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Kurs Behandlung von metastasiertem Brustkrebs: Lektion 3 von 6

Chemotherapie bei metastasiertem Brustkrebs

Auf den Einsatz einer Chemotherapie wird heutzutage bei metastasiertem hormonabhängigem Brustkrebs so lange wie möglich verzichtet. Es gibt Patientinnen, bei denen eine Chemotherapie spät angezeigt ist, und andere, die auch von einem frühzeitigen Einsatz profitieren können. Die Entscheidung muss ganz individuell getroffen werden, in Abwägung von Nutzen, Belastung und der Lebensqualität für die Patientin.

Video Transkript

Wann wird eine Chemotherapie bei metastasiertem Brustkrebs durchgeführt?

Beim metastisierten Brustkrebs kommt die Chemotherapie immer dann zum Einsatz, wenn eine andere Behandlungsmöglichkeit, bevorzugt eine Anti-Hormontherapie, nicht sinnvoll möglich ist. Das heißt also: nach Ausschöpfen aller anti-hormonellen Behandlungsmöglichkeiten bei nicht-hormonabhängigem Brustkrebs oder in Kombination mit Antikörpern, mit passiver Immuntherapie beim sogenannten HER2-positiven Brustkrebs.

Was ist das Ziel der Chemotherapie?

Ziel der Chemotherapie ist prinzipiell, ebenso wie alle anderen systemischen Behandlungsmöglichkeiten bei einer metastasierten Erkrankung, eine Stabilisierung beziehungsweise ein Zurückdrängen der Erkrankung. Damit soll verhindert werden, dass die Erkrankung in irgendeiner Form bedrohliche Ausmaße annimmt.

Auch hier gilt aber: so wenig wie möglich, um einen möglichst geringen negativen Einfluss auf die Lebensqualität zu haben.

Wovon hängt es ab, ob die Chemotherapie zu Hause, ambulant oder stationär erfolgt?

Die Art und Weise, wie eine Chemotherapie verabreicht wird, hängt in erster Linie davon ab, welche Chemotherapie-Substanzen verwendet werden.

Es gibt Chemotherapien zum Schlucken, etwa Capecitabine oder orales Vinrorelbin, die entweder nach Laborkontrollen im Krankenhaus geschluckt werden können oder im weiteren auch zu Hause.

Andere Chemotherapien, das ist wahrscheinlich der Großteil, die werden intravenös verabreicht. Und eine intravenöse Verabreichung ist letztlich nur in Krankenhaus-Setting zum jetzigen Zeitpunkt möglich, wobei es sich meistens um ambulante bzw. tagesklinische Verabreichung handelt.

Was soll ich machen, falls Nebenwirkungen auftreten?

Vor einer Chemotherapie folgt eine ausführliche Besprechung der möglichen allgemeinen bzw. für das Medikament typischen Wirkungen und Nebenwirkungen. Somit muss also auch eine entsprechende Information erfolgen über die Nebenwirkungen, mit denen zu rechnen ist bzw. auch die potenziell gefährlich sind.

Immer dann, wenn eine Nebenwirkung auftritt,

  • die belastend ist,
  • die Sorge macht,
  • die vielleicht noch nicht besprochen wurde,

sollte eine Kontaktaufnahme mit der behandelnden Ärztin, mit dem behandelnden Arzt erfolgen, um hier möglichst rasche Abhilfe zu schaffen.

Die klassischen Nebenwirkungen, vor denen sich die meisten Menschen verständlicherweise fürchten, wie Übelkeit und Erbrechen, die sollten heutzutage gar keine Rolle mehr spielen. Es gibt nämlich ausgezeichnete Begleitmedikamente, um das zu vermeiden.

Die belastendsten Nebenwirkungen bei den meisten Brustkrebsmedikamenten sind der Haarausfall, wobei das nicht bei allen Substanzen gegeben ist, vor allem aber die Müdigkeit, die dann auch als Fatigue bezeichnet wird.

Es gibt dann eine Reihe von speziellen Nebenwirkungen, bei denen es wichtig ist, dass man darüber informiert ist. Dazu gehören vor allem schwere Durchfälle oder Fieber über 38 Grad. Und das sind zwei Situationen, in denen ich nur empfehlen kann, sofort das nächstgelegene Krankenhaus aufzusuchen, da man dann eine Blutbildkontrolle, eine Kontrolle der Mineralstoffwerte im Blut, der Nierenwerte und der Entzündungswerte durchführen sollte.

