8. CED und Komplementärmedizin – alle Fragen

Unter CED versteht man chronisch entzündliche Darmerkrankungen und diese können medikamentös oder operativ behandelt werden. Die Komplementärmedizin kann die Schulmedizin unterstützen und dazu beitragen, die Darmentzündung und deren Symptome zu lindern. Prof.in Dr.in Julia Seiderer-Nack erklärt, was traditionelle chinesische Medizin, Ayurveda und Homöopathie sind und wie diese komplementärmedizinischen Methoden Sie unterstützen können.

Komplementärmedizin und CED

Was bedeutet Komplementärmedizin und was ist der Unterschied zur Schulmedizin?

Die Komplementärmedizin ist eigentlich ein Sammelbegriff für ganz viele verschiedene Disziplinen und Behandlungsmöglichkeiten, die sich in ihrem Verständnis von der Entstehung der Krankheit und Gesundheit von der Schulmedizin unterscheiden, aber auch hinsichtlich des Wissens, wie wir Krankheiten therapieren. Dazu gehören z.B. die Naturheilverfahren mit der Pflanzenheilkunde, der Phytotherapie, der klassischen Homöopathie, der traditionellen chinesischen Medizin, der indischen Ayurveda-Medizin, aber auch viele Ansätze im Bereich der Ernährungsmedizin und Diätetik, probiotische Therapieverfahren und eine Vielzahl von verschiedenen Entspannungsverfahren. Komplementär bedeutet wörtlich übersetzt ergänzend und so ist dies auch gemeint; Komplementärmedizin soll keine Alternative und kein Kontrast zur Schulmedizin sein, sondern durch ihren großen Erfahrungsreichtum bereichernd und ergänzend fungieren.

Wie kann mir die Komplementärmedizin zusätzlich zur schulmedizinischen Behandlung von CED helfen?

Die Komplementärmedizin kann bei PatientInnen mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen auf vielfältige Art eingesetzt werden. Es ist z.B. möglich, einem Patienten/einer Patientin mit einem leichteren Schub eines Morbus Crohn oder einer Colitis ulcerosa durch komplementärmedizinische Methoden zu helfen, den akuten Schub zu therapieren oder den Patienten/die Patientin in Remission zu halten. Zudem ist es möglich, durch komplementärmedizinische Verfahren allgemeine abdominelle (Bauchschmerzen) Beschwerden wie Durchfälle, Verstopfung oder Krämpfe zu behandeln und Verdauungsbeschwerden zu lindern. Außerdem können die verschiedenen Verfahren helfen, das körperliche und seelische Wohlbefinden zu steigern und damit auch den positiven Umgang mit der Erkrankung zu verbessern.

Welche komplementärmedizinischen Methoden können mir bei CED helfen?

Es gibt eine ganze Reihe von komplementärmedizinischen Methoden, die wir bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa einsetzen können. Zum einen gehört der große Bereich der Naturheilverfahren dazu, insbesondere die verschiedenen Pflanzenstoffe bzw. die Phytotherapie, die zum Teil antientzündlich, aber auch krampflösend und entspannend wirken können. Wir haben zudem den großen Bereich der traditionellen chinesischen Medizin und Ayurveda-Medizin, wir kennen außerdem viele hilfreiche Ansätze im Bereich der Diätetik und Ernährungsmedizin. Wir können auch auf verschiedene Entspannungsverfahren zurückgreifen und haben durch moderne Probiotika einen guten Brückenschlag zwischen wissenschaftlichen Erkenntnissen und der Komplementärmedizin.

Kann Komplementärmedizin die schulmedizinische Behandlung meiner CED ersetzen?

Wie der Begriff komplementär schon sagt, ist komplementär ergänzend gemeint. Unser Ziel wäre es somit, ein ganzheitliches Behandlungskonzept mit dem Patienten/der Patientin zu erarbeiten, in dem sowohl die Komplementärmedizin als auch die Schulmedizin ihren Platz hat. Das heißt, es geht nicht darum, einen Konkurrenzkampf zwischen der Schulmedizin und der Komplementärmedizin zu haben, sondern das Beste aus beiden herauszuholen. Die Komplementärmedizin kann bei leichteren Schüben eine gute und sichere Alternative sein, den Patienten/die Patientin aus dem akuten Schub herauszubringen, Beschwerden zu verbessern oder auch den Patienten/die Patientin in Remission zu halten. Dies ist gleichzeitig bei schweren Verläufen und starken Komplikationen schwierig, so dass wir hier gerne auf die Schulmedizin zurückgreifen. Für beide Verfahren, sowohl für die Komplementärmedizin als auch für die Schulmedizin gilt, dass für beide Verfahren die gleichen Kriterien und Ziele gelten. Wir möchten den Patienten/die Patientin aus dem akuten Schub herausbekommen, die Entzündung unterbinden, ihn/sie in Remission halten und zur Schleimhautabheilung führen, um möglichst Komplikationen zu vermeiden und natürlich insgesamt sein/ihr körperliches und seelisches Wohlbefinden zu verbessern.

Wieso ist es wichtig, mit meiner behandelnden Ärztin/meinem behandelnden Arzt komplementärmedizinische Behandlungen zu besprechen?

Für die Behandlung von CED ist ganz wichtig, dass Sie mit Ihrem Arzt/Ihrer Ärztin die komplementärmedizinischen Methoden besprechen – auf Ihren Wunsch nach einer komplementärmedizinischen Behandlung oder möglicherweise auch schon über bereits verwendete Stoffe und Medikamente. Das ist wichtig, weil auch komplementärmedizinische Methoden Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten oder Nebenwirkungen haben können. Insgesamt ist unser Ziel, ein ganzheitliches Therapiekonzept zu haben, in dem wir sowohl die Komplementärmedizin als auch die Schulmedizin mit all ihren Vorteilen am besten verbinden können.

Welche Methoden sind umstritten und wir können mich meine behandelnden ÄrztInnen unterstützen, seriöse Therapieangebote zu finden?

