7. Immundefekte verstehen – alle Fragen

Häufige und schwere Infektionen können ein Hinweis auf einen Immundefekt sein. Univ.-Prof. Dr. Hermann Wolf erklärt, warum das Immunsystem den Körper bei Immundefekten nicht ausreichend vor schädlichen Stoffen und Krankheitserregern schützen kann. Er erläutert, welche ÄrztInnen wie einen Immundefekt nachweisen können und wie es nach der Diagnose Immundefekt weitergeht.

Das Immunsystem

Was versteht man unter dem Immunsystem und woraus besteht es?

Das Immunsystem ist ein Organ des menschlichen Körpers, das dazu dient, das Eindringen von fremden Stoffen und fremden Zellen, von Viren, von Bakterien in den Körper zu verhindern bzw. eingedrungene Substanzen und Lebewesen unschädlich zu machen, also Infektionen zu bekämpfen.

Ein Immunsystem haben Tiere genauso wie Menschen. Und es besteht im Wesentlichen aus Blutzellen, die im Knochenmark gebildet werden und verschiedene Substanzen produzieren, wie z.B. Antikörper oder Zytokine, die dann diese Funktion des Bekämpfens von Infektionen ausüben.

Wie funktioniert das Immunsystem in Grundzügen?

Wie funktioniert das Immunsystem in Grundzügen?

Dazu möchte ich sagen, dass das Immunsystem sich über die Evolutionsentwicklung geändert hat. Die Fruchtfliege z.B. hat eine einzige Zelle und einen einzigen Rezeptor, um Infektionen abzuwehren. Im Gegensatz dazu hat der Mensch ein ganz komplexes Netzwerk an Abwehrmöglichkeiten. Und dieses Netzwerk besteht aus

  • löslichen Faktoren, also Eiweißmolekülen wie Antikörpern oder Komplementärfaktoren
  • und aus Zellen.

Und auch bei den Zellen gibt es eine Vielzahl von unterschiedlichen Typen. Es gibt also nicht den Lymphozyten, sondern es gibt die T-Zellen, die B-Zellen, die natürlichen Killerzellen. Es gibt bei den T-Zellen zytotoxische T-Zellen, das heißt T-Zellen, die andere Zellen, z.B. Tumorzellen oder Virus-infizierte Zellen abtöten können und damit Kontrolle über den Tumor oder über die Virusinfektion erlangen. Es gibt die sogenannten CD4-Helfer-T-Zellen, die z.B. den B-Lymphozyten helfen durch Zytokin-Freisetzung, durch Signale, die sie in dem B-Lymphozyten aktivieren, die richtigen Antikörper für die vorliegende Infektion zu machen, d.h. z.B. die ihnen sagen: „Jetzt brauchen wir die IG-Antikörper“, und dann machen die B Lymphozyten die Ig-Antikörper. Und es gibt, ganz wichtig natürlich, die Zellen, die am Anfang entscheiden: „Brauche ich eine Immunabwehr oder ist es ein ungefährlicher Stoff?“ Und das sind die antigenpräsentierenden Zellen. Die nehmen laufend fremde Stoffe auf und präsentieren die den T-Lymphozyten, damit entschieden wird: Gibt es eine T-Lymphozyten-Aktivierung und damit auch eine Immunabwehr oder nicht?

Das heißt, hier haben wir ein Netzwerk von ganz unterschiedlichen spezialisierten Zellen, Fresszellen, die dann letztlich die Bakterien abräumen müssen, oder eben natürliche Killerzellen, die Tumorzellen töten können. Und die alle arbeiten zusammen.

Was bedeutet und wie funktioniert die erworbene Immunabwehr?

Die erworbene Immunabwehr im Gegensatz oder in Ergänzung zur angeborenen, zum angeborenen Immunsystem ist also ein Teil des Immunsystems, das sich über das Leben verändert.

Das hat eben die ganz besondere Funktion, dass es über das Leben lernen kann. Also ein Kontakt mit einer Infektion veranlasst das erworbene Immunsystem, T-Zellen und Antikörper zu produzieren und sich damit ein immunologisches Gedächtnis zuzulegen, das den Körper für spätere Infektionen besser rüstet. Das heißt also, dass ein zweiter Kontakt mit einem Infektionserreger schneller beantwortet werden kann und effektiver.

Und auf diesem System der adaptiven Immunität basieren z.B. auch die Impfungen.

Was ist die angeborene Immunabwehr und wie arbeitet diese?

Angeboren bedeutet, dass dieser Teil des Immunsystems von Geburt an eigentlich unverändert das ganze Leben vorliegt.

Das bedeutet, dass ein Neugeborenes z.B. genauso eine Funktion der Fresszellen zur Verfügung hat wie der Mensch im späteren Leben. Und diese Bestandteile des angeborenen oder innate Immunsystems sind also

  • Fresszellen,
  • weiße Blutkörperchen,
  • bestimmte Serumproteine wie das Komplementsystem
  • und auch sehr primitive Erkennungsrezeptoren, um Infektionen erkennen zu können.

All das ist dafür ausgerichtet, dass man sehr schnell auf eine Infektion z.B. oder eine Entzündung reagieren kann.

Das ist also ein Abwehrsystem der ersten Minute, muss man wirklich sagen, das auch sehr viel für die Entstehung der Entzündung macht und zusammenarbeitet, ich glaube, das ist ganz wichtig, mit dem sogenannten adaptiven Immunsystem.

Also diese Unterteilungen sind nicht exklusiv, sondern sie dienen eher, damit wir den komplexen Apparat des Abwehrsystem verstehen. Diese innate und adaptive Immunität arbeiten aber zusammen.

Was zeichnet ein gesundes Immunsystem aus und warum ist es wichtig?

Ein gesundes Immunsystem zeichnet sich dadurch aus, dass die Funktionen des Immunsystems weder zu viel noch zu wenig ausgeprägt sind, d. h. die Balance zwischen Effektivität und Abwehr und Regulation muss gewahrt sein.

Also das Optimum ist, wenn ein Mensch über die Jahre praktisch keine Reaktionen auf Infektionen z.B. hat. Das heißt: Das Immunsystem funktioniert so, dass es eingedrungene Erreger im Optimalfall bekämpft und abräumt, ohne dass es zu einer Krankheit kommt, ohne dass es z.B. zu Fieber kommt. Viele, viele Menschen sagen: „Da stimmt etwas nicht. Ich bekomme nie Fieber.“ In Wirklichkeit ist das aber der Idealzustand: Ein still arbeitendes Immunsystem, das weder zu viel noch zu wenig macht.

Was sind Antigene und Antikörper?

Antigene sind eigentlich alle Stoffe, auf die das Immunsystem reagiert, d.h. das inkludiert fremde Stoffe. Aber es gibt ja auch den Ausdruck des Auto-Antigens, wenn also das Immunsystem einen Fehler macht und gegen körpereigene Stoffe, Zellen oder Eiweißmoleküle eine Abwehr macht — irrtümlich. Das heißt: Antigen ist alles, wogegen das Immunsystem, und in diesem Fall speziell das adaptive Immunsystem, arbeitet.

Antikörper auf der anderen Seite sind eine der wichtigsten Abwehrmechanismen, die wir haben. Das ist also beim Menschen besonders gut entwickelt im Vergleich zur Evolution. Wir haben verschiedene Typen von Antikörpern. Die werden von Abwehrzellen, die heißen B-Lymphozyten, produziert und können ganz viele, wir nennen das Effektorfunktionen ausüben, also z.B.

  • Toxine neutralisieren
  • oder Virusinfektion neutralisieren
  • oder auch z.B. das Fressen von Bakterien durch Fresszellenvermitteln.

Und Antikörper sind auch das, was ein großer und wichtiger Bestandteil des Schutzes nach Impfung darstellt.

Welche Rolle spielen Antikörper im Immunsystem?

Die Rolle, die Antikörper im Immunsystem spielen, ist eine ganz wichtige. Also Menschen, die überhaupt keine Antikörper machen können, haben unweigerlich ein Gesundheitsproblem. Einfach deshalb, weil die Antikörper eine sehr große Diversität haben.

Wir haben also praktisch für jedes nur erdenkliche fremde Molekül, für alle Infektionserreger, die wir uns nur vorstellen können, die Möglichkeit, spezielle Antikörper zu bilden. Und diese Antikörper passen dann wie ein Schlüssel ins Schloss genau für dieses spezielle Virus oder diese speziellen Bakterien.

Und das zweite, was eben wichtig ist, ist die Effektorfunktion: Antikörper können also entweder Entzündung verstärken oder sie können, was sehr wichtig ist, auf den Schleimhäuten Infektionen auch bekämpfen, ohne dass es zu Entzündungen kommt.

Man möchte ja nicht bei der Vielzahl an Bakterien, denen unsere Schleimhäute ausgesetzt sind, möchte man nicht den ganzen Tag eine Schleimhautentzündung mit sich herumtragen, sondern man möchte optimaler Weise, dass das Immunsystem dort, und dafür gibt es eben einen speziellen Antikörper, der IGA heißt, diese Infektionen abräumt und bekämpft, ohne dass es zur Entzündung kommt.

Welche Arten von Antikörpern gibt es?