Was sind die häufigsten Nebenwirkungen einer Chemotherapie?

Klassische Nebenwirkung der Chemotherapie, die doch meistens noch in den Köpfen existiert, das ist Übelkeit und Erbrechen. Das sollte aber keine so große Rolle in der heutigen Zeit mehr spielen, da ja ausgezeichnete Begleitmedikamente zur Verfügung stehen. Und wir haben heute die Möglichkeit, bei mehr als neun von zehn betroffenen Frauen Übelkeit und Erbrechen zu vermeiden.

Andere typische Nebenwirkungen, die leider weiterhin auftreten, das sind

  • der Haarausfall, der bei einer Reihe von Brustkrebsmedikamenten eine Rolle spielt,
  • sowie die Müdigkeit, die typischerweise zwei bis drei Tage nach Verabreichung der Chemotherapie auftritt und dann bis zu einer Woche anhalten kann. Und diese Müdigkeit kann im Einzelfall auch so belastend sein, dass man die Dosis der Chemotherapie reduzieren muss.

Weitere mögliche Nebenwirkungen sind

  • eine Verminderung des roten Blutfarbstoffes, eine sogenannte Anämie,
  • eine Verminderung der weißen Blutzellen. Wenn dies sehr ausgeprägt ist, kann es auch zu einer erhöhten Infektanfälligkeit führen. Deshalb ist es wichtig, bei Fieber unter Chemotherapie sofort das nächstgelegene Krankenhaus aufzusuchen, um das Blutbild und die Entzündungswerte kontrollieren zu lassen.

Durch die Begleitmedikamente gegen Übelkeit kann es im Anschluss an die Chemotherapie zum Auftreten von Verstopfungen kommen.

Eine bedenkliche, eine möglicherweise bedenkliche Nebenwirkung wären starke Durchfälle. Und auch hier gilt: Bei sehr ausgeprägten Durchfällen das nächstgelegene Krankenhaus aufzusuchen, um Leberwerte, Nierenwerte und Mineralstoffwerte kontrollieren zu lassen.

Was kann ich gegen Übelkeit unternehmen?

Übelkeit unter Chemotherapie sollte heute keine so große Rolle mehr spielen, wie das früher der Fall war, da es eine Reihe von ausgezeichnet Begleitmedikamenten gibt, die Ihre Ärzten und Ihr Arzt ganz genau mit ihnen besprechen werden.

Wie lange halten die Nebenwirkungen an?

Die belastendste Nebenwirkung der Chemotherapie ist meistens die Müdigkeit, Fatigue, die meistens zwei bis drei Tage nach der Verabreichung der Therapie auftritt. Sie kann dann bis zu einer Woche anhalten. Dabei kann das Ausmaß von Mensch zu Mensch, vor allem aber auch von Chemotherapie zu Chemotherapie sehr unterschiedlich sein.

Andere Nebenwirkungen, die belastend sind, vor allem seelisch wie der Haarausfall, die können natürlich länger anhalten, wobei nach Ende der Chemotherapie die Haare natürlich wieder nachwachsen werden.

Es gibt eine Reihe von weiteren Nebenwirkungen, wie etwa eine Schädigung der kleinen Nerven in Fingern und Füßen, die zu Kribbeln oder Gefühlsstörungen führen. Und das kann ebenfalls Monate dauern, bis sich das nach bestimmten Chemotherapie-Medikamenten wieder völlig zurückgebildet hat.

Was passiert wenn ich die Chemotherapie ablehne?

Eine Ablehnung der Chemotherapie nach entsprechender Information ist selbstverständlich immer möglich, und Ihre Ärztin, Ihr Arzt wird versuchen, mit Ihnen gemeinsam andere Behandlungsmöglichkeiten zu finden, so es diese tatsächlich gibt. Im Zweifelsfall ist es aber natürlich auch in Ordnung zu sagen: „Ich möchte keine weitere chemotherapeutische Behandlung“, gerade in der Situation der metastasierten Erkrankung. Und dann steht die sogenannte palliative Betreuung im Vordergrund. Das bedeutet, dass auf individuelle auftretende Beschwerden eingegangen wird, versucht wird, ein optimales Versorgungssetting auch für zuhause zu organisieren, um möglichst Spitalsaufenthalte zu vermeiden. Es wird aber nicht dazu führen, dass eine Ablehnung der Chemotherapie einen Abbruch der Betreuung oder ein Abwenden des Behandlerteams von Ihnen darstellt.

