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Kurs Angina pectoris im Alltag: Lektion 5 von 8

Krankheitsmanagement bei Angina pectoris

Wie alle chronischen Krankheiten ist auch die Angina pectoris eine Herausforderung für die Betroffenen und bedarf eines gewissen Maßes an Krankheitsmanagement bzw. Selbstmanagement. Die mit der Erkrankung verbundenen Einschränkungen müssen bewältigt und ein konstruktiver Umgang mit den gesundheitlichen Problemen gefunden werden. In dieser Lektion lernen Sie alles Wichtige zur Krankheitsmanagement  bzw. Selbstbehandlung bei einem Anfall und erfahren, wie Sie richtig Blutdruck messen und warum Therapietreue (Adhärenz) für erfolgreiches Management von Angina pectoris unerlässlich ist.

Video Transkript

Wie lange sollte ich nach Einnahme meiner Notfallmedikamente auf Besserung warten?

Nach Einnahme der Notfallmedikamente ist eine Phase von 20 Minuten ausreichend, um festzustellen, ob eine Wirkung eintritt. Und wenn innerhalb dieser 20 Minuten eine Verschlechterung eintritt, muss der Patient die Rettung rufen.

Wie sollte ich mich bei einem Anfall bis zum Eintreffen des Notarztes verhalten?

Bei einem Angina-pectoris-Anfall sollte der oder die Patientin möglichst mit einer Begleitperson ruhig auf einem Bett liegend auf den Notarzt warten.

Was soll ich tun, wenn sich die Symptome deutlich bessern, der Notarzt aber schon unterwegs ist?

Wenn die Symptome sich in der Wartephase deutlich bessern, warten Sie, bis der Notarzt kommt.

Wie kann ich lernen, bei einem Anfall Ruhe zu bewahren?

Die Frage, wie man bei einem Angina-pectoris-Anfall Ruhe bewahrt, ist natürlich ein Problem, weil betroffene Patienten dann natürlich leicht verzweifeln. Ich glaube, eine große Hilfe ist eine Begleitperson, eine Person, die sich dann um einen kümmert – eine unbezahlbare Hilfe.

Warum ist es wichtig, dass ich die Medikamente wie verordnet einnehme?

Medikamente, die unregelmäßig genommen werden, haben unregelmäßige Wirkungen, nämlich stärkere und schwächere gefäßerweiternde, meistens gefäßerweiternde, Phänomene treten auf: Man kriegt einen roten Kopf, oder man ist blass. Das ist so das klassische Problem von irregulärer Tabletteneinnahme. Blutruckkrisen, zu niedriger Blutdruck, dadurch, dass dann unterschiedliche Intervalle überlagern.

Darf ich die Dosierung meiner Medikamente ändern, wenn sich mein Zustand ändert?

Intelligente Patienten können ihre Angina-pectoris-Medikation selbst titrieren. Das ist die Idee des Nitrosprays oder auch der „Pill out of the pocket“. Das ist die einmalige Gabe einer Tablette bei paroxysmalem Vorhofflimmern, also bei schnellem Herzklopfen zum Beispiel.

Nicht jeder kann das, aber man kann das auch lernen im Gespräch mit dem betreuenden Kardiologen.

Welche Tipps gibt es, damit ich meine Medikamente nicht vergesse?

Patienten haben sich verschiedene Hilfsmittel zurechtgelegt, um die Tabletteneinnahme regelmäßig zu gestalten. Das ist einerseits digitale Techniken über das Smartphone, oder über kleine Uhren, oder Schachteln mit verschiedenen Abteilungen für die Uhrzeiten und die Tage, wo Tabletten eingenommen werden müssen. Die beste Erinnerung ist natürlich die Hilfsperson, die Partnerin, die Krankenschwester oder der persönliche Manager.

Bei welchen Symptomen sollte ich in jedem Fall medizinische Hilfe in Anspruch nehmen?

Bei starker Atemnot, starkem Druck auf der Brust, Schwindel-Präsynkope, also Fast-Ohnmacht, schweren Beinen muss der Patient zum Telefon greifen. Wenn man alleine ist, ist für den KHK Patienten sicher das Nitrospray immer ein Ausweg. Man sollte das nicht zu oft machen, zwei oder drei Hübe ist wahrscheinlich die obere Grenze auf einmal. Man soll sich ruhig hinlegen. Man soll nichts essen oder trinken. Man soll in einem gut erreichbaren Bereich einer Wohnung sein in der Nähe eines Telefons.

Worauf sollte ich beim Messen meines Blutdrucks achten?

Blutdruckmessung ist ein ganz wichtiger Hygienefaktor eines Patienten mit chronischer Gefäßerkrankungen. Hygienefaktor heißt, dass Blutdruckmessen eine Praxis ist, die regelmäßig gemacht werden sollte, da sie Aufschluss gibt über Blutdruck und Puls – beides Größen, die für das Leben eines Patienten mit Gefäßerkrankungen ganz wichtig sind.

