8. Behandlung von Harn- und Nierensteinen – alle Fragen

Bei etwa 10% der Erwachsenen treten im Laufe des Lebens Harn- oder Nierensteine auf. Oft werden diese erst entdeckt, wenn akute Schmerzen auftreten und man ein Krankenhaus aufsucht.

Behandlungsmöglichkeiten bei Harn- und Nierensteinen

Können sich Harn- und Nierensteine von allein zurückbilden?

Nierensteine können sich nicht von selbst zurückbilden. Wenn sie sich einmal gebildet haben, dann können sie zwar abgehen, aber sich nicht zurückbilden und verschwinden.

Welche Therapiemöglichkeiten gibt es bei Harn- und Nierensteinen?

Es gibt verschiedene Therapiemöglichkeiten bei Nierensteinen. Bei vielen Steinen muss man gar nichts machen, man kann sie einfach beobachten.

Wenn die Steine größer werden und Beschwerden bereiten, dann gibt es verschiedene Behandlungsmöglichkeiten, sowohl medikamentös als auch interventionell. Es stehen Eingriffe, auch operative Eingriffe, zur Verfügung.

Steine, die sich spontan in den Harnleiter verlagert haben und dort eine Nierenkolik, also starke Schmerzen hervorrufen, werden medikamentös begleitet. Sie können unter einer Medikation häufig spontan abgehen.

Hier geht es zum Video-Interview: Behandlungsmöglichkeiten bei Harn- und Nierensteinen”

Akutbehandlung bei Harn- und Nierensteinen

Was erwartet mich, nachdem ich die Notaufnahme aufgesucht habe?

Wenn Sie die Notaufnahme aufgrund eines starken Schmerzereignisses aufsuchen, ausgelöst durch einen Nierenstein, dann erwartet Sie dort hoffentlich schnell eine Schmerzlinderung. Die erste Maßnahme in der Notaufnahme ist die Verabreichung eines Schmerzmittels.

Ein Nierenstein, der in den Harnleiter fällt und so zu einem Harnleiterstein wird, ruft eine Nierenkolik hervor. Das ist ein starkes Schmerzereignis, welches viele Frauen als schmerzhafter als eine Geburt angeben.

Danach folgt die Diagnostik, das heißt man schaut, ob der Verdacht auf eine Nierenkolik richtig ist. Dazu kann eine Ultraschalluntersuchung verwendet werden, heutzutage der Regel eine Computertomographie. Je nachdem, wie groß der Stein ist und wo er sitzt, bespricht der Arzt mit Ihnen, welche weiteren Schritte möglich sind.

Wann kann gewartet werden, ob der Stein von allein abgeht und wann sollte direkt operiert werden?

Man kann mit einer Operation immer dann warten, wenn kein Risiko für eine schwere Komplikation besteht. Das bedeutet man kann abwarten, wenn der Stein eine Nierenkolik hervorgerufen hat, der Arzt Ihnen ein Schmerzmittel gegeben hat und die Schmerzen danach verschwunden oder zumindest gut erträglich sind.

Abwarten sollte man nicht, wenn gleichzeitig eine starke Blasenentzündung vorliegt, also eine Infektion mit Fieber oder wenn Sie durch andere Erkrankungen ein hohes Risiko für Komplikationen haben.

Zu diesen Erkrankungen zählen zum Beispiel eine insgesamt schlechte Nierenfunktionen durch einen langjährigen Diabetes, also einen hohen Blutzucker oder durch einen hohen Blutdruck oder auch, wenn Sie nur eine Niere haben. Wenn diese eine verstopft ist, dann muss etwas getan werden.

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Wovon ist die Behandlung abhängig und gibt es Einflussfaktoren, die bei der Therapiefindung berücksichtigt werden müssen?

Wenn man sich für eine Behandlung entscheidet, dann hängt die Maßnahme, die man ergreift im Wesentlichen davon ab, wo der Stein sitzt und wie groß er ist. Wenn ein sehr kleiner Stein vorliegt, der im unteren Teil des Harnleiters sitzt, dann kann man häufig medikamentös zuwarten.

Wenn der Stein größer ist und an einer höheren Stelle des Harnleiters, also auf dem Weg von der Niere runter zur Blase liegt, dann wählt man heute häufig ein Verfahren mit einer Spiegelung. Dabei befindet sich der Patient in Narkose, der Stein wird endoskopisch im Harnleiter aufgesucht und beispielsweise mit einem Laser zerkleinert.

Wenn ich einen sehr großen Stein in der Niere habe, dann ist das Verfahren der Wahl heute, dass man endoskopisch, also minimal-invasiv vorgeht. Dabei wird die Niere von außen punktiert und mit einem etwas dickeren Endoskop, einem Gerät, mit dem man den Stein auf einer Kamera sieht, wird der Stein aufgesucht und ebenfalls mit einem Laser oder Ultraschallwellen zerkleinert.

