6. Mama/Papa hat Krebs – alle Fragen

Eine Krebsdiagnose erschüttert oft das gesamte Familiensystem. Ängste, bedrohliche Gedanken und Sorgen sind plötzlich übermächtig. Häufig werden Kinder nicht darüber informiert, was passiert ist, um ihnen keine Angst zu machen. Kinder merken jedoch intuitiv, dass etwas nicht stimmt, und machen sich ihre eigenen Gedanken. Wie viel sollen die Kinder erfahren? Gibt es wichtige Dinge, die man nicht übersehen darf? Und wenn Sie als Eltern selbst überfordert sind, Diagnose und Prognose zu besprechen?

Die Diagnose – Sturz aus der Wirklichkeit

Warum soll man den Kindern sagen, dass Mama oder Papa an Krebs erkrankt ist?

Es ist immer von ganz großer Bedeutung, dass die Kinder erfahren, wenn Mama oder Papa an Krebs erkrankt sind. Denn sie spüren sowieso intuitiv im Verhalten der Eltern, wenn plötzlich eine Angst in der Familie ist, wenn es ganz viele Termine gibt, wenn die Großeltern plötzlich vermehrt da sind. Und wenn sie nicht Antworten bekommen, dann machen sie sich selbst auf die Suche nach Antworten und kommen dann häufig zu Themen wie „Die Eltern könnten sich trennen“ oder „Vielleicht haben sie selbst irgendwas ganz Schlimmes gemacht und die Eltern haben sie nicht mehr lieb“.

Das heißt, es ist oft viel, viel schlimmer, als die eigentliche Situation momentan ist.

Es geht in diesem Zusammenhang sehr viel um Vertrauen – Vertrauen von den Eltern in ihre Kinder, aber auch, dass die Kinder den Eltern vertrauen können, dass sie informiert werden, auch wenn es etwas Negatives gibt, etwas Bedrohliches.

In dieser Zeit lernen die Kinder, wie ihre Eltern mit Krisen umgehen und wie man nach einer gewissen Zeit der Hilflosigkeit oder auch Schockstarre wieder ins Handeln kommt und wieder weitermacht. Die Kinder lernen sozusagen für ihr Leben, wie man mit Krisen umgeht.

Die Frage ist noch: Je früher, umso besser. Aber natürlich besser spät als nie.

Ein Fallbeispiel ganz kurz von einem Buben. Der hat mir einmal gesagt, er hat eine ganz tolle Idee. Er weiß zwar natürlich, dass die Mama Krebs hat, aber er weiß nicht, was momentan los ist, weil alle so viel telefonieren, und er hat keine Ahnung. Er macht es einfach so, dass er ganz konzentriert am Boden mit den Autos spielt. Dann vergessen die Erwachsenen eh, dass er da ist, und so holt er sich die Informationen.

Das ist natürlich sehr problematisch, weil er einerseits nur Halbwahrheiten hört und die irgendwie nur falsch zusammengestückelt. Und außerdem kostet es natürlich das Kind ganz viel Energie.

Wer soll den Kindern sagen, dass Mama oder Papa an Krebs erkrankt ist?

Es ist ganz wichtig, dass die Eltern dem Kind sagen, was los ist und über die Krebserkrankung mit dem Kind oder mit den Kindern reden. Ob da jetzt die Mama und Papa gemeinsam das machen oder ob das einer macht, das ist nicht so wichtig.

Es ist aber auch wichtig, dass die Kinder wissen, dass der andere das natürlich auch weiß.

Es ist für die Kinder sehr komisch, wenn so eine wichtige Information von einer fremden Person zum Beispiel kommt. Denn es häufig so ist, dass bei einem Erstgespräch die Eltern den Wunsch an mich herantragen, dass ich das mit den Kindern bespreche. Aber das mache ich nicht, sondern ich mache ein ausführliches Beratungsgespräch mit den Eltern, und wir überlegen gemeinsam, wie das den Kindern erzählt werden kann. Oder ich erzähle den Eltern auch, was sie erwarten können an Reaktionen. Und das hat bis jetzt immer wunderbar funktioniert.

Warum soll ich die Erkrankung „Krebs“ beim Namen nennen?

Es ist ganz wichtig, dass „Krebs“ auch ausgesprochen wird, der Name der Krankheit. Kinder wissen natürlich, dass es Krankheiten gibt. Sie wissen auch, dass alle Krankheiten Namen haben. Und es ist für sie ganz eigenartig, dass so eine Krankheit, die so lange dauert und so viel Behandlung nötig hat, praktisch nicht benannt wird. Das Wort „Krebs“ ist für die Kinder mit keiner Bedeutung belegt, außer mit der Bedeutung von dem Tier mit den Scherenhänden. Und da ist es wichtig, dass man den Kindern gleich einmal sagt, dass das nicht so ist, dass das mit dem Tier zusammenhängt. Denn sonst könnte die Fantasie entstehen, dass zum Beispiel so kleine Krebse in der Brust von der Mama oder im Bauch vom Papa sind und die Mama oder den Papa zwicken und Schmerzen machen. Das wollen wir nicht.

Es ist auch so, dass manchmal die Variante ist, dass Sie sagen „Die Mama hat ein Aua in der Brust oder der Papa hat ein Aua im Bein.“ Das ist auch nicht zu empfehlen, denn Kinder haben ständig irgendwelche Auas. Und wenn sie dann nicht differenzieren können, um welche Art von Erkrankung es geht, dann könnten sie denken, dass auch sie jetzt so eine Krankheit haben, die so lang dauert und so viele große Behandlungen nach sich zieht.

Und natürlich ist es auch nicht gut, wenn man zum Beispiel ein anderes Wort für „Krebs“ einsetzt, zum Beispiel „bösartiger Tumor“. Das macht natürlich noch viel, viel mehr Ängste, als einfach das Wort Krebs zu verwenden.

Es ist auch für Sie dann im Anschluss leichter, weil Sie nicht versuchen müssen, diese ganzen Wörter in Ihren normalen Wortschatz einzubauen.

Wie erkläre ich meinem Kind die Krebserkrankung?

Wie erkläre ich jetzt dem Kind die Krebserkrankung? Es hat sich gezeigt, dass es ganz günstig ist, wenn man es geschichtlich aufrollt. Zum Beispiel, dass man sagt: „Ich war in letzter Zeit ja bei sehr vielen Ärzten. Ich war vielleicht auch schon im Spital. Und heute setzen wir uns zusammen, und ich erkläre euch jetzt, was die Ergebnisse sind.“

Dann setzt man sich zusammen und erzählt den Kindern, welches Organ betroffen ist, dass es sich eben um Krebs handelt, und ganz wichtig auch, was das jetzt für Auswirkungen hat und welche Behandlungen geplant sind.

Den Kindern soll natürlich gesagt werden, dass sie alle Fragen stellen dürfen. Man muss jetzt auch nicht jede Frage gleich beantworten können. Aber man sagt dann zum Beispiel: „Ja, ich denke drüber nach“ oder „Ich werde mich erkundigen, und dann werde ich dir sagen, was rauskommt.“

In jeder Lektion wurden Infoboxen vorbereitet, d.h. wichtige Themen, wichtige Wörter wurden kindgerecht vorbereitet, damit Sie das mit Ihrem Kind gleich direkt besprechen können und auch vorlesen können. In dieser Lektion ist es zum Beispiel „Was ist Krebs?“

Nehmen Sie sich für dieses Gespräch sehr viel Zeit. Das heißt: Günstig ist ein Wochenende oder mal ein Feiertag, damit man dieses Gespräch mit den Kindern führen kann. Überraschenderweise sind die oft gar nicht so lang oder es gibt momentan gar nicht so viele Fragen bei den Kindern. Aber wenn sie was gespielt haben, kommen sie zurück und fragen immer wieder weiter.