Die verschiedenen Arten der Antikörper richten sich also eigentlich hauptsächlich nach deren Effektorfunktionen, das heißt nach der Rolle, die diese Antikörper im Rahmen des Immunsystems spielen. Weil wir unterscheiden, dass es z.B. 1013, also eine unglaublich große Anzahl von verschiedenen Antikörpern gegen verschiedenste Toxine, gegen verschiedenste Viren gibt. Aber auf der anderen Seite gibt es bei einem Antikörper z.B. gegen ein Grippevirus gibt es Antikörper, die sehr gut komplementär aktivieren können. Es gibt Antikörper, die Virus neutralisieren können. Es gibt Antikörper, die zur Zytokin-Freisetzung führen. Also die Effektorfunktionen der Antikörper sind, sind ganz unterschiedlich.

  • Wir kennen das IgG. Das hat 4 Subklassen beim Menschen und ist sicher unser wichtigster Abwehrstoff gegen Infektionen. Wenn ein Mensch überhaupt kein IgG hat, bekommt er unweigerlich ein Gesundheitsproblem.
  • Dann gibt es eben das IgA, das der Antikörper auf der Schleimhaut ist, in sehr großen Mengen beim Menschen produziert wird. Und die Hauptmenge dieses produzierten IGAs geht auf die Schleimhäute, neutralisiert dort Toxine und Viren und verschwindet praktisch mit dem fremden oder schädlichen Stoff und hat eine sehr kurze Halbwertszeit.
  • Es gibt das IgM, das ist ein Antikörper, der sehr schnell nach einer Infektion produziert wird und bei den nächsten Kontakten nur mehr wenig gebildet wird.
  • Es gibt das IgE, ein Antikörper, der spezielle Anti-Infektionseigenschaften hat, wie z.B. das Vermitteln von Zerstörung von Parasiten oder Würmern. Wir kennen das IgE aber vor allem, weil es der Antikörper ist, der Allergie vermittelt. Z.B. Heuschnupfen wird durch IgE-Antikörper gegen Pollen ausgelöst.

Was passiert, wenn der menschliche Körper nicht genügend Antikörper bilden kann?

Wenn der Körper nicht genügend Antikörper bildet, gibt es ganz unterschiedliche Probleme, und zwar unterschiedlich vor allem im Ausmaß der Konsequenzen.

  • Wenn also ein Mensch überhaupt keine IgE-Antikörper bildet, hat er unweigerlich ein großes Gesundheitsproblem, indem er hauptsächlich mit Infektionen zu kämpfen hat. Er hat aber auch immunregulatorische Probleme. Er kann leichter Autoimmun-Erkrankungen haben. Er kann leichter entzündliche Erkrankungen haben.
  • Wenn ein Mensch jetzt keine IgA Antikörper macht, das ist etwas sehr Häufiges, etwa 1:700 der Bevölkerung haben keine IgA-Antikörper. Und die meisten dieser Personen wissen das gar nicht. Das heißt: Das Fehlen von IgA können wir in unserer Infrastuktur, in unserer Zivilisation relativ gut kompensieren.
  • Wenn ein Mensch kein IgM macht, auch das ist ein selektiver Mangel, den wir kennen, hier gibt es auch sehr oft keine oder nur sehr wenig Probleme.

Also das Fehlen der Antikörper hängt immer davon ab, welcher Antikörper fehlt. Und daraus entstehen eben mehr oder weniger große Konsequenzen.

Was versteht man unter einem Immundefekt im Vergleich zu einem schwachen Immunsystem?

Das „schwache Immunsystem“, das ist ein sehr ungenauer Begriff. Und diesen Begriff, glaube ich, wäre es besser, wenn wir vermeiden. Weil Immundefekt auf der anderen Seite ist sehr präzise eine Fehlfunktion des Immunsystems. Es ist also nicht nur ein Zuwenig, sondern wir wissen ja heute, dass ganz viele angeborene Erkrankungen des Immunsystems, also Erkrankungen, die auf eine Mutation eines Gens zurückzuführen sind, monogene Erkrankungen des Immunsystems, zu einem Zuviel des Immunsystems führen und deswegen zu Erkrankungen.

Also Immundefekt würde ich nicht nur als Schwäche oder als Zuwenig verstehen, sondern ganz grundlegend als eine Fehlfunktion des Immunsystems.

Und da gibt es eben verschiedene Gründe, warum es zu einem Immundefekt kommt. Im Jahr 2020 nach der letzten Einteilung der angeborenen Störungen des Immunsystems kennen wir 430 Erkrankungen, die auf eine genetische Störung des Immunsystems zurückzuführen sind. Das ist also eine sehr, sehr große und im Erscheinungsbild auch sehr unterschiedliche Zahl von Störungen.

Dazu kennen wir aber Störungen des Immunsystems, die dadurch entstehen, dass z.B. Medikamente einen Einfluss auf das Immunsystem haben, oder eine Fehlernährung einen Einfluss hat, oder aber auch z.B. Störungen, die altersabhängig sind: Frühgeborene haben bestimmte Besonderheiten des Immunsystems im Vergleich zu Neugeborenen mit reifen Geburtsalter.

Wo im Immunsystem können Defekte auftreten?

Im Immunsystem können Defekte eigentlich in jeder Abteilung, wenn man so sagen will, oder bei den verschiedensten Zellen und Molekülen, die das Immunsystem ausmachen, auftreten.

Das heißt:

  • Wir kennen Defekte des angeborenen Immunsystems,
  • wir kennen Defekte des adaptiven Immunsystems.

Und hier kann man unterscheiden

  • Defekte, die z.B. nur die Antikörperbildung betreffen,
  • oder Defekte, die die T-Zellen und die Antikörperbildung betreffen.
  • Es gibt Defekte der Fresszellen,
  • es gibt Defekte des Komplementsystems,
  • es gibt Defekte, die zu dem führen, was wir Auto-Inflammation nennen, wo es ein Zuviel an entzündlicher Reaktion z.B. auch durch genetische Veränderungen von Molekülen, die in der Maschinerie, die zu einer Entzündungsreaktion führt, eine wichtige Rolle spielen.

Wie arbeitet ein defektes Immunsystem im Vergleich zu einem intakten Immunsystem?

Defektes Immunsystem und seine Arbeit im Vergleich zu einem intakten Immunsystem ist eben die Frage: „Wo ist bei einem defekten Immunsystem ein Zuwenig?“

Also wenn ein Immunsystem keine Antikörper produziert, dann kreiert das eine Lücke in der Infektionsabwehr, die das intakte Immunsystem nicht hat.

Auf der anderen Seite gibt es auch Störungen, wo, und ich glaube, die am besten bekannte dieser Störung ist die Allergie, wo also das Immunsystem ein Zuviel macht, das zu einer Erkrankung führt, wo also zu viel IGE-Antikörper gegen bestimmte Allergene nennt man das, bestimmte Stoffe in der Umwelt, die eine Allergie verursachen, gebildet werden und wo dann nach Zusammentreffen dieses Allergens mit dem Körper es zu einer allergischen Reaktion – Heuschnupfen, Hautausschlag allergische Asthma – kommen kann.

Hier geht es zum Video-Interview: „Das Immunsystem”

Ursachen von Immundefekten

Welche Formen von Immundefekten werden unterschieden?

Die wichtigste Unterscheidung der Formen von Immundefekten ist

  • einmal die Primären Immundefekte: Darunter verstehen wir das, was man traditionell als angeborene Immundefekte bezeichnet. Wobei ein angeborener Immundefekt, und das ist ganz wichtig festzuhalten, nicht notwendigerweise vom ersten Tag des Lebens manifest sein muss. Ganz im Gegensatz: Die meisten angeborenen Immundefekte, und hier verstehe ich jetzt „angeboren“ als „in den Genen bedingt, durch Veränderungen von Genen bedingt“, manifestieren sich im späteren Leben. Das heißt: Die häufigste Zahl von Patienten mit angeborenen oder besser gesagt genetisch bedingten Immundefekten hat Probleme jenseits von 20, 30 oder 40 Jahren. Warum sich das so spät manifestiert, hängt von dem Typ der Abwehrschwäche ab und wird sicher im Moment nicht hinlänglich erklärt werden können.
  • Im Gegensatz zu den sogenannten genetisch bedingten Immundefekten gibt es die Sekundären Immundefekte. Sekundär bedeutet: Eine Erkrankung oder ein sonstiges Ereignis hat einen Einfluss aufs Immunsystem und stört seine Funktion. Und die sekundären Immundefekte haben entsprechend der unterschiedlichen Natur der zugrunde liegenden Störung auch ganz unterschiedliche Auswirkungen.
    • Also z.B. Unterernährung führt zu einem verminderten Immunsystem auf der Ebene der Antikörperbildung. Die T-Zellen funktionieren nicht richtig. Die Fresszellen können nicht richtig funktionieren.
    • Ähnlich ist es auch mit Medikamenten, die das Immunsystem unterdrücken. Das ist oft notwendig, dass man solche Medikamente anwendet. Sozusagen eine Begleiterscheinung dieser notwendigen Therapie ist aber, dass das Immunsystem auf vielen Ebenen gestört werden kann, z.B. durch eine Kortison-Therapie, wenn sie eine gewisse Dosierung erforderlich macht, dann kommt es zu negativen Auswirkungen auf vielen Ebenen des Immunsystems.
    • Eine andere häufige Form einer sekundären Immunschwäche ist die durch andere Infektionen. Da kennt man am meisten die HIV-Infektion. Aber es gibt einen T-Zelleneffekt nach Maserninfektion. Es gibt T-Zellendefekte und Verminderung der Lymphozyten z.B. auch nach einer Grippe.

Also ganz unterschiedliche äußere Ereignisse, Infektionen, Veränderungen können zu einem sekundären Immundefekt führen.

