Durch einen gesunden Lebensstil können Menschen mit Angina pectoris den Erfolg der medikamentösen Behandlung und die Reduktion der Brustenge maßgeblich unterstützen. Auch das Fortschreiten der meist zugrundeliegenden koronaren Herzerkrankung lässt sich damit in vielen Fällen verlangsamen. In dieser Lektion lernen Sie die relevantesten Risikofaktoren kennen und erhalten Tipps, wie Sie Ihre/Ihren Angehörige/n hinsichtlich einer gesunden Lebensführung unterstützen können.
Mag. Dr. Josef Aichinger, Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie, beantwortet im Video "Lebensstil und Behandlungserfolg" folgende Fragen:
Klicken Sie auf eine Frage, um direkt zum entsprechenden Videoabschnitt zu springen!- Welche Lebensstiländerungen sind bei Angina pectoris sinnvoll?
- Was kann ich tun, um Lebensstiländerungen zu unterstützen?
- Muss ich selbst mit dem Rauchen aufhören, wenn mein/e PartnerIn Angina pectoris hat?
- Darf ich auch deftige Speisen für meine/n Angehörige/n kochen?
- Sollte mein/e Angehörige/r komplett auf Alkohol verzichten?
- Welche Sportarten könnten mein/e Angehörige/r und ich gemeinsam ausüben?
- Was sollte ich als Angehörige/r nach der Stent/Bypass-Behandlung beachten?
- Warum ist es so wichtig, dass die Medikamente konsequent eingenommen werden?
- Auf den Punkt gebracht
Video Transkript
Welche Lebensstiländerungen sind bei Angina pectoris sinnvoll?
Angina-pectoris-Patienten sollten hinsichtlich ihres Lebensstils
- vor allem einen regelmäßigen Tagesablauf verfolgen.
- Sie sollten ihr Leben möglichst stressfrei gestalten.
- Sie sollten ständig und sehr konsequent auch körperliche Aktivitäten machen, ein körperliches Trainingsprogramm.
Es gibt aus dem englischsprachigen Raum eine Untersuchung, die gezeigt hat, dass Patienten mit Angina pectoris, wenn sie konsequent über drei Jahre ein Trainingsprogramm durchgeführt haben, die Mortalität, das heißt die Wahrscheinlichkeit zu sterben, um 33 Prozent senken konnten. Das war unabhängig von der Fitness, die sie zu Eingang hatten und unabhängig von der Belastungssituation, die sie grundsätzlich haben. Alleine die Tatsache, dass sie über drei Jahre ganz konsequent ein Trainingsprogramm durchgeführt haben, konnte die Sterblichkeit in ihrem Fall um 33 Prozent senken. Daher ist es für solche Patienten von großem Wert, wenn sie solch ein Trainingsprogramm konsequent anhaften und durchführen.
Hinsichtlich der Diät gibt es hinreichend Beratungen für Patienten mit Angina pectoris.
- Jedenfalls ist wichtig, dass man auf den Cholesteringehalt achtgibt und cholesterinreduzierte Ernährung durchführt.
- In aller Regel sind die meisten Patienten mit Angina pectoris auch Diabetes-Patienten oder Patienten mit einer Zuckerverwertungsstörung. Daher sollten Sie möglichst zuckerreduziert leben.
- Sie sollten im Lebensstil beachten, dass der Blutdruck gut eingestellt ist, denn das sind die wesentlichen Risikofaktoren für eine Verschlechterung der koronaren Herzerkrankung.
- Und naturgemäß sollten sie unter keinen Umständen weiter rauchen.
Was kann ich tun, um Lebensstiländerungen zu unterstützen?
Als Angehöriger ist es sicher von großem Wert, wenn Sie selber auch in dieselbe Lebensstilschiene einbiegen. Denn die meisten Partnerinnen und Partner von Angina-pectoris-Patienten hatten zuvor auch einen Lebensstil, der nicht wirklich vorzüglich gesund war. Es ist zu Ihrem eigenen Schutz, wenn Sie den Lebensstil so gestalten, als hätten Sie selber auch die Angina pectoris, weil Sie Ihrem Gefäßsystem und Ihrem Herzen etwas Gutes tun.