Manchmal ist es auch so, dass dieses Gespräch deswegen so lange vor sich hergeschoben wird, weil natürlich eine ganz große Angst besteht, dass die Kinder die Frage stellen: „Wirst du eh wieder ganz gesund?“

Auch wenn verständlicherweise die Angst vor diesem Gespräch sehr groß ist, kann ich Ihnen versichern, dass die Erleichterung, wenn dieses Gespräch mit den Kindern passiert ist, mindestens genauso groß ist.

Eine Mama hat mir mal erzählt, dass sie sämtliche Befunde immer im Auto, unter der Fußmatte oder hinten im Kofferraum versteckt, damit die Kinder nicht zufällig über die Befunde stoßen. Die war natürlich sehr froh, als dieses Gespräch dann mal fertig war und diese ganzen Vorkehrungsmaßnahmen nicht mehr passieren mussten.

Wie reagiere ich, wenn mein Kind befürchtet, dass Mama oder Papa stirbt?

Es ist natürlich eine ganz schwierige Situation, wenn man mit den Kindern darüber reden möchte, dass man auch an dieser Krankheit sterben könnte oder wenn die Kinder diese Fragen stellen. Kinder wissen natürlich oft schon, dass Krebs eine Krankheit ist, an der auch Menschen sterben.

Hier kann man ganz gut reagieren, indem man viele Leute, auch im Verwandten- und Freundschaftspreis erwähnt, die Krebs hatten, aber nicht an der Krebserkrankung gestorben sind.

Es ist ganz wichtig, dass Sie nicht versprechen, dass Sie wieder gesund werden. Das kann man nicht. Aber man kann Hoffnung geben. Und man kann sagen: „Weißt du, jetzt ist es so, ich habe jetzt diese Krebserkrankung. Momentan ist es so, dass das jetzt behandelt wird. Ich gehe jetzt nicht davon aus, dass diese Krankheit nicht gut ausgeht. Und die Ärzteschaft und ich tun alles, dass ich ganz, ganz lang bei dir bin.“

Welche generellen Punkte sind noch wichtig?

Es gibt mehrere Punkte, die immer wieder wichtig sind. Generell gilt der Grundsatz: Information schützt.

Wenn ich immer wieder nachfragen kann, bekomme ich wieder weitere Informationen. Ich kann es einsortieren, und so kann ich das alles besser verarbeiten.

Einen Teil haben wir schon gesagt Es ist wichtig, den Namen zu erwähnen. „Krebs“ heißt die Krankheit. Dass es nichts mit dem Tier zu tun hat.

Und dann kommt häufig vor, dass Kinder Angst haben, dass sie sich vielleicht anstecken könnten. Das könnten Sie zum Beispiel merken, dass die Kinder nicht mehr so gern kuscheln kommen oder dass sie es direkt ansprechen. Es ist immer gut, das direkt gleich mal von sich aus aktiv anzusprechen. Also Krebs ist keine ansteckende Krankheit.

Und ein weiterer Punkt wäre, dass die Kinder Angst haben, dass sie selbst schuld sein könnten an der Erkrankung. Sie machen sich häufig auf die Suche: „Wo kommt das her?“ und kommen dann manchmal auf die Idee: Es ist vielleicht, weil sie zu laut waren oder zu schlimm oder den Eltern zu viel Stress gemacht haben. Und da gilt es natürlich, die Kinder darüber aufzuklären, dass niemand schuld ist. Weder die Eltern sind schuld an der Erkrankung noch die Kinder.

Es gibt zwei Fallbeispiele. Das eine ist einmal Mädchen, das hat gedacht, sie hat im letzten Urlaub kleine Krebse gefangen im Meer und die der Mama gezeigt und hat das deswegen in Zusammenhang gebracht. Hätte sie das doch nur nicht gemacht, dann wäre die Mama nicht erkrankt. Und wenn es so eine Information oder so eine Idee von den Kindern erfährt, dann kann man da gut gegensteuern.

Ein anderes Mädchen, die war damals fünf, als die Mama erkrankt ist und da gab es ein Elterngespräch. Und ich habe den Papa ermutigt, dass er mit den Kindern das direkt anspricht. Es gab noch einen älteren Bruder, der hat das sofort von sich gewiesen. Also eine weitere Information: Sie können da auch nichts auslösen. Das heißt, da braucht man keine Angst haben, dass die Kinder sich jetzt plötzlich schuldig fühlen, wenn man danach fragt. Aber das Mädchen hat so herumgedrückt und hat gesagt: „Oh ja, sie glaubt schon, sie war vor zwei Jahren oder so mal an Scharlach erkrankt. Und da hat die Mama doch so gut um sie gesorgt. Und deswegen glaubt sie, dass das der Grund ist, dass die Mama jetzt erkrankt ist.“ Es werden natürlich ganz schlimm für das Kind, wenn es immer in dieser Idee verhaftet bleibt, dass sie das ausgelöst hat.

Ein anderer Grund ist natürlich auch: Wenn man glaubt, dass man da schuld ist, hat man ja auch die Kontrolle darüber. Das heißt, wenn man jetzt plötzlich ganz, ganz brav ist, dann wird‘s doch hoffentlich gut ausgehen. Das gibt natürlich den Kindern einen unglaublichen Druck und unglaubliche Verantwortung, die nicht gut ist. Und außerdem: Stellen wir uns vor, es gibt ja immer Auf und Abs. Wenn es jetzt wieder mal schlechter ist, dann glaubt das Kind immer, dass es daran schuld ist.

Also ich ermutige Sie: Reden Sie die Kinder aktiv auf diese Punkte an und sagen Sie zum Beispiel: „Manches Kind hat schon gedacht, dass es schuld sein könnte.“ So kann man so ein Gespräch sehr gut führen.

Wie beruhige ich mein Kind bei anderen krankheitsbezogenen Ängsten?

Eine weitere häufige Angst von Kindern ist, dass der zweite Elternteil auch erkranken könnte. Es ist natürlich für die Kinder ganz wichtig, dass sie einen ganz gesunden, stabilen Elternteil haben. Sie fragen mich dann auch direkt in den Stunden: „Kennst du andere Kinder, wo beide krank sind?“

Es kommt Gott sei Dank nur ganz, ganz selten vor, dass das auch der Fall ist. Aber Sie können diese Angst den Kindern sehr gut nehmen, indem Sie ihnen einfach auch sagen, was Sie selber machen: Dass sie regelmäßig zu Gesundenuntersuchungen gehen oder zu Checkups gehen und dass es deswegen nicht sehr wahrscheinlich ist, dass Sie da auch diese Krankheit haben. Wichtig ist, dass man darüber reden darf und dass man da nicht alleine mit dieser Angst bleibt.

Eine andere Art, wie man sozusagen auch vor Krankheit Angst haben kann, ist: Ein elfjähriger Bube war mal bei mir. Da hatte die Mama Brustkrebs. Und er wollte dann unbedingt noch mit mir alleine reden. Und zwar hat der gehört von den Ärzten, dass die Mama während der Chemotherapie sich ja nicht anstecken darf. Und jetzt hat er Sorge, wenn er jetzt erkrankt, zum Beispiel an einem Schnupfen oder einer Grippe und er würde dann die Mama anstecken, in weiterer Folge die Mama daran sterben würde, dann wär er schuld.

