder auf die Toilette muss. Das kann sich von einmal bis zehnmal in der Nacht ziehen – der Reizdarm-Patient hat in der Nacht wiederum meistens seine Ruhe.

Wieso kann es bei CED zu Symptomen außerhalb des Darms kommen und welche Symptome können das sein?

Bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen können Symptome auch außerhalb vom Darm auftreten, da es eine Erkrankung des Immunsystems ist. Dieses spiegelt sich im gesamten Körper wider. Typischerweise werden solche Manifestationen außerhalb des Darms als extraintestinale Manifestationen bezeichnet; für gewöhnlich ist hier die Haut betroffen. Dabei gibt es eindeutige oder typische Veränderungen wie z.B. das Erythema nodosum; das ist eine Rötung, die meist am Unterschenkel auftritt und sehr schmerzhaft ist – davon sind vor allem Frauen betroffen. Pyoderma gangraenosum ist eine weitere typische Veränderung – hier wird meist durch ein Bagatelltrauma eine Entzündung ausgelöst, die sich zentrifugal nach außen ausbreitet und schwere Nekrosen und Haut- oder Schleimhautveränderungen auslöst. Betroffen sein können ebenfalls die Gelenke; vor allem periphere Gelenke, Handgelenke, Kniegelenke und Ellbogengelenke. Wir unterscheiden hier die periphere Arthropathie Typ 1, die oftmals mit einem Schub vergesellschaftet ist und meist die tragenden Gelenke wie die Kniegelenke, Sprunggelenke etc. betreffen. Demgegenüber steht die periphere Arthropathie Typ 2; da sind meist die kleineren Gelenke betroffen und zusätzlich mehrere verschiedene. Die dritte Gruppe ist die axiale Arthropathie, bei der die Wirbelsäule betroffen ist. Neben Haut und Gelenken können aber auch die Augen betroffen sein – es kann eine Entzündung der Iris (Uveitis) auftreten, die medikamentös behandelt werden muss. Zudem kann die chronisch entzündliche Darmerkrankung auch die Leber und die Gallengänge befallen; hier könnte dann eine primär sklerosierende Cholangitis entstehen.

Warum können zusätzlich auch psychische Beschwerden auftreten?

Die Psyche spielt bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen eine große Rolle – auch bei allen anderen Darmerkrankungen wie beim Reizdarm ist sie von großer Wichtigkeit. Der Hirn-Darm-Achse kommt eine besondere Rolle zu – im Stress hat man familiäre Probleme oder Probleme im Beruf, welche sich dann im Darm bemerkbar mache. Man hat dadurch auch eine vermehrte Neigung zu Durchfall und schneller Bauchschmerzen – bei Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen ist dies natürlich besonders ausgeprägt. Im Urlaub beispielsweise ist man beschwerdefrei; haben Sie mehr vermehrt Stress bei der Arbeit, spüren Sie diese Beschwerden wieder verstärkt. Ein weiterer Punkt bei der Psyche und beim Darm ist das Krankheitsempfinden per se. Während ein Patient mit einem Herzinfarkt seine Kollegen vielleicht normal davon erzählen kann und die Kollegen schlussfolgern, dass er hart gearbeitet hat, ist das bei jemandem mit einer chronischen Darmerkrankung anders. Wer erzählt schon gern seinen Kollegen, wie oft man am Tag auf die Toilette gehen muss? Das sind eher Probleme, die man für sich behält – zusätzlich hat man den Stress sicherzustellen, dass die Arbeitskollegen nichts von der Erkrankung mitbekommen.

Wieso sollte ich mit meiner Ärztin/meinem Arzt auch andere Beschwerden als Darmsymptome besprechen?

Chronisch entzündliche Darmerkrankungen können sich auch außerhalb des Darms manifestieren. Das betrifft meist die Haut, die Gelenke, die Augen oder die Leber. Man bezeichnet diese Manifestationen als extraintestinal, welche sehr häufig mit einem Schub vergesellschaftet sind. Aber die erhöhte Entzündungslast, mit der Sie als Patient im Rahmen eines Schubs konfrontiert sind, bewirkt auch, dass Sie eine höhere Neigung haben, dass Sie Thrombosen und Embolien entwickeln können. Das Risiko für akute arterielle Erkrankungen wie z.B. Herzinfarkt, Schlaganfall oder ein Verschluss der peripheren Gefäße ist bei Patienten mit einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung vermutlich etwas höher als bei der Normalbevölkerung. Weiters kommen Gallensteinleiden oder eine Neigung zu Nierensteinen öfter vor, wenn man an einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung leidet.