Sie können Ihrem Partner, der an Angina pectoris erkrankt ist, durch denselben Lebensstil viel mehr Motivation geben, und es ist leichter durchführbar, wenn in einer Partnerschaft derselbe Lebensstil durchgeführt wird, als wenn beide indifferenten Weg gehen.
Muss ich selbst mit dem Rauchen aufhören, wenn mein/e PartnerIn Angina pectoris hat?
Grundsätzlich sollten Sie als Partner oder Partnerinnen eines Angina-pectoris-Patienten aufgrund des Schutzes Ihrer eigenen Gesundheit unbedingt mit dem Rauchen aufhören. Jedenfalls wenn Sie beide Raucher / Raucherinnen waren, wird es schwer sein, Ihren Angina-pectoris-Partner davon zu überzeugen, dass er das Rauchen aufhören sollte, wenn Sie weiter rauchen. Es ist unter allen Umständen sehr vorteilhaft, wenn Sie selber auch mit dem Rauchen aufhören. Unter allen Umständen dürfen Sie nicht in Anwesenheit Ihres Angina-pectoris-Patienten rauchen, denn alleine ihn zu einem Mitraucher zu machen, erhöht wieder sein Risiko, die Angina pectoris zu verstärken bzw. ein Fortschreiten der koronaren Herzerkrankung im Gang zu halten.
Darf ich auch deftige Speisen für meine/n Angehörige/n kochen?
Am Alltagstisch sollten sie wohl nicht sein. Aber wir sagen als Ärzte: Die meisten Menschen nehmen nicht zwischen Weihnachten und Neujahr zu, sondern zwischen Neujahr und Weihnachten. Das heißt: Wenn die Feste fallen, dann können Sie Feste auch feiern. Dies sollte sich aber auf einzelne Mahlzeiten bei Festen beschränken. Grundsätzlich sollten Sie den Diätvorschlägen, die Sie vielleicht in der Diätberatung schon bekommen haben oder bekommen werden, folgen.
Sollte mein/e Angehörige/r komplett auf Alkohol verzichten?
Grundsätzlich ist zu sagen, dass Alkohol kein typischer Risikofaktor für die koronare Herzerkrankung ist. Man hat lange geglaubt, dass Alkohol sogar vor einer arteriosklerotischen Erkrankung schützt. Dies konnte jedoch nie wirklich bewiesen werden.
Das heißt: Alkohol kann auch nicht empfohlen werden in der koronaren Herzerkrankung, muss aber nicht grundsätzlich abgelehnt werden. Was man allerdings berücksichtigen sollte ist, dass man nicht Alkohol unmittelbar zur Medikamenteneinnahme zu sich nimmt.
Welche Sportarten könnten mein/e Angehörige/r und ich gemeinsam ausüben?
In aller Regel sind es Sportarten, die mit Bewegung in freier Natur einhergehen, wie Wandern, Laufen, Langlaufen, Radfahren und dergleichen mehr. Auch Skifahren, wenn man geübter Skifahrer ist.
Ansonsten können natürlich die unterschiedlichen Belastungsstufen, die naturgemäß, wenn jemand am Herzen erkrankt ist, mit dem Partner nicht immer auf der selben möglichen Belastungsstufe liegen. Sie können aber bei Hometrainern natürlich gut eingestellt werden, indem der Partner auf höhere Belastungsstufen einstellt als der Patient. Und derlei Sportarten können gut und recht gemeinsam durchgeführt werden.
Was sollte ich als Angehörige/r nach der Stent/Bypass-Behandlung beachten?