Blutdruckmessen ist einfach. Blutdruckmessen ist aber ein großes Problem für Mediziner, da die Blutdruckwerte zu Hause ganz anders sind wie die in Ordinationen, in Spitälern oder zum Beispiel im Setting eines Eingriffsraums kurz vor einer Operation oder in einem Operationssaal.

Es wird gedacht, dass die verlässlichsten Blutdruckwerte die sind, die der Patient selbst zu Hause misst unter den Bedingungen seiner gewohnten Umgebung: große Ruhe im Raum, Ihr Gerät an den Oberarm anlegen, nicht an das Handgelenk. Das sind auch messbare Werte, die aber in der besonders bei den jüngeren Patienten verlässlicher sind. Für die älteren gilt der Oberarmmessung. An der rechten oder linken Hand oder nacheinander wird die Manschette aufgeblasen, abgelassen, und der erste hörbare Ton am Gefäß, das ist in dem Fall die Brachialarterie, gilt als systolischer Wert, und das Verschwinden des Tons, diese Korotkow‘schen Geräusche dann als diastolischer Wert.

Es ist nicht sinnvoll, einen Blutdruck zu messen, wenn man gerade gelaufen ist oder gerade einen Fallschirmsprung absolviert hat oder gerade ein Auto gekauft hat. Denn diese Werte sind alle falsch und nicht repräsentativ.

Ein Ruheblutdruck wird zu Hause gemessen in einer, wie ich schon sagte, ruhigen Umgebung ohne besondere vor- oder nachfolgende Ereignisse.

Übung: Richtig Blutdruck messen

Also Blutdruck messen fangt immer so an, dass man hier die Brachialarterie ertastet. Und wenn man weiß, wo die ist, legt man das Blutdruckmessgerät so an, dass der hörende Teil hier draufliegt. Das würde in anderen Blutdruckmessgeräten würde hier das Stethoskop liegen. Man schließt das fest, lässt den Arm schön locker liegen, er sitzt ganz ruhig da, und dann machen wir es uns einfach und messen den Blutdruck automatisch, so wie Sie das auch zu Hause machen würden.

Das bläst jetzt auf. Wir können dann hier die Werte ablesen. Der erste Wert ist das systolische Wert, und der zweite ist der diastolische Wert, das ist dieser Wert, wo es verschwindet. Und wir haben hier heute 158 zu 78, Puls 72. Also wir kriegen drei Werte, die alle drei wichtig sind für einen Patienten mit Gefäßerkrankungen.

Auf den Punkt gebracht

Krankheitsmanagement

  • Bei einem Anfall sollten Sie Ruhe bewahren und Ihr Notfallmedikament anwenden.

Treten starke Atemnot, Schwindel oder schwere Beine auf, sollte der Notarzt alarmiert werden.

Selbstbehandlung bei einem Anfall

Wegen des erhöhten Risikos für einen Herzinfarkt dürfen Sie einen Angina-pectoris-Anfall nicht auf die leichte Schulter nehmen. Insbesondere beim erstmaligen Auftreten und bei der Veränderung der Symptome gegenüber vorherigen Anfällen sollten Sie sofort den Notarzt informieren.

Von veränderten Symptomen ist die Rede, wenn

  • Schmerzen häufiger, zu anderen Zeiten oder unter veränderten Voraussetzungen auftreten,
  • der Anfall länger anhält, die Schmerzen stärker sind oder sich anders anfühlen,
  • die Brustenge von Übelkeit, Atemnot und unregelmäßigem Herzschlag begleitet wird oder
  • die Beschwerden nicht spätestens fünf Minuten nach Einnahme Ihrer Notfallmedikamente nachlassen.

Tipp: Bewahren Sie Ihr Nitropräparat nicht in der Hosentasche auf. Da die Temperatur dort 25 C° übersteigen und somit die Wirksamkeit beeinträchtigen kann, sollten Sie es besser in der Jackentasche verwahren.

selpers Fallbeispiel Bis zum Rückgang der Symptome oder zum Eintreffen der Notärztin/des Notarztes sollten Sie sich wie folgt verhalten:

  • Auch wenn es schwerfällt: Versuchen Sie, ruhig zu bleiben und Panik zu vermeiden.
  • Setzen Sie sich aufrecht hin und atmen Sie möglichst ruhig und gleichmäßig.
  • Nehmen Sie schnellstmöglich Ihre Notfallmedikamente ein, wie Ihre Ärztin/Ihr Arzt es Ihnen erklärt hat.
  • Öffnen Sie enge Kleidung, insbesondere am Hals.
  • Sorgen Sie für Frischluft, aber vermeiden Sie Zugluft.
  • Öffnen Sie die Haus- bzw. Wohnungstür, damit die Notärztin/der Notarzt auch zu Ihnen gelangen kann, wenn Sie möglicherweise bewusstlos werden.