Hier geht es zum Video-Interview: „CED-Symptome erkennen”

Verlauf bei CED verstehen

Gibt es einen typischen Verlauf bei chronisch entzündlicher Darmerkrankung?

Es gibt keinen typischen Verlauf von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen. Die chronisch entzündlichen Darmerkrankungen sind multifaktoriell bedingt, das heißt, dass eine genetische Ursache vorliegt. Vor 20 Jahren haben wir die erste genetische Veränderung gefunden – heute haben wir über 250 genetische Veränderungen, die alle irgendwo im Immunsystem kodieren und die Neigung für das Auftreten einer chronischen entzündlichen Darmerkrankung erhöhen. Hinzu kommen unser Lebensstil und unsere Darmbakterien; alles zusammen führt dazu, dass eine chronische entzündliche Darmerkrankung manifest werden kann und klinische Beschwerden auslösen kann. Dementsprechend sehen wir, dass die Genetik bei jedem Patienten etwas anders aussieht und dadurch bedingt ist auch der Verlauf ein anderer. Es kann vorkommen, dass ein Patient auf das Medikament XY anspricht, während der andere auf dieses Medikament überhaupt nicht anspricht. Es gibt Fälle, bei denen ein Patient einmal einen schweren Schub hat und dann Zeit seines Lebens beschwerdefrei ist – der nächste Patient hat einen Schub, ist danach beschwerdefrei und hat daraufhin den nächsten Schub und so weiter. Dieser chronisch schubhafte Verlauf tritt in etwa bei einem Drittel der Patienten auf.

Wann können auch längere beschwerdefreie Phasen auftreten?

Längere beschwerdefrei Phasen können gelingen, wenn die Entzündung der Schleimhaut im Griff ist. Ist die Schleimhautentzündung nicht im Griff, ist es offensichtlich, dass die nächste Entzündungsreaktion bereits wartet.

Woran erkenne ich einen Schub der Erkrankung?

Einen Schub von Seiten der chronisch entzündlichen Darmerkrankung erkennt man an einer Veränderung des Stuhlverhaltens. Der Stuhl wird sehr oft breiig; bei der Colitis ulcerosa kommt es zur Blutbeimengung im Stuhl, die Stuhlfrequenz nimmt zu – man muss in der Nacht aufs WC gehen, manchmal treten Bauchschmerzen auf. Im schlimmsten Fall kann man auch Fieber entwickeln.

Wie unterscheiden sich Colitis ulcerosa und Morbus Crohn im schweren Verlauf?

Colitis ulcerosa und Morbus Crohn unterscheiden sich im Verlauf vor allem im Hinblick auf die Komplikationen. Bei einem Morbus Crohn, bei dem die Entzündung nicht im Griff ist, können im Verlauf Komplikationen wie Engstellen, Stenosen oder Fisteln auftreten. Bei Fisteln frisst sich die Entzündung, die die gesamte Schleimhaut beim Morbus Crohn betrifft, zum benachbarten Hohlorgan durch, so dass wir Verbindungsgänge von einem Darm zum anderen bzw. auch von einem Hohlorgan zum anderen wie z.B. zur Harnblase haben. Im schlimmsten Fall können diese Verbindungen zu Haut hin gehen. Diese Fisteln und Engstellen sind typisch für den Morbus Crohn und treten bei der Colitis ulcerosa nicht auf. Weiters können auch Abszesse entstehen; diese sind sehr schmerzhaft. Das heißt, dass Schmerzen im Analbereich bei Morbus Crohn immer verdächtig auf Abszesse sind. Wenn Sie solche Schmerzen verspüren, dann suchen Sie Ihren behandelnden Arzt auf und sprechen darüber, so dass er abklären kann, ob eine Fistulierung oder ein Abszess im perianalen Bereich aufgetreten ist. Bei der Colitis ulcerosa besteht wiederum durch die langjährige Entzündung im Darm das hohe Risiko, dass die Darmzellen dysplastisch werden bzw. entarten und am Ende ein Dickdarmkrebs entstehen kann. Im Verlauf gibt es bei der Colitis ulcerosa noch eine Sonderform. Diese akute, schwere Form der Colitis ulcerosa ist immer ein medizinischer Notfall. Das bedeutet, dass der Patient zu seinem blutigen Stuhl Zeichen der systemischen Entzündung wie Fieber, Abfall des Blutdrucks, ein Anstieg der Herzfrequenz bzw. ein Herzrasen entwickelt, also ein Zeichen einer systemischen Entzündungsreaktion – einer Entzündungsreaktion, die den ganzen Körper betrifft. In diesem Fall muss der Patient stationär ins Krankenhaus aufgenommen werden, da diese Erkrankung unbehandelter Weise in etwa 30% der Fälle zum Tod führen kann. Hier ist Gefahr in Verzug, der Patient muss sofort mit Cortison intravenös behandelt werden, um die Entzündung in den Griff bekommen zu können. Auch mit dem Chirurgen muss man hier in engem Kontakt sein – denn wenn man die Entzündung mit Medikamenten nicht innerhalb kurzer Zeit in den Griff bekommt, muss der Chirurg den Dickdarm entfernen. Diese akute schwere Erkrankung bzw. dieser akute Schub tritt nur bei der Colitis ulcerosa auf und ist eine gefährliche Sonderform, die aber Gott sei Dank sehr selten auftritt.