Ich konnte ihm dann bestärken, dass das natürlich nicht in seiner Verantwortung ist. Und wenn das wirklich so wäre, dass das so gefährlich ist, in dem Fall, wenn er die Grippe hat, dann würden die Ärzte und Ärztinnen gut dafür schauen, dass entweder die Mama zum Beispiel im Krankenhaus ist oder das Kind bei der Oma ist oder eine andere Art der Unterbringung und der Schutz von der Mama gewährleistet ist.

Wer darf von der Krebserkrankung wissen?

Für die Kinder ist es ganz wichtig, dass sie auch über die Erkrankung reden dürfen, zum Beispiel im Kindergarten oder in der Schule mit ihrem Freundeskreis. Es ist eine wichtige Schutzfunktion für die Kinder, wenn sie so ein wichtiges Ereignis in ihrer Familie mit anderen durchbesprechen können: „Was ist gerade in meinem Leben los?“

In der Schule und im Kindergarten ist es so, dass die Kinder häufig sagen, das wollen sie eigentlich gar nicht, dass die Bescheid wissen. Sie wollen so eine Art „krebsfreie Zone“. Ich finde trotzdem, dass es wichtig ist, dass zumindest Klassenvorständin oder Klassenvorstand oder Kindergärtenpädagoginnen Bescheid wissen, was in der Familie los ist.

Sie sollen nicht jetzt als Co-Therapeuten fungieren und die Kinder ständig nachfragen und schon gar kein Mitleid. Kinder wollen gar kein Mitleid. Aber sie sollen wissen, wenn zum Beispiel das Verhalten des Kindes sich ändert oder wenn irgendwas ist, dass die Eltern informiert werden. Und dann kann man wieder darauf reagieren. Und vor allem auch, dass die Kinder nicht irgendwie negative Konsequenzen kriegen, wenn sie mal einen Wutanfall bekommen oder wenn sie aggressiver sind als sonst. Dann wird es schon mal anders eingeordnet.

Ob die Mitschüler das alles gemeinsam erfahren oder überhaupt, das können die Kinder gerne selber entscheiden. Und die machen das auch sehr kompetent.

Darf ich vor meinem Kind weinen?

Viele Eltern befürchten, wenn sie ihren Kindern weinen, dass sie ihnen dann noch mehr Sorgen machen. Es ist jedoch so, dass die Kinder eigentlich beruhigt sind, wenn sie merken, dass nicht nur sie diejenigen sind, die traurig sind oder die sich Sorgen machen und auch mal sehen, wenn Mama oder Papa weinen.

Ich erzähle ihnen eine kurze Fallgeschichte. Ich hatte einen Papa da, dessen Frau erkrankt war, mit zwei Kindern. Und er hat gesagt, er geht immer ins Nebenzimmer weinen. Er will nicht, dass die Kinder merken, dass er so traurig ist. Ich habe ihn dann ermutigt, dass er die Kinder daran teilhaben lässt oder dass es auch mal sein darf, dass man das mit Tränen in den Augen hat oder dass die Stimme wegbricht. Und in der nächsten Stunde ist er gekommen und hat ganz begeistert erzählt, dass er jetzt einmal, als seine Tränen gekommen sind, hat es einfach laufen lassen und die Kinder waren ganz überrascht und haben gesagt: „Was, Papa, du weinst auch?“ Und dann hat er gesagt: „Natürlich, ich bin auch traurig, dass die Mama so krank ist.“ Und die Kinder waren in Wahrheit sehr beruhigt, dass sie nicht die einzigen sind, die jetzt traurig sind und weinen. Denn es ist nämlich etwas ganz Normales, dass man, wenn man traurig ist, auch weint. Und das ist bei den Kindern so und auch bei den Erwachsenen.

Hier geht es zum Video-Interview: „Die Diagnose – Sturz aus der Wirklichkeit”

Die Behandlung beginnt und die Zeit der Nachsorge

Was sollte ich meinem Kind über die Krebsbehandlung mitteilen?

Wenn die Behandlung beginnt, gibt es natürlich auch verschiedene Punkte, die wichtig sind zu beachten.

Für die Kinder ist es wichtig, dass sie erfahren, welche Behandlungen, welche Therapien geplant sind. Es gibt in den Infoboxen wieder Informationen, die Sie direkt mit den Kindern anschauen können. In kindgerechter Form wird zum Beispiel Chemotherapie erklärt oder Strahlentherapie. Man könnte natürlich auch mit dem behandelnden Arzt sprechen, dass die Kinder mal vorbeikommen können. Das wird hin und wieder auch gemacht.

Ganz wichtig für die Kinder ist die Dauer. Was ist ungefähr geplant?

Und noch wichtiger ist: Wie verändert sich der Alltag des Kindes? Je jünger die Kinder sind, desto wichtiger ist es, dass sie erfahren, wer jetzt ihre Betreuung übernimmt. Wer kocht für sie? Wer holt sie im Kindergarten oder in der Schule ab? Wer bringt sie zum Fußball? Und wer liest am Abend die Geschichte, wenn es darum geht, schlafen zu gehen?

Soll das Kind ins Krankenhaus zu Besuch kommen?

Ist ein längerer Krankenhausaufenthalt geplant, ist es natürlich in Ordnung, dass die Kinder auch zu Besuch kommen.

Hier gilt es zu beachten, dass die Kinder zum einen natürlich gefragt werden, ob sie das möchten, aber auch, dass ihnen vorher schon erklärt wird, wenn es vielleicht irgendwelche Veränderungen gibt, wenn Schläuche montiert sind oder wenn die Mama im Bett liegt und gar nicht aufstehen kann.

Manchmal ist es gut, dass man vielleicht vorher schon mal ein Foto macht und das den Kindern zeigt, oder vielleicht auch ein kurzes Video. Dann wissen sie schon mal Bescheid.

Es ist überhaupt wichtig, dass die Kinder vielleicht den Eltern Bilder malen und mitgeben.

Oder es beruhigt die Kinder, wenn sie sagen: „Ich nehme dieses eine Kuscheltier, das darf die Mama oder Papa mitnehmen, dann ist er nicht so allein im Krankenhaus.“

Für die Kinder ist es immer ganz wichtig, dass sie wissen, dass die Eltern gut versorgt sind im Krankenhaus. Das hilft auch manchmal, wenn die vielleicht sehr lange im Krankenhaus sind, dass die Kinder Fotos kriegen von den Krankenschwestern, die freundlich in die Kamera lächeln, dass sie einfach wissen: In der Zeit, wo sie nicht direkt die Mama oder den Papa zu Hause haben, dass jemand anderer sich gut um die Mama oder Papa kümmert und die da gut versorgt sind.

Wichtig wäre auch, diese Aufenthalte eher kurz zu halten oder mal kurz anzuberaumen. Meistens ist es so, dass die Kinder, gerade jüngere Kinder, vielleicht nur ganz kurz einfach mal sehen wollen: Wie ist es da? Es ist ja dann doch eine ganz andere Situation. Vielleicht weiß man gar nicht so viel zu erzählen. Und dass man eher mal einen kurzen Besuch macht. Oder dass jemand anderer noch da ist, der dann mit den Kindern wieder rausgeht, sich im Krankenhaus irgendwas anschaut und wieder reinkommt.

Es ist aber auch manchmal so, dass auch ganze Geburtstagsfeiern im Krankenhaus stattfinden, damit Mama oder Papa auch dabei sein können.

