5. Nach der Diagnose Immundefekt

Behandlungsmöglichkeiten von Immundefekten

Das gemeinsame Ziel der Behandlung von Immundefekten ist das effektive Verhindern von Infektionskrankheiten. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, dieses Ziel zu erreichen.

Behandlungsansatz je nach Art des Immundefektes

Bei primären Immundefekten liegt die Funktionsstörung des Immunsystems in den Genen. Hier ist eine Langzeittherapie notwendig, um Betroffene dauerhaft vor Infektionen schützen zu können. Die Behandlung sekundärer Immundefekte kann, je nach Ursache, von kürzerer Dauer sein.

Die drei gängigsten Behandlungsansätze

Drei wichtige Behandlungsansätze sind die Langzeitprophylaxe durch Antibiotikagabe, die Immunglobulinersatztherapie und die Stammzelltherapie. Diese müssen sich nicht zwangsläufig gegenseitig ausschließen, sondern können auch zusammen erfolgen.

  1. Langzeitprophylaxe (Therapie durch Antibiotika)
    Antibiotika werden üblicherweise über einen begrenzten Zeitraum zur Therapie bakterieller Infekte eingesetzt. Durch eine niedrige Dosis von Antibiotika, die PatientInnen dauerhaft einnehmen, kann schweren Infektionen vorgebeugt werden.
  2. Immunglubolinersatztherapie
    PatientInnen, die zu wenig eigenes Immunglobulin einer oder mehrerer Unterklassen produzieren, profitieren von einer regelmäßigen Immunglobulin-Gabe. Dieses wird aus Plasmaspenden immungesunder Menschen gewonnen. Das Immunglobulin kann entweder über die Vene verabreicht, oder unter die Haut gespritzt werden. Die Therapie wird in mehrtägigen bis mehrwöchigen Abständen wiederholt.
  3. Stammzelltherapie
    In bestimmten Fällen (z.B. SCID) kann eine Stammzelltherapie notwendig sein und fehlende Zellen im Körper der/des Immungeschädigten ersetzen.

Prognose von Immundefekten

Eine frühe Diagnose und Behandlung verbessern in der Regel die Prognose für PatientInnen mit Immundefekt. Dadurch, dass schweren Infektionen vorgebeugt werden kann, steigt die Lebensqualität.

Gute Prognosen auch bei schweren Immundefekten

Immundefekte unterscheiden sich hinsichtlich ihres Schweregrads und somit auch darin, wie sehr und schwerwiegend sie das Leben der Betroffenen beeinträchtigen. Doch selbst die Prognose für die schwerste Form des Immundefekts, dem SCID, kann durch eine frühe Diagnose und rechtzeitige Behandlung heutzutage gut ausfallen.

Organschäden vorbeugen

Jede Infektion, die vermieden werden kann, ist ein Erfolg und verbessert die Prognose für die Betroffenen. Denn eine effektive frühe Behandlung beugt schweren Organschäden vor. Und ein intaktes Organ ist besser gegen jeden Eindringling geschützt als eines, das durch vergangene Infektionen schon stark angegriffen wurde.

Bessere Lebensqualität

Positive Auswirkungen lassen sich in allen Bereichen des Lebens verzeichnen: Die Lebensqualität steigt dadurch, dass Betroffene deutlich seltener und weniger schwer an Infektionen erkranken, sich fitter fühlen und mehr Energie haben. Sie können wieder an den normalen Aktivitäten des Alltags teilnehmen, zur Schule gehen, arbeiten, reisen, sich bewegen und Sport treiben.

Sich und Andere vor Infektionen schützen

Die Diagnose „Immundefekt“ kann vielleicht zunächst ein Schock sein, bringt aber meist auch Erleichterung mit sich. Denn mit gezielten Schutzmaßnahmen für Betroffene und Angehörige können Infektionen zukünftig abgemildert und sogar vermieden werden. Hier können Sie nachlesen, welche Schutzmaßnahmen für Sie auch nach der Diagnose wichtig sind.

Hygienemaßnahmen

Hygienemaßnahmen bilden die Basis der Infektionsvermeidung und sind besonders für Menschen mit eingeschränkter Immunfunktion extrem wichtig. Denn Keimbelastungen, die Menschen mit intaktem Immunsystem gut abwehren können, können für sie oft folgenschwer sein und schnell zu einer Erkrankung führen.

Handhygiene und Desinfektion

Besonders wichtig ist deshalb regelmäßiges und gründliches Händewaschen. Auch das Desinfizieren von Oberflächen, beispielsweise von Spielzeug oder Türgriffen, beugt der Weiterverbreitung von Keimen effektiv vor. Großer Wert sollte auch auf Zahn- und Fußpflege gelegt werden.

Kontakt zu Erkrankten

Menschen mit eingeschränkter Immunfunktion sollten grundsätzlich versuchen, den Kontakt zu (aktuell) an Infekten erkrankten Menschen meiden. Frühzeitige ärztliche Beratung bei Erkältungskrankheiten ist zudem sinnvoll.

Impfschutz

Um Infektionskrankheiten zu verhindern oder abzumildern sind Impfungen für Betroffene, Ihre Angehörigen und Menschen im nahen Umfeld notwendig.

Totimpfstoffe

Die Verabreichung von Totimpfstoffen (wie zum Beispiel FSME, Grippe für Erwachsene, Pneumokokken) soll bei Menschen mit Immundefekt generell erfolgen. Dabei ist auch an die Auffrischungsimpfungen zu denken, um einen möglichst nachhaltigen Schutz zu erzeugen. Manchmal kann der Impferfolg (das heißt die Ausbildung von Antikörpern gegen das geimpfte Antigen) bei Immunschwäche reduziert sein. Im Einzelfall kann es daher sinnvoll sein, dies mithilfe einer Blutuntersuchung zu kontrollieren.

Lebendimpfstoffe

Die Verabreichung von Lebendimpfstoffen (z.B. gegen Rotavirus, Masern, Mumps, Röteln, Kinderimpfstoff Grippe) erfordert für PatientInnen mit Immundefekten eine individuelle Impfentscheidung. Diese wird gemeinsam mit den behandelnden ÄrztInnen getroffen.
Da im Einzelfall von der Impfung mit Lebendimpfstoffen abgeraten werden kann, ist hier die umfassende Immunisierung der nahen Mitmenschen umso wichtiger.

Impfkalender

Das Bundesministerium für Gesundheit und Soziales in Österreich, sowie das Robert-Koch-Institut (RKI) mit der Ständigen Impfkommission (STIKO) in Deutschland aktualisieren jährlich einen Impfkalender auf ihrer Website. Dort können Sie nachlesen, welche Impfungen empfohlen werden. In Ihrem persönlichen (gelben) Impfpass können Sie nachsehen, welche der empfohlenen Impfungen Sie wann bereits erhalten haben.

Weiterführende Informationen zum Thema Impfen erhalten Sie in der Schulung “Impfungen bei chronischen Erkrankungen”.

Downloads

Diesen Kurs bewerten

Ihr Feedback hilft anderen Nutzern die für sie passenden Kurse zu finden.
4.5/5 - (85)

Geprüft Univ.-Prof. Dr. Hermann Wolf: Mai 2021 | Quellen und Bildnachweis

Die Kurse sind kein Ersatz für das persönliche Gespräch mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt, sondern ein Beitrag dazu, PatientInnen und Angehörige zu stärken und die Arzt-Patienten-Kommunikation zu erleichtern.