Gibt es Möglichkeiten, diese Komplikationen zu vermeiden oder gut zu therapieren?

Auf Morbus Crohn bezogen kann man Komplikationen wie Darmstenosen, Darmengstellen oder Fisteln verhindern. Die effektivste Methode, um eine Fistulierung oder eine Darmstenose zu verhindern ist, die Entzündungsreaktion im Darm in den Griff zu bekommen. Das heißt, Sie müssen regelmäßig zum Arzt gehen, auch wenn Sie beschwerdefrei sind, um herauszufinden, ob eine Entzündung im Darm vorhanden ist. Wenn eine Entzündung vorhanden ist, muss eine adäquate antientzündliche Therapie eingeleitet werden, um diese Entzündung in den Griff zu bekommen. Dazu gibt es eine Studie, welche gezeigt hat, dass wenn bei Patienten durch eine entzündungshemmende Therapie bzw. eine Biologika-Therapie die Entzündung abklingt, kaum einer dieser Patienten eine Fistulierung entwickelt. Ist die Entzündung aber nicht im Griff oder haben die Patienten über längere Zeit hinweg eine Entzündung, dann entwickeln 20% der Patienten eine Fistulierung.

Welche Komplikationen können bei Colitis ulcerosa auftreten und was kann man dagegen tun?

Komplikationen bei der Colitis ulcerosa sind natürlich geprägt durch die blutigen Durchfälle, die über einen konstanten Blutverlust zur Blutarmut und letztendlich auch zum Eisenmangel führen können. Einen Eisenmangel spüren Sie, wenn Sie müde sind, wenn Sie in der Früh kaum aus dem Bett rauskommen und Sie merken, dass Sie einen Leistungsknick haben – Sie können im Beruf und zu Hause nicht mehr Ihr Bestes geben. Das wäre der Punkt, an dem Sie zum Hausarzt oder zu Ihrem behandelnden Arzt ins CT-Zentrum gehen sollten und das Blut auf Blutarmut und Eisenmangel untersuchen lassen sollten. Eine weitere Komplikation ist durch eine nicht beherrschte entzündliche Reaktion die Entartung bzw. die Ausbildung eines kolorektalen Karzinoms.

Hier geht es zum Video-Interview: „Verlauf bei CED verstehen”

Weg zur Diagnose CED

Bei welchen Anzeichen sollte ich mich an eine Ärztin/einen Arzt wenden?

Ein großes Problem in der Erstdiagnose von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen ist, dass die Beschwerden gerade bei Morbus Crohn sehr unspezifisch sind – Bauchschmerzen oder Durchfall sind keine besonders ausschlaggebenden Beschwerden. Vor allem hat das Gros der Patienten mit Reizdarm ziemlich ähnliche Beschwerden wie der Patient mit einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung. So muss man, wenn man an Bauchschmerzen leidet oder immer wieder Durchfall hat, nicht zwangsläufig einen Morbus Crohn haben. Trotzdem sollte man sich beim Hausarzt abklären lassen und zumindest einmal den Stuhl auf eine erhöhte Entzündungsreaktion bzw. auf Calprotectin untersuchen lassen. Das Calprotectin im Stuhl ist ein sehr verlässlicher Parameter, der dem behandelnden Arzt einen guten Hinweis dafür liefert, ob eine Entzündungsreaktion im Darm vorhanden ist oder nicht. Das wäre ein großer Unterschied zum Reizdarm – bei diesem besteht keine Entzündung im Darm, wobei Morbus Crohn eine Entzündung im Darm ist. Bei einer Colitis ulcerosa sind die Symptome leichter zu erkennen – blutige Durchfälle regen immer Angst. Ein Patient, der plötzlich Blut im Stuhl verspürt, wird schnell den Weg zum Arzt suchen und auch den Weg zur Dickdarmspiegelung bzw. zur Koloskopie sehr schnell finden.