Und bei Jugendlichen habe ich schon oft gehört, dass die regelmäßig zum Beispiel ihre Hausübung direkt im Krankenzimmer machen, dass das so eine Regelmäßigkeit ist: Nach der Schule ins Krankenhaus zu Mama zu gehen, die Hausübung zu machen. Dann ist man auch dabei. Und das wird eine ganz normale Situation.

Welche Strategien gibt es, die Kindern helfen, die schwierige Zeit besser zu bewältigen?

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie Kinder diese Situation besser bewältigen können.

Es hat sich gezeigt, dass zum Beispiel ganz viel Spaß und Sport und Bewegung den Kindern hilft.

Auch eine krebsfreie Zone, wie zum Beispiel: „Wir machen uns aus: Beim Abendessen reden wir nicht über die Erkrankung.“ Das ist einfach so ausgemacht. Dann wissen die Kinder: In der Zeit wird einfach mal nicht von der Erkrankung geredet. Oder wenn das Kind im Kinderzimmer ist, dann redet mich die Mama nicht darauf an. Das ist individuell sehr unterschiedlich. Das machte jede Familie selber aus.

Die sehr hohe Schutzfunktion haben auch Verwandte oder Freunde. Oder die Kinder gehen zu einer Psychologin oder zu einem Psychologen, einfach wo sie außerhalb von der Familie auch mit jemand anderen Erwachsenen reden können. Das berichten die Kinder auch immer, dass sie gerade Ängste oder Sorgen lieber mit anderen besprechen, weil sozusagen uns machen sie dann nicht traurig. Und bei den Eltern haben sie einfach die Sorge, dass sie dann traurig werden oder eh schon traurig sind. Dann will man auch nicht drüber reden. Also das sind ganz wichtige Punkte.

Natürlich können Bücher helfen. Im Anschluss gibt es ganz viele Bücherempfehlungen für die verschiedenen Bereiche, wo man sich einfach auch Informationen holt oder wo man vielleicht in einer Geschichte merkt, wie es anderen geht, wie die damit umgehen.

Eine weitere Möglichkeit, wie Kinder gut mit der Situation umgehen können, ist, wenn sie merken, dass auch ihre Eltern sich Hilfe holen – die Eltern als Vorbild: „Wie gehe ich in Krisen um?“ sind eine weitere Schutzfunktion. Ein Bub hatte mal zu mir gesagt, er ist so froh, dass seine Mama auch zur Psychologin geht, weil dann muss wenigstens er sich nicht drum kümmern, wenn sie traurig ist.

Und natürlich sind Kinder auch wütend oder aggressiv. insgesamt aber natürlich auch auf die Erkrankung. Und wenn das zugelassen wird, wenn man einfach auch manchmal Schimpfworte sich ausdenken darf für den Krebs — warum nicht? Das ist eine ganz große Entlastung und man mal richtig Druck und Dampf abzulassen.

Wie kann man Kindern durch Struktur im Alltag Sicherheit geben?

Für die Kinder ist es sehr wichtig, dass sie merken: Was hat sich jetzt verändert in ihrem Alltagsleben? Wer kocht für mich? Wer bringt mich in den Kindergarten, oder wer holt mich vom Fußball?

Es ist auch wichtig, dass sie merken: „Was haben sich die Eltern selbst überlegt?“Da kann man sich etwas zur Hilfe nehmen und zum Beispiel in den Wochenplan basteln. Basteln tun die Kinder ja sowieso sehr gern. Und dann macht man da zum Beispiel Fotos von den Personen, die das Kind abholen oder zum Sport bringen. Und dann kann das Kind selbstständig sehen: Wer kommt heute. Natürlich spricht man sowieso drüber, aber das macht es irgendwie ganz einfach und sehr nett.

Wie mache ich verständlich, dass die Nebenwirkungen der Behandlungen nicht bedeuten, dass die Erkrankung fortschreitet?

Wenn die Behandlungen stattgefunden haben und zum Beispiel die Eltern wieder aus dem Spital kommen, gehen manche Kinder davon aus, dass die Eltern jetzt wieder ganz gesund sind.

Es ist wichtig, mit den Kindern darüber zu reden, dass eine Krebsbehandlung sehr langwierig ist und dass, wenn man zum Beispiel aus dem Spital kommt, dann häufig Nebenwirkungen von den Therapien hat oder noch Schmerzen oder vor allem auch sehr müde ist, dass das Kind vorher schon weiß, was wahrscheinlich zu erwarten ist.

Es ist zum Beispiel ein ganz wichtiger Punkt: Es gibt diverse Nebenwirkungen, zum Beispiel von der Chemotherapie, dass die Fingerspitzen und die Füße sehr schmerzhaft sind. Und da gilt es wirklich, mit den Kindern darüber zu reden, dass wenn das zum Beispiel stärker wird, das schaut dann so aus, dass manchmal die Mama oder Papa einfach auch selber das Essen nicht schneiden können oder sich die Wasserflasche nicht aufmachen können. Dass man mit den Kindern darüber spricht, dass dies Nebenwirkungen der Behandlung sind und dass das überhaupt gar nicht ein Fortschreiten der Krebserkrankung bedeutet.

Letzte Woche hat mir eine Mama das wieder bestätigt, die gesagt hat: Das war ein ganz wichtiger Punkt, dass ich ihr das gesagt hatte. Das hat die Kinder unglaublich beruhigt, wie sie das gehört haben, denn wie soll man das differenzieren? Auf der einen Seite merkt man, dass der Gesamtzustand momentan immer viel schlechter wird, und dann glaubt man natürlich: „Oh je, oh je, der Krebs schreitet fort.“ Und wenn man hört, dass das mit der Behandlung zusammenhängt, dann ist das ganz was anderes.

Wie kann ich ohne schlechtes Gewissen Hilfe von Verwandtschaft und Freundeskreis zulassen?

Aus ganz vielen Elterngesprächen und Rückmeldungen habe ich inzwischen erfahren, dass auch die Eltern ganz viel tun können, um sich ihr Leben zu erleichtern in dieser Zeit der Behandlung.

Und ein ganz wichtiger Punkt ist hier: Hilfe zulassen. Eltern tun sich sehr, sehr schwer, wirklich um Hilfe zu bitten. Aber gerade in dieser Zeit wird eigentlich Hilfe vom Freundeskreis, von der Verwandtschaft, den Eltern auch wirklich angetragen. Bitte nehmen Sie diese Hilfe an.

Das kann zum Beispiel schon mal sein diese Diagnosemitteilung, dass es jetzt diese Krebserkrankung gibt. Man muss nicht jeden selbst informieren. Das ist manchmal sehr kraftraubend, wenn man das immer wieder gleich erklären muss. Man kann zum Beispiel einfach ein oder zwei Personen aus dem Freundeskreis aussuchen und sagen: „Bitte, informiere du den Freundeskreis oder irgendjemand aus der Verwandtschaft. Mach du das.“ Und immer dann, wenn es was Neues gibt, werden diese Informationen wieder über diese Linie sozusagen weiter verteilt. Es ist nämlich wahnsinnig anstrengend, wenn man diese Krankengeschichte immer, immer wieder erzählen muss.

Ein weiterer Punkt ist zum Beispiel, dass man sagt, wo wirklich konkret Hilfe im Alltag, im Haushalt nötig wäre. Und hier ein ganz wichtiger Tipp: zum Beispiel am Wochenende, dass regelmäßig jemand einen Kuchen backt oder Essen vorbeibringt oder den Wochenendeinkauf macht. Und dann bitte nicht das Gefühl haben, dass Sie jetzt noch einen Kaffee trinken müssen mit der Freundin oder mit dem Freund oder noch irgendwas zurückgeben müssen. Jetzt ist die Zeit, dass man einfach was kriegt und nichts zurückgeben muss.