Wie häufig kommen Immundefekte in der Bevölkerung vor?

Die Frage, wie häufig Immundefekte vorkommen, unterscheidet sich nach der Art des Immundefekts.

  • Ich habe Ihnen schon gesagt, dass eine IgA-Defizienz, eine isolierte IgA-Defizienz etwa in 1:700 vorkommt.
  • Ein schwerer kombinierter Immundefekt, das ist also der die schwerste Form des Versagens des Immunsystems, wo er in den 70er Jahren in den Medien der sogenannte Bubble Boy bekannt wurden, ein Bub, der ohne funktionierende T-Zellen auf die Welt gekommen ist und viele Jahre in einem keimfreien Milieu in so einer Art Isolationszimmer gelebt hat in den USA. Diese Form eines schweren kombinierten im Endeffekt, wissen wir heute vom Neugeborenen-Screaming, kommt in etwa 1:50.000 der Bevölkerung vor.
  • Die häufigste Form einer behandlungsbedürftigen Abwehrschwäche, nämlich behandlungsbedürftig bedeutet „ohne Ausnahme behandlungsbedürftig“, ist etwa 1:3.500 bis 1:10.000.

Das sind die angeborenen Immundefekte.

Die sekundären Immundefekte, da ist es also ganz unterschiedlich, welche Ursache die haben. Wenn wir die hernehmen, die in Begleitung von hämatologischen Tumoren auftreten, so wissen wir, dass etwa 1:2.000 oder 1:3.000 diese z.B. Leukämie- oder Lymphomformen vorkommen. Und bei diesen Formen kommt sehr, sehr häufig irgendwann im Leben des Patienten es zu einem Immundefekt.

Also wir haben hier doch eine sehr beträchtliche Häufigkeit, und die Annahme, dass es sich bei Immundefekten um Raritäten handelt, stimmt für viele Formen der Immundefekte nicht.

Wodurch werden primäre Immundefekte verursacht?

Primäre Immundefekte werden verursacht durch Änderungen in einem oder mehreren Genen.

Die klassische Situation ist, wenn wir den Bubble Boy noch einmal hernehmen, eine Veränderung in einem Gen, das für einen Zytokin-Rezeptor verantwortlich ist, und dieses Gen sitzt auf dem X-Chromosom. Und wenn hier eine Mutation zustande kommt, die entweder beim Patienten spontan entsteht oder ihm von der Mutter vererbt wird, dann kommt es zu einer Fehlfunktion dieses Eiweißstoffs, dieses Zytokin-Rezeptors. Fehlfunktion bedeutet, dass der Zytokin-Rezeptor überhaupt nicht produziert wird oder nicht funktioniert. Und damit kommt es zu einer mangelnden Differenzierung der T-Zellen. Und das ist sozusagen die klassische monogene Situation für einen primären im Immundefekt.

Wir wissen heute, dass immer mehr Immundefekte bekannt werden, die möglicherweise mehrere Gene als Ursache haben, wo natürlich die Diagnostik noch wesentlich schwieriger ist, diese Ursache dann wirklich zu demonstrieren und zu zeigen.

Und dann gibt es auch eine Form von primären Immundefekten, wo z.B. eine Veränderung eines Gens zu einer Neigung zur Autoimmunität führt. Im Rahmen dieser Autoimmunität kommt es zu Auto-Antikörpern, z.B. gegen bestimmte Zytokine, und diese Zytokin-Defizienz führt dann zu Infektionen. Das sind sogenannte Immun-Phenocopies. Auch das ist ein Mechanismus, wie es zu primären Immundefekten kommen kann.

Welche Erkrankungen gehören zur Gruppe der primären Immundefekte?

Die Arten der primären Immundefekte – es gibt also 430 unterschiedliche Arten von primären Immundefekten im Moment. Das ist eine Klassifikation, die alle zwei Jahre aufgestellt wird von einem Expertenkomitee der Internationalen Vereinigung der Immunologischen Gesellschaften. Und die unterscheiden die Formen danach, welcher Teil des Immunsystems betroffen ist.

  • Also z.B. ein Immundefekt, der nur die Antikörperbildung betrifft, wie die Common Variable Immunodeficiency, oder abgekürzt CVID. Das ist eine sehr häufige, behandlungsbedürftig Form einer Abwehrschwäche, wird hier getrennt und unterschieden von einem Immundefekt, der die T-Zellen, die T-Lymphozyten und die Antikörperbildung betrifft. Das nennt man dann einen kombinierten Immundefekt.
  • Und ein schwerer kombinierter Immundefekt, abgekürzt SCID (Severe Combined Immunodeficiency), ist also gekennzeichnet durch ein Fehlen der gesamten adaptiven Immunität. Das heißt, ich habe weder eine T-Zellen-Antwort noch eine Antikörper-Antwort.
  • Dann kann man davon abtrennen primäre Immundefekte, die das Komplementsystem betreffen. Es gibt ja verschiedene Komplementkomponenten. Und so kennen wir
  • einen C2 Mangel, einen Mangel der Komplement-Komponente C2,
  • oder ein C5 Mangel
  • oder einen C7 Mangel

et cetera.

Das heißt: Jede Komponente des Komplementsystems kann verändert sein durch genetische Mutationen.

Dann gibt es Störungen der Fresszellen. Hier gibt es ein Zuwenig an Granulozyten, die sogenannte kongeniale Neutropenie. Da gibt es schwere Formen. Oder es gibt eine sogenannte zyklische Neutropenie, wo die Patientin immer wieder so Schübe an einer verminderten Anzahl von Granulozyten im Blut haben.

Im Gegensatz zu diesen Defekten, die die Zahl der Fresszellen betreffen, der Granulozyten betreffen, gibt es Störungen der Funktion.

Es gibt also Störungen, wo die Phagozyten, die Granulozyten nicht sich bewegen können. Das Wandern der Granulozyten aus den Gefäßen ins Gewebe zum Ort der Entzündung ist ein ganz wichtiger Bestandteil des normalen Funktionierens der Entzündungsreaktion.

Es gibt Störungen, wo die Granulozyten nicht die Bakterien abtöten können, nachdem sie sie gefressen haben. Da gibt es die sogenannte septische Granulomatose, für die es wieder verschiedene genetische Mutationen gibt als Ursache.

Und es gibt auch Störungen z.B. in sogenannten Adhäsions-Molekülen, wo also das Andocken der Neutrophilen an die Endothel-Zellen und darauffolgend das Auswandern aus den Gefäßen nicht funktioniert.

Worin unterscheiden sich zelluläre und humorale Immundefekte?

Unterscheidung zellulär und humoral ist eigentlich ein eine didaktische Unterteilung. Die sollte uns helfen, die Natur des Immundefekts und die Lokalisation innerhalb des Immunsystems zu verstehen. Das wird jetzt eher abgelöst von einer funktionellen Beschreibung.

Z.B. humoral wird abgelöst von einer Beschreibung „Dieser Immundefekt betrifft die Antikörper-Bildung, oder dieser Immundefekt betrifft das Komplement-System“.

Und genauso zellulär wird abgelöst von einer Beschreibung: „Dieser Immundefekt betrifft die T-Zell-Immunität oder die Phagozyten, d.h. die Fresszellen, oder möglicherweise andere Zellen wie Antigen-präsentierende Zellen“.

Also, das heißt: Die Beschreibung humoral im Sinne von „Hier sind Serumproteine verändert“ wird abgelöst von einer eher funktionellen Beschreibung. Und genau so wird eben die zelluläre Zuordnung abgelöst durch eine Zuordnung, welche Zellen davon betroffen sind.

Welche Ursachen können sekundäre Immundefekte haben?

Die Ursachen sekundärer Immundefekte, die nehmen zahlenmäßig zu in der heutigen Zeit, weil wir immer mehr Medikamente verwenden, die einen Einfluss auf das Immunsystem haben.

Dieser Einfluss ist teilweise gewünscht, teilweise auch unabdingbar.

Also, das heißt, wir kennen Biologicals, nennt man das, etwa 250 Biologicals wurden in den letzten Jahrzehnten, als Größenordnung, entwickelt. Ein typisches Biological ist z.B. ein Monoclonaler Antikörper, der die B-Lymphozyten, das heißt die Zellen, die Antikörper machen, ausschalten soll. Das ist gewünscht bei Tumoren der B-Zellen, also bei bestimmten Leukämieformen. Aber es ist auch gewünscht bei Autoimmunerkrankungen wie z.B. der chronischen Polyarthritis oder dem klassischen Rheuma. Und das führt dazu, dass die Auto-Antikörperproduktion gestoppt wird durch dieses Ausschalten der B-Lymphozyten. Schaltet dann natürlich auch aus die Funktion der B-Zellen, indem sie Antikörper machen gegen Infektionen. Das heißt: Die Infektionsabwehr leidet.

So gibt es eine Vielzahl von Medikamenten, die mehr oder weniger breit das Immunsystem beeinflussen. Diese große Gruppe von Patienten mit immunmodulierender oder immunsuppressiver Behandlung stellen eine immer größer werdende Gruppe von sekundären Immundefekten dar.

Die sekundäre Immundefizienz aufgrund von HIV ist im Gegensatz dazu in unseren Breiten etwas in den Hintergrund geraten, weil wir eine effiziente Behandlung der schwersten Formen der HIV-Infektion, nämlich der Formen, die durch eine völlige Zerstörung der CD4-Zellen hervorgerufen werden, jetzt kennen, indem wir eine andere antiretrovirale Therapie erfolgreich anwenden können.