Sprechen Sie mit Ihrem behandelnden Arzt oder Ärztin über Ihren Wunsch nach einer komplementärmedizinischen Behandlung. Für einige der komplementärmedizinischen Verfahren gibt es bereits gute Studienlagen und wissenschaftliche Publikationen, die z.B. auch in den Leitlinien zur Behandlung der chronischen entzündlichen Darmerkrankungen erfasst und ausgewertet sind. Hier kann Ihnen Ihr Arzt oder Ihre Ärztin helfen, wichtige Informationen zu Wirkung oder Behandlungsdauer, aber auch zu möglichen Nebenwirkungen zu finden. Für manche Methoden der Komplementärmedizin fehlt uns die wissenschaftliche Fundierung; das heißt, wir haben keine großen Studien oder große Datensätze. Hier greifen wir auf die Erfahrungsmedizin zurück – das sind Erfahrungen von TherapeutInnen bezüglich ihrer PatientInnen, inwieweit sich die Methoden bei verschiedenen Symptomen bewährt haben. Daher ist es wichtig, dass Sie mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin darüber sprechen, um auch mögliche Interaktionen oder Nebenwirkungen einschätzen zu können und nach dem zu diskutieren, ob dieses komplementärmedizinische Verfahren in Ihrem Stadium und für Ihren Krankheitsverlauf wirklich die richtige Methode ist.

Hier geht es zum Video-Interview: „Komplementärmedizin und CED”

Ernährung bei CED

Warum ist das Thema Ernährung für Menschen mit CED besonders wichtig?

Bei PatientInnen mit CED ist der Magen-Darm-Trakt befallen und wie der Name schon sagt, geht es vor allem auch um den Darm und damit um die Verdauung. Der Darm ist ungefähr elf bis zwölf Meter lang; wenn der Darm aufgeklappt ist, hat er eine Fläche von ca. 200 Quadratmetern und wenn dieser entzündet ist, dann ist auch die Aufnahme von wichtigen Nährstoffen und Vitaminen deutlich beeinträchtigt. Das Thema Ernährung ist somit für PatientInnen mit CED extrem wichtig – es geht nicht nur um eine mögliche Mangelversorgung mit Nährstoffen, sondern auch um die Frage, welche Lebensmittel für den Krankheitsverlauf förderlich sind und eine antientzündliche Wirkung haben. Es geht auch darum, welche Nahrungsmittel möglicherweise Beschwerden verstärken können und besonders für PatientInnen mit CED geeignet bzw. ungeeignet sind. Viele PatientInnen mit CED haben auch sogenannte Nahrungsmittelunverträglichkeiten, weil der Darm nicht mehr vollständig in der Lage ist, die aufgenommenen Nährstoffe wirklich zu verdauen; hier kann auch eine Beratung durch den/die TherapeutIn wichtig sein.

Was versteht man unter einer ausgewogenen Ernährung bei CED?

Bei PatientInnen mit CED ist es wichtig, dass wir sicherstellen, dass ihre Versorgung mit wichtigen Nährstoffen also Energielieferanten gewährleistet ist, aber auch die Versorgung mit wichtigen Vitaminen und Mineralstoffen. Bei vielen PatientInnen mit CED ist der Darm entzündet oder durch Voroperationen in seiner Kapazität eingeschränkt, Nährstoffe zu zerlegen und aufzunehmen. Da ist es wichtig, dass wir uns gemeinsam genau ansehen, welche Nahrungsmittel Sie aufnehmen, in welcher Menge Sie diese vertragen und wie wir sicherstellen können, dass Ihr Tagesbedarf gedeckt ist. Die Ernährung bei CED unterscheidet sich dabei vom akuten Schub zur Remission – das heißt, wir müssen individuell für den/die PatientIn das entsprechende Ernährungskonzept erstellen und auch mögliche Unverträglichkeiten oder Langzeitkomplikationen in den Blick nehmen.

Welche Nahrungsmittelintoleranzen können bei CED häufig auftreten?

Wir schätzen, dass ungefähr 30 bis 40% aller CED-PatientInnen im Laufe ihrer Erkrankung eine Nahrungsmittelintoleranz aufweisen. Das heißt, dass es durch den entzündeten oder voroperierten Darm zu einer Einschränkung der Aufnahme und Verdauungskapazität von verschiedenen Nährstoffen kommt. Häufig sind Nahrungsmittelunverträglichkeiten wie die Milchzuckerunverträglichkeit bzw. die Laktoseintoleranz. Das heißt, wenn der/die PatientIn viel Milch zu sich nimmt, kann dieser Milchzucker im Darm nicht mehr richtig zerlegt werden, welcher dann unverdaut in den Dickdarm kommt und dort zu Durchfällen, Blähungen und Bauchschmerzen führt. Häufig sind weiters die Fructose-, also Fruchtzuckerintoleranz oder die Sorbitintoleranz; manche PatientInnen haben auch Schwierigkeiten mit Weizenbestandteilen wie Gluten. Für viele PatientInnen mit dem Wunsch nach einer gesunden Ernährung ist es manchmal auch ganz erstaunlich, dass ein hohes Maß an Ballaststoffen, Obst, Gemüse und Vollkornprodukten bei einem entzündeten Darm nicht wirklich die ideale Ernährung ist, weil wir den Darm damit teilweise auch überfordern. In den letzten Jahren hat sich da auch die Idee von der sogenannten FODMAP-Diät verbreitet; unter FODMAPs versteht man fermentable spezifische Zucker- und Alkoholverbindungen, die in den Nahrungsmitteln enthalten sein können und bei einem entzündeten oder gereizten Darm zu sehr starken Beschwerden wie Blähungen oder Bauchschmerzen führen können. Daher kann es sehr hilfreich sein, wenn wir solche FODMAP-Listen durchgehen und uns ansehen, wo möglicherweise in der Nahrung potenzielle Trigger für zusätzliche Beschwerden auftreten könnten.

