Was ich dir in diesem Kurs zur Unterstützung für die kommenden Monate mitgeben kann, sind erste Informationen und Tipps aus Patientinnensicht. Von daher möchte ich es im letzten Kapitel nicht versäumen dir nahezulegen, dir Grundwissen anzueignen, mit dem du deine Erkrankung und Behandlungsoptionen besser verstehen wirst.
Denn eine gut informierte Patientin, steht ihre Behandlung aktiver durch und bleibt als Mensch mündig. Dies gilt sowohl für die Akutbehandlungen, als auch für die Nachsorge und das Nebenwirkungsmanagement, beispielsweise bei einer Antihormontherapie für Brustkrebspatientinnen.
Es gibt vielfältige Möglichkeiten, dir Wissensgrundlagen anzueignen. Dabei helfen können beispielsweise:
- ÄrztInnen und medizinisches Fachpersonal
- Fachliteratur oder fachspezifische PatientInnenseiten im Internet
- PatientInnentage, Informationsveranstaltungen und Vorträge
Zusätzlich zur Diagnose kommen meist auch existenzielle Sorgen. Sich jetzt mit bürokratischen Details befassen zu müssen, scheint fast absurd. Tatsächlich gelten jedoch für viele soziale Leistungen Fristen und lückenlose Dokumentationen (Krankmeldungen), die eingehalten werden müssen. Erste Anlaufstellen für Anträge sind beispielsweise die Sozialberater in der Klinik, Integrationsämter oder Krankenkassen, die beim Ausfüllen der Antragsformulare unterstützen können.
Es gilt vieles zu beachten und vieles auf den Weg zu bringen, was einen als Mensch schnell überfordern kann. Im besten Fall, stehen wir diesen Herausforderungen nicht alleine gegenüber.
Lebensfreundinnen unter Gleichgesinnten
Die Diagnose Krebs fordert unserer Psyche unendlich viel Kraft ab. Professionelle Unterstützung kann man über eine Psychoonkologische Begleitung in Anspruch nehmen. Aber auch die Unterstützung in Selbsthilfegruppen und Gesprächskreisen, kann eine sehr wichtige Basis des Austauschs bedeuten.
Neben so manchen Foren im Internet, bieten auch Blogs, Gruppen und persönliche Accounts, beispielsweise über Facebook und Instagram, eine Möglichkeit des intensiven Kontakts mit betroffenen Frauen. Oft entwickeln sich über diesen Weg tiefe Freundschaften im realen Leben. Zudem verfügen wir Frauen über einen großen Wissenspool und können untereinander lebenspraktische Tipps vermitteln.
Die Diagnose Krebs, ist eine der intensivsten Grenzerfahrungen, die wir in unserem Leben durchlaufen. Wir alle kennen das Gefühl der Ohnmacht, wenn selbst das verständnisvollste Umfeld unsere Sorgen und Ängste nur schwer nachvollziehen kann. Der Austausch mit anderen Frauen, kann unserer Seele dabei so gut tun. Denn untereinander müssen wir nicht nach Worten ringen, um von unseren Sorgen und Ängsten zu erzählen, weil die andere nur zu gut weiß, was DU gerade fühlst.
Organisationen und Vereine
Es gibt viele Organisationen und Vereine (oft auch vor Ort, die BewohnerInnen ihrer Region mit großem Engagement begleiten), die an Krebs erkrankte Menschen und ihre Familien, unbürokratisch entlasten. Zum Beispiel die Krebshilfe in Wien. Sie hat unter anderem einen Online-Kurs zum Thema “Mama/Papa hat Krebs” entwickelt.
Außerdem sind finanzielle Unterstützungen möglich oder sie helfen dabei, lang gehegte Wünsche zu erfüllen. Gerade für jung an Krebs erkrankte Menschen, die mitten aus ihrem Berufs- und Familienalltag gerissen wurden, alleinstehend sind oder ihre Familie zu versorgen haben, kann eine solch schwerwiegende Erkrankung mit allen finanziellen Einbußen und Mehrbelastungen, eine zusätzliche immense Herausforderung beinhalten und Rücklagen schnell aufbrauchen.
Arztberichte & Co
Sammel von Beginn an alle Befunde, Laborberichte und ähnliches in einem Ordner oder aber nutze ein digitales Tool. Lass dich zu wichtigen Gesprächen von einer Vertrauensperson begleiten. Stell deinem Ärzteteam gut vorbereitet ALLE Fragen, die dich bewegen und beschäftigen. Vertrauen und fachliche Kompetenz, sind ein wichtiger Bestandteil deiner Behandlung. Sollte dies aus den unterschiedlichsten Gründen nicht gegeben sein, nutze die Möglichkeit einer Zweitmeinung. Frage deine Ärzte, ob evtl. eine Studienteilnahme für dich in Frage kommt.