Und Formen wie Vitaminmangel, Unterernährung, das ist auch in der westlichen Welt eher weniger anzutreffen.

Wir haben als Ursachen eigentlich hauptsächlich die immunsuppressiven oder die immunmodulatorischen Medikamente.

Wir haben aber auch eine Gruppe von chronischen Erkrankungen, wie z.B. der Diabetes, die eine Beeinflussung des Immunsystems nach sich führen, auf verschiedensten Ebenen, die mit dem erhöhten Zucker teilweise zu tun haben, aber auch zu tun haben mit den Ursachen, warum es zu der Autoimmunerkrankung Diabetes mellitus überhaupt kommt.

Welche Erkrankungen können sekundäre Immundefekte bewirken?

Also, „Welche Erkrankungen bewirken sekundäre Immundefekte?“ kann man so beantworten, dass es

  • entweder die Erkrankung selber sein kann,
  • oder es kann ein notwendiges Übel der Behandlung sein, dass das Immunsystem verändert wird.

Also eine Chemotherapie einer Tumorerkrankung beeinflusst das Immunsystem mehr oder weniger stark.

Eine Behandlung einer Leukämie muss, nachdem es hier um Blutzellen geht, die auch eine Rolle in der Abwehr haben, muss auch das Immunsystem und die Immunabwehr beeinflussen.

Andere Erkrankungen sind also z.B. der Diabetes.

Oder es gibt z.B. einen Immundefekt dadurch, dass ich einen Unfall habe, einen Autounfall. Es muss mir die Milz entfernt werden. Und das Fehlen der Milz ist eine Form einer Abwehrschwäche. Das ist also eine noch immer relativ häufige Ursache für einen Immundefekt und auch für den sekundären Immundefekt und auch damit für die Notwendigkeit zusätzlicher Impfungen gegen Bakterien, Haemophilus, Pneumokokken, Meningokokken, und sozusagen eventuelle sonstige Maßnahmen, um Infektionen zu verhindern.

Und andere Erkrankungen, wenn man das so nennen will: Die Frühgeburtlichkeit führt zu einem sekundären Immundefekt. Das sehr hohe Alter hat spezielle Eigenschaften des Immunsystems als Folge, die auch dazu führen können, dass Immunantwort z.B. gegen neue Antigene vermindert abläuft.

Welche Erkrankungen können sekundäre Immundefekte bewirken?

Naja, die medizinischen Therapien, die einen Immundefekt auslösen, das sind also Situationen, wo man nicht anders kann, als die Grunderkrankung zu behandeln. Z.B. eine Leukämie oder ein Lymphom muss ich behandeln. Und im Zuge dieser Behandlung kommt es zu einem Immundefekt, im optimalen Fall vorübergehend. Und das kann ich mir dann nicht aussuchen. Und dann muss ich schauen, erstens, dass ich den Immundefekt eingrenzen kann. Es wird heutzutage großer Wert gelegt darauf, zu erfassen: „Wie stark ist dieser im Endeffekt ausgeprägt?“ So dass ich nicht darauf warten muss, dass ich die verminderte Infektionsabwehr der Patienten erst bemerke, wenn sie Lungenentzündungen oder schwerere Infektionen bekommen. Sondern es gibt die Möglichkeiten, und das ist auch etwas, wo ein Labor wie unseres, das nicht nur primäre Immundefekte klassifizieren kann, sondern auch das Ausmaß eines sekundären Immundefekts sehr genau einteilen kann, viel, viel tätig ist.

Und zu achten ist prinzipiell hier, Infektionen vorzubeugen. Das ist, glaube ich, für die sekundären Immundefekte der wesentliche Weg. Das Vorbeugen von Infektionen geht am besten durch Impfungen. Es gibt eine ganz ausgedehnte und aktuelle Literatur, dass sekundäre Immundefekte von Impfungen profitieren nach dem Prinzip: Auch wenn das Immunsystem geschwächt ist oder eine verminderte z.B. Antikörperproduktion hat, dann hat es trotzdem eine T-Zell-Antwort bzw. weiß man einfach aus Studien, dass z.B. ein Schutz gegen Grippe, wenn die Protektion nach der Impfung statt 80 Prozent nur 40 Prozent ist, so sind die 40 Prozent trotzdem nennenswert mehr als gar keine Grippeimpfung zu haben.

Und darauf muss man achten.

Man achtet natürlich auch mit dem Instrument der sogenannten Infektionsprophylaxe mit Antibiotika. Es gibt also sekundäre Immundefekte, wo man vorübergehend oder länger auch eine Dauer-Antibiotikatherapie in einer reduzierten Dosis geben muss.

Hier geht es zum Video-Interview: „Ursachen von Immundefekten”

Warnsignale bei Immundefekten

Welche typischen Symptome können bei Menschen mit primären oder sekundären Immundefekten auftreten?

Die Symptome, die Menschen mit primären Immundefekten haben, unterscheiden sich einmal prinzipiell überhaupt nicht von den Symptomen, die Menschen mit sekundären Immundefekten haben. Das heißt: Beide Ursachen für einen Immundefekt können zu denselben Problemen führen

Und diese Probleme sind

  • einerseits sehr häufige Infektionen,
  • andererseits aber auch, und hier haben wir etliche Beispiele aus den primären Immundefekten, Probleme in Richtung Allergie,
  • in Richtung häufige Entzündungen,
  • in Richtung Autoimmunerkrankungen.

Und diese Symptome versucht man jetzt, einerseits, was die Infektionsanfälligkeit anbelangt, zu quantifizieren.

Da gibt es also seit vielen Jahrzehnten sogenannte Warning Signs (Warnsignale), und da wird also versucht herauszufinden, wieviel Infektionen pro Jahr sind für einen Erwachsenen oder für ein Kind normal. Und ich glaube, dass man hier sagen muss, dass alle diese Warnzeichen Vorteile und Nachteile haben. Im Prinzip geht es darum, dass schwere Infektionen ein Warnzeichen sind. Es gibt Experten, die sagen, jede schwere Infektion bei einem Erwachsenen weist auf einen Immundefekt hin. Das heißt also, dass z.B. 5 Lungenentzündungen ein ganz deutlicher Hinweis sind, dass ein Immundefekt vorliegt.

Genauso natürlich kann man sich fragen: Was musste gemacht werden für die Infektionen? Also es ist typisch, dass bei den Kindern eine gewisse Anzahl von Infektionen pro Jahr stattfinden. Da kann man jetzt sagen, das können 6 sein im Jahr. Das können 8 sein im Jahr. Also vielleicht jeder zweite Monat. Wichtiger als die Anzahl ist aber, glaube ich, die Frage: Wie laufen diese Infektionen ab?

  • Handelt es sich um eine wenige Tage lang dauernde fieberhafter Erkrankung, wo das Kind zu Hause ist, keinen Spitalsaufenthalt braucht, eventuell sogar nicht einmal den Kinderarzt bemühen muss?
  • Oder handelt es sich um eine wochenlange, hoch fieberhafte Erkrankung mit deutlicher Beeinträchtigung des Gesundheitszustandes, mit der Notwendigkeit für eine oder mehrere Antibiotika-Therapie? Diese zweite Erscheinungsform weist wieder auf ein Zuwenig des Immunsystems hin.

Also zusätzlich zur Anzahl natürlich wiederkehrende Infektionen sind ein Hinweis.

Aber es gibt genauso den Hinweis, dass man auch z.B. nach einer schweren Pneumonie als junger Erwachsener nach einer Abwehrschwäche suchen soll, weil das einfach in unseren Breiten und in unserer Zeit nicht normal ist, dass ein junger Erwachsener mit der Rettung ins Spital fahren muss, weil er so eine schwere und akut verlaufende Lungenentzündung hat.

Kann man anhand der Symptome einen Immundefekt von einem geschwächten Immunsystem unterscheiden?

Die Frage, ob das Symptom Immundefekt vom geschwächten Immunsystem unterscheiden lässt, und hier nehme ich an, dass wir eigentlich herausfinden wollen mit dieser Frage: „Können wir anhand der Symptome entscheiden, wie schwer die Beeinträchtigung des Immunsystems ist?“ Und da möchte ich warnen. Weil das können wir eigentlich nicht. Wir können es deswegen nicht, weil wir wollen nicht warten, bis alle Infektionen in ihrer Schwere ablaufen bei einem Patienten mit einem Immundefekt. Wir wollen eigentlich den Immundefekt erkennen, beim kleinsten Anzeichen, dass etwas nicht stimmt. Das heißt: Hier würde ich sagen, dass wir im Gegensatz zu vor 20, 30, 40 Jahren sicher die Latte höher gelegt haben in der Awareness oder im Bewusstsein, dass es bei auffälligen Infektionen, auffälligen Symptomen eine Erkrankung des Immunsystems geben kann. Und da, glaube ich, soll man auch daran festhalten.

Die Untersuchung des Immunsystems ist technisch und institutionell möglich. Es gibt also spezialisierte Institute, so wie die immunologische Tagesklinik, aber auch andere, die das gut können und die auch viele Beispiele vorweisen können, wo sie eine Abwehrschwäche erkannt haben, bevor noch viel passiert ist. Und das ist eigentlich unser Idealfall. Das heißt: Nicht warten und überlegen: Kann ich die Abwehrschwäche diagnostizieren durch die Symptome? Sondern lieber: Abwehrschwäche diagnostizieren durch Untersuchen des Immunsystems.

Es gibt genug Menschen, die das Immunsystem untersuchen lassen wollen, weil sie einfach, genau so wie sie ein EKG machen lassen, wissen wollen, ob ihr Immunsystem gut funktioniert.