Ein nicht-operatives Verfahren, was es schon sehr lange gibt und welches in den letzten Jahren ein wenig ins Hintertreffen geraten ist, ist die Stoßwellenlithotripsie. Hier können die Steine durch fokussierte Ultraschallwellen von außen zertrümmert werden. Ein Vorteil dieses Verfahrens ist, dass es keine Narkose bedarf und dass es minimal- oder fast nicht-invasiv ist. Ein Nachteil ist allerdings, dass nicht alle Steine auf die Stoßwellen ansprechen, denn manche Steine sind zu hart. In vielen Fällen muss die Behandlungen daher mehrfach durchgeführt werden.

Es gibt verschiedene Steinzusammensetzungen, die häufigsten Steine in unseren Breiten sind die Calciumoxalatsteine. Das sind Steine, die in verschiedenen Salzzusammensetzungen vorliegen. Manche dieser Calciumoxalatsteine können deswegen gut zertrümmert werden. Andere Steine müssen mittels eines endoskopischen Verfahrens behandelt werden.

 

Es gibt noch eine zu erwähnende Sonderform, die Harnsäuresteine. Das sind inzwischen die zweithäufigsten Steine in Westeuropa, sie sind ernährungsabhängig. Diese Steine können als einzige Steinzusammensetzung auch aufgelöst werden. Man kann den Patienten ein Medikament geben, was die Steine auflöst, indem der pH-Wert des Urins, also der Säurewert, angehoben wird. So können sich die Steine mit der Zeit auflösen.

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Chirurgische Therapie bei Harn- und Nierensteinen

Warum wird bei Harnleitersteinen eine Schiene eingelegt und wann wird diese entfernt?

Es gibt zwei Zeitpunkte, bei denen immer eine Harnleiterschiene bei einem Harnleiterstein eingelegt wird. Der erste Zeitpunkt ist, wenn der Patient durch einen Harnleiterstein starke Schmerzen hat, also eine Kolik , die nicht ausreichend auf Schmerzmittel anspricht.

Außerdem wird eine Schiene gelegt, wenn es Risikofaktoren gibt. Dazu zählen beispielsweise eine schlechte Nierenfunktion oder eine Infektion, die dazu zwingt, dass man den Druck aus der Niere nimmt und eine Schiene einlegt, sodass der Urin wieder abfließen kann.

Der zweite Zeitpunkt ist, wenn ein Patient beispielsweise mit einem Nieren- oder Harnleiterstein eine endoskopische Therapie über den Harnleiter erhält. In der Regel wird anschließend eine Schiene eingelegt, weil es nach diesem Eingriff dazu kommen kann, dass der Harnleiter anschwillt.

Diese Schienen verbleiben in der Regel ein bis zwei Wochen. Sie können durch einen ambulanten Eingriff ohne Narkose, der nicht sehr schmerzhaft ist, leicht entfernt werden.

Welche Verfahren gibt es zur Steinentfernung?

Die Steinentfernung erfolgt in Westeuropa heutzutage in aller Regel minimal-invasiv endoskopisch. In den meisten Fällen erfolgen heute etwa zwei Drittel unserer Steintherapien mittels einer Ureterorenoskopie .

Das ist eine Harnleiter- oder Nierenspiegelung, bei der der Patient in Narkose liegt und man über die Harnröhre und die Blase in den Harnleiter vorspiegelt. Mit einem feinen Instrument wird der Stein aufgesucht, zertrümmert und die Steinfragmente entfernt.

Bei größeren Steinen, wie großen Nierensteinen, wendet man auch ein endoskopisches Verfahren an, die perkutane Nephrolithotomie. Dabei wird die Niere in Narkose von außen punktiert und man geht mit einem etwas größeren Endoskop hinein. Dieses Gerät kann man sich wie ein kleines Rohr, mit einer Kamera am Ende, vorstellen. Der Stein wird gesucht, zertrümmert und die Fragmente entfernt.

Andere Verfahren, wie die Schlüssellochoperation oder die frühere Schnittoperation, haben in Westeuropa heute keinen Stellenwert mehr. Was es als interventionelles, jedoch nicht als operatives Verfahren, seit den frühen achtziger Jahren immer noch gibt, ist die extrakorporale Stoßwellenlithotripsie.

Dabei können die Steine von außen zertrümmert werden und es braucht keine Narkose, die Patienten bekommen oft nur eine leichte, intravenöse Schmerzbehandlung. Danach müssen die Fragmente jedoch den „normalen Weg“ finden, sie müssen aus der Niere über den Harnleiter nach außen abgehen. Hier können die Steine also nicht unmittelbar entfernt werden.