Nach einer Stent-Implantation oder Bypass-Behandlung sollte in aller Regel das Durchblutungsproblem des Herzens Ihres Partners weitgehend behoben sein. Ich sage weitgehend, weil natürlich immer Restprobleme bestehen bleiben, weil nicht nur die bygepassten oder gestenteten Gefäße erkrankt waren, sondern das gesamte Gefäßsystem.
Wichtig ist bei diesen Patienten, dass sie zu den vorgeschriebenen Kontrollen kommen beim Arzt, denn dann kann man feststellen, ob die Wiederherstellung der adäquaten Durchblutung des Herzens hinreichend war, ob der Patient hinreichend belastbar ist. Und nach all diesen Maßgaben, die in den ärztlichen Nachuntersuchungen festgestellt werden, können Sie Ihr Leben weiter gestalten.
Im Wesentlichen wird Ihr Partner, wenn einen Stent bekommen hat oder eine Bypass-Operation hinter sich hat, in aller Regel genauso zu behandeln sein wie ein stabiler koronarer Patient. Das heißt: Entweder er verbleibt in einem günstigstenfalls stabilen Stadium einer koronaren Herzerkrankung mit geringem Risiko. Dann können Sie all die Belastungen durchführen, die wir in den vorangegangenen Fragen beantwortet haben.
Sollte der Patient jedoch in einer hohen Risikogruppe weiterhin verbleiben, dann ist natürlich notwendig, durch ärztliche Begleitung den Patienten in dieser Situation zu stabilisieren. Das wird in aller Regel in die Kompetenz einer ärztlichen Betreuung fallen.
Warum ist es so wichtig, dass die Medikamente konsequent eingenommen werden?
Zum einen: Bei Patienten, die einen Stent oder Bypass haben, werden Medikamente verordnet, die verhindern, dass sich im Stent oder auch im Bypass Blutplättchen anlagern und das Gefäß verstopfen.
Wenn ein Patient diese Medikamente nicht einnimmt, besteht die Gefahr eines totalen Gefäßverschlusses, und zum Beispiel nach Stent-Implantation in einem großen, relevanten Gefäß kann der akute Stentverschluss in etwa 50 Prozent der Fälle akut zum Tod führen.
Aus diesem Grund ist es, insbesondere wenn große Gefäße behandelt wurden, unbedingt notwendig, diese Medikamente sehr konsequent einzunehmen.
Die anderen Medikamentengruppen beeinflussen vor allem die Risikofaktoren. Und wir wissen, dass Patienten, die konsequent ihr Cholesterin senken auf den Zielwert, der heißt LDL unter 70, dass die ein deutlich niedrigeres Risiko auf ein neuerliches Negativereignis im Rahmen der koronaren Herzerkrankung haben.
Dasselbe gilt von der Behandlung des Bluthochdrucks und so weiter.
Und daher ist es im Sinne der des Risikomanagements des Patienten unbedingt notwendig, auch diese Medikamente sehr strikt einzunehmen.
Auf den Punkt gebracht
Lebensstil und Behandlungserfolg
- PatientInnen können viele Risikofaktoren der Angina pectoris beeinflussen und den Behandlungserfolg maßgeblich mitgestalten.
- Wenn Sie die Lebensstiländerungen gemeinsam mit Ihrer Angehörigen/Ihrem Angehörigen umsetzen, kann das die Motivation für eine gesunde Lebensweise erhöhen.
Die größten Risikofaktoren bei Angina pectoris
Das Entstehen und der Verlauf einer Angina pectoris werden durch unterschiedlichste Risikofaktoren bestimmt. Diese werden in beeinflussbare und nicht beeinflussbare Faktoren unterteilt.
Beeinflussbare Risikofaktoren | Nicht beeinflussbare Risikofaktoren |
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Beeinflussbare Risikofaktoren |
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Nicht beeinflussbare Risikofaktoren |
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Je ungesünder und risikobehafteter der Lebensstil ist, desto höher ist auch das Risiko, an einer koronaren Herzerkankung zu erkranken und in folge dessen unter Angina pectoris zu leiden.