Und da kommt man auch oft bei ganz wenig Symptomen zu sehr wichtigen Erkenntnissen für den Menschen und für seine Gesundheit.

Wie viele Infekte pro Jahr sind bei Kindern üblich und ab wann sollte ich aufmerksam werden?

Ja, also die Frage: „Wie viel Infekte sind bei Kindern normal?“ ist eine, die uns lange Zeit beschäftigt, die also nach wie vor in Publikationen versucht wird zu definieren und es gibt also die Größenordnung „6 bis 8 Infekte im Vorschulalter sind normal.“ Wichtiger als die Zahl ist, um das noch einmal zu wiederholen, glaube ich, um was für Infektionsepisoden es sich handelt.

So ist z.B. eine Lungenentzündung bei Kindern nach wie vor etwas Seltenes. Also das heißt: Hier würde ich sagen, wenn eine Lungenentzündung oder spätestens bei der zweiten Lungenentzündung sollten die Eltern daran denken, dass das Immunsystem des Kindes ein Problem hat.

Ganz wichtig ist es natürlich bei Infektionen, wo Organe ein Problem bekommen. Und hier ist ein klassisches Beispiel die Mittelohrentzündung. Wiederholte Mittelohrentzündung, auch wenn sechs bis acht Mal, wenn auch nur vier Mittelohrentzündung pro Jahr stattfinden, so kann das mit Mittelohr, das ist ja fürs Hören ein wichtiges Organ, Schaden nehmen. Das heißt: Es gibt Kinder, die schwerhörig werden, weil das Mittelohr durch die vielen Mittelohrentzündung geschädigt wird. Und das müssen wir verhindern.

Das heißt: Man soll sich neben der Zahl fragen: „Ist das eine Infektion Episode, die mein Kind belastet hat, die auffällig war?“ Oft ist es so, dass die Eltern mehrere Kinder haben. Sie können vergleichen: Wie war das beim Geschwister? Oder sie können schauen, wie ist es beim Kind der Freundin oder des Freundes, der Bekannten, in der erweiterten Familie, und können auch mit dem Kinderarzt besprechen. Die Kinderärzte haben ja eine sehr große Erfahrung, was auffällige Infektionshäufigkeit, aber auch auffällige Erscheinung eine Infektion bedeutet. Wenn die Infektion so schwer ist, dass die Eltern mit dem Kind in der Nacht in die Spitalsambulanz fahren müssen, ist das eine andere Infektion, wie wenn das Kind zwei Tage vom Kindergarten zuhause bleibt, weil es so ein mittelgradiges Fieber hat. Das heißt: Neben der Zahl, 6 bis 8 wird in der Literatur gehandelt, würde ich noch eine größere Aufmerksamkeit schenken: Was sind das für Infektionen? Sind Organe betroffen wie die Lunge am Ende, wenn es sich um eine Knocheninfektion durch Bakterien handelt? Also auch eine dieser Infektionen bedeutet unweigerlich eine Untersuchung des Immunsystems.

Genauso natürlich eine z.B. Meningitis, also eine Gehirnhautentzündung. Da muss bei der ersten solchen Episode das Immunsystem untersucht werden. Da gibt es keine Zahl, wie das wiederkommen kann.

Bei welchen Erkrankungen sollten junge Erwachsene aufmerksam werden?

Und die Frage: „Hat das Immunsystem ein Problem?“, da muss man sagen, hier gibt es natürlich ein anderes Bild, weil junge Erwachsene haben nicht viele Infektionen im Jahr. Die sind im Prinzip gesund. Mehr als eine Verkühlung im Jahr wird da nicht passieren im Durchschnitt oder in der normalen Situation. Das heißt: Hier würde ich achten auf vermehrte Antibiotikagaben. Wie oft muss eine Bronchitis oder wie oft muss eine Nebenhöhlenentzündung behandelt werden durch Antibiotika?

Wir sehen hier oft junge Erwachsene, die sagen: „Jeden Monat brauche ich für wenige Tage, vielleicht 5 Tage, 7 Tage ein Antibiotikum.“ Na, das ist auf jeden Fall ein Warnhinweis auf einen Immundefekt.

Auch natürlich noch einmal die Frage: „Kommt es zu Lungenentzündungen?“ Auch das sollte beim jungen Erwachsenen nicht vorkommen.

Und etwas Besonderes ist hier natürlich die Frage auch der Autoimmunität, also entzündliche Erkrankungen des Darms, entzündliche Erkrankungen, z.B. auch Diabetes gibt es bei zugrunde liegendem Immundefekt, sollten dazu führen beim jungen Erwachsenen, dass er sein Immunsystem untersuchen lässt.

Auch die Frage der Allergie: Es gibt also Immundefekte mit Allergie. Hier könnte man bei einem jungen Erwachsenen, der Allergieprobleme hat, das Immunsystem untersuchen.

Bei welchen Erkrankungen sollten ältere Erwachsene aufmerksam werden?

Ich glaube, im Alter ist natürlich die Bereitschaft des Immunsystems, schnell und gut zu reagieren, herabgesetzt. Trotzdem ist es in unserer Infrastruktur möglich, dass man als Senioren keine Infektionen hat. Wenn man Impfungen macht, insbesondere gegen Lungenentzündung und es dann trotzdem zu vermehrter Bronchitis oder Lungenentzündung kommt, dann ist das, glaube ich, ein guter Grund, um das Immunsystem zu untersuchen.

Und auch hier ist die Notwendigkeit für Antibiotika-Therapie bei respiratorischen, also Infektionen der Atemwege oder auch vermehrte Beschwerden im Gastro-Intestinaltrakt, also Darmentzündungen, Durchfallserkrankungen, ein Grund, dass man an eine Untersuchung des Immunsystems denken sollte.

Hier kann man auch noch dazu sagen, dass natürlich im fortgeschrittenen Alter chronische Erkrankungen vorkommen. Das kann also Lebererkrankungen geben, es kann Herzerkrankungen geben. Alle diese Erkrankungen können eine mehr oder weniger große Beeinträchtigung des Immunsystems nach sich ziehen. Und hier könnte man sich was Gutes tun und um sein Immunsystem untersuchen.

Warum ist Früherkennung bei Immundefekten wichtig?

Früherkennung bei Immundefekten von Bedeutung, um Schäden der Organe zu verhindern.

Und das ist besonders wichtig bei der Lunge, weil es einfach ganz viel Erkenntnis und Hinweise in Literatur und Studien gibt, die sagen: Ein unerkannter Immundefekt führt zu Infektionen der Lunge. Die wiederholten Infektionen der Lunge führen zur Schädigung, zu Bronchiektasien, zu Chronisch Obstruktiver Lungenerkrankung, zu Emphysemen, und damit letztlich zu einem Versagen der Lungenfunktion. Das kann man verhindern, wenn man die Abwehrschwäche früh erkennt.

Ich habe genannt schon die wiederholten Mittelohrentzündungen. Das ist auch ein Beispiel, wo eine Früherkennung einen Hörverlust verhindern kann.

Weil Früherkennung, frühe Diagnose bedeutet ja auch frühe Behandlung.

Die meisten Menschen brauchen Antikörperersatz. Wenn ich die Notwendigkeit früh erkenne, kann ich früh mit der Therapie beginnen, und erspare dem Menschen, aber auch seinen Organen die Belastung durch wiederholte Infektionen.

Was bedeutet das Neugeborenen-Screening in Bezug auf Immundefekte?

Das Neugeborenen-Screening — wir machen ja in allen Ländern ein Screening auf genetische Erkrankungen, auf angeborene Erkrankungen, damit wir bereits bei Neugeborenen wissen: Diese Erkrankung liegt vor, und wir können sozusagen sehr früh Gegenmaßnahmen treffen.

  • Das sind Erkrankungen des Nervensystems,
  • metabolische Erkrankungen,
  • Stoffwechselerkrankungen,
  • und jetzt neuerdings seit etwa zehn, elf Jahren, ausgehend von den USA, wo das in vielen Bundesstaaten sozusagen Usus und vorgeschrieben ist, ein Screening auf einen kombinierten Immundefekt. Man möchte also den schweren kombinierten Immundefekt, der z.B. einen Buben mit drei Monaten lebensgefährlich bedroht durch eine Infektion, den möchte man durch ein Screening der Neugeborenen frühzeitig erkennen.

Es gibt so genannte Karten, das sind also so Papierkärtchen, und da wird einfach aus der Ferse des Neugeborenen ein Blutstropfen entnommen. Es wird auch hier gemacht für Stoffwechselerkrankungen und andere Erkrankungen. Und aus diesem Material wird auch bestimmt, ob die T-Zell-Reifung normal abläuft. Da kann man also sogenannte T-Zell-Rezeptor excision circles, also Überbleibsel der T-Zell-Rezeptor-Rekombination im Blut, kann man messen und daraus Rückschlüsse ziehen, ob in Thymus des Neugeborenen eine T-Zell-Entwicklung abläuft oder nicht.

Man misst hier keine Gene. Aber man schaut, ob die T-Zell-Reifung funktioniert.

Und so kann man ein Screening machen auf einen Mangel an T-Lymphozyten, der eben zum schweren kombinierten Immundefekt führt. Und dann kann man diese Kinder behandeln, bevor sie noch durch lebensgefährliche Infektionen bedroht werden.

Welchen Zusammenhang haben Frühgeburten und Immundefekte?