Machen Sie irgendwann, wenn die ganze Behandlungsphase vorbei ist, ein großes Freundes- und Familienfest. Das ist ein sehr schönes Dankeschön dann.

Hier geht es zum Video-Interview: „Die Behandlung beginnt und die Zeit der Nachsorge”

Alles wieder auf Anfang? Die Krebserkrankung ist zurück

Wie erkläre ich meinem Kind, dass die Untersuchung gezeigt hat, dass der Krebs zurück ist oder fortschreitet?

Wenn der Krebs fortschreitet oder nach einer langen Pause wieder kommt, ist es manchmal so, dass die Kinder noch sehr klein waren bei der Ersterkrankung oder vielleicht gar nicht auf der Welt. Das heißt, für die Kinder ist es quasi wie eine Ersterkrankung. Ich bitte Sie auch die ersten zwei Teile sich genau anzuhören, weil da die ganzen wichtigen Informationen genauso auf die jetzige Situation zutreffen.

Generell ist es ja immer so, dass diese Kontrolluntersuchungen eine sehr hohe Nervenbelastung bedeuten. Immer in den Tagen davor merkt man schon, wie die Anspannung steigt. Auch da ist es natürlich wichtig, mit den Kindern darüber zu reden, dass jetzt wieder eine Untersuchung ansteht und dass man ihnen dann Informationen gibt, wenn was ist, weil sie sonst wieder glauben könnten, dass sie daran schuld sind oder dass irgendwas sonst los ist.

Wenn dann zum Beispiel etwas Verdächtiges festgestellt wird oder Sie wissen schon, dass der Krebs zurück ist oder ein Rezidiv gefunden wurde, dann bitte zeitnahe mit den Kindern reden und mit ihnen darüber sprechen, was das jetzt bedeutet, welche Behandlungen kommen. Das finden Sie alles in Teil 1 und 2.

Ich erzähle Ihnen jetzt anhand von einem Fallbeispiel, wie es auch sein kann: Ein Bub, 5 Jahre alt, wird vorgestellt, da er nicht mehr mit dem Papa schlafen gehen möchte. Der Papa hatte einen Lungenkrebs, als der Sohn noch nicht auf der Welt war, und folgendes war passiert: Papa und Sohn haben Monster gespielt, also ein Rollenspiel. Und während dieses Spiels hat der Papa einen epileptischen Anfall gehabt. Das war sozusagen das Wiederauftreten der Krebserkrankung.

Er hatte Metastasen im Gehirn. Und das wahnsinnig Bedrohliche und auch Traumatisierende für diesen Buben war, dass das in diesem Spiel mit ihm passiert ist.

Er wurde mir dann vorgestellt und er konnte gar nicht warten, bis wir im Zimmer waren, sondern er hat mich schon am Gang entgegengerufen: „Ich hab‘s einfach nicht gemerkt. Ich habe es nicht verstanden.“ Das heißt, einerseits war natürlich sehr bedrohlich und sehr traumatisierend mitzuerleben, dass der Papa diesen epileptischen Anfall hat und auch natürlich diese ganze Zeit danach, wo die Rettung gekommen ist und und und. Es war irrsinnig viel Unruhe und Angst.

Aber was diesen kleinen Buben wahnsinnig belastet hat, war, dass er noch ein bissel weitergespielt hat. Und das hat er dann nur mir erzählt. Und das hat ihm wahnsinnige Schuldgefühle gemacht, dass er das am Anfang auch noch lustig gefunden hat.

Wir haben das dann gut auflösen können, dass man das einfach auch gar nicht merken kann vielleicht, wenn der Papa ein Monster so gut spielt. Aber es war natürlich dann klar, dass der mit dem Papa momentan nicht mehr alleine in einem Raum sein wollte, weil er einfach nicht sicher war: Kommt das jetzt gleich wieder?

Jetzt sind nicht alle Situationen so bedrohlich wie in diesem Fall geschildert. Aber es ist immer gut, wenn man einfach nachfragt, was sonst noch die Kinder zu erzählen haben.

Wann und wie rede ich mit den Kindern darüber, dass ich eventuell nicht mehr gesund werde?

Es ist natürlich eine sehr belastende Situation, wenn entweder von Anfang an oder im Laufe der Zeit klar wird, dass keine Heilung mehr möglich ist. Aber auch in diesem Fall ist es ganz wichtig, mit den Kindern zu reden. Natürlich sagt man den Kindern, dass man weiter Hoffnung hat, dass man weiter Behandlungen macht und dass eine ganz lange Zeit möglich ist, wo sie noch bei den Kindern sind.

Die Krebserkrankung ist auch eine chronische Erkrankung.

Wie gehe ich damit um, wenn sich mein Kind mir gegenüber wütend oder aggressiv verhält?

Manchmal besteht die Krankengeschichte schon über eine längere Zeit. Die Kinder sind daran gewöhnt, dass Mama oder Papa immer wieder mal im Krankenhaus sind, eine Behandlung haben und besondere Aufmerksamkeit brauchen.

Interessanterweise kommt es immer wieder auch dazu, dass Kinder gerade mit dem erkrankten Elternteil mit Wut reagieren, besonders aggressiv zu ihm sind. Und man fragt sich: Wie kommt das?

Ich erzähle Ihnen zwei Fallbeispiele:

Ein Mädchen, fünf Jahre alt, wird vorgestellt, weil sie immer Unfälle produziert. Sie fällt aus dem Hochbett. Sie stolpert. Sie haut sich das Knie auf.

Und die Situation war so, dass die Mama Chemotherapie hatte. Und das Kind hat mir gleich in der ersten Stunde erzählt: Na, das ist ganz klar. Das macht sie. Dann steht die Mama wenigstens von der Couch auf. Für das Kind war es so eine belastende Situation. Das macht das Kind natürlich nicht bewusst, aber so eine belastende Situation, dass die Mama so schwach ist und daliegt. Und wenn es dann auch Ärger gibt zum Beispiel, oder wenn das Kind jetzt wütend reagiert hätte, dann wird wahrscheinlich eher mit Ärger reagiert. Dann merkt das Kind, dass ganz viel Energie in der Mama noch da ist. Für die Kinder ist es wichtig: „Kann mich die Mama noch halten? Kann die stark für mich sein?“

Ein anderer Fall: Da hat ein Papa eine Stammzellen-Transplantation gehabt und das sonst sehr brave Mädchen, sehr angepasste Mädchen, sie war schon ein jugendliches Mädchen, hat sich plötzlich ständig Kämpfe mit dem Papa geliefert.

Auch in dem Fall war es ein Aufwecken und ein Schauen: „Wie stark ist der Papa?“ Sobald die Kinder die Möglichkeit haben, über ihre Ängste zu reden und Druck abzulassen, vergehen auch diese Symptome wieder.

Wut kann aber auch eine sehr gesunde Reaktion auf die Situation sein. Ein Mädchen, fünf Jahre, wird vorgestellt, weil sie jeden Abend auszuckt. Es ist fast unmöglich, sie ins Bett zu bringen. Was ist vorgefallen? Die Mama ist sehr, sehr krank, aber niemand redet mit dem Kind.

Es ist in dem Fall eine ganz normale und gesunde Reaktion von diesem Kind, so auf diese nicht normale Situation zu reagieren.