Wie kann ich herausfinden, welche Lebensmittel ich bevorzugen oder vermeiden sollte?

Der erste Schritt in der ernährungsmedizinischen Beratung bei PatientInnen mit Morbus Crohn und Colitis ulcerosa ist zunächst einmal, ein Ernährungstagebuch zu führen. Das heißt, der Patient/die Patientin protokolliert für zwei Wochen die Aufnahme seiner/ihrer Nahrungsmittel; die Menge, die Art und Weise und auch möglicherweise auftretende Beschwerden. Dieses Protokoll werten wir gemeinsam aus – damit kann dann ein erster Verdacht geäußert werden, welche Nahrungsmittel oder Ernährungsgewohnheiten möglicherweise nicht zum akuten Schub oder zu entzündlichen Erkrankungen passen oder eben durch eine sogenannte sekundäre Nahrungsmittelintoleranz zu Schwierigkeiten führen. Im zweiten Schritt kann man sich weitere Abklärung überlegen; das sind z.B. Atemtests zum Nachweis von Lactose-, also Milchzuckerunverträglichkeit oder Fruktoseunverträglichkeit oder spezielle Bluttests bzw. Allergietests sein.

Was sind Probiotika und wie können diese die Darmfunktion unterstützen?

Probiotika sind lebensfähige Mikroorganismen, die wesentlich zur Gesundheit unseres Darms, aber auch unseres gesamten Organismus beitragen können. Wir wissen heute, dass das Mikrobiom des Darms (die Gesamtheit aller Bakterien, die unseren Darm besiedeln) wichtig für unsere Gesundheit sind, vor allem hinsichtlich unseres Immunsystems, unserer Nahrungsverdauungskapazität und unserer Darm-Hirn-Achse. Ist das Mikrobiom des Darms gestört, z.B. bei Entzündungen oder nach Antibiotikagabe, kann es hilfreich sein, Probiotika gezielt einzusetzen, um das Immunsystem zu stimulieren und zu stärken und die Darmbarriere wieder zu schützen. Die Darmbarriere ist die Grenzschicht, die für die Abgrenzung zwischen dem Darminhalt und dem Immunsystem ganz wichtig ist und von der wir heute wissen, dass sie bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen eine entscheidende Rolle spielt.

Welche Arten von Probiotika gibt es und welche davon sind für CED Patientinnen geeignet?

Es gibt heute eine ganze Reihe verschiedener Probiotika, da wir heute immer mehr über die verschiedenen Bakterienstämme und auch ihre Funktion hinsichtlich des Immunsystems, unseres Metabolismus oder auch unseres Nervensystems wissen. Probiotika gibt es in vielen verschiedenen Formen – das kann der probiotika-angereicherte Joghurt sein, das kann das ganz normale Sauerkraut sein und das können auch sehr spezielle Darreichungsformen als Nahrungsergänzungsmittel in Form von Pulver oder Kapseln sein. Probiotika unterscheiden sich zum Teil sehr stark in den Bakterien, die diese enthalten; das heißt, Sie müssen zum einen schauen, welche Bakterienstämme in diesen Zubereitungen vorhanden sind, da wir heute sehr viel mehr über die verschiedenen Funktionen dieser Bakterienstämme für das Immunsystem, für den Stoffwechsel oder für die Darm-Hirn-Achse wissen. Wir müssen uns zudem ansehen, welche Darreichungsformen es gibt, ob die entsprechende Darreichungsform auch speziell für den/die PatientIn geeignet ist, dass die Bakterien die Passage durch den sauren Magen auch überleben und wirklich an den Ort des Geschehens kommen – nämlich den Darm – und welche Bakterien sich hier besonders in Studien bewährt haben.

In welchen Situationen sind Probiotika empfehlenswert?

Es gibt keine generelle Empfehlung für Probiotika für jeden/jede PatientIn; das heißt, wir schauen uns individuell an, welcher/welche PatientIn von einer Probiotikagabe profitieren würde. Das sind z.B. PatientInnen, die nach einer Antibiotikagabe eine Störung des Mikrobioms aufweisen – hier kann eine Probiotikagabe sehr sinnvoll sein. Bei PatientInnen mit CED schauen wir uns an, ob der/die PatientIn von einer Probiotikagabe etwa bei einer Colitis ulcerosa profitieren könnte; auch hierfür gibt es spezielle Stämme. Es gibt beispielsweise auch bei einer Entzündung des Pouches, einer sogenannten Pouchitis, eine gute Studienlage für die Verwendung von Probiotika.

Auf welche Vitamine und Spurenelemente sollte ich bei CED besonders achten und warum?

Viele Patienten und PatientInnen mit CED entwickeln im Laufe ihrer Erkrankung einen Mangel an Vitaminen und Spurenelementen – das kann zum Teil erhebliche Nebenwirkungen haben.  Eisen ist beispielsweise ein wichtiges Spurenelement für die Bildung des Blutes; viele PatientInnen haben einen Eisenmangel, der zu einer Anämie bzw. zu einer Blutarmut führen kann. Wichtig sind auch Vitamin B12 oder Folsäure – das sind beides Stoffe, die im Bereich des unteren Dünndarms bzw. des terminalen Ileums aufgenommen werden. Dieser Bereich ist bei vielen PatientInnen mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen entweder entzündet oder voroperiert, so dass die Aufnahme reduziert sein kann und sich auch hier eine Blutarmut entwickeln kann. Auch neurologische Komplikationen sind relevant für PatientInnen mit CED – hier ist eine ausreichende Versorgung mit Vitamin D wesentlich, da wir aufgrund von Studien zum einen eine antientzündliche Wirkung gesehen haben, zum anderen den Vorteil für PatientInnen mit CED, welche ein höheres Osteoporoserisiko haben und daher von einem hohen Vitamin-D-Spiegel profitieren können, gesehen haben. Für die Abheilung der Schleimhäute ist es auch wichtig, sich Spurenelemente wie z.B. Zink oder Aminosäuren wie L-Glutamin anzusehen, weil diese auch die Schleimhautregeneration positiv beeinflussen können.