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Wann wird ESWL eingesetzt?

Die extrakorporale Stoßwellenlithotripsie (ESWL) kann im Grunde bei fast allen Indikationen eingesetzt werden. Man setzt sie gerne bei Steinen ein, die nicht sehr hart sind. Die Härte eines Steines kann man in der Computertomographie messen. Man verwendet sie gerne, wenn die Steine noch nicht allzu groß sind, also wenn sie einen bis maximal eineinhalb Zentimeter betragen.

Ab einer höheren Steingröße setzt man die ESWL nicht mehr ein, weil man dann häufig mehrere Behandlungen braucht und man durch die Zertrümmerung der Steine viele kleine Fragmente schafft. Insbesondere bei einem Nierenstein, können die Fragmente, wenn sie über den Harnleiter abgehen, zu Nierenkoliken, also zu Schmerzereignissen führen.

Insgesamt ist die ESWL, die bis in die neunziger Jahre hinein das Standardverfahren in der Strahlentherapie war, in den letzten Jahren durch den Fortschritt der minimal-invasiven endoskopischen Verfahren in den Hintergrund getreten. In den meisten Kliniken, so auch in unserer, ist zwar eine ESWL-Maschine vorhanden, es werden allerdings nur noch zehn bis fünfzehn Prozent aller Steinbehandlungen mittels Stoßwellenlithotripsie behandelt.

Wann wird eine Steinentfernung durchgeführt und was erwartet mich?

Die Steinentfernung ist heute immer ein minimal-invasiver Eingriff mit einer durchschnittlichen Zeitdauer von maximal neunzig Minuten. Das Ziel ist in aller Regel eine sofortige Steinentfernung, nur bei sehr komplexen, großen Nierensteinen ist manchmal noch eine zweite Behandlung erforderlich.

Die Eingriffe erfolgen unter Vollnarkose und meist im Rahmen eines kurzen, stationären Aufenthalts. Bei einer Harnleiterspiegelung oder einem unkomplizierten Harnleiterstein können Sie in aller Regel am nächsten oder übernächsten Tag wieder nach Hause gehen.

Bei einer Steinbehandlung über die Punktion der Niere, einer perkutanen Nephrolithotomie, können es auch drei bis vier Tage werden. Insgesamt sind die Eingriffe wenig belastend, sie sind verhältnismäßig kurz und die wenigsten Patienten haben hinterher Schmerzen.

Man sollte sich bei diesen minimal-invasiven Eingriffen trotzdem immer so einrichten, dass man sich in der Woche danach zurücknehmen kann. Man muss nicht zwingend zu Hause bleiben, aber ich sage immer, ein wichtiger beruflicher oder privater Termin drei Tage nach diesem Eingriff ist immer ein Prädiktor dafür, dass dann doch ein Problem, wie beispielsweise Fieber auftritt.

Welche Risiken birgt eine operative Steinentfernung?

Insgesamt sind die Risiken der operativen Steinentfernung heutzutage gering. Eine immer wiederkehrende Steinbildung und folglich notwendige Steinbehandlungen stellen jedoch immer ein Risiko dafür dar, dass die Nierenfunktion über die Jahre oder Jahrzehnte nachlässt. Deswegen ist es neben der Steintherapie wichtig, dass man bei den Hochrisiko-Steinbildnern versucht zu verhindern, dass sich immer wieder neue Steine bilden. Das operative Risiko ist insgesamt jedoch sehr gering.

Die Steinbildung bei Kindern ist selten und die meisten unserer Patienten befinden sich eher im Lebensalter ab fünfunddreißig bis vierzig. Bei Kindern kommt es aufgrund von genetischen Ursachen zur Steinbildung, dafür ist die Cystinstein-Bildung ein Beispiel. Steine können aber entstehen bei Harnwegsinfekten, durch anatomische Fehlbildungen, entstehen.

Bei Kindern gibt es bei der Therapie vieles zu beachten. Ein kleiner Mensch ist nicht einfach ein kleiner Erwachsener, es ist ein Kind, bei dem anatomische Besonderheiten zu berücksichtigen sind. Die Therapie unterscheidet sich hier aber nicht mehr so stark von der Therapie der Erwachsenen. Die minimal-invasiven, endoskopischen Verfahren, die uns zur Verfügung stehen, sind durch die Miniaturisierung inzwischen auch bei Kindern gut einsetzbar.