In dem Fall war es natürlich günstig, dass sie durch ihr Verhalten auch den Weg zu uns gefunden haben, und man konnte das alles auflösen.

Was ist bei pflegenden Jugendlichen zu beachten?

Besonders Mädchen von erkrankten Müttern kommen immer wieder in die Situation, dass sie pflegerische Tätigkeiten machen müssen, aber noch mehr, dass sie die Tätigkeiten übernehmen, die eigentlich die Mama machen sollte. Das kann sein, sich um die kleineren Geschwister zu kümmern, zu kochen, einzukaufen und zu putzen.

Das überfordert diese Mädchen ganz massiv. Eigentlich ist diese jugendliche Zeit eine Zeit, wo man sich von der Familie auch distanziert, und die Kinder werden in eine Verantwortung gedrängt, die nicht gut ist.

Schauen Sie, dass Sie Erwachsene für diese Tätigkeiten finden, die Sie da unterstützen. Schauen Sie, dass die jugendlichen Kinder in dieser Zeit sehr viel Zeit mit dem Freundeskreis verbringen. Das ist eine unglaubliche Ressource- und Schutzfunktion. Natürlich ist es erlaubt, dass die Kinder kleine Handreichungen machen. Einmal ein Wasser bringen, oder auch mal auf die kleinen Geschwister aufpassen. Aber es darf nicht so sein, dass sie die Verantwortung haben, dass diese Dinge organisiert sind.

Hier geht es zum Video-Interview: „Alles wieder auf Anfang? Die Krebserkrankung ist zurück”

Vorbereitung auf das Sterben – Begräbnis und Trauer

Was soll ich den Kindern übers Sterben sagen?

Heutzutage ist Krebs kein Todesurteil mehr. Sehr viele werden geheilt. Ganz viele leben ganz lang mit der Krebserkrankung.

Aber leider ist es natürlich auch so, dass Mamas und Papas auch an eine Krebserkrankung sterben. Auch in diesem Fall ist es wichtig, mit den Kindern zu reden. Wenn klar ist, dass die Krankheit nicht mehr geheilt werden kann, ist es eine wichtige Information, die auch die Kinder haben müssen.

Je nach Prognose ist es wichtig, dass man nichts beschönigt, aber immer noch Hoffnung gibt.

Ein wichtiger Satz in diesem Zusammenhang ist, dass man den Kindern sagt: „Ja, es stimmt, meine Krankheit kann nicht mehr geheilt werden, aber momentan sterbe ich noch nicht. Die Ärztinnen und Ärzte machen alles, dass es mir gut geht. Es gibt weitere Behandlungen und vor allem schauen sie, dass ich keine Schmerzen habe. Wenn sich einmal was ändert, dann verspreche ich dir, sage ich es dir rechtzeitig. Also, wenn ich es weiß, wenn die Ärzte mit mir darüber sprechen, dass es jetzt soweit ist, verspreche ich dir, dass ich dir das sagen werde. Bis dahin musst du dir keine Sorgen machen.“

Es gab nämlich schon Situationen, dass Kinder in der Nacht heimlich ins Schlafzimmer gegangen sind, um zu überprüfen, ob die Mama noch atmet. Oder ein Bub hat wirklich im Halbstundentakt SMS geschickt und dadurch immer wieder kontrolliert, ob die Mama oder der Papa noch leben. Und das in einer Situation, wo überhaupt kein Thema war, dass es jetzt darum geht, dass Mama oder Papa sterben könnten.

Auch für diesen Teil gibt es Infoboxen in der Lektion. Die sollen Ihnen helfen, mit den Kindern über dieses Thema auch sprechen zu können.

Wann ist der richtige Zeitpunkt, um mit den Kindern darüber zu reden, dass ich nicht mehr gesund werde?

Es ist besonders wichtig, dass die Kinder nicht von Dritten diese Informationen bekommen. Ein Mädchen hatte mal erzählt auf die Frage: „Woher weißt du denn, dass die Mama überhaupt Krebs hat?“ gesagt: Im Schulhof sind die Kinder auf sie zugekommen und haben gesagt: „Haha, deine Mama wird sterben, weil die hat Krebs.“ Das ist natürlich ganz, ganz furchtbar gewesen für dieses Kind.

Und eine zweite Geschichte noch vom gleichen Kind: Wenige Tage, bevor die Mama gestorben ist, es war Weihnachten, und das Mädchen hat gesagt: „Ich möchte so gern wissen, was mir die Mama nächstes Jahr zu Weihnachten schenkt.“ Und die Familie war ganz verwirrt, ob das Kind nicht verstanden hat, dass jetzt gerade erst Weihnachten kommt. Aber die dahinterstehende Frage war natürlich: „Wird die Mama nächstes Jahr überhaupt noch bei mir sein?“

Kinder stellen manchmal so Fragen, wo sie nicht direkt die Frage ganz klar stellen. Aber auf der anderen Seite stellen sie gerade zum Thema Tod oft sehr direkte Fragen. Sie möchten wissen: Was passiert mit den Haaren? Wie essen Verstorbene? Das hängt auch damit zusammen, dass das Thema Tod und Sterben in unserer Gesellschaft generell immer noch sehr tabuisiert ist.

Die Kinder wollen auch wissen: Was haben die Eltern für Erfahrungen? Wann haben sie zum ersten Mal erfahren, dass man überhaupt stirbt? Waren sie schon mal auf einem Begräbnis als Kind? Die wollen sich da einfach austauschen.

Generell ist wichtig, dass die Kinder wissen, dass sie fragen dürfen, dass sie mit anderen darüber reden können. Und auch in dieser schweren Zeit ist es natürlich erlaubt, dass man lustig ist, oder auch, dass man traurig ist, dass man Partys feiert, wenn gerade eine Geburtstagsfeier ansteht und wenn das Kind es möchte.

Und da erzähle ich Ihnen eine Fallgeschichte von einem Buben. Da ist die Mama verstorben und drei Tage später hatte er Geburtstag. Es war sein fünfter Geburtstag. Und natürlich in dieser traurigen Zeit war es ganz schwierig für die Familie, da ein Geburtstagsfest für den Buben zu organisieren. Aber für ihn war das wie eine Bestrafung: Jetzt hat er schon die Mama verloren, und jetzt wird nicht einmal sein Geburtstag gefeiert. Auch wenn der Geburtstagsfeier vielleicht kein rauschendes Fest gewesen wäre. Es wäre für den Buben ganz wichtig gewesen, dass der Geburtstag gefeiert wird. Vielleicht noch ein bisschen kleiner, vielleicht anders. Aber es sind manche Dinge noch immer so, wie sie vorher auch waren.

Was können Sterbenden tun, um „Erinnerungs-Schätze“ für ihre Kinder zu gestalten?

Für die Kinder ist es besonders wichtig, dass sie etwas haben, das Mama oder Papa speziell für sie ausgesucht haben. Das kann irgendein Gegenstand sein oder ein besonderes Foto, oder Mama oder Papa schreiben einen Brief an die Kinder. Das ist immer ganz, ganz wichtig.

Im folgenden Teil gibt es einige Ideen, was man machen kann. Ich möchte jetzt einmal die Schatzkisten genauer vorstellen. Und zwar gibt es eine Schatzkiste, die Mama oder Papa selbst gestalten. Das heißt, man kann eine spezielle Kiste für jedes Kind kaufen oder aussuchen und wirklich genau überlegen: Was möchte ich, dass das eine Kind oder das andere Kind von mir bekommt? Da sind oft Fotos dabei oder Gegenstände oder irgendwas, was eine besondere Bedeutung hat.