An welche Ärztin/an welchen Arzt wende ich mich bei Verdacht auf Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa?

Der erste Ansprechpartner bei Verdacht auf eine chronisch entzündliche Darmerkrankung ist natürlich Ihr Hausarzt. Wenn Sie diesem Ihre Symptome schildern – dass Sie Bauchschmerzen oder Durchfall haben (bei Colitis ulcerosa, dass die Durchfälle blutig sind) – wird dieser Ihren Stuhl auf erhöhte Entzündungsmarker wie z.B. das Calprotectin untersuchen. Ist dieser Entzündungsmarker erhöht, spricht das dafür, dass eine Entzündungsreaktion im Darm abläuft – der zweite Schritt ist dann eine Darmspiegelung. Wir können einerseits eine Koloskopie durchführen, eine Dickdarmspiegelung; hierbei können wir den gesamten Dickdarm einsehen, sowie die letzten zehn Zentimeter des Dünndarms. Wir können auch bei Morbus Crohn von oben mit einer Magenspiegelung bzw. einer Gastroskopie die Speiseröhre, den Magen und den oberen Bereich des Dünndarms – den Zwölffingerdarm – anschauen. Den Bereich des Dünndarms, den wir weder mit der Magenspiegelung, noch mit der Dickdarmspiegelung sehen, ist endoskopisch oft sehr schwierig einsehbar. Hier müsste man, wenn der Verdacht auf einen Dünndarm-Crohn besteht, eine radiologische Untersuchung anwenden, z.B. eine Magnetresonanz-Untersuchung des Dünndarms; diese wird aber immer in einem Spezialzentrum durchgeführt.

Warum sollte ich meinen Verdacht auch ärztlich abklären lassen, wenn ich gerade symptomfrei bin?

Häufig ist das Problem, wenn man an Bauchschmerzen oder Durchfall leidet, dass man einen Termin bekommt, aber eine gewisse Zeit auf den Termin warten muss. Wenn man dann den Termin hat, sind die Beschwerden vielleicht teilweise schon verschwunden. Soll man den Termin trotzdem wahrnehmen oder ist die Sache erledigt und kann den Termin absagen? Ich würde empfehlen, dass man den Termin trotzdem wahrnimmt, um sich untersuchen zu lassen. Denn auch wenn Sie beschwerdefrei sind kann es sein, dass die Entzündungsreaktion im Darm trotzdem noch nachweisbar ist, dass das Calprotectin im Stuhl immer noch erhöht ist und man de facto noch die Diagnose einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung, sofern sie vorhanden ist, stellen kann, auch wenn Sie klinisch keine Beschwerden mehr verspüren.

Welche Fragen kann mir die Ärztin/ der Arzt bei Verdacht auf CED stellen?

Wenn der Verdacht auf eine chronisch entzündliche Darmerkrankung besteht, wird sich Ihr Arzt natürlich über Ihre akuten Beschwerden erkundigen. Er wird wissen wollen, wie die Bauchschmerzen aussehen, welchen Charakter die Schmerzen haben, wo die Schmerzen lokalisiert sind, ob der Schmerz leicht, mittel oder stark ist, wie häufig tritt er auftritt und wann er zum ersten Mal aufgetreten ist. Interessant und wichtig ist natürlich auch das Stuhlverhalten – wie häufig das WC aufgesucht werden muss, ob die Stuhlkonsistenz fest, flüssig oder breiig ist, ob auch in der Nacht das WC aufgesucht werden muss und ob sich Blut im Stuhl befindet. Ein sehr essenzieller Punkt ist dabei, wann diese Beschwerden zum ersten Mal aufgetreten sind. Ist die Symptomatik gut, dann kann eine infektiöse Darmerkrankung vorliegen und nicht zwingend eine chronisch entzündliche Darmerkrankung bestehen. Dauert die Erkrankung länger als vier Wochen, dann ist es relativ typisch, dass eine chronisch entzündliche Darmerkrankung vorliegen kann. Der Unterschied zum Reizdarm sind die nächtlichen Stühle – ein Reizdarm-Patient hat in der Nacht keine Durchfälle, der Patient mit einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung kann in der Nacht Durchfälle haben. Eine weitere Frage wird sein, welche Medikamente genommen wurden – Schmerzmittel können einen Schub auslösen; sie können auch den ersten Schub auslösen. Ein weiterer Punkt sind Fragen nach dem familiären Hintergrund – ob immunologisch getriggerte Erkrankungen häufig vorkommen, ob es Fälle von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen gibt oder immunologisch getriggerte Erkrankungen wie eine Psoriasis oder eine rheumatoide Arthritis vorliegen.