Welche Nahrungsergänzungsmittel sind vertrauenswürdig und bei welchen Angeboten sollte ich aufpassen?

Es ist heute für PatientInnen mit CED schwierig, bei dem breiten Angebot an Nahrungsergänzungsmitteln sowohl im Internet als auch frei verkäuflich in den Läden einen Überblick zu behalten. Ganz generell muss man sagen, dass für Nahrungsergänzungsmittel nicht die gleichen rechtlichen Grundlagen für eine Überprüfung gelten, wie wir sie von Medikamenten bzw. pharmazeutischen Stoffen kennen – es macht somit durchaus Sinn, sich von Ihrem/Ihrer Arzt/Ärztin oder ApothekerIn über die gewünschte Substanz und mögliche Darreichungsformen oder Nebenwirkungen informieren zu lassen, weil sich die Angebote bei den Präparaten durchaus sehr unterscheiden. Diese unterscheiden sich in der Qualität, aber auch in ihrer Dosierung oder in der Zubereitung bzw. in der Art und Weise, ob diese Medikamente oder Nahrungsergänzungsmittel überhaupt die Darmschleimhaut aufgenommen werden können und auch ausreichend hoch dosiert sind. Bevor Sie viel Geld ausgeben macht es durchaus Sinn, diese Fragen Ihrem/Ihrer Arzt/Ärztin oder ApothekerIn zu stellen.

Was ist bei der Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln zu beachten?

Die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln gehört auch zu einem ganzheitlichen Therapiekonzept – besprechen Sie das auch mit Ihrem Arzt/Ihrer Ärztin. Auch Nahrungsergänzungsmittel können Wechselwirkungen und Nebenwirkungen haben – bei einem Eisenmangel kann das Einnehmen von frei verkäuflichen Eisentabletten bei PatientInnen mit CED, also mit einem empfindlichen Magen- Darm-System, zu starken Bauchschmerzen oder Verdauungsproblemen führen. Hier könnte z.B. eine Eiseninfusion deutlich besser geeignet sein – wenn also eine Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln geplant ist, besprechen Sie das zuvor mit einem/einer Arzt/Ärztin oder ApothekerIn, um hier ein gesamtes therapeutisches Konzept zu etablieren.

Hier geht es zum Video-Interview: „Ernährung bei CED”

Pflanzenheilkunde bei CED

Was ist Pflanzenheilkunde?

Pflanzenheilkunde ist ein sehr alter Begriff; sowohl in der westlichen als auch in der östlichen Medizin haben Menschen schon immer auf das breite Repertoire von Pflanzen und von Heilkunden zurückgegriffen und immer mehr darüber gelernt, dass diese Pflanzenstoffe zum Teil antientzündliche, antioxidative und krampflösende bzw. durchfallhemmende Wirkung haben können. Dieses Wissen macht man sich auch gerne bei PatientInnen mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen zunutze.

Für welche Heilpflanzen ist die Wirkung bei CED wissenschaftlich belegt?

Wir haben mittlerweile einige Daten zu Heilpflanzen bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen. Als Beispiele sind hier antientzündliche Stoffe wie z.B. Weihrauch mit seinen Boswellia-serrata-Säuren, aber auch die Myrrhe zu nennen. Auch die Myrrhe hat eine antientzündliche Eigenschaft, die bereits seit der Antike genutzt wird. Wir kennen auch einheimische Pflanzen wie Kümmel, Anis oder Pfefferminz, die positive Auswirkungen auf den Magen-Darm-Trakt haben können. Weiters kennen wir auch die positiven antientzündlichen und antioxidativen Eigenschaften von Heidelbeerextrakt, die ebenfalls wissenschaftlich bei PatientInnen mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen untersucht worden sind.

In welcher Form kann ich die Pflanzenheilkunde in meinen CED-Alltag integrieren?

Wenn Sie die Pflanzenheilkunde in ihren CED-Alltag integrieren möchten, stehen Ihnen dazu verschiedene Wege zur Verfügung. Das kann z.B. in Form von Tees, Säften oder Extrakten passieren. Manche Stoffe können jedoch erst dann wirken, wenn sie in ausreichender Dosierung und in der entsprechenden Zubereitungsform aufgenommen werden. Das gilt z.B. für Kurkuma, die Gelbwurz; hier würde es wenig helfen, wenn Sie Kurkuma einfach in Ihren Kochtopf integrieren – hier brauchen Sie spezielle Zubereitungsformen, um die Aufnahme über die Magen-Darm-Wand in ausreichender Menge zu gewährleisten.

Welche Wirkung haben Weihrauch und Myrrhe bei CED und was ist bei der Anwendung zu beachten?

Weihrauch und Myrrhe sind zwei Substanzen, die schon in der Antike zur Behandlung von Erkrankungen verwendet wurden. Im Bereich der CED interessiert uns vor allem die antientzündliche Wirkung dieser beiden Stoffe, die auch in Studien nachgewiesen worden ist. Weiters spielt auch die schleimhautregenerierende und bzw. -beruhigende Wirkung dieser beiden Stoffe eine Rolle. Damit Myrrhe und Weihrauch ihre Wirkung entfalten können, müssen sie in ausreichender Menge aufgenommen werden. Es ist also hier die Dosierung zu beachten, zusätzlich außerdem noch die Darreichungsform, die meist in Kapselform erfolgt. Wir wissen auch, dass die PatientInnen den Effekt nicht nach zwei oder drei Tagen bemerken, sondern dass beide Substanzen über mindestens zwei bis drei Monate eingenommen werden müssen, damit sie ihre Wirkung entfalten können.

Wie wirkt Curcumin bei CED und wie wird es eingenommen?