Richtig Blutdruck messen

Leben mit Angina pectoris: Blutdruckliste Zum Krankheitsmanagement  zählt auch das richtige Blutdruck messen: Regelmäßiges Blutdruckmessen hilft Ihnen nicht nur, Ihren momentanen Zustand besser einzuschätzen, es ist auch eine der wichtigsten Vorsorge-Maßnahmen zur Verhinderung eines Herzinfarkts. Dabei sind die zu Hause durch die/den PatientIn selbst ermittelten Messwerte oft aufschlussreicher als die in Arztpraxen und Krankenhäusern vorgenommenen Messungen. Gerade bei Personen, die den Arztbesuch als Stresssituation empfinden, kann die Differenz zwischen den zuhause und bei der Ärztin/beim Arzt gemessenen systolischen Blutdruckwerten bei 20 mmHg liegen. Hier ist häufig auch von der sogenannten „Weißkittelhypertonie“ die Rede.

Wie Sie bei der Blutdruckmessung vorgehen sollten, sehen Sie in unserem Video. Passend dazu können Sie hier eine Blutdruckliste downloaden, in die Sie Ihre Werte eintragen können.

Um möglichst verlässliche Werte zu erhalten, sollten Sie beim Blutdruckmessen folgendes beachten:

  • Legen Sie vor dem Beginn der Messung eine drei- bis fünfminütige Pause ein.
  • Sitzen Sie ruhig und entspannt und vermeiden Sie Störungen durch andere Personen im Raum, den Fernseher oder laute Musik.
  • Benutzen Sie am besten Oberarmmessgeräte statt solche für das Handgelenk, da diese exaktere Messwerte liefern.
  • Achten Sie darauf, dass sich der Messpunkt auf Herzhöhe befindet und Ihr Arm entspannt ist.
  • Verhalten Sie sich während des Messens ruhig. Lachen, sprechen und husten Sie nicht, da dies die Ergebnisse verfälschen kann. Gleiches gilt für das Übereinanderschlagen der Beine.

Therapietreue (Adhärenz)

Halten Sie sich an bestimmte, mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt besprochene Verhaltensregeln, die dem Erreichen des Therapieziels zuträglich sind, wird das als Adhärenz bezeichnet. Non-Adhärenz steht hingegen für die Unfähigkeit oder die Weigerung einer Patientin/eines Patienten, ärztliche Handlungsanweisungen zu befolgen.

Im Falle der Angina pectoris bedeutet Adhärenz:

  • Nehmen Sie Ihre Medikamente regelmäßig und so wie von der Ärztin/dem Arzt verordnet ein.
  • Ändern Sie bei Veränderung der Symptome nicht eigenmächtig die Medikation.
  • Passen Sie Ihren Lebensstil der Erkrankung an. Verzichten Sie auf das Rauchen, vermeiden Sie Übergewicht und bewegen Sie sich ausreichend.

Halten Sie sich nicht an die Anweisungen Ihrer Ärztin/Ihres Arztes, ist nicht nur das Therapieziel – die Verbesserung der Prognose und der Symptome – infrage gestellt, es drohen auch ernste Folgen bis hin zum Herzinfarkt.

Tipps zum Einhalten der Medikamenteneinnahme

Die richtige und regelmäßige Einnahme Ihrer Medikamente bildet die Grundlage für die erfolgreiche Behandlung der Angina pectoris. Deshalb sollten Sie unbedingt darauf achten, dass Sie keines der verordneten Arzneimittel vergessen, auch wenn Sie viele verschiedene Präparate einnehmen müssen. Hilfreich hierbei ist eine Medikamenten-Dosierbox, in der Sie Ihre Tabletten für die ganze Woche einsortieren können. Diese Boxen haben einzelne Schachteln für jeden Tag, die wiederum in morgens, mittags und abends, manchmal auch in morgens, mittags, abends und nachts, unterteilt sind.

Besitzen Sie ein Smartphone? Dann kann eine kostenlose Medikamente-App die ideale Lösung sein. Diese erinnert Sie zum richtigen Zeitpunkt daran, Ihre Arzneimittel einzunehmen. Einige der Apps bieten auch die Möglichkeit, Ihre Familie oder Freunde mit einzubinden und sich von diesen an die Einnahme erinnern zu lassen.

Wussten Sie schon

Am besten nehmen Sie Ihre Medikamente mit reichlich Leitungswasser ein. Milch, Kaffee, Grapefruitsaft oder alkoholische Getränke können zu Wechselwirkungen führen und eignen sich daher nicht für die Einnahme. Genauere Informationen finden Sie in den Beipackzetteln Ihrer Medikamente.

Geprüft Univ.-Prof.in Dr.in Irene Lang: aktualisiert April 2022 | AT-RAN-24-05-2019

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Dieser Kurs ist Teil der Kursreihe „Leben mit Angina pectoris“

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Die Kurse sind kein Ersatz für das persönliche Gespräch mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt, sondern ein Beitrag dazu, PatientInnen und Angehörige zu stärken und die Arzt-Patienten-Kommunikation zu erleichtern.

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