Wie kann ich mich selbst auf den Arztbesuch vorbereiten?

Sie können sich auf den Arzttermin vorbereiten, indem notiert wird, welche Medikamente zurzeit eingenommen werden, wann die Beschwerden begonnen haben und ob bereits früher eine ähnliche Beschwerdesymptomatik verspürt wurde. Weiters wird gefragt, ob es in der Familie bereits chronisch entzündliche Darmerkrankungen gegeben hat, welche Vorerkrankungen es gibt und ob eine Neigung zu Thrombosen, Gallensteinen oder Nierensteinen vorliegt. Diese Erkrankungen sind natürlich auch etwas häufiger bei Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen zu finden. Wenn Sie sich das alles auf einem Zettel notieren und dann beim Arztgespräch griffbereit haben, tun Sie sich natürlich viel leichter im Gespräch mit dem behandelnden Arzt.

Was geschieht nach dem Gespräch mit der Ärztin/dem Arzt?

Wenn Ihr Hausarzt den Verdacht auf eine chronisch entzündliche Darmerkrankung stellt oder bereits deren Diagnose stellt, dann würde er Sie bei einem sehr milden Schub wahrscheinlich selbst behandeln. Wenn der Schub moderat oder schwer ist, wird er Sie einem Spezialzentrum bzw. einem CED-Zentrum zuweisen, wo Sie dann in regelmäßigen Abständen kontrolliert werden, abhängig von Ihrer Entzündungslast. Dort wird auch alles andere abgeklärt, wobei man dort auch immer die extremsten Manifestationen bzw. die extremsten Komplikationen mit im Auge hat.

Welche Untersuchungen sind im Rahmen der Diagnosefindung notwendig?

Nach einem ausführlichen Arzt-Patienten-Gespräch sind natürlich immer mehrere Untersuchungen notwendig. Die erste Untersuchung ist die Blutabnahme. Hier wird untersucht, ob diverse Entzündungswerte erhöht sind. Sehr häufig sind die Entzündungswerte bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen im Blut im Normbereich, obwohl eine Entzündung im Darm vorhanden sein kann. Ein sehr essenzieller Parameter ist die Calprotectinbestimmung aus dem Stuhl. Calprotectin ist ein Entzündungsparameter und wenn eine Entzündung im Darm vorliegt, ist dieses Calprotectin im Stuhl erhöht. Als weiterer weniger oder nicht invasiver Schritt ist oftmals ein Ultraschall des Bauches zu finden. Sieht man irgendwo im Bauchraum, dass die Darmwand verdickt ist, wäre das ein weiterer Baustein in der Diagnose der chronischen entzündlichen Darmerkrankung. Als nächster Schritt kommt dann die endoskopische Abklärung. Man kann den Dickdarm und den unteren Bereich des Dünndarms mit Koloskopien untersuchen, während man die Speiseröhre, den Magen und den oberen Bereich des Dünndarms bzw. den Zwölffingerdarm im Rahmen einer Gastroskopie abklären lassen kann. Was oft schwieriger zu untersuchen ist, ist der Dünndarm in dem Bereich, den man weder mit der Magenspiegelung, noch mit der Dickdarmspiegelung sieht. Hier spielt natürlich das Calprotectin eine Rolle – ist es erhöht, können wir eine Entzündungsreaktion auch in diesem Bereich finden. Der Bauchultraschall kann eine wichtige Funktion ergeben – sehr häufig ist aber dann die Radiologie gefordert und hier gibt es eine spezielle Untersuchung; die sogenannte MRI-Enterographieuntersuchung. Bei dieser Untersuchung wird man wie für eine Dickdarmspiegelung vorbereitet und legt sich dann in das Magnetresonanzgerät. Daraufhin ist zu sehen, ob im Dünndarm irgendwo ein Engstelle zu finden ist oder eine verdickte Darmwand aufzufinden ist. Das ist ein weiterer Puzzleteil in der Diagnose bzw. in der Abklärung der chronisch entzündlichen Darmerkrankungen.