Es gibt aber auch noch eine zweite Schatzkiste, die auch sehr wichtig ist. Und zwar ist das eine Schatzkiste, die beim Begräbnis hingestellt wird. Und die Trauergemeinde, also die Freunde, die Familie, die Arbeitskollegen werden schon im Vorfeld sozusagen informiert, sie mögen doch Erinnerungen aufschreiben oder Fotos mitnehmen, oft auch aus einer Zeit, wo auch der andere Elternteil vielleicht gar keine Informationen hat, und während dieser Trauerfeier in diese Box geben. Und so ist ein ganz großer Erinnerung Schatz, der für die Kinder und für die ganze Familie ganz wichtig ist.

Man kann auch im eigenen Tempo dann diesen Schatz heben. Manche machen das in einem Rutsch und schauen sich das alles an und können dann immer wieder darauf zugreifen. Und für manche ist es ein langsamerer Prozess. Die machen immer wieder eine Karte auf oder schauen sich ein paar Bilder an.

Natürlich ist es ein sehr schöner Moment, aber auch ein schmerzhafter Moment. Aber dieser Erinnerungsschatz kann einem nicht mehr genommen werden.

Wie können sich die Kinder von Mama/Papa verabschieden?

Auch wenn die Medizin sehr große Fortschritte macht, ist es leider so, dass nicht alle gesund werden.

Wenn klar wird, dass Mama oder Papa sterben werden, müssen auch die Kinder darüber informiert werden. Es ist ganz wichtig, dass sie rechtzeitig diese Informationen bekommen. Sie müssen die Möglichkeit haben, sich verabschieden zu können und sich darauf einzustellen, Fragen zu stellen und mit den Eltern gemeinsam diese schwierige Zeit durchleben zu können.

Geben Sie bitte den Kindern keine Botschaften mit auf die Art: „Bitte kümmere dich um deine kleinen Geschwister“ oder „Sei immer brav.“ Das ist eine wahnsinnige Bürde, die diese Kinder nicht aushalten können. Es ist auch nicht günstig, wenn Sie davon sprechen, dass sie jetzt in jedem Sonnenstrahl sind oder in jeden Regentropfen oder immer auf das Kind aufpassen. Das mag im Moment für Sie sehr tröstlich sein, aber für die Kinder ist es eine unglaubliche Kontrolle und bedrohliche Situation.

Stellen Sie sich vor, ein Bub hat von seiner Mama eben diesen Satz gehört: „Ich bin in jedem Regentropfen, der glitzert, und ich werde immer bei dir sein.“ Als die Mama dann verstorben war, hat er im Sommer darauf eine unglaubliche Angst vor Regen entwickelt. Er hat es nicht ausgehalten, wenn ihn ein Regentropfen berührt.

In der Rückschau ist es natürlich klar, was dem Sohn so große Sorgen gemacht hat. Er wollte nicht, dass seine Mama jetzt auf seiner Haut ist. Er hat auch diesen Teil komplett vergessen gehabt. Er konnte sich nicht mehr daran erinnern, dass die Mama das gesagt hat.

Wir haben dann darüber gesprochen, dass die Mama das sehr gut und richtig gefunden hat damals, dass sie aber vielleicht das jetzt auch anders sagen würde.

Passen Sie bitte gut auf. Sagen Sie auch nicht „eingeschlafen“ oder „auf eine Reise gehen“. Wenn man einschläft, wacht man wieder auf, und von einer Reise kommt man auch wieder zurück.

Es ist für die Kinder ganz wichtig, dass sie wissen: Was ist geplant für die weitere Versorgung der Kinder? Es ist vor allem für Kinder von Alleinerziehenden eine ganz große Belastung, wenn sie nicht wissen, wo sie hinkommen.

Ein Bub, er war ungefähr so zehn Jahre alt, hat zwar gewusst, dass die Mama sehr krank ist und hat gewusst, dass die Mama Krebs hat, aber es wurde mit ihm nicht darüber gesprochen, was in der Zeit danach ist. Es war für die Mama einfach nicht möglich, was ja auch verständlich ist. Die große Schwester hat dann eines Tages mit dem Buben geredet, dass die Mama sterben wird und dass er bei ihr groß werden wird. Und dieser Bub hatte eine Riesenerleichterung, weil er bis dato geglaubt hat, dass er dann automatisch in ein Kinderheim gehen muss. Es wurde einfach nicht darüber gesprochen.

Deswegen meine Bitte: Sagen Sie den Kindern, dass sie in Sicherheit sind, wer sich um sie kümmert und was geplant ist für die Zeit danach.

Wie kann ich die Kinder auf den Tod vorbereiten?

Das Verabschieden von Mama oder Papa kann auf unterschiedliche Weise stattfinden. Das ist je nach Situation und Familie sehr unterschiedlich.

Wichtig ist aber, dass die Kinder überhaupt die Möglichkeit bekommen, sich zu verabschieden — einmal noch ins Spital fahren oder ganz bewusst sich zusammensetzen und ein letztes Mal miteinander sprechen.

Wenn der Tod bereits eingetreten ist, ist es auch wichtig, dass die Kinder noch einmal ins Spital fahren oder ins Hospiz oder Mama oder Papa noch einmal sehen. Immer mit dem Zusatz natürlich: Wenn sie das möchten.

Ich erzähle Ihnen von einem Buben. Der war damals Anfang Volksschule. Der Papa ist im Hospiz verstorben. Der Bub war sehr gut vorbereitet. Er hat eigentlich alles gewusst, was kommen wird. Aber wenn dann wirklich der Tag so weit ist, ist es doch immer wieder eine Überraschung.

Die Mama hat in der Früh den Kindern dann gesagt: „Heute in der Nacht ist der Papa leider verstorben. Wir planen jetzt, noch einmal ins Hospiz zu fahren, um uns von ihm zu verabschieden.“ Beide Mädchen waren sofort dabei. Der Bub hat gesagt: Nein, er möchte nicht. Die Mama hat sehr gut reagiert und hat gesagt: „Ist in Ordnung. Ich organisiere jemanden, der in dieser Zeit bei dir ist. Es ist völlig in Ordnung.“ Es ist dann trotzdem ganz anders gekommen, denn der Bub hat gemerkt: Es wird auf seine Bedürfnisse eingegangen, und hat dann den Mut gefasst und gesagt: Nein, er wird doch mitkommen. Er versucht es. Und es war dann genau dieser Bub, der dann eigentlich ganz nahe zum Papa ist. Der hat sich dann zum Papa aufs Bett gelegt, hat ihn umarmt, hat ihm Bussis gegeben und ist noch ganz lange nicht bei ihm liegen geblieben.

Also man kann nie sagen, wie etwas passieren wird. Wichtig ist, dass die Kinder die Möglichkeit bekommen, ihren eigenen Weg zu gehen.

Es hat zum Beispiel mal ein Bub, da ist der Papa zu Hause verstorben, beschlossen, die Nacht dann im Bett vom Papa zu verbringen. Der Papa war nicht mehr im Bett. Aber er wollte ganz wichtig diese letzte Nacht im Bett von seinem Papa schlafen.

Welche Punkte sind wichtig, wenn das Begräbnis vorbereitet wird?

Unabhängig vom Alter des Kindes können alle Kinder auf das Begräbnis kommen. Es ist ein ganz wichtiger Teil im Leben dieser Kinder.