Kurkuma ist ein Stoff, der uns aus der ayurvedischen Medizin schon lange bekannt ist. Im Bereich der CED interessiert uns vor allem seine antientzündliche Wirkung, die wir auch schon von der Rheumatologie (bei PatientInnen mit Gelenkerkrankungen) kennen. Kurkuma kann als ein wichtiger Bestandteil einer antientzündlichen Therapie sein. Für die Einnahme ist zu beachten, dass Curcumin eine sehr geringe Bioverfügbarkeit hat – das heißt, wenn es einfach zum Essen beigefügt wird, wird es nicht in ausreichender Menge über den Magen-Darm-Trakt aufgenommen. Sie brauchen stattdessen spezielle Darreichungsformen, die dazu führen, dass dieser Stoff wirklich die Magen-Darm-Grenzen überschreiten kann, in die Blutbahn kommt und damit auch in der entsprechenden Dosierung wirken kann. Das wird heute durch moderne Herstellungsverfahren sichergestellt, bei denen z.B. Piperin hinzugegeben wird oder auch durch die Mizellen-Technologie, damit Curcumin wirklich in ausreichender Menge aufgenommen werden kann. Lassen Sie sich also auch hier von Ihrem/Ihrer TherapeutIn oder ApothekerIn beraten.

Welche Wirkungen können Flohsamenschalen bei CED haben?

Flohsamenschalen werden bei CED aus zwei Gründen eingesetzt. Zum einen enthalten Flohsamenschalen Quellstoffe – das heißt, sie führen zu einer Dehnung der Darmwände und wirken damit stuhlregulierend und führen somit zu einem Gleichgewicht, was besonders bei PatientInnen mit Durchfällen oder Verstopfung hilfreich sein kann. Zum zweiten sind Flohsamenschalen auch sogenannte Präbiotika; das heißt, sie dienen für wichtige Darmbakterien als Nahrung und können damit einen sehr positiven Einfluss auf die Zusammensetzung unseres Mikrobioms haben.

Hier geht es zum Video-Interview: „Pflanzenheilkunde bei CED”

Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) bei CED

Was ist TCM?

TCM ist die Abkürzung für die traditionelle chinesische Medizin als eine sehr alte Heilkunde, die wir schon seit über 2000 Jahren aus China kennen. Die TCM hat ein ganz anderes Verständnis von der Entstehung von Gesundheit und Krankheit als die Schulmedizin – hier geht es sehr stark um das Qi, die Lebensenergie, die in Form von Energiemeridianen durch den Körper fließt und die einzelnen Organe mit Kraft versorgt. Die TCM hat sehr viele verschiedene Bausteine, welche man auch die fünf Säulen der traditionellen chinesischen Medizin nennt. Das heißt, dass die traditionelle chinesische Medizin zum einen mit Verfahren wie der Akupunktur, Akupressur und manchmal ergänzend mit der Moxibustion arbeitet; die TCM hat aber auch ein sehr reichen Erfahrungsschatz an Arzneimittelkunde bzw. an Phytotherapie. Sie ist ergänzt um das Thema der Diätetik bzw. der Ernährungslehre und sie kennt verschiedene Entspannungsverfahren, die ebenfalls eine wichtige Rolle spielen wenn es darum geht, den körperlichen Organismus wieder ins Gleichgewicht zu bringen.

Was kann ich mir von einer TCM-Behandlung erhoffen?

Eine TCM-Behandlung bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen kann vielfältige Wirkungen haben. Die meisten PatientInnen profitieren davon, wenn es darum geht, Schmerzlinderung bei Bauchschmerzen oder starkem Stuhldrang zu erfahren. Es gibt aber auch Ansätze – gerade im Bereich der Phytotherapie – die versuchen, die Lebensenergie bzw. das Qi zu stärken und regulierend durch die Gabe von Kräutermischungen einzugreifen.  Weiters profitieren PatientInnen aber auch von den Entspannungsverfahren z.B. auch von dem Qi Gong oder Massagetechniken (Tuina), um gerade bei Schmerzzuständen Erleichterung zu erfahren.

Wo liegen in der TCM die Grenzen bei der Behandlung meiner CED?

Die TCM ist eine Wissenschaft, die hinsichtlich der CED wissenschaftlich nur wenig untersucht wurde. Das heißt, dass wir hier meistens auf Erfahrungsmedizin und Erfahrungsberichte zurückgreifen. Deswegen ist es wichtig, davor mit Ihrem Therapeuten klar darüber zu sprechen, welche Erwartungen und Ziele die Behandlung verfolgt. Sie können erwarten, durch die Behandlung zum Teil eine Schmerzlinderung und Entspannung zu erfahren; weiters kann eine Steigerung des körperlichen und seelischen Wohlbefindens erfolgen. Hinsichtlich der antientzündlichen Aktivität der einzelnen Verfahren und deren Wirkung während eines akuten, mittleren oder leichten Schubs fehlen uns leider die Daten, so dass es schwer ist, hier eine allgemeine Empfehlung auszusprechen. Hier muss grundsätzlich abgewogen werden, ob dies ein Verfahren wäre, mit dem der/die PatientIn in einem Schub profitieren kann.

Was versteht man unter chinesischen Kräutern und wofür werden sie verabreicht?

Die traditionelle chinesische Medizin hat ein sehr breites Repertoire an Kräutern und phytotherapeutischen Substanzen. Diese werden in der chinesischen Medizin meistens nicht als Einzelsubstanz, sondern als Kräutermischung eingesetzt. Das heißt, dass der oder die behandelnde TherapeutIn ausgehend von der ausführlichen Diagnostik die entsprechende Kräutermischung für die Beschwerdesymptomatik des/der PatientIn heraussucht. Im chinesischen Verständnis geht es zum einen darum, die Lebensenergie bzw. das Qi wieder in Fluss zu bekommen, aber auch darum, eine Regulierung von Fülle- oder Leere-Zuständen zu erreichen, sodass diese Kräutersubstanzen in diesem chinesischen philosophischen Denken zu sehen sind. Der/die TherapeutIn wird eine Kräutermischung aussuchen, um die entsprechende Beschwerdesymptomatik des Patienten individuell zu therapieren – das Ziel kann z.B. sein, Stuhldrang oder Durchfälle zu reduzieren; es kann aber auch darum gehen, allgemeine Schwäche und Müdigkeit zu therapieren.