Wieso ist es wichtig, auch das Blut und den Stuhl zu untersuchen und was wird dabei überprüft?

Patienten mit einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung sollen regelmäßig von Ihrem Spezialisten untersucht werden – auch wenn Sie beschwerdefrei sind, sollten Sie zur Kontrolle kommen. Vorerst wird das Blut untersucht; es wird geschaut, ob die Entzündungswerte erhöht sind. Es wird meistens auch der Eisenstatus bestimmt; wir schauen, ob ein Eisenmangel vorhanden ist, auch wenn nicht unbedingt die Symptome dafür vorliegen. Wir kontrollieren auch die Vitamine – meistens Vitamin B12 und die Folsäure. Von der Untersuchung des Blutes abgesehen wird auch das Calprotectin im Stuhl untersucht. Leider ist es manchmal der Fall, dass der Patient beschwerdefrei ist, aber trotzdem eine Entzündung im Darm vorhanden ist. Wenn die Entzündung im Darm vorhanden ist, haben wir ein hohes Risiko der Komplikationen, dass Fisteln oder Engstellen ausgebildet werden können – bei der Colitis ulcerosa im Extremfall einen Dickdarmkrebs. Deshalb ist es wichtig zu versuchen, diese Entzündung nachzuweisen. Das können wir am besten, indem Sie zur Kontrolle immer eine Stuhlprobe mitbringen. Diese Stuhlprobe wird dann auf Calprotectin untersucht – es wird kontrolliert, ob das Calprotectin bzw. dieser Entzündungswert im Stuhl erhöht ist oder nicht. Wenn Sie beschwerdefrei sind, wenn das Calprotectin im Normbereich ist und wenn sich das Blutbild im Normbereich befindet, können Sie beruhigt sein.

Wie läuft eine Magen- und Darmspiegelung ab und wie bereite ich mich am besten darauf vor?

Während man bei der Colitis ulcerosa, da ja nur der Dickdarm befallen ist, nur eine Koloskopie bzw. eine Dickdarmspiegelung braucht, ist es bei Morbus Crohn etwas diffiziler. Hier braucht man eine Dickdarmspiegelung und wenn der Patient Beschwerden im oberen Magen-Darm-Trakt hat, auch eine Magenspiegelung. Wichtig ist bei der Magenspiegelung, dass man nüchtern ist und mindestens sechs Stunden vor der Untersuchung nichts mehr gegessen hat. Weiters ist essenziell für die Darmspiegelung, dass der Darm sauber ist. Sie bekommen dafür von Ihrem behandelnden Arzt ein abführendes Medikament verschrieben, das Sie bereits am Vortag einnehmen. Da gibt es genaue Anleitungen, je nachdem, was für ein Mittel Sie nehmen. Dieses Mittel schmeckt leider meistens nicht sehr gut – trotzdem muss man es mit Zugabe von sehr viel Flüssigkeit trinken, damit der Darm sauber wird. Am Tag der Untersuchung lassen Sie sich von einer Person in das Krankenhaus bzw. in die Ordination fahren, da Sie bei den Untersuchungen ein Schlafmittel bekommen und danach nicht mehr fahrtüchtig sind. Sie kommen in die Ordination bzw. in die Ambulanz und werden aufgeklärt, wie die Untersuchung abläuft und was bei dieser Untersuchung passieren kann. Man wird Gewebeproben entnehmen, was ein standardmäßiger Vorgang ist. Das heißt, dass ein etwas höheres Risiko besteht, dass es auch aus so einer Biopsiestelle bluten kann. Im Extremfall könnte man eine Perforation bzw. ein Loch im Darm auslösen, das chirurgisch genäht werden müsste. Diese Komplikation ist extrem selten, kann aber theoretisch auftreten. Sie kommen nach der Aufklärung und nach der Unterzeichnung der Einverständniserklärung in den Untersuchungsbereich auf die Untersuchungsliege. Dort werden Sie dann ein Schlafmittel bekommen. Wir verwenden meistens Propofol; der Vorteil von Propofol gegenüber anderen Schlafmitteln ist, dass Sie in die Tiefschlafphase kommen und ausgeruht sind, wenn Sie aufwachen – was bei anderen Substanzen oft nicht der Fall ist. Die Untersuchung einer Magenspiegelung dauert in etwa fünf Minuten, die Dickdarmspiegelung dauert 15 bis 20 Minuten. Dabei fährt man mit dem Schlauch bzw. mit dem Endoskop in den Körper. Bei der Darmspiegelung passiert das über den Anus, bei der Magenspiegelung über den Mund; man fährt dabei an die tiefste Stelle und im Zurückziehen beurteilt man dann die Schleimhaut. Man entnimmt Gewebeproben, welche dann zum Pathologen geschickt werden, der dann auch untersucht, ob im Mikroskop eine Schleimhautentzündung vorhanden ist oder nicht. Wenn Sie aufwachen, befinden Sie sich meistens in einem Aufwachraum, wo Sie noch einige Zeit (ca. ein bis zwei Stunden) verbringen und überwacht werden – dann können Sie nach Hause gebracht werden; selbst dürfen Sie wie schon erwähnt aber kein Verkehrsmittel steuern. Sollten Sie am Tag nach der Dickdarmspiegelung Beschwerden verspüren – dass Ihr Bauch hart wird, dass Sie blutige Stühle haben – dann sollten Sie mit Ihrem Endoskopiezentrum wieder in Kontakt treten und mit Ihrem behandelnden Arzt das weitere Prozedere besprechen, ob vielleicht eine Komplikation aufgetreten ist – meistens ist das jedoch nicht der Fall.