Auf die behandelbaren Risikofaktoren der Angina pectoris können Betroffene durch Bewegung und Sport, die richtige Ernährung und Raucherentwöhnung selbst Einfluss nehmen.
Wie plane ich gemeinsame Aktivitäten, die einen gesunden Lebensstil fördern?
Vielen Angina-pectoris-PatientInnen fällt es schwer, ihre oftmals langjährigen Gewohnheiten zugunsten eines gesünderen Lebensstils aufzugeben. Geht es Ihrer/Ihrem Angehörigen ebenso, kann es helfen, sich mit ihr/ihm zusammenzusetzen und gemeinsame Freizeitaktivitäten und Unternehmungen zu planen.
Dabei können Sie sich beispielsweise folgende Fragen stellen:
1. Was bietet sich an?
- Gibt es einen Wald oder Wanderwege, wo man schön spazieren gehen kann?
- Gibt es einen Sportverein, in den Sie gemeinsam eintreten können?
- Haben Verwandte/Freunde ein Hobby, das auch Ihnen und Ihrer/Ihrem Angehörigen Spaß machen könnte?
- Eignen sich die Rahmenbedingungen? Eine extreme Höhenlage ist beispielsweise nicht nur wegen des veränderten Sauerstoffgehalts problematisch, sondern weist oft auch eine schlechte Telefonverbindung auf, die im Notfall sehr wichtig sein kann.
Was kann ich tun, um Lebensstiländerungen zu unterstützen?
Einen über Jahre liebgewonnenen Lebensstil plötzlich dauerhaft ändern zu müssen, ist eine große Herausforderung. Die wenigsten Menschen sind in der Lage, diese Aufgabe ohne Unterstützung aus dem familiären und sozialen Umfeld zu schaffen. In folgenden Punkten können Sie Ihrer/Ihrem Angehörige/n helfen und sie/ihn durch Ihr Mitmachen motivieren:
- Probieren Sie gemeinsam gesunde Rezepte aus oder belegen Sie zusammen einen entsprechenden Kochkurs.
- Rauchen sollte nicht nur für Ihre/n Angehörige/n tabu sein, sondern für die gesamte Familie. Ist dies nicht möglich, sollte es jedenfalls vermieden werden, direkt vor der/dem Betroffenen zu rauchen.
- Planen Sie gemeinsam Bewegung an der frischen Luft ein.
- Ziehen Sie die Stressbremse, indem Sie beispielsweise gemeinsame Pausen einlegen. Unterstützen Sie Ihre/n Angehörige/n dabei, sich Freiräume zur Entspannung und Erholung zu schaffen.
Warum ist Adhärenz wichtig und wie lässt sie sich positiv beeinflussen?
Hält sich ein/e PatientIn an die mit der Ärztin/dem Arzt besprochenen Therapievorgaben und Verhaltensregeln, wird das als Adhärenz bezeichnet. Je geringer die Adhärenz, desto größer ist die Gefahr, dass das Therapieziel nicht erreicht wird.
Die Gründe für mangelnde Adhärenz sind vielfältig. Die häufigsten sind:
- unzureichende Informationen, z.B. über Medikamentennebenwirkungen
- mangelhafte Kommunikation
- fehlende Motivation
- fehlendes Vertrauen zur Ärztin/zum Arzt
Manchmal hat die fehlende Therapietreue aber auch einen ganz banalen Hintergrund: Die Einnahme der Medikamente wird vergessen. In diesem Fall kann eine Dosierbox, in der die Tabletten nach Wochentag und Tageszeit (morgens, mittags, abends, nachts) einsortiert werden können, Abhilfe schaffen.
Weitere Tipps, die Einnahme Ihrer Medikamente nicht zu vergessen, finden Sie hier.
Geprüft Prim. Mag. Dr. Josef Aichinger: aktualisiert April 2022 | AT-RAN-13-04-2019