Gleichwohl ist es so, dass die ESWL-Behandlung, die Zertrümmerung der Steine von außen, bei Kindern ein sehr gutes Ansprechen, teils sogar ein wesentlich besseres Ansprechen als bei den Erwachsenen zeigt. Gerade bei den Kindern hat sie daher immer noch einen Stellenwert.

Es ist allerdings zu beachten, dass die Stoßwellenbehandlung bei Kindern häufig in Narkose erfolgen muss. Das hat nichts mit möglichen Schmerzen zu tun, sondern weil man während der Behandlung still liegen muss. Das erfordert gerade bei kleinen Kindern doch häufig eine Narkosebehandlung bei der ESWL.

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Vorbeugende Maßnahmen bei Harn- und Nierensteinen

Welche allgemeinen Maßnahmen sollten zur Vorbeugung gegen das Wiederauftreten von Harnsteinen getroffen werden?

Die Harnsteinbildung ist eine häufige Erkrankung ist, man spricht auch von einer Volkskrankheit. In Deutschland wird etwa jeder zehnte Einwohner im Laufe seines Lebens einmal Steine bilden.

Wenn ein Patient einmal Steine gebildet hat, ist es wichtig, das Steinmaterial und die Steinzusammensetzung zu analysieren. Das ist bei einem Spontanabgang oder durch eine operative Maßnahme möglich. Bei den meisten Patienten in unseren Regionen handelt es sich um Calciumoxalatsteine.

Wenn ein Patient erstmals einen solchen Stein hat und keine Komorbiditäten vorliegen, wie beispielsweise eine schlechte Nierenfunktion, dann empfiehlt man in diesem Fall allgemeine Vorbeugemaßnahmen, also Präventionsmaßnahmen. Eine wesentliche Säule ist das regelmäßige und ausreichende Trinken. Ein Patient, der einmal Steine gebildet hat, sollte etwa eineinhalb Liter Urin produzieren. Je nachdem, was er tut, ob er Leistungssportler, Bergwanderer oder Straßenarbeiter im Hochsommer ist, muss er die Trinkmenge daran anpassen.

Zum anderen ist die Regelmäßigkeit des Trinkens sehr wichtig. Viele Menschen und auch ich selbst würde von mir sagen, dass ich zwei bis zweieinhalb Liter pro Tag trinke. Trotzdem haben wir immer Perioden über den Tag, wo wir wenig trinken. Ich trinke zum Beispiel kaum, wenn ich im OP stehe und wir haben Perioden in der Nacht, wenn wir schlafen, in denen wir auch nichts trinken.

Der Urin ist dadurch konzentriert und Steinbildner müssen gerade in diesen Phasen trinken. Stellen Sie sich immer ein Glas Wasser auf den Tisch, es kann auch eine verdünnte Fruchtsaftschorle, mal ein Bier oder ein Kaffee sein. Man muss hier nicht so strikt vorgehen.

Ein wichtiger Risikofaktor der Steinbildung, insbesondere der häufigen Steinbildung, ist das Übergewicht und eine Fehlernährung, verbunden mit einer zu geringen Bewegung. Das kennen wir alle, viele unserer Tätigkeiten werden sitzend im Büro vorgenommen. Der Job oder die Familie füllen einen aus und man hat wenig Zeit für Sport.

Gerade, wenn man ein Patient ist, der häufig Steine bildet, sollte man versuchen hier anzusetzen, indem man versucht, regelmäßig Sport zu treiben oder zumindest spazieren zu gehen. Je nachdem, was möglich ist, versuchen Sie die Ernährung anpassen. Wir empfehlen eine Orientierung an der mediterranen Ernährung, sie beinhaltet viel Gemüse, Ballaststoffe und weniger rotes Fleisch.

Jeder von uns kann das eigene Körpergewicht selbst reflektieren und wir wissen, dass Übergewicht ein Risikofaktor ist. Wenn die Möglichkeiten bestehen, dieses zu senken, verbunden mit einer Anpassung der Ernährung und einer Steigerung der Bewegung, dann ist das sicherlich hilfreich, um Steine vorzubeugen.

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Sind die allgemeinen Maßnahmen zur Vorbeugung für alle Steinpatient:innen geeignet?

Die allgemeinen Vorbeugemaßnahmen sind ein wesentlicher Aspekt und sie stimmen immer. Es ist egal, ob es ein Patient ist, der nur ein- oder zweimal in seinem Leben Steine bildet oder ob es ein Patient ist, der regelmäßig, aufgrund anderer Faktoren, Steine bildet.

Es ist wichtig, die Patienten zu erkennen, bei denen die allgemeinen Maßnahmen nicht mehr ausreichend sind. Das wäre beispielsweise ein Patient, der jedes Jahr oder manchmal sogar jedes halbe Jahr mit einem neuen Stein in die Klinik kommt.