Ja, es gibt also die Frühgeburtlichkeit als Ursache für eine sekundäre Immundefizienz, ganz generell. Die Frühgeborenen haben eine gewisse Unreife ihres T-Zell-Systems, aber sie haben auch z.B. zu wenig mütterliche Antikörper mitbekommen. Die Übertragung der Antikörper, der IGG- Antikörper von der Mutter, ist der normale Vorgang, wie im letzten Drittel der Schwangerschaft das Neugeborene mit einem Infektionsschutz ausgerüstet wird. Und wenn dieses Kind jetzt zu früh auf die Welt kommt, dann versäumt es diese Menge an Antikörpern, die mitgegeben wird und kommt also mit zu wenig Antikörpern auf die Welt. Und das prädisponiert das Frühgeborene zu schweren bakteriellen Infektionen wie Sepsis.

Da gibt es viele Studien, auch unter Umständen die Notwendigkeit, diese Antikörper, allerdings nur vorübergehend zu ersetzen, weil das Frühgeborene sehr wohl natürlich dann mit der Zeit das aufholt.

Man hat also dann eine normale Impfantwort, die T-Zellen normalisieren sich mit zunehmendem Alter des Frühgeborenen.

Kaiserschnitt hat meines Wissens nach keinen Einfluss auf die Frage Immundefekt oder nicht.

Unter welchen Umständen kann ein Immundefekt besonders gefährlich werden?

Das Gefährliche bei einem Immundefekt ist natürlich eine Infektion, die unter Umständen tödlich verläuft.

  • Also es gibt immer wieder jedes Jahr Zeitungsberichte, eine Meningokokken-Infektion, die vom Nachmittag bis zum frühen Abend praktisch zu einer extremen Verschlechterung der Gesundheit des Kindes führt.
  • Man darf aber nicht vergessen, dass auch eine bakterielle Lungenentzündung eine häufige Todesursache ist, insbesondere beim Erwachsenen und insbesondere beim Erwachsenen des fortgeschrittenen Alters.
  • Es gibt auch andere Gründe, warum ein Immundefekt das Leben betrugen kann. Es kann also eine überschießende Entzündung Reaktion wie es z.B. bei manchen Immundefekten, die ein sogenanntes Makrophagen-Aktivierungs-Syndrom zur Folge haben können, weil einfach die Regulierung der Entzündungsreaktion nicht funktioniert, kann das Leben bedrohen, weil es eine überschießende Entzündungsreaktion im ganzen Körper, die die Nierenfunktion, die Herzfunktion und auch die Lungenfunktion bedroht und eben gefährdet.

Das sind eigentlich die maximalen Bedrohungen eines unerkannten Immundefekts, die immer noch vorkommen können.

Die chronischen Folgen sind natürlich auch wichtig. Bei einer viel größeren Zahl von Patienten kommt es einfach zu chronischer Gesundheitsschädigung durch immer wiederkehrende erfolgreich behandelte Infektionen, z.B. jedes Monat Antibiotika wegen Bronchitis bedeutet kumulativ über die Monate und Jahre eine Schädigung der Lunge.

Welche gesundheitlichen Folgen kann ein unbehandelter primärer Immundefekt bei Kindern haben?

Ja, Kinder sind hier ganz wichtig, weil ja Kinder wachsen müssen. Sie müssen wachsen. Sie müssen sich entwickeln. Das heißt, die Gedeihstörung, das verminderte Entwickeln, körperlich und geistig, bei einem Immundefekt ist ein ganz wichtiges Merkmal. Also Immundefekt hauptsächlich durch die wiederkehrenden Infektionen, die Spitalsaufenthalte nach sich ziehen. Das führt natürlich zu einer Entwicklungsverzögerung. Sei es, dass die Kinder nicht in die Schule gehen können, sei es, dass sie aber auch mit ihrer Gesundheit so stark beschäftigt sind, dass es gar nicht dazu kommt, dass sie sich normal entwickeln können.

Also zusätzlich zu den Organschäden, die wir bei Kindern und bei Erwachsenen haben, ist die Verzögerung der Entwicklung bei Kindern etwas sehr, sehr Dramatisches bei Immundefekten.

Hier geht es zum Video-Interview: „Warnsignale bei Immundefekten”

Der Weg zur Diagnose Immundefekt

Wann sollte ich unbedingt eine Ärztin/einen Arzt aufsuchen?

In unserer Erfahrung suchen Sie den Arzt auf heutzutage, wenn Sie den Verdacht haben, dass Ihr Immunsystem nicht funktioniert. Das heißt: Ganz viele Patienten kommen von selber mit der Frage: „Hat mein Immunsystem ein Problem?“

Natürlich suchen Sie den Arzt dann auf, wenn, wenn Sie akut krank sind. Sie suchen ihn auf, wenn Sie eine Antibiotika-Therapie brauchen für eine Lungenentzündung, für eine Bronchitis, für eine Nebenhöhlen Entzündung.

Aber hier geht es ja dann um den nächsten Schritt, nämlich um die Diskussion: „Wie komme ich auf die Ursache?“ Und diese Initiative kommt oft vom behandelnden Arzt, aber auch oft vom Patienten selber, weil in Zeiten von Internet kann er eingeben, „wiederholte Lungenentzündungen“, und er kommt zu den Warnhinweisen, und er schaut sich das an und kommt dann selber auf den Verdacht: „Vielleicht habe ich eine Abwehrschwäche.“ Das erleben wir zunehmend immer häufiger.

Zu welcher Ärztin/welchem Arzt sollte ich bei Verdacht auf einen Immundefekt gehen?

Na ja, zu welchem Arzt soll ich gehen mit diesem Verdacht? Sie müssen früher oder später eben zum Immunologen gehen.

Das heißt, Sie müssen zum Spezialisten gehen, der die Diagnose „Abwehrschwäche“ stellen kann und, was noch wichtiger ist, auch weiß, was er mit der Diagnose Ihnen rät.

Also der Patient hat ja in dem Fall nichts von der Ausgabe der Laboruntersuchungen mit irgendwelchen Zahlen, sondern er möchte ja eine Anweisung haben: „Was mache ich?“ Er möchte wissen: „Ist das lebensbedrohlich? Ist es eine schwere Erkrankung? Was bedeutet das für mein Berufsleben? Was bedeutet das für mein Privatleben?“

Es handelt sich ja bei den Immundefekten, insbesondere natürlich bei den angeborenen oder genetisch bedingten, um chronische Erkrankungen. Das heißt: Das ist keine Erkrankung, die von heute auf morgen weggeht. Sondern hier bedeutet es auch sehr oft eine längere Betreuung.

Das heißt: Der Patient muss zum Spezialisten für Immundefekte.

Welche Fragen kann mir die Ärztin/der Arzt zu meinem Immunsystem stellen?

Ja, die Fragen zum Immunsystem sind hauptsächlich einmal die Fragen nach den Beschwerden.

Also wenn Patienten zu uns kommen und eine Abklärung in Richtung Immunsystem brauchen und überwiesen werden zu so einer Abklärung, dann ist die erste Frage:

  • Wie stellt sich das Beschwerdebild dar?
  • Wie oft sind diese Infektionen?
  • Was gibt es für sonstige Symptome?
  • Was werden für Medikamente genommen?
  • Was gibt es für Vorerkrankungen?
  • Was gibt es schon für Voruntersuchungen? Lungenröntgen, Computertomografie, wurde ein Ultraschall der Milz gemacht?

Und alle diese alle diese Information ist wichtig, dass die das erfasst wird und erhoben wird, begleitend zu den Laboruntersuchungen.

Ganz wichtig ist die Impfanamnese, weil natürlich die Frage: „Habe ich Lungenentzündungen entwickelt, obwohl ich gegen Lungenentzündung geimpft war?“ z.B. einen ganz wichtigen Hinweis auf ein Problem geben kann.

Wie kann ich mich auf den Arztbesuch vorbereiten?

Sie als Patient, der wissen möchte, ob er einen Immundefekt hat, kann sich so vorbereiten auf den Arztbesuch,

  • dass er seine Vorbefunde zusammensucht, eventuell auch besorgt,
  • dass er sich im Klaren ist: Was nimmt er für Medikamente?,
  • dass er schaut, ob er einen Impfpass hat und diesen zum Immunologen mitnimmt.

Und letztlich gibt es fast immer eine Blutabnahme, weil alle Untersuchungen, die notwendig sind für die Diagnose, aus dem Blut vorgenommen werden können.

In welchen Schritten erfolgt die Diagnose?

Die Diagnose eines Immundefekts erfolgt einmal mit der Beschreibung des Beschwerdebildes.

  • Der Arzt muss also wissen: Wo liegen die Beschwerden? Was sind die Probleme, die vorgefallen sind? Was sind die Infektionen, zu denen es gekommen ist? Wie wurde behandelt? Hat die Behandlung einen Erfolg gehabt? War z.B. die Antibiotika-Therapie erfolgreich? Und kam es dann zu einer neuerlichen Infektion? Wurden Kulturen gemacht von Bakterien? Weiß man, welche Infektionserreger das verursachen?
  • Der nächste Schritt ist dann die Blutabnahme und damit verbunden die Auswahl der benötigten Laboruntersuchungen. Das sind ja Untersuchungen, die fast immer nicht vorhanden sind, wenn der Patient kommt. Also der Patient sucht ja den Immunologen auf, weil er spezielle Laboruntersuchungen braucht, um das Immunsystem zu untersuchen. Und der Spezialist kann also mit der Blutabnahme dann die entsprechenden notwendigen Untersuchungen durchführen.
  • Dann gibt es die Laborarbeit. Die ist ausführlich. Es gibt also hier fast nie Automaten, wie in einem, sage ich immer, normalen medizinischen Labor. Das sind Untersuchungen, die üblicherweise länger dauern. Länger soll heißen: Tage bis Wochen.
  • Und dann ist ganz wichtig der nächste Schritt: Eine Besprechung mit dem Patienten, oft auch verbunden mit einer Besprechung mit dem behandelnden Arzt, damit die erhobenen Befunde auch entsprechend interpretiert werden und dem Patienten auch entsprechend mitgeteilt wird, wo jetzt die entscheidenden Erkenntnisse liegen und was für Konsequenzen sich daraus ergeben.
  • Und die Konsequenzen sind dann ein mehr oder weniger ausführlicher Therapievorschlag.