Woran erkennt mein/e Arzt/Ärztin, dass die Therapie erfolgreich ist

Genauso wie bei der anti-hormonellen Behandlung wird auch bei der Chemotherapie in der metastasierten Situation in vorab festgelegten zeitlichen Abständen eine Bildgebung, meist ein CT durchgeführt. Dies dient dazu, eine Größenveränderung der Metastasen beurteilen zu können. Zusätzlich kann auch, wenn die Tumormarker anfangs erhöht waren, eine Tumormarker-Kontrolle einen groben Trend darstellen. Dabei ist anzumerken, dass Tumormarker unabhängig davon, ob das jetzt eine anti-hormonelle Behandlung oder eine Chemotherapie ist, doch eher unzuverlässig sind.

Auf den Punkt gebracht

Chemotherapie bei metastasiertem Brustkrebs

  • Aufgrund der oft belastenden Nebenwirkungen wird eine Chemotherapie wo möglich vermieden.
  • Sie ermöglicht jedoch ein rasches Zurückdrängen der Erkrankung und stellt bei metastasiertem Brustkrebs eine wichtige Behandlungsmöglichkeit dar.

Wie funktioniert eine Chemotherapie?

Zytostatika sind pflanzliche oder künstlich hergestellte Wirkstoffe mit zellschädigender Wirkung. Sie greifen während der Zellteilung ein und schädigen die Zellen so, dass sie sich nicht weiter teilen können. So können sie Tumore oder Metastasen in ihrem Wachstum hemmen, verkleinern oder beseitigen.

Wie läuft eine Chemotherapie ab?

Eine Chemotherapie läuft üblicherweise in sogenannten Zyklen ab wobei ein Zyklus einen oder mehrere Therapietage beinhalten kann, an denen die Medikamente intravenös oder oral verabreicht werden. Meistens wird die Chemotherapie in Form von Infusionen, also intravenös, verabreicht.

Ein stationärer Aufenthalt ist normalerweise nicht notwendig.

Die Dauer der Chemotherapie richtet sich bei fortgeschrittenem Brustkrebs nach Wirksamkeit, Verträglichkeit und Behandlungsziel.

Wann ist eine Chemotherapie sinnvoll bzw. notwendig?

Im Allgemeinen wird mit verträglicheren Medikamenten versucht, die Zeit bis zur Chemotherapie so lange wie möglich auszudehnen.

In manchen Fällen kann die Chemotherapie jedoch eine wichtige Behandlungsoption sein:

  • Bei Brustkrebs im Frühstadium
    • als vorab ergänzende (neoadjuvante) Maßnahme vor einer Operation, um einen Tumor zu verkleinern.
    • als ergänzende (adjuvante) Maßnahme nach einer Operation, um verbliebene Tumorzellen abzutöten.
  • Bei hormonunabhängigen Tumoren, die auf eine Antihormon-Therapie nicht ansprechen.
  • Bei rasch wachsenden Tumoren.
  • Bei sogenannten triple negativen Tumoren, die weder Hormon- noch HER2-Rezeptoren (ein Wachstumsfaktorrezeptor an der Zelloberfläche, genaueres dazu erfahren Sie in der Lektion „Zielgerichtete Therapien“) aufweisen.
  • Wenn eine fortgeschrittene Erkrankung eingedämmt und Symptome gelindert werden müssen.

Nutzen und Nebenwirkungen

  • Der Nutzen einer Chemotherapie liegt in ihrer raschen und aggressiven Wirkung auf Tumorzellen.
  • Sie ist hilfreich, wenn andere Behandlungen nicht ansprechen oder in Frage kommen, oder wenn höhergradige Beschwerden durch die Erkrankung selbst hervorgerufen werden, die einer raschen Behandlung bedürfen.
  • Die häufigsten Nebenwirkungen einer Chemotherapie beginnen in direktem zeitlichen Zusammenhang etwa acht bis zehn Stunden nach der Behandlung.
  • Nebenwirkungen betreffen vor allem körpereigene Gewebe mit starker Zellerneuerung, z. B. Haarwurzelzellen, Zellen des blutbildenden Knochenmarks und der Schleimhäute.