Dazu zählen auch Patienten, die Risikofaktoren aufweisen, wie anatomische Veränderungen, Harnleiterengen und andere Erkrankungen, die mit einer Einschränkung der Nierenfunktion einhergehen. Um diese Patienten muss man sich intensiver kümmern und eine erweiterte Diagnostik betreiben, um eine wiederholte Steinbildung zu vermeiden.

Was passiert bei der vorbeugenden medikamentösen Therapie von Harn- und Nierensteinen?

Die medikamentöse Therapie von Nierenstein ist im Grunde recht einfach, es gibt gar nicht so viele Medikamente, die einsetzt werden. Ein wesentlicher Aspekt ist die Veränderung des Säurewerts des Urins, also der pH-Wert.

Bei den meisten Steinen ist es hilfreich, wenn der pH-Wert des Urins, der normalerweise im sauren Bereich zwischen fünf und sechs liegt, etwas angehoben wird. Der Wert sieben wäre neutral, diesen pH-Wert hat beispielsweise Leitungswasser. Man versucht über ein Medikament den pH-Wert anzuheben und verhindert damit, dass die Kristallisation der Salze im Urin zu einfach ablaufen kann.

Ein anderer Ansatz ist die Senkung der Kalziumausscheidung. Gerade bei Patienten, bei denen Kalziumsteine entstehen, weil zu viel Kalzium ausgeschieden wird, kann man dieses Medikament einsetzen.

Ein drittes Medikament, zumindest bei den häufigen Ursachen für die Steinbildung, führt dazu, dass die Harnsäureausscheidung reduziert wird. Harnsäure ist ein Abfallprodukt des Eiweißstoffwechsels, was zum Beispiel entsteht, wenn man viel rotes Fleisch isst.

Neben den diätetischen Anpassungen kann man über ein Medikament die Ausscheidung der Harnsäure im Urin senken. So kann auch die Rezidivrate gesenkt werden, und zwar nicht nur bei Harnsäuresteinen, sondern auch bei Calciumoxalatsteinen.

Über welchen Zeitraum müssen die Medikamente eingenommen werden und wovon hängt dies ab?

Wenn man sich dazu entschieden hat, die Steinbildung mithilfe von Medikamenten zu hemmen, ist es schwer zu sagen, wie lange die Medikation eingenommen werden muss. Im Prinzip lebenslang, wobei wir wissen, dass das Risiko einer Steinbildung bei höherem Lebensalter abnimmt.

Bei meinen Patienten ist die Realität, dass man, wenn einige Jahre, vielleicht sogar ein Jahrzehnt keine Steinrezidive mehr aufgetreten sind versucht, die Medikamente schrittweise wieder abzusetzen.

Was sind typische Nebenwirkungen der Medikamente und was kann ich dagegen tun?

Das am häufigsten eingesetzte Medikament sind die sogenannten Alkalizitrate, die den Säurewert des Urins verändern. Sie sind verhältnismäßig gut verträglich und in Form von Brausetabletten erhältlich.

Die Einnahme erklärt die häufigsten Nebenwirkungen, dazu zählen Völlegefühl, Aufstoßen und Blähungen, also eher Symptome ausgehend vom Magen-Darm-Trakt. Ansonsten gibt es mit diesen Medikamenten wenig Probleme.

Bei Medikamenten, welche die Kalziumausscheidung senken, muss man jedoch etwas aufpassen. Es ist so, dass die Kalziumausscheidung in der Niere über einen Mechanismus läuft, der Kalium gegensteuert. Bei diesen Patienten besteht das Risiko, dass man den Kaliumspiegel im Blut zu weit absenkt.

Wenn man dieses Medikament verabreicht, sollte regelmäßig, zu Beginn alle drei bis alle sechs Monate, hausärztlich Blut abgenommen werden. So kann man sicher gehen, dass kein zu niedriger Kaliumspiegel im Blut vorliegt. Dieser kann beispielsweise ein Risiko für Herzrhythmusstörungen darstellen.

Das dritte Medikament, das Allopurinol, weist bei keinem mir bekannten Patienten eine schlechte Verträglichkeit auf. Natürlich besteht bei allen Medikamenten ein Risiko für Allergien, das muss man im Einzelfall prüfen. Insgesamt sind aber alle drei Medikamente sehr gut verträglich.

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Behandlung von Harn- und Nierensteinen bei seltenen Ursachen

Wann können Harn- und Nierensteine durch eine seltene Erkrankung verursacht werden?

Seltene Ursachen von Nierensteinen oder auch anderen Steinbildungen sind genetisch determinierte Faktoren. Von den seltenen Ursachen ist die häufigste die sogenannte Cystinurie. Dabei besteht ein Defekt eines Transporters, der Aminosäuren, also Eiweißbestandteile, in der Niere transportiert.