Welche Untersuchungen und Tests erfolgen bei Verdacht auf einen Immundefekt?

Untersuchungen und Tests bei Verdacht auf Immundefekt – da hat man im Prinzip keine Grenze. Man kann also bis zur Untersuchung Allergene eines Patienten gehen, um Immundefekte zu finden.

Man wird natürlich sinnvollerweise, weil ja einerseits die Untersuchungen aufwendig sind, auch kostspielig, das sind eher hier teure Laboruntersuchungen, weil ja die Reagenzien teuer sind und auch ausführliche Arbeit erforderlich ist, um solche Tests zu machen. Man wird sich überlegen: „Welche Untersuchungen oder welche Fragen sind die naheliegendsten?“

Wenn also ein Patient Infektionen mit Pneumokokken als Problem angibt, dann wird man hier mal primär die Pneumokokken-Antikörper einbeziehen in die Untersuchung. Das heißt: Hier trifft man eine Auswahl, die abhängt vom Beschwerdebild des Patienten.

Und das kann aber wechseln. Das ist im Sinne der individualisierten Medizin eine sehr maßgeschneiderte Auswahl, auch abhängig natürlich vom Alter der Patienten, von der Impf-Anamnese, von der Behandlung. Die Untersuchung wird anders ablaufen, wenn der Patient hochdosiert Cortison nimmt oder nicht.

Und so sind also viele individuelle Faktoren zu berücksichtigen.

Anhand welcher Kriterien stellt meine Ärztin/mein Arzt eine Diagnose?

Die Diagnose „Immundefekt“ erfolgt ausschließlich durch Laboruntersuchungen.

Das heißt, die Kriterien der Diagnose sind der Nachweis einer veränderten Funktion des Immunsystems, in welcher Art und Weise auch immer.

Bei den angeborenen oder genetisch bedingten Immundefekten ist die letzte Bestätigung der Diagnose „genetischer Immundefekt“ die Demonstration des veränderten Gens. Aber das allein genügt natürlich nicht zu Diagnose. Sie müssen zur Diagnose, zusätzlich zur genetischen Diagnose, zusätzlich den Immun-Phänotyp erfassen, weil wir ja wissen, dass eine bestimmte Mutation unterschiedliche Ausprägungen haben kann bei unterschiedlichen Patienten.

Also ohne die Laboruntersuchungen und die Beschreibung der veränderten Funktion des Immunsystems wird die Diagnose nicht vollständig sein.

Was sind die wichtigsten Blutwerte in Verbindung mit Immundefekten?

Das Problem der Diagnose „Immundefekt“ ist, dass es nicht eine oder zwei Untersuchungen gibt, die einen Immundefekt erkennen oder ausschließen lässt.

Weil, wenn Sie sich vorstellen: Es gibt 430 unterschiedliche primäre Immundefekte im Jahr 2020, so ist es klar, dass man dazu eine Vielzahl von Untersuchungen braucht. Also das macht ja die Erkennung des Immundefekts so kompliziert, weil eben die Möglichkeiten, wo die veränderte Funktion liegt, ebenso vielfältig sind.

Den einen Patient erkennen Sie, weil er eine verminderte Zahl an Granulozyten hat, den anderen Patienten erkennen Sie, weil er z.B. nur keine IgG2 Antikörper gegen Pneumokokken macht, oder der dritte hat einfach nur eine Komponente des Komplementsystems nicht. Und alle drei haben aber wiederkehrende Lungenentzündungen.

Das heißt: Sie haben nicht einen oder wenige Tests, mit denen Sie den Immundefekt erkennen, sondern Sie haben nur die das Wissen und die Ausrüstung, die Laborausrüstung nacheinander in natürlich einer sequentiellen Abklärung, Sie werden nicht mit den seltensten Möglichkeiten beginnen, sondern mit den häufigsten in der Abklärung, das zu untersuchen.

Was bedeutet die quantitative Bestimmung von Immunglobulinen?

Die quantitative Bestimmung der Immunglobuline – das ist also wirklich die äußerste Spitze des Eisbergs sozusagen.

Sie können in Österreich vielleicht eine Handvoll oder zwei Hände voll Patienten mit Immundefekt daran erkennen, dass ihnen die Immunglobuline komplett fehlen.

Das heißt: Hier haben Sie nur eine ganz selektive Methode, um einen Immundefekt zu erkennen.

Die meisten Patienten mit Immundefekt müssen Sie mit anderen Untersuchungen erkennen.

Quantitativ bedeutet: Ich messe einfach: „Wie viel IgG hat der Mensch im Serum?“ Ich messe damit aber nicht, ob dieses IgG normal funktioniert. Ich messe auch nicht, ob dieses IgG für FSME- Antikörper, Pneumokokken-Antikörper, Staphylokokken-Antikörper usw. enthält. Das sind aber die die Themen, die dann bestimmen, ob der Mensch ein Problem hat mit den Infektionen.

Was sind Antikörpertiter und wie sind diese zu bewerten?

Antikörpertiter bedeutet: Wieviel Menge, wie groß ist die Menge eines bestimmten Antikörpers im Blut?

Und die Bewertung ist sehr individuell. Es ist z.B. oft zu sehen, dass als pathologisch angezeichnet wird in Labors ein hoher IgG-Antikörpertiter gegen Epstein-Barr-Virus. Dabei wissen wir, dass alle Erwachsene Antikörper gegen Epstein-Bar-Virus haben müssen. Also der Titer ist sehr individuell zu interpretieren.

Wenn jemand gerade eine Auffrischungsimpfung gegen eine bestimmte Infektion gehabt hat, dann ist ein hoher Antikörpertiter zu erwarten. Wenn dieser Antikörpertiter direkt nach der Impfung sehr nieder ist, muss ich sagen: „Da stimmt was nicht.“

Was sind Leukozyten und was sagen die Werte im Blut aus?

Leukozyten sind die gesammelte Anzahl der weißen Blutkörperchen.

Und die beinhalten

  • neutrophile Granulozyten
  • eosinophile Granulozyten
  • basophile Granulozyten
  • und Lymphozyten
  • und Monozyten.

Das heißt: Das ist die grobste Bezeichnung der Abwehrzellen im Blut.

Und Sie können hier eigentlich nur zwei Sachen erkennen aus der Leukozytenzahl:

  • Sie können sagen: „Hohe Leukozyten – habe ich den Verdacht auf eine Erkrankung im Sinne häufig einer Infektion, einer Entzündung“,
  • oder „Niedere Leukozyten – da habe ich eben am meisten den Verdacht auf eine Verminderung der neutrophilen Granulozyten“.

Aber sonst können Sie mit der Leukozytenzahl in Richtung Immundefekt nicht viel machen.

Das ist eben die Geschichte, dass es keine einfache Diagnostik gibt eines Immundefekts im Sinne, dass ich sage: „Die Leukozyten sind normal. Der Patient hat keinen Immundefekt.“ Das ist Hundertprozent nicht zutreffend.

Hier geht es zum Video-Interview: „Der Weg zur Diagnose”

Nach der Diagnose Immundefekt

Was passiert nach der Diagnose?

Die Prognose oder das weitere Vorgehen nach der Diagnose Abwehrschwäche ist natürlich sehr heterogen, je nach Abwehrschwächen.

  • h.: Die schwerste Form einer Abwehrschwäche bei einem kleinen Kind bedeutet einen Krankenhausaufnahme in einem spezialisierten Zentrum und der Beginn der Vorbereitung in Richtung Stammzelltransplantation. Das ist sozusagen die schwerste Form der Versorgung.
  • Die leichteste Form der Versorgung ist eigentlich eine Art Entwarnung bei Patienten, die ein geringes oder leichtes Beschwerdebild haben, wo man eine IgA-Defizienz feststellt, wo man sagt, der Patient wird mit diesen oder jenen auch außertourlichen Impfungen versorgt. Z.B. gibt es eine Gruppe von Indikationsimpfungen, Meningokokken-Impfung bei Erwachsenen, Haemophilis-Impfung bei Erwachsenen für Patienten, bei denen ich eine Abwehrschwäche feststelle.

Und dazwischen gibt es ein Spektrum.

Ich kann also mit Infektionsprophylaxe durch Antibiotika eine Normalisierung der Anfälligkeit bewirken. Oder aber, und das ist bei etwa zwei Drittel, vielleicht ein bisschen mehr, der Patienten notwendig: Ich brauche den regelmäßigen Ersatz von Antikörpern. Und hier sprechen wir dann von einer Langzeittherapie, weil ja in den meisten Fällen die Funktionseinschränkung, wenn sie in den Genen liegt, nicht von selber wieder sich normalisiert.