Hier geht es zum Video-Interview: „Weg zur Diagnose CED”

Nach der Diagnose CED

Welche Behandlungsansätze gibt es?

Heutzutage können chronisch entzündliche Darmerkrankungen durch Therapien sehr gut beherrscht werden. Unterschieden werden dabei die medikamentösen Therapien und die chirurgischen Therapien. Der Chirurg und der Internist sollten hier nicht als Gegenpole gewertet werden, sondern sollten sich ergänzen. Zugrundeliegend soll bei CED immer eine adäquate, medikamentöse Therapie sein. Wir haben bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen das Problem, dass eine überschießende Immunantwort bzw. eine überschießende Entzündungsantwort stattfindet. Das heißt, dass diese überschießende Entzündungsantwort mithilfe von Medikamenten in den Griff bekommen wird, wofür viele Medikamente zur Verfügung stehen. Ein Standardmedikament ist jedoch Cortison, welches vor allem beim ersten Schub auch recht häufig angewandt wird und sehr gut wirkt. Aber Cortison hat ein großes Problem – je länger und höher dosiert Cortison angewendet wird, desto mehr Nebenwirkungen hat es. Das heißt, dass man in den heutigen Therapien versucht, Cortison so selten und kurz wie möglich zu verwenden. Leider brauchen einige Patienten doch eine langfristige immunmodulierende Therapie – hierzu kommen natürlich Medikamente wie Biologika-Therapien zum Einsatz. Biologika sind Antikörper, die Zielstrukturen und Botenstoffe in der Entzündungsantwort gezielt eliminieren, damit diese Entzündungen modulieren und reduzieren. Bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen stehen drei verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung: Wir können den Botenstoff TNF-alpha blockieren, wir können den Botenstoff Interleukin 12/23 blockieren und das integrieren. Diese Medikamente sind sehr gut verträglich – das heißt, dass man diese über lange Zeit, über viele Jahre hinweg einnehmen kann. Treten Komplikationen wie Fisteln oder Engstellen auf, müssen diese Stellen chirurgisch entfernt werden. Bei der Colitis ulcerosa kann der Chirurg auch eine wichtige Rolle einnehmen. Wenn wir mit Medikamenten die Entzündung nicht in den Griff bekommen oder wenn wir eine akute Entzündungsreaktion des Dickdarms haben, die aus dem Ruder läuft, dann muss der Chirurg akut eingreifen und den Dickdarm entfernen.

Warum sind regelmäßige ärztliche Kontrollen bei CED wichtig?