Was ist der Unterschied zwischen Akupunktur, Akupressur und Moxibustion?

In der traditionellen chinesischen Medizin haben wir das Verständnis von sogenannten Energiemeridianen.  Wir kennen also zwölf Leitungsbahnen, die den Körper durchziehen und die verschiedenen Organe mit dieser Lebensenergie versorgen. Bei der Akupunktur versucht man diese Meridiane und den Energiefluss positiv zu beeinflussen, indem man kleine dünne Nadeln an definierte Akupunkturpunkte sticht. Das passiert je nach Lokalisation mit einer Tiefe von etwa drei Millimetern bis zwei Zentimetern; pro Sitzung sind das ungefähr acht bis achtzehn Nadeln. Die Idee dahinter ist, den/die PatientIn durch die Stimulation dieser Meridiane die Lebensenergie (Qi) wieder in den Fluss zu bekommen. Bei der Akupressur werden diese Punkte nicht angestochen, sondern nur manuell mit der Hand bzw. mit dem Finger stimuliert und gedrückt; die Akupressur ist somit ein Verfahren, wo keine Nadel eingesetzt werden. Davon zu unterscheiden ist noch die sogenannte Moxibustion, bei der diese Akupunkturpunkte erwärmt werden. Dabei werden Kräutermischungen erwärmt, ohne dabei die Haut zu berühren oder zu verbrennen, damit dieser Punkt durch Wärme nochmals positiv beeinflusst wird.

Welche CED-Symptome können durch diese Anwendungen gelindert werden?

Durch die Anwendung von Akupunktur, Akupressur und Moxibustion können vor allem Symptome wie z.B. Schmerzen bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen positiv beeinflusst werden; außerdem werden Beschwerden wie Stuhldrang oder allgemeine Beschwerden wie Müdigkeit oder Erschöpfung zum Positiven verändert.

Ist Akupunktur und Akupressur für mich und meine CED geeignet?

Welche Therapieform der traditionellen chinesischen Medizin für Sie und Ihre CED geeignet ist, hängt vom individuellen Krankheitsverlauf und vom Alter des/der PatientIn ab. So ist z.B. die Akupressur für Kinder besser geeignet als die Akupunktur; auch bei Schwangeren oder Stillenden gelten natürlich noch einmal andere Voraussetzungen. Lassen Sie sich daher bitte von Ihrem/Ihrer spezialisierten Arzt/Ärztin beraten, welche Möglichkeiten Ihnen die traditionelle chinesische Medizin bieten kann, wo möglicherweise auch Wechselwirkungen bestehen und welche realistischen Therapieziele Sie sich gemeinsam setzen können.

Wie läuft eine Akupunkturbehandlung ab?

Bei der traditionellen chinesischen Medizin wird im Rahmen einer Akupunkturbehandlung erstmals eine ausführliche Diagnostik durchgeführt; dazu gehören z.B. die Pulsdiagnostik oder auch die Zungendiagnostik, um sich ein ganzheitliches Bild vom Zustand des/der PatientIn zu machen. Die traditionell chinesische Medizin kennt z.B. nicht das Krankheitsbild des Morbus Crohn oder der Colitis ulcerosa, sondern beschreibt diese in Form von Fülle- oder Leere-Zuständen in den jeweiligen Organmeridianen. Nachdem Ihr/e TherapeutIn die Diagnose gestellt hat, wird eine Akupunkturbehandlung geplant. In ca. zehn Sitzungen, welche jeweils zwanzig Minuten dauern, werden etwa acht bis achtzehn Akupunkturpunkte mit kleinen dünnen Nadeln an vordefinierten, anatomisch definierbaren Akupunkturpunkten angestochen. Diese Akupunktur ist kurz schmerzhaft, wenn die Nadel eingeführt wird, aber weniger schlimm als eine Zahnarztbehandlung. Wenn die Nadel liegt, sollten Sie eigentlich keine Schmerzen mehr haben – die Nadeln bleiben etwa zwanzig Minuten am Ort des Geschehens und werden dann wieder entfernt.

Hier geht es zum Video-Interview: „Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) bei CED”

Entspannung und Bewegung bei CED

Was versteht man unter der Darm-Hirn-Achse?

Unter der Darm-Hirn-Achse versteht man die enge Verbindung zwischen dem zentralen Nervensystem – dem Gehirn – und dem Nervensystem des Darms. Der Darm hat ein sehr großes eigenes Nervensystem mit vielen Nervenzellen. Dieses Nervensystem dient nicht nur der Bewegung des Darms, dass der Nahrungsbrei transportiert wird, sondern steht auch über Nervenstränge und Hormone in sehr enger Verbindung mit dem zentralen Nervensystem. Sie kennen das vielleicht – wenn sie vor einer Prüfung aufgeregt sind, müssen Sie häufig zur Toilette und haben Durchfall. Was ist passiert? Die Stresshormone bzw. die Aufregungshormone, die im zentralen Nervensystem gebildet werden, werden auch über das darmeigene Nervensystem empfangen und wahrgenommen. Dadurch kommt es zu verstärken Muskelbewegungen im Darm und somit zu Durchfall und Stuhldrang. Unser emotionaler Zustand im Gehirn wird unmittelbar dem Darm rückgemeldet – umgekehrt ist es auch so, dass der Zustand des Darms – seien es Entzündungen oder eine Nahrungsmittelintoleranz – unmittelbar an das zentrale Nervensystem zurückgespiegelt wird und damit der Zustand des Darms auch die Emotionen und die Reizverarbeitung im Gehirn beeinflussen kann.

Wie kann man sich die Erkenntnisse in der Therapie zu Nutze machen?