Es ist natürlich wichtig, dass mit den Kindern vorher gesprochen wird, was auf diesem Begräbnis passiert, wer kommen wird, was geplant ist, dass wahrscheinlich ganz viele Leute kommen, die das Kind gar nicht kennt, weil die Arbeitskollegen zum Beispiel sind oder Freunde aus der Jugendzeit, und auch ganz viele sehr traurig sein werden.

Für die Kinder ist es manchmal ein bisschen verstörend, wenn sie sehen, dass da ganz fremde Leute so viel weinen um den Papa oder die Mama. Aber wenn man das vorher mit den Kindern bespricht, ist das in Ordnung.

Und für viele Kinder ist es ganz wichtig, wenn sie dann z.B. sehen, dass sehr viele Leute gekommen sind. „So viele Leute sind traurig, dass mein Papa oder meine Mama nicht mehr da sind?“

Im Vorfeld kann man die Kinder sehr gut mitnehmen, zum Beispiel bei der Gestaltung der Feier. Viele Leute machen die Feier inzwischen selber. Entweder sucht man ein schönes Foto aus oder lässt die Kinder zeichnen und nimmt das als Hintergrund. Es kann natürlich auch die Musik ausgesucht werden. Und einmal war es sehr schön. Da war ich auf einem Begräbnis von einer Mama. Da hat das Mädchen mit ihrem Instrument am Schluss eine Melodie gemeinsam mit ihrem Lehrer gespielt. Das war für das Mädchen eine ganz wichtige Sache, da aktiv am Begräbnis etwas gemacht zu haben, und das ist sicher auch heute, viele Jahre danach, noch eine wichtige Erinnerung für dieses Kind.

Ich habe schon gesagt: Es ist ganz klar, dass die Kinder mitkommen. Aber natürlich muss das Kind immer noch sagen können, ob es das auch will.

Günstig ist zum Beispiel auch, wenn man die Freunde oder Schulfreunde vom Kind einlädt. Das ist einerseits sehr schön für das Kind, wenn die wichtigsten Freunde dabei sind. Andererseits kann es auch eine gute Ablenkung sein. Man kann mal kurz rausgehen und sich ein bisschen ablenken von der schwierigen Situation.

Generell ist es so, dass man schauen soll, dass für diesen Tag eine ganz wichtige Person, vielleicht die Patentante oder eine besonders wichtige Freundin, praktisch für das Kind zuständig ist, dass, wenn das Kind hinausgehen will von der Trauerfeier, dass das möglich ist und dass nicht Sie als Mama oder Papa dann auch in Ihrer Trauer sozusagen unterbrochen werden.

Wenn die Kinder ganz klein sind, gebe ich den Rat, dass auch Fotos gemacht werden von der Trauerfeier, damit die Kinder, wenn sie dann größer sind, einfach auch sehen, dass sie zum Beispiel dabei waren. Oder wie war denn das, wie das Begräbnis von der Mama oder Papa waren? Diese Fotos werden vielleicht nicht sehr oft angeschaut, aber sie sind ganz wichtig, dass wenn man sie anschauen möchte, dass man das machen kann.

Wie trauert man „richtig“?

Erwachsene und Kinder trauern ganz unterschiedlich.

Bei den Kindern ist es oft sehr sprunghaft. Es ist wie von einer Pfütze zur anderen hüpfen. In der einen Minute sind sie ganz, ganz traurig und ganz untröstlich. Und ein paar Minuten später können sie sich schon wieder sehr an einem Spiel erfreuen oder hüpfen am Trampolin.

Natürlich gibt es unterschiedliche Geschwindigkeiten. Während die einen in der ersten Zeit vielleicht ganz, ganz viel erzählen wollen vom Papa oder von Mama, sind die anderen Geschwister wieder so, dass sie gar nicht drüber reden können.

Es gibt kein Richtig und kein Falsch. Jeder hat seine Zeit, und es gibt für jedes eine Berechtigung.

Ganz wichtig ist, dass auch die Familie des verstorbenen Elternteils weiter zur Familie gehört.

Ein Mädchen hat einmal zu einer Oma gesagt: „Du gehörst nicht mehr zur Familie, du bist nicht mehr meine Oma, weil deine Tochter, die war doch meine Mama und die lebt jetzt nicht mehr. Deswegen bist du nicht mehr meine Oma.“

Da ist es einfach wichtig, mit den Kindern darüber zu reden, dass die Oma die Oma bleibt und auch die Mama bleibt die Mama.

Ganz wichtig ist, dass auch die Erwachsenen den Kindern ihre Trauer zeigen.

Ein Bub ist mal zu mir gekommen und hat mir, es war schon ein paar Wochen oder Monate nach dem Tod vom Vater, gesagt: Er ist so verzweifelt, weil er ist der einzige, der traurig ist, dass der Papa gestorben ist. Und das war mir natürlich klar, dass die erwachsenen Geschwister oder auch die Mama auch traurig sind. Glücklicherweise war die erwachsene Schwester heute da, und ich habe kurz mit ihr geredet und sie ist dann zu uns gekommen und konnte gut mit dem Buben reden, dass sie natürlich traurig sind und auch viel weinen, dass sie aber bis jetzt geglaubt haben, sie müssen ihre Tränen vor dem Kleinen sozusagen verstecken und ihn schonen. Und für ihn war es genau umgekehrt. Für ihn war es eine Qual, dass sonst niemand um seinen Papa trauert.

Hier ist wieder: Wenn man dann darüber reden kann, was jeder für Gedanken hat, dann ist es einfach insgesamt viel leichter.

Ein ganz wichtiges Thema, das in jeder Familie irgendwann zum Thema wird, ist: Was passiert mit den persönlichen Gegenständen von Mama oder Papa? Ich nenne das immer das große Aufräumen. Es ist nämlich in fast jeder Familie so, dass da ganz unterschiedliche Bedürfnisse da sind, wann das passieren soll? Manchmal sind es die Mamas oder Papas, die ganz schnell irgendwelche Gegenstände nicht mehr sehen können und die Kinder sehr daran festhalten, dass sich gar nichts ändert. Und manchmal ist es umgekehrt.

Einmal war eine Geschichte, dass ein Bub mir ganz traurig erzählt hat: Er hat so das Gefühl, der Papa möchte die Mama irgendwie ausradieren oder auslöschen, weil es ist jetzt schon die ganze halbe Verwandtschaft da gewesen, um das ganze Gewand abzuholen. Und es ist überhaupt nichts mehr sichtbar von der Mama.

Wir haben dann ein gemeinsames Gespräch gemacht. Und der Papa hat dann unter Tränen gesagt: „Wissen Sie, es zerreißt mir mein Herz, wenn ich die Sachen sehe.“ Und ich habe dann gesagt: „Ja, und Ihrem Sohn zerreißt das Herz, wenn das so schnell weggeht.“

Das heißt, es ist wichtig, dass man das immer mit bedenkt und dann vielleicht auf eine gemeinsame Lösung kommt. Man könnte zum Beispiel wichtige Dinge zwar wegräumen, aber vielleicht in einen Kasten oder in eine Kiste, dass es nicht schon aus der ganzen Wohnung entfernt wurde.

Hier geht es zum Video-Interview: „Vorbereitung auf das Sterben – Begräbnis und Trauer”

Geprüft Mag.a Jutta Steinschaden: Stand Dezember 2021

Die Kurse sind kein Ersatz für das persönliche Gespräch mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt, sondern ein Beitrag dazu, PatientInnen und Angehörige zu stärken und die Arzt-Patienten-Kommunikation zu erleichtern.