Anders ist die Situation bei sekundären Immundefekten. Hier gibt es sowohl Langzeitbehandlung als auch z.B. eine Behandlung für ein halbes Jahr, weil dann z.B. die Therapie der Autoimmunerkrankung sich ändert, Immunsuppression in der Dosierung herabgesetzt werden kann, dadurch sich auch die Abwehrschwäche normalisiert. Das ist eine ganz andere Prognose.

Welche Behandlungsmöglichkeiten von Immundefekten gibt es grundsätzlich?

Grundsätzlich geht es bei den Immundefekten meistens um die Verhinderung von Infektionskrankheiten.

  • Das ist in einer großen Gruppe von Patienten dadurch bedingt, dass diese Patienten keine Antikörper machen, und bei diesen Patienten muss ich die Antikörper setzen. Ich mache also eine sogenannte Immunglobulin-Ersatztherapie. Ich führe den Patienten regelmäßige Immunglobulin zu – Immunglobulin, das gewonnen wird aus dem Plasma von gesunden Spendern. Wir brauchen also für diese Versorgung die regelmäßige ausreichende Zahl an Plasmaspendern. Das ist also ein Rohstoff, der nicht unbegrenzt zur Verfügung steht. Die WHO hat eine Liste der unbedingt für die Menschheit notwendigen Medikamente aufgestellt. Da gehört das Humanimmunglobulin dazu. Das betrifft also eine große Gruppe, sicher zwei Drittel der Patienten mit primärer Abwehrschwäche.
  • Andere Möglichkeiten, Infektionen vorzubeugen, sind z.B. eine Langzeit-Antibiotikaprophylaxe in einer reduzierten Dosierung. Einen Patienten, dem eine Komplementkomponente fehlt, der normale Antikörper machen kann, werde ich so versorgen können. Das heißt: Ich werde ihm eine niedere Dosis Antibiotikum regelmäßig verabreichen als Dauerprophylaxe. Und er wird dadurch ein infektfreies Leben führen können.
  • Und dann gibt es die nicht unwesentliche Infektionsprophylaxe durch Impfungen. Und diese Infektionsprophylaxe kann bedeuten: Impfung des Patienten. Aber es bedeutet auch, ganz wichtig, Impfungen der Familie und des Umfeldes, weil Impfungen bei Angehörigen von Patienten mit Abwehrschwäche die Infektion des Patienten auch verhindern, indem z.B. der Partner, wenn er Grippe-geimpft ist, das Grippevirus nicht weitergeben kann an den Patienten mit Abwehrschwächen.

Wie schnell sollte die Behandlung nach der Diagnose beginnen?

Naja, die Behandlung sollte so rasch wie möglich nach der Diagnose beginnen.

Die Diagnose mache ich ja deshalb, damit ich zu einer Behandlung komme, die meine Beschwerden löst. Wir haben wirklich unzählige Beispiele für junge Erwachsene, die im Berufsleben stehen, die im Winter alle 2 Wochen Krankenstand haben wegen einer Antibiotika-pflichtigen Atemwegserkrankungen, die sind extrem interessiert, dass so schnell wie möglich die Infektionen aufhören. Und das kann ich z.B. bei Diagnose eines Antikörpermangels dadurch erreichen, dass ich beginne, Antikörper zuzuführen. Die wirken innerhalb weniger Wochen so, dass die Infektionen aufhören und die Infektanfälligkeit sich normalisiert.

Wie sieht die Prognose bei einer frühen Behandlung von Kindern mit Immundefekten aus?

Die Prognose der Behandlung bei Kindern mit Immundefekten ist prinzipiell eine sehr gute.

Das heißt: Gehen wir vielleicht vom schwersten Fall, fangen wir dort an: Der schwere kombinierte Immundefekt hat heutzutage etwa eine erfolgreiche Therapie in 90 Prozent durch Knochenmark-Transplantation, also durch Stammzellen-Transplantation als Richtlinie. Hier gibt es natürlich auch ganz individuelle Situationen. Also ein Kind, das schon viele Infektionen hatte, bevor es diagnostiziert wird, hat eine problematischere Erfolgsaussicht als ein Kind, das z.B. durch Neugeborenen-Screening diagnostiziert wird.

Bei den Kindern muss man eines ganz wichtig betonen: Viele Kinder haben einen Antikörpermangel, der durch eine verzögerte Reifung bedingt ist. Das heißt: Im Vorschulalter holen diese Kinder diese Reifungsverzögerung auf. Das heißt: Bei vielen Kindern mit einem angeborenen Antikörpermangel wächst sich das sozusagen aus. Und es kann hier sein, dass eine Therapie z.B. nur ein Jahr notwendig ist und das Immunsystem dann nachreift und keine Therapie mehr notwendig ist.

Was kann eine rechtzeitige Diagnose und Behandlung von Immundefekten im Erwachsenenalter bewirken?

Naja, die Folgen einer rechtzeitigen Diagnose und Behandlung des Immundefekts im Erwachsenenalter sind ganz einfach damit illustriert, wenn man dem Patienten zuhört.

Also der Patient, der kommt und sagt: „Ich habe immer wieder Antibiotika-pflichtige Atemwegserkrankungen, Bronchitis, Lungenentzündung, Nebenhöhlen-Entzündung“. Und dann behandelt man ihn. Und dann sagt er: „Ich hatte schon lange viele Jahre nicht mehr so einen angenehmen Winter wie diesen. Überhaupt keine Infektionserkrankung. Ich war kein einziges Mal beim Arzt. Ich hatte keinen Krankenstand. Ich bin wesentlich leistungsfähiger im Beruf. Ich kann auch wieder Radfahren. Ich kann wieder ins Fitnesscenter. Ich bin nach körperlicher Betätigung nicht gefährdet, wieder eine Verkühlung zu bekommen. Ich weiß überhaupt nicht, wieso ich nicht zu Ihnen viel früher gekommen bin. Wieso hat mich mein Arzt nicht viel früher geschickt? Wenn ich das gewusst hätte, dass durch die Behandlung die Infekte verschwinden werden, dann wäre ich viel früher gekommen.“

Das heißt: Das Leben in allen seinen Aspekten, Reisetätigkeit, Berufstätigkeit, Privatleben ändert sich grundlegend. Das ist jetzt nicht eine Theorie, sondern die Praxis, die man bei der Betreuung dieser Patienten jeden Tag erlebt

Bleiben sekundäre Immundefekte ein Leben lang bestehen?

Sekundäre Immundefekte, ob der Immundefekt hier ein Leben lang bestehen bleibt, hängt ab von der Ursache.

Das heißt: Das ist individuell ganz enorm unterschiedlich, weil ein sekundärer Immundefekt durch die Behandlung einer Autoimmunerkrankung, wenn die erfolgreich behandelt wird und in Remission kommt, oder auch die Tumorerkrankung in Remission kommt, dann wird der Immundefekt verschwinden.

Andere Patienten brauchen unter Umständen eine immunsuppressive Behandlung für Jahrzehnte. Bei diesen Patienten wird der Immundefekt nicht verschwinden.

Das ist also komplett unterschiedlich.

Und wir haben im Moment die Situation, dass sozusagen das Überleben und die Erfolge der Behandlung von Autoimmunerkrankungen und von Tumorerkrankungen dazu führen, dass die sekundären Immundefekte länger anhalten. Das heißt: Erfolgreich werden die Patienten behandelt, aber die Behandlung zieht nach sich eine Beeinträchtigung des Immunsystems. Dadurch erzeuge ich praktisch eine Langzeit-Immunsuppression.

Was sollten diejenigen Personen beachten, die in engem Kontakt zu einem Menschen mit Immundefekt stehe?

Das Wichtigste, was man beachten sollte, ist eigentlich praktischerweise das Impfen. Sie als gesunder Angehöriger eines Patienten mit Immundefekt sollen all die Impfungen machen lassen, die Sie machen können. Denn mit jeder Infektionskrankheit, die Sie bei sich selber verhüten, verringern Sie die Chance, dass Sie Ihrem Angehörigen eine Infektionskrankheit, mit der er nicht fertig wird, weitergeben.

  • Dass bedeutet die Grippe,
  • das bedeutet die Lungenentzündung,
  • die Pneumokokken-Infektion,
  • das bedeutet aber auch Meningokokken-Infektion,
  • Hepatitis –

viele, viele Infektionskrankheiten, die ich durch Impfungen verhindern kann.

Bin ich mit einem primären Immundefekt für Andere ansteckend?

Mit einem primären Immundefekt sind Sie natürlich nicht ansteckend.

Das heißt: Primärer Immundefekt bedeutet: Eine genetische Veränderung verursacht eine Fehlfunktion des Immunsystems. Diese genetische Veränderung kann ich ja nicht durch Husten oder Atmen weitergeben.

Natürlich ist es so, dass wenn Sie einen unerkannten Immundefekt haben und Sie haben immer wieder Infektionskrankheiten, dann können Sie natürlich diese Infektionserreger schon weitergeben. Also dass Geschwister von einem Kind mit unerkanntem Immundefekt mehr bakterielle Bronchitis haben können, weil der Patient selber bakterielle Bronchitis hat, das kann natürlich sein.

Hier geht es zum Video-Interview: „Nach der Diagnose Immundefekt”

Geprüft Univ.-Prof. Dr. Hermann Wolf: Mai 2021 | Quellen und Bildnachweis

Die Kurse sind kein Ersatz für das persönliche Gespräch mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt, sondern ein Beitrag dazu, PatientInnen und Angehörige zu stärken und die Arzt-Patienten-Kommunikation zu erleichtern.