Dieser Defekt ist vererblich, teils sind es aber auch spontane Mutationen. Wenn dieser Defekt vorliegt, können vier Aminosäuren, die der Körper für den Aufbau von Eiweißen benötigt, nicht ausreichend in der Niere rückresorbiert werden.

Eine der vier Aminosäuren ist das Cystin, es ist die Einzige, die zu einer Steinbildung, zu Cystinsteinen führt. Andere Ursachen sind so selten, dass beispielsweise die Urologen diese Patienten wahrscheinlich kaum sehen.

Was ist bei der Behandlung von Harn- und Nierensteinen bei Kindern zu beachten und sollte bereits nach erstmaligem Auftreten eine Stoffwechselerkrankung abgeklärt werden?

Eine Harnsteinbildung bei Kindern ist immer eine Risikosituation, denn ein Kind sollte keine Steine bilden. Die meisten unserer Patienten, die mit Harnsteinen in die Klinik kommen, befinden sich zwischen dem fünfunddreißigsten und vierzigsten Lebensjahr.

Die allgemeinen Präventionsmaßnahmen gelten im Prinzip auch bei Kindern, jedoch handelt es sich bei Kindern immer um eine Hochrisikosituation. Wenn ein Kind mit einem Stein in die Klinik kommt, dann sollte immer, wie bei den Erwachsenen auch, eine Steinanalyse durchgeführt geführt werden.

So können beispielsweise seltene genetische Ursachen, wie die Cystinurie frühzeitig erkannt werden. Bei Kindern sollte auch immer eine Stoffwechseldiagnostik nachgeschaltet werden.

Können bei Harn- und Nierensteinen, die durch eine Cystinurie entstanden sind, die gleichen Behandlungsmöglichkeiten eingesetzt werden wie bei anderen Steinarten?

Es gibt Patienten mit einem manifesten, also einem bereits vorhandenen Cystinstein, die sich in der Klinik vorstellen. Das sind oft Patienten, die häufig Steine bilden, das heißt eine Cystinurie wurde bereits diagnostiziert. Demnach können die Steine mit den gleichen Verfahren behandelt werden, wie bei Patienten mit anderen Steinzusammensetzungen.

Bei den Cystinsteinen gibt es zwei verschiedene Kristallisationsformen. Die häufigere Variante produziert sehr harte Steine, sodass die Stoßwellenbehandlung, die ESWL, hier häufig kein zufriedenstellendes Ansprechen zeigt. Die endoskopischen Verfahren, gerade durch den Einsatz von Lasern zur Zertrümmerung der Steine, sind bei den Cystinsteinen sehr effektiv.

Welche vorsorglichen Maßnahmen sollten Patient:innen mit Cystinurie durchführen?

Cystinstein-Bildner sind immer eine Hochrisikogruppe, denn bei diesen Patienten liegt eine genetische Ursache der Steinbildung vor. Wenn in der Steinanalyse bestätigt wird, dass Cystinsteine vorliegen, dann ist es wichtig, dass die Patienten an ein Zentrum verwiesen werden, wo man sich mit der Cystinurie gut auskennt. Es ist eine seltene Erkrankung, nicht jeder Urologe hat regelmäßig Patienten mit Cystinsteinen, in einem Zentrum können Sie daher ausführlich beraten werden.

Eine Säule der Steinprävention ist das Trinken. Der Risiko-Steinbildner oder der Erst-Steinbildner sollte pro Tag eineinhalb Liter Urin produzieren. Das ist für einen Cystinstein-Bildner jedoch zu wenig. Ein Cystinstein-Bildner sollte mindestens zweieinhalb Liter Urin am Tag produzieren, im Sommer ist das eine Menge Flüssigkeit, die man zu sich nehmen muss.

Der Cystinstein-Bildner muss explizit Perioden vermeiden, in denen er wenig trinkt, wie die Nacht oder während der Arbeit. Durch die hohe Konzentration des Cystins im Urin besteht ein hohes Steinbildungsrisiko. Ich empfehle meinen Patienten immer, vor dem Schlafengehen so viel zu trinken, dass Sie auch in jungen Jahren einmal davon nachts aufwachen. Am besten hat man auf dem Nachttisch bereits ein weiteres Glas stehen, um weiter zu trinken.

Die zweite wesentliche Säule ist die Veränderung des Säurewerts, des pH-Werts. Es werden auch hier deutlich höhere Werte anstrebt als bei Patienten mit anderen Steinzusammensetzungen. Empfohlen wird ein pH-Wert im alkalischen Bereich, ein Wert von über 7 bis 7,5 anstrebt. Das ist wichtig, da wir wissen, dass sich die Löslichkeit des Cystins bei pH-Werten über 7,5 verdreifacht.