Typische Nebenwirkungen und wie Sie damit umgehen können

Übelkeit und Erbrechen

  • Sie gehören traditionell zu den häufigsten Nebenwirkungen und können in Dauer und Intensität unterschiedlich ausgeprägt sein.
  • Gegen Übelkeit und Erbrechen gibt es heute vorbeugende und gut wirksame Medikamente, die das Auftreten dieser sehr belastenden Nebenwirkungen üblicherweise verhindern können.

Fatigue

  • Darunter versteht man einen Zustand starker Müdigkeit sowie körperlicher und seelischer Erschöpfung, die sich auch durch Erholung nicht bessern.
  • Fatigue kann auch von anderen Therapien und von der Tumorerkrankung selber herrühren.

Haarausfall

  • Vorübergehender Haarausfall kommt häufig vor, jedoch nicht immer gleich stark. Meist beginnt er wenige Wochen nach Beginn der Therapie und erfolgt nach und nach.
  • Bei vorübergehendem Haarausfall helfen eine Perücke, eine Mütze oder Kopftuch – auch um die Kopfhaut vor Kälte und Sonneneinstrahlung zu schützen. Um den Übergang abzumildern kann es außerdem helfen, schon vor der Chemotherapie auf eine Kurzhaarfrisur umzusteigen. Einige Zeit nach der Behandlung wachsen die Haare wieder nach.
  • Kältehauben können den Haarausfall verhindern, können aber durch lange Vor- und Nachkühlzeiten unangenehm sein.

Entzündung der Mundschleimhaut

  • Eine Chemotherapie kann Entzündungen der Mundschleimhaut verursachen.
  • Sorgfältige Mundpflege ist wichtig. Zahnarztbesuche sollten besser vor einer Chemotherapie erledigt werden. Verwenden Sie eine weiche Zahnbürste und milde Mundspülungen. Wenn nötig, sind schmerzlindernde Medikamente verfügbar.
  • Bei Geschmacksveränderungen kann eine Pilzinfektion die Ursache darstellen, die mit entsprechenden Medikamenten behandelt werden kann.

Durchfall

  • Einfache Hausmittel die bei Durchfall helfen können sind z. B. geriebener Apfel und Leinsamen.
  • Bei starken Durchfällen sollten Sie umgehend Ihre Ärztin/Ihren Arzt informieren.

Blutbildveränderungen

  • Zu beachten ist vor allem eine Schwächung der Abwehrkraft durch die Verringerung der weißen Blutzellen.
  • Bei Fieber über 38° Celsius sollten Sie umgehend Ihre Ärztin/Ihren Arzt konsultieren.

Zu den Themen „Fatigue“, „Übelkeit bei Krebs“  und „Polyneuropathie“ finden Sie eigene Online-Kurse auf unserer Homepage.

Individuell auftretende Nebenwirkungen

Welche Nebenwirkungen auftreten, hängt von der Art des Zytostatikums und seiner Dosierung ab. Außerdem können sich die tatsächlich auftretenden Nebenwirkungen individuell unterscheiden.

Bei manchen Zytostatika sollte man genau beobachten, ob Nervenschädigungen auftreten. Beim Wirkstoff Doxorubicin kann sich der Urin rot färben. Auch wenn das nur durch die rote Farbe des Medikamentes zustande kommt, kann es einem im ersten Moment Angst machen.

Informieren Sie sich daher genau, welche Nebenwirkungen beim bei Ihnen angewendeten Wirkstoff möglich sind und wann Sie Ihre Ärztin/Ihren Arzt verständigen sollten. Notieren Sie Ihre Nebenwirkungen, damit Sie nicht vergessen, diese beim nächsten Kontrolltermin zu besprechen.

Wussten Sie schon

Längst nicht alle Patientinnen leiden während einer Chemotherapie unter starken Nebenwirkungen. Außerdem sind die meisten Beschwerden vorübergehend und bessern sich nach Ende der Therapie wieder.

PP-AL-AT-0046 | Geprüft Prof. Dr. Rupert Bartsch: Stand 13.12.2018

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Dieser Kurs ist Teil der Kursreihe „Leben mit metastasiertem Brustkrebs“

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