Regelmäßige Kontrollen sind bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen essenziell. Ein Hauptproblem ist, dass selbst wenn keine Beschwerden vorliegen, im Darm eine Entzündungsreaktion ablaufen kann. Das lässt Patienten zum Ausbilden von Komplikationen neigen. Bei Morbus Crohn sind das Engstellen und Fisteln – bei der Colitis ulcerosa kann bei Auslassen der Kontrollen eine kontinuierliche Entzündung, die vielleicht nicht im Griff ist, übersehen werden; im schlimmsten Fall wird ein Dickdarmkrebs entwickelt. Diesen kann man, wenn man regelmäßig zur Kontrolle kommt, sonst in der Frühform als Polyp noch feststellen und therapieren. Bei der Colitis ulcerosa sollte man ab dem 7. Krankheitsjahr regelmäßig eine Dickdarmspiegelung durchführen lassen – abhängig davon, welches Risiko Sie einnehmen. Wenn Sie ein geringes Risiko einnehmen, soll alle fünf Jahre eine Spiegelung des Dickdarms durchgeführt werden, bei einem mittleren Risiko alle drei Jahre und bei einem hohen Risiko – beispielsweise bei einer entzündlichen Reaktion – jährlich. Dieses Screening auf den Dickdarmkrebs ist bei der Colitis ulcerosa essenziell.

Kann meine CED behandelt und geheilt werden?

Chronisch entzündliche Darmerkrankungen können wir heute sehr gut in den Griff bekommen. Wir haben mehrere Faktoren zugrunde liegen – der Hauptfaktor ist, dass die Entzündungsreaktion zu stark und aggressiv abläuft. Heute haben wir eine Vielzahl von Medikamenten, beginnend beim Cortison bis hin zu immunmodulierenden Medikamenten wie Biologika-Therapien, um die Entzündung in den Griff zu bekommen. Diese Medikamente, können über Jahre hinweg eingenommen werden. Wir wissen, dass diese Medikamente sehr gut verträglich sind, so dass das Sicherheitsprofil dieser Substanzen exzellent ist.

Was passiert, wenn man bei Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa nichts unternimmt?

Es tritt das Problem auf, dass Sie eine Entzündungsreaktion haben und je länger die Entzündungsreaktion in ihrem Darm wütet, desto eher neigen Sie zu Komplikationen wie Fisteln, Stenosen etc. und desto schwieriger ist es, diese Erkrankungen in den Griff zu bekommen. Wenn die Symptome noch mild sind, wenn man noch am Anfang der Krankheitsgeschichte steht, können wir mit der Therapie diese Erkrankung sehr gut in den Griff bekommen. Je später wir mit der Therapie beginnen, desto schwieriger ist es, die Symptome in den Griff zu bekommen und Komplikationen zu verhindern.

Was bedeutet die Diagnose CED für mein Berufsleben und meine Familienplanung?

Wenn Sie mit der Diagnose CED konfrontiert werden, ist das meistens ein Schock. Es ist eine chronische Erkrankung, man braucht meistens eine immunmodulierende Therapie. Diese Therapie läuft über mehrere Jahre, vielleicht sogar lebenslang – in dieser Phase sind Sie jung, meistens zwischen dem 20. und 35. Lebensjahr. Sie stehen am Anfang Ihres Berufslebens und Ihrer Karriere, Sie haben vielleicht eine Familienplanung mit Kindern. Diese beruflichen und privaten Ziele müssen Sie aber trotz Ihrer Erkrankung nicht über den Haufen werfen. Ziel von uns Ärzten ist es, Sie beschwerdefrei zu bekommen und diese Beschwerdefreiheit zu halten. Das heißt, wir schauen, dass wir die geeignete Biologika-Therapie oder chirurgische Therapie wählen, damit Sie über eine lange Zeit beschwerdefrei sind. Wenn Sie beschwerdefrei sind, sind Sie beruflich nicht eingeschränkt. Was die Familienplanung betrifft, sollten sie bereits vorab mit Ihrem behandelnden Arzt über eine Schwangerschaft sprechen und wie Sie damit verfahren sollen. Eine Vielzahl von Medikamenten können während der gesamten Schwangerschaft und Stillperiode hindurch eingenommen werden und sollen nicht einfach willkürlich abgesetzt werden. Auch sollte man die Schwangerschaft in die Zeit legen, in der man beschwerdefrei ist und nicht gerade an einem Schub leidet. Wenn man das beachtet, dann steht einer problemlosen Schwangerschaft und einem glücklichen Nachwuchs nichts im Weg.

Hier geht es zum Video-Interview: „Nach der Diagnose CED”

Geprüft Univ.-Prof. Dr. Robert Koch: Stand November 2021

Die Kurse sind kein Ersatz für das persönliche Gespräch mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt, sondern ein Beitrag dazu, PatientInnen und Angehörige zu stärken und die Arzt-Patienten-Kommunikation zu erleichtern.