Die Kenntnisse über die Darm-Hirn-Achse sind natürlich sehr wertvoll für uns, weil wir damit auch begründen können, warum Entspannungsverfahren wie z.B. Yoga, progressive Muskelrelaxation oder autogenes Training sich positiv auf unseren Darm oder auf Beschwerden bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen oder Reizdarmsyndrom auswirken können. Wenn z.B. ein Entspannungsverfahren eingesetzt wird und damit das Nervensystem im zentralen Bereich beeinflusst wird, hat es auch positive Auswirkungen auf den Reizzustand unseres darmeigenen Nervensystems und damit natürlich auch auf die Beschwerdesymptomatik der PatientInnen.

Welche Entspannungsmethoden können bei CED sinnvoll sein?

Es gibt eine ganze Reihe von Entspannungsmethoden, die Patienten und PatientInnen mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen ausprobieren können und von denen sie auch profitieren können. Das können beispielsweise das klassische Yoga, das autogene Training, die progressive Muskelrelaxation nach Jacobson oder Entspannungsverfahren der traditionellen chinesischen Medizin sein – es kann für manche PatientInnen aber auch einfach der Aufenthalt an der frischen Luft und in der Natur sein. Weiters gibt es noch das Verfahren der speziellen Darmhypnose, von der PatientInnen mit CED profitieren können. Für alle Verfahren gilt, dass sie einen positiven Einfluss auf den Spannungszustand der Darmmuskulatur und damit auch auf die Schmerzsymptomatik bzw. Symptome wie Stuhldrang oder Durchfall haben.

Was ist Hypnose und wie hilft Hypnose bei CED?

Die Hypnose ist ein sehr spezielles psychotherapeutisches Verfahren, bei dem Einfluss auf die Darm-Hirn-Achse genommen wird. Das zentrale Nervensystem steht in sehr engem Austausch mit dem Darm-Nervensystem; dieses befindet sich in einer Art Spannungszustand. Bei PatientInnen, die normalerweise nur einen Dehnungsreiz in der Darmwand bemerken würden, ist die Reizverarbeitung in der Hinsicht gestört, dass das zentrale Nervensystem aus diesem Dehnungsreiz einen Schmerzreiz macht und damit der/die PatientIn Bauchschmerzen bekommt. Diese Fehlregulation der Darm-Hirn-Achse versuchte die Hypnose zu durchbrechen, indem durch formelhafte Suggestionen ein Hypnose- und Entspannungszustand erreicht wird, der letztendlich diesen Spannungszustand und diese Fehlprogrammierung von einem Dehnungs- zu einem Schmerzreiz zu durchbrechen versucht.

Worauf soll ich bei der Wahl der Entspannungsmethode achten?

Zunächst einmal sind die Präferenzen der PatientInnen sehr unterschiedlich. Ich möchte Sie ermutigen, verschiedene Entspannungsverfahren auszuprobieren und herauszufinden, welches Verfahren für Sie den größten Effekt hat, wobei Sie sich wohlfühlen und was für Sie auch zeitlich und von der Lokalisation her gut zu realisieren ist bzw. regelmäßig in den Alltag einzubauen ist. Es ist jedoch nicht jeder Krankheitszustand für Entspannungsverfahren geeignet – wenn PatientInnen gerade frisch operiert wurden oder in einem akuten Schub sind, sind sie vielleicht anderweitig beschäftigt und profitieren weniger von solchen Verfahren als die PatientInnen, die sich schon in Remission befinden oder nur einen leichten Schub haben. Wichtig ist noch zu sagen, dass diese Verfahren zu einem festen Bestandteil Ihres Alltags gemacht werden müssen und Sie mit Freude anzuwenden sind, damit Sie auch den positiven Effekt für körperliches und seelisches Wohlbefinden bekommen können.

Wieso ist Sport und Bewegung bei CED wichtig und wie viel Bewegung empfehlen Sie?

Man weiß mittlerweile durch Studien, dass Sport einen sehr positiven Einfluss auf den Krankheitsverlauf bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen haben kann. Regelmäßige sportliche Aktivität kann die Häufigkeit der Schübe senken und auch den Bedarf an Medikamenten reduzieren. Das liegt daran, dass sich Sport positiv auf die Darmdurchblutung auswirkt und darmregulierend wirkt; weiters wirkt er sich auch positiv auf das Nervensystem, insgesamt auf die positive Körpereinheit und auf das Wohlbefinden aus.  Dabei gilt zu beachten, dass nicht jede Sportart für jede/n CED-PatientIn geeignet ist und es natürlich auch individuelle Leistungsgrenzen gibt. Natürlich wird nicht jede/r PatientIn mit einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung zum/zur LeistungssportlerIn – es geht darum, ein gesundes Maß zu finden, mit dem Sie sich wohlfühlen und mit dem eine gesundheitsfördernde Wirkung erreicht wird. Bei vielen PatientInnen ist es schon sehr förderlich, ungefähr drei- bis viermal pro Woche dreißig Minuten Sport zu treiben und somit diesen fest in den Alltag zu integrieren, um in Bewegung und aktiv zu bleiben.

Wann sollte ich viel Bewegung und Sport eher meiden?

Sport ist nicht für jede/n CED-PatientIn in jeder Situation angebracht. Das heißt, wir müssen bei PatientInnen in der Beratung unterscheiden, ob sie PatientInnen sind, die frisch operiert sind und man eher eine Pause empfehlen würde – vor allem nach Operationen im Bauchraum sind manche Sportarten wie Gewichtheben oder Rudern nicht zu empfehlen, da bei diesen Sportarten eine sehr starke Beanspruchung der Bauchmuskulatur stattfindet.  Spezielle Beratungssituationen gibt es auch bei PatientInnen mit Perianalfisteln; hier ist auch nicht jede Sportart empfehlenswert, hier ist z.B. Vorsicht beim Rad fahren in stärkerer Belastung geboten. Für PatientInnen mit Stoma, mit einem künstlichen Darmausgang, würde man auch individuell beraten, welche Sportarten hier geeignet sind. Zudem muss man natürlich immer einen Blick darauf haben, ob PatientInnen eine lange Krankheitsgeschichte, einen hohen Bedarf an Cortison oder ein erhöhtes Osteoporoserisiko haben, bei welchen natürlich die Verletzungsgefahr im Sport steigt, sodass wir hier individuell beraten müssen.