Mithilfe von Vollmachten selbstbestimmt leben
Jeder kann unabhängig seines Alter in Situationen geraten, in der andere für ihn entscheiden müssen. Es liegt an uns, entsprechende Vorsorgen in Form einer Patientenverfügung, Betreuungsverfügung und Vorsorgevollmacht zu treffen, da selbst ein Ehepartner oder unsere Eltern mit Beginn unserer Volljährigkeit, nicht immer für uns entscheiden können.
Fehlen diese und es kommt zu einer Situation, in der wichtige Entscheidungen nicht mehr selbst getroffen werden können, wird das Amtsgericht einen rechtlichen Betreuer einsetzen – und diesen entweder aus dem Familienkreis oder einer fremden Person bestimmen.
Das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz Deutschland bietet eine erste wichtige Anlaufstelle für dieses umfassende Thema und stellt Dokumentenvorlagen zur Verfügung. Beim Ausfüllen und Erstellen der notwendigen Dokumente kann beispielsweise ein Arzt des Vertrauens, Hospizvereine oder ein Notar helfen.
Schon gewusst? Sobald wir Eltern werden, sollten wir uns Gedanken machen, wer das Sorgerecht und die Vormundschaft für unsere Kinder erhält, wenn wir beispielsweise durch eine Erkrankung unser Sorgerecht nicht mehr ausüben können, oder beide Elternteile durch einen Unglücksfall ums Leben kommen sollten. Diese Vorsorgen werden durch ein sogenanntes Elterntestament geregelt, der Sorgerechtsverfügung und der Sorgerechtsvollmacht. Welche rechtlichen Kriterien hierfür erfüllt sein müssen, lässt sich bei einem Notar erfragen.
Begleitet in Würde leben bis zuletzt
Die moderne Medizin ist soweit fortgeschritten, dass viele Patientinnen mit einer metastasierten Krebserkrankung, wichtige Lebensjahre bei guter Lebensqualität hinzugewinnen können. Dennoch wird manch eine von uns viel zu jung an den Folgen ihrer Krebserkrankung versterben.
Ich kann dir nicht versprechen, dass alles gut werden wird. Vielleicht kann ich dir aber den Mut schenken, sollte deine Erkrankung unbarmherzig voranschreiten, Kontakt zu einem palliativen Team oder einem Hospizverein aufzunehmen und zu erfahren, welche Möglichkeiten es für deine persönliche Situation gibt. Bei einer palliativen Begleitung geht es nicht darum, den Menschen am Ende seines Lebens aufzugeben, sondern Leid, Ängste und Schmerzen zu lindern. Es geht um Vertrauen, Geborgenheit und Würde bis zum letzten Atemzug, bei bestmöglichster Lebensqualität. Ehrenamtliche HospizbegleiterInnen, stehen Menschen in einer palliativen Lebenssituation und ihren Familien, voller Achtsamkeit zur Seite.
Weitere wichtige Informationen dazu findest du in unserem Palliativ-Kurs.
Ich wünsche dir wichtige Wegbegleiter an deiner Seite, die dir die Unterstützung schenken, die du gerade benötigst. Hab aber auch den Mut, innovative Wege zu gehen und dir Hilfe zu suchen. Andere um Hilfe zu bitten, ist kein Zeichen von Schwäche, sondern zeigt nur, wie mutig und stark du für dich und deine Familie handelst.
Literatur für Eltern & Kinder
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Sylvia Broeckmann: "Plötzlich ist alles anders – wenn Eltern an Krebs erkranken"
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Susanne Krejsa: "Mama hat Krebs – Mit Kindern die Krankheit begreifen"
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Sarah Roxana Herlofsen und Dagmar Geisler: "Wie ist das mit dem Krebs?"
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Judith Alder und Anne-Christine Loschnigg-Barman: "Manchmal ist Mama müde: Ein Kinderbuch zum Thema Brustkrebs"
In den vergangenen Jahren habe ich Kinder kennengelernt, deren Eltern an Krebs erkrankt sind. Manche von ihnen sind mittlerweile junge Erwachsene. Ich habe viele berührende und hoffnungsfrohe Geschichten erlebt, aber manchmal auch die traurigsten. Aber sie alle erzählen von Wärme, Zusammenhalt und Liebe. Der Liebe zwischen Müttern und ihren Kindern, die unglaubliches erlebten, zusammen meisterten und alles Recht haben, aufeinander Stolz zu sein!
Geprüft Nicole Kultau: aktualisiert März 2022