Es ist wichtig, dass die Patienten dieses Wissen haben und ihre Medikation, die Brausetabletten, in ihrer Dosis anpassen, je nachdem, was Sie essen. Man muss regelmäßig den Urinsäurewert mit einem Teststreifen bestimmen und hier selbst nachsteuern. Darüber hinaus ist bekannt, dass eine eiweißarme und kochsalzarme Ernährung, soweit das den Patienten möglich ist, hilfreich ist, um die Steinbildung zu verhindern.

Wenn diese Maßnahmen alle nicht ausreichend helfen und die Patienten weiterhin Cystinsteine bilden, dann gibt es ein Medikament, die sogenannten Chelatbildner . Dieses kann der Patient einnehmen, es greift sich das Cystin aus dem Urin und spaltet einen Teil des Moleküls ab. Das Cystin wird so im Urin löslicher und es kommt nicht mehr zur Cystinsteinbildung.

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Harn- und Nierensteine behandeln Vorsorge von Cystinsteinen

Nachsorge/Monitoring

Wie betreuen Sie Ihre Stein-Patienten nach?

Wenn bei einem Patienten ein Stein aufgetreten ist, dann ist es wichtig, dass eine Steinanalyse durchgeführt wird. So können wir identifizieren, ob es sich um einen Risikopatienten handelt oder ob es ein Standardpatient ist, der ein niedriges Risiko hat, im Laufe seines Lebens wieder Steine zu bilden.

Wir empfehlen allen Patienten, bei denen ein operativer, interventioneller Eingriff, auch eine Stoßwellenbehandlung durchgeführt wurde, dass sie etwa vier bis sechs Wochen nach dem Eingriff eine urologische Kontrolluntersuchung durchführen lassen. Das ist im Regelfall eine Urinkontrolle, ein Ultraschall und vielleicht auch eine Laboruntersuchung.

Wenn es sich nicht um einen Hochrisikopatienten handelt, reicht es, etwa alle ein bis zwei Jahre eine urologische oder auch hausärztliche Kontrolluntersuchung durchzuführen. Insbesondere auch unter der Verwendung einer Ultraschalluntersuchung, um erneute Steine frühzeitig erkennen zu können.

Bei Patienten, die der Hochrisikogruppe angehören, also Patienten, bei denen wir wissen, dass ein hohes Risiko für eine erneute Steinbildung besteht, wird nach einem Eingriff eine erweiterte Stoffwechseldiagnostik mit einer Sammelurin-Untersuchung durchgeführt.

Wir empfehlen, dass diese Patienten regelmäßig untersucht werden sollten, anfangs alle sechs Monate. Wenn wir eine stabile Situation haben, wenn also keine Steine mehr auftreten, die eingeleiteten Maßnahmen greifen und die Medikamente gut verträglich sind, dann ist auch eine jährliche Kontrolle möglich.

Sollte ich nach einem Harn- oder Nierenstein weniger Kalzium zu mir nehmen?

Wir haben heute viel über Kalziumsteine gesprochen und es gibt eine wichtige Sache, die ich den Patienten immer mitgeben möchte. Bei den Patienten bleibt häufig hängen, dass Kalzium die Steine verursacht und ich sehe immer wieder Patienten, die über Jahre und Jahrzehnte versucht haben, Kalzium zu vermeiden. Sie versuchen beispielsweise möglichst wenig Milchprodukte, Käse, Joghurt oder Quark zu konsumieren. Das scheint auf den ersten Blick logisch, es ist aber leider grundverkehrt.

Wir wissen, dass es bei Calciumoxalatsteinen zu einer Kristallisation von zwei Salzen kommt, dem Kalzium und dem Oxalat. Wenn man weniger Kalzium aufnimmt, dann verhindern wir, dass es zu dieser Kristallisation im Dünndarm kommt. Die Kristalle können nicht resorbiert werden und man nimmt dem Oxalat bereits im Darm das Kalzium weg. Dadurch wird jedoch mehr Oxalat aufgenommen und es entstehen blöderweise, obwohl man alles richtig machen möchte, mehr Calciumoxalatsteine.

Es ist wichtig, dass man sich normal ernährt und das bedeutet, dass man drei bis maximal vier Milchmahlzeiten am Tag konsumiert, beispielsweise Milch im Kaffee, ein Käsebrot und einen Joghurt. Damit ist man, was die Kalziumaufnahme angeht, im grünen Bereich. Mehr sollte es beim Kalzium-Oxalat-Steinbildner nicht sein, aber auch nicht weniger. Es ist wichtig, dass man das erklärt, weil es häufig falsch gemacht wird.