Wie kann Physiotherapie bei CED helfen?

Die Physiotherapie kann bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen zum einen Verspannungen im Bereich der Muskulatur und der Gelenke mindern und kann somit zur Erhaltung der Beweglichkeit beitragen und das Wohlbefinden steigern. Zum anderen unterstützt die Physiotherapie die Kräftigung der Muskulatur und führt damit auch zu einer Reduktion bzw. Verminderung des Osteoporoserisikos bei CED-PatientInnen.

Was ist Osteopathie und wie kann sie bei CED helfen?

Die Osteopathie ist ein eigenständiges, manuelles Verfahren – das heißt, dass sie mit den Händen des/der TherapeutIn ausgeübt wird, um insbesondere im Bereich der Faszien des Körpers eine Lockerung von Blockaden und Spannungen zu erreichen. Auch hier ist die Grundidee, Energieflüsse wieder zu ermöglichen und damit die Selbstregulationskräfte des Körpers zu verbessern.

Hier geht es zum Video-Interview: „Entspannung und Bewegung bei CED”

Ayurveda und Homöopathie bei CED

Was ist Ayurveda und wieso kann Ayurveda bei CED hilfreich sein?

Ayurveda ist die traditionelle indische Volksmedizin und mit 2000 Jahren Geschichte eine sehr alte Heilkunde, die im Gegensatz zur westlichen Schulmedizin ein anderes Verständnis über die Entstehung von Krankheit und Gesundheit, ähnlich wie die traditionelle chinesische Medizin, hat. Sie unterscheidet sich sehr stark von dem Bild, was die Schulmedizin von der Entstehung von Krankheiten hat – in der ayurvedischen Medizin geht es stark um Gleichgewichtszustände und Selbstregulation des Körpers. Es gibt auch hier verschiedene Elemente; dazu gehören Entspannungsverfahren mit yogaähnlichen Übungen oder auch Elemente der Ernährungsmedizin und der Diätetik. Man geht also auch in der ayurvedischen Medizin davon aus, dass die Auswahl und Zubereitung der Nahrungsmittel einen großen Einfluss auf die Gesundheit des Menschen hat und besonders der Darm bei der Entstehung von Gesundheit und Krankheit eine zentrale Rolle spielt. Die ayurvedische Medizin kennt darüber hinaus auch eine ganze Breite an ausleitenden oder regulierenden Verfahren, bei denen auch Phytotherapie eine große Rolle spielt. Ein Beispiel, das wir in der westlichen Medizin aus der ayurvedischen Medizin übernommen haben, ist z.B. das Curcumin.

Welche ayurvedischen Anwendungsmöglichkeiten gibt es bei CED?

Im Bereich der chronisch entzündlichen Darmerkrankungen kann man auf verschiedene Elemente der ayurvedischen Medizin zurückgreifen. Das gilt zum einen für den Bereich der Diätetik und Ernährungsmedizin – die ayurvedische Medizin schreibt der Ernährung bzw. der Zubereitung der Nahrungsmittel und der Auswahl der Nährstoffe eine große Bedeutung zu, was für PatientInnen mit Morbus Crohn und Colitis ulcerosa sehr hilfreich sein kann. Zum anderen hat die ayurvedische Medizin eine breite Palette an phytotherapeutischen Verfahren bzw. an Pflanzenstoffen; der bekannteste für PatientInnen mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen ist hierbei das Curcumin. Darüber hinaus gibt es noch eine breite Palette an sogenannten ausleitenden Verfahren, aber auch an Entspannungstechniken, die für PatientInnen von großem Nutzen sein können.

Was ist Homöopathie?

Die klassische Homöopathie ist ein komplementärmedizinisches Verfahren, welches auf den deutschen Arzt Samuel Hahnemann zurückgeht, der das Prinzip vertreten hat, Ähnliches mit Ähnlichem zu heilen. Die Homöopathie, welche eine sehr individuelle Medizin ist, versucht ausgehend von den Symptomen des/der PatientIn das entsprechende Mittel zu finden, das durch Potenzierung verdünnt worden ist und den/die PatientIn wieder in einen Regulationszustand zu bringen. In der klassischen Homöopathie gibt es also nicht das eine Medikament für z.B. Morbus Crohn und das andere für Colitis ulcerosa, sondern versucht, in einer ausführlichen homöopathischen Anamnese das Beschwerdebild des/der PatientIn und seine/ihre Vorgeschichte sehr genau zu charakterisieren. Danach wird dann ein entsprechendes Mittel ausgewählt, was genau zu diesem Beschwerdekomplex des/der PatientIn passt.

Ist Homöopathie bei CED zu empfehlen und wo liegen die Grenzen in der Behandlung?

Die Homöopathie ist ein sehr individuelles Verfahren – das heißt, für den/die PatientIn wird nach einer ausführlichen Anamnese ausgehend von seinen/ihren individuellen Symptomen das entsprechende homöopathische Mittel zur Therapie ausgewählt. Das heißt aber auch, dass wir diese Form von Komplementärmedizin auch sehr schlecht bis gar nicht in standardisierten Studien untersuchen können – die Datenlage bei Homöopathie und CED ist somit nicht vorhanden. Wir können jedoch auf Erfahrungsberichte zurückgreifen, in denen bestimmte PatientInnen positive Erfahrungen mit bestimmten homöopathischen Mitteln gemacht haben.

Hier geht es zum Video-Interview: „Ayurveda und Homöopathie bei CED”

Geprüft Prof.in Dr.in Julia Seiderer-Nack: Stand März 2022 | Quellen und Bildnachweis

Die Kurse sind kein Ersatz für das persönliche Gespräch mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt, sondern ein Beitrag dazu, PatientInnen und Angehörige zu stärken und die Arzt-Patienten-Kommunikation zu erleichtern.