Was sollte ich bei Harn- oder Nierensteinen trinken und was nicht?

Es wird oft gefragt, was man trinken kann und wie oft man trinken sollte. Als ich mit der Urologie anfing, was jetzt auch schon ein paar Jahre her ist, gab es dicke Bücher, in denen genau stand, in welchem Mineralwasser beispielsweise wie viel Bikarbonat oder Kalzium enthalten ist.

Ich halte das jedoch für nicht so wichtig, viel entscheidender ist, dass getrunken wird anstatt was getrunken wird. Wenn das Mineralwasser schmeckt, dann wird man es eher trinken, als wenn es ein Mineralwasser ist, was einem nicht so gut schmeckt, auch wenn es für die Steinbildung vielleicht besser wäre.

Es wird oft nach Kaffee gefragt und wir wissen, dass er die Urinproduktion anregt und somit mehr Urin produziert wird. Es ist aber günstig, wenn man neben dem Kaffee noch etwas anderes trinkt. Kräutertee kann man ebenfalls gut trinken, aber beim schwarzen Tee muss man aufpassen. Darin ist Oxalat enthalten und wenn man exzessiv schwarzen Tee trinkt, ist das für den Steinbildner nicht ideal.

Ansonsten kann man fast alles trinken, bei den Fruchtsäften sollte man jedoch auf den Zucker schauen, auch ein Bier ist bei Steinbildnern durchaus erlaubt. Es kommt wie so oft im Leben auf die Dosis an.

Wie kann ich den pH-Wert meines Urins beeinflussen?

Den pH-Wert des Urins kann man auf verschiedene Weisen beeinflussen. Zum einen durch die Ernährung, eine beispielsweise vegane oder vegetarische Ernährung hebt den Urin pH-Wert an. Zum anderen durch Medikamente, wie die Alkalizitrate, das sind Brausetabletten, die den Urinsäurewert, den pH-Wert anheben.

Wenn ich versuche den Urin pH-Wert mit Medikamenten zu steuern, dann ist es ganz wichtig, dass ich diesen regelmäßig kontrolliere, beispielsweise mit den Teststreifen, die oft bei den Brausetabletten dabei sind.

Der Säurewert verändert sich, je nachdem, was Sie essen oder trinken. Wenn Sie sich vegetarisch ernähren, ist der Säurewert eher hoch und Sie müssen oft kein Medikament zusätzlich einnehmen. Wenn Sie im Sommer eine große Grillparty schmeißen, dann kann es sein, dass der Säurewert eher nach unten geht und Sie gegensteuern müssen.

Es ist wichtig, dass Sie als Patient, wenn Sie den Säurewert verändern sollen, ein Gespür dafür bekommen. Messen Sie diesen regelmäßig selbst nach, damit Sie sehen, was an Ihrer Ernährung und Ihrem Lifestyle einen Einfluss auf den Säurewert des Urins hat.

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Geprüft Prof. Dr. Thomas Knoll, MSc: Stand Juni 2023 | Quellen und Bildnachweis
Die Kurse sind kein Ersatz für das persönliche Gespräch mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt, sondern ein Beitrag dazu, PatientInnen und Angehörige zu stärken und die Arzt-Patienten-Kommunikation zu erleichtern.
Chelatbildner
Medikamente, die Stoffe im Körper binden können. Dadurch können z.B. bestimmte Schadstoffe ausgeschieden werden.
Harnleiterschiene
Ein Schlauch, der den Harnleiter offenhält, wenn dieser verstopft oder zugeschwollen ist.
Kolik
Heftiger, plötzlich auftretender Schmerz, der in einem bestimmten Bereich des Körpers auftritt. Koliken entstehen meist in Hohlorganen. Häufig betreffen sie den Darm, die Niere oder die Gallenblase. Die Schmerzen sind typischerweise krampfartig und kommen in Wellen. Das bedeutet, dass die Schmerzen kommen und gehen, anstatt konstant zu sein.
Minimal-invasiv
Der Begriff beschreibt zum Beispiel eine Operation, die mittels kleiner Hautschnitte durchgeführt wird. Man spricht dabei auch von „Schlüssellochtechnik".
Strahlentherapie
Behandlung mit hochenergetischen Strahlen, um Krebszellen abzutöten.
Ureterorenoskopie
Harnleiterspiegelung. Hierbei wird über die Harnröhre, die Blase und den Harnleiter ein kleiner Schlauch mit einer Kamera bis in das Nierenbecken vorgeschoben. Hiermit lassen sich die Harnleiter untersuchen und gegebenenfalls Harnleitersteine entfernen