3. Medikamentöse Behandlung bei Vorhofflimmern

Unterschied zwischen Frequenz- und Rhythmuskontrolle

Das bei Vorhofflimmern erhöhte Schlaganfallrisiko lässt sich mit medikamentöser Gerinnungshemmung deutlich verringern. Auch das Vorhofflimmern selbst ist gut therapierbar. Je nach PatientIn werden bei der Therapie unterschiedliche Ansätze und Ziele verfolgt.

Medikamentengruppen

Bei der Therapie des Vorhofflimmerns werden zwei große Medikamentengruppen unterschieden, welche je nach Alter und individuellem Beschwerdebild der Patientin/des Patienten eingesetzt werden.

Medikamente zur Frequenzkontrolle

Bei der Frequenzkontrolle richtet sich die Therapie in erster Linie auf die Regulierung der Herzfrequenz. Hierbei werden vornehmlich die Symptome wie Herzrasen reduziert, indem die Herzfrequenz verlangsamt wird. Der unregelmäßige Rhythmus des Herzens wird belassen. Diese Medikamente beheben nicht die Ursache des Vorhofflimmerns, aber lindern die Beschwerden. Beispiele für diese Medikamente sind:

  • Betablocker
  • Calcium-Antagonisten
  • Digitalis-Präparate

Medikamente zur Rhythmuskontrolle

Andere Medikamente, die in der Therapie von Vorhofflimmern eingesetzt werden, sind solche zur Rhythmuskontrolle. Beim Vorhofflimmern schlägt das Herz nicht regelmäßig und der Rhythmus gleicht vielmehr einem Zittern. Die Medikamente zur Rhythmuskontrolle sorgen dafür, dass das Herz wieder kräftig pumpt und der normale Herzrhythmus wieder hergestellt wird. Diese Medikamente beheben somit die Ursache des Vorhofflimmerns und somit auch die Beschwerden.
Diese Maßnahme zu Rhythmuskontrolle wird auch medikamentöse Kardioversion genannt. Beispiele für diese Medikamente sind:

  • Klasse-I-Antiarrhythmika: Propafenon, Flecainid
  • Klasse-III-Antiarrhythmika: Amiodaron, Sotalol

Vorteile und Risiken der unterschiedlichen Medikamente

Jede Therapie ist eine Abwägung von Vorteil und Risiko. Um Ihnen eine Abwägung zu erleichtern, sind im Folgenden die wichtigsten Vor- und Nachteile zusammengefasst.

Vorteile der medikamentösen Therapie

Ein Vorteil der medikamentösen Therapie ist – insbesondere bei den frequenzregulierenden Medikamenten – die gute Wirkung und die anschließende Beschwerdefreiheit.

Nachteile der medikamentösen Therapie

Bei der medikamentösen Therapie stellen mögliche Nebenwirkungen den größten Nachteil dar. Häufigste Nebenwirkung ist dabei eine verlangsamte oder beschleunigte Herzfrequenz, welche von einer Zielfrequenz von 60 bis 100 Schlägen pro Minute abweicht. Durch regelmäßiges Pulsmessen haben Sie jedoch die Möglichkeit diese Nebenwirkungen selbst zu erkennen. Weitere Informationen hierfür erhalten Sie unter “Chancen und Risiken der Ablation”.

Wann wird ein Schrittmacher benötigt?

Ein zu schneller Puls kann mittels Medikamente gebremst werden. Wenn der Puls zu langsam ist, ist dies mit Medikamenten jedoch schwer zu behandeln. In solchen Fällen kann ein Herzschrittmacher das Herz unterstützen und helfen, die passende Herzfrequenz zu erreichen.

Symptomfreiheit durch medikamentöse Therapie

Ob eine Therapie zur Symptomfreiheit führt, ist individuell sehr unterschiedlich und von verschiedenen Faktoren abhängig. Zur Rhythmustherapie wird in den meisten Fällen eine Ablation durchgeführt, da dies die Maßnahme mit der höchsten Erfolgschance ist. Liegen jedoch bei der Patientin/dem Patienten Gründe vor, die gegen eine solche Operation sprechen, gibt es viele medikamentöse Möglichkeiten. Diese können ebenso die Beschwerden lindern. Sollten bei Ihnen bei der Medikamenteneinnahme Nebenwirkungen auftreten, ist auch ein Wechsel zu einem anderen Wirkstoff möglich.

Medikamente bei Bedarf

Es gibt Medikamente, die bei Vorhofflimmern nur bei Bedarf eingesetzt werden. Diese Therapie wird auch “Rhythmuspille” oder “pill in the pocket” genannt und ist eine Notfallmaßnahme für selten auftretendes Vorhofflimmern. Hierbei sollten Sie jedoch einige Hinweise und Besonderheiten kennen und beachten.

Rhythmuspille einfach erklärt

Bei der Rhythmuspille handelt es sich nicht um eine Dauertherapie, sondern um eine einmalige Einnahme der antiarrhythmischen Therapie bei Symptomen.

Die Rhythmuspille wird nur bei PatientInnen eingesetzt, bei denen das Vorhofflimmern in großen Abständen auftritt und nur kurzeitig anhält. Man spricht dabei auch von anfallsartigem oder paroxysmalem Vorhofflimmern. Die Rhythmuspille hat den Vorteil, dass durch die kurzeitige Einnahme des Medikaments weniger Nebenwirkungen auftreten. Andererseits ist sie nur für wenige PatientInnen eine geeignete Therapieoption und hat bei dauerhaftem Vorhofflimmern eine unzureichende Wirkung.

Voraussetzungen für die Therapie des Vorhofflimmerns mit der Rhythmuspille sind:

  • Niedrigeres Alter
  • Keine Herz-Kreislauf-Begleiterkrankungen (keine Herzklappenerkrankung, keine koronare Herzkrankheit, keine Herzschwäche etc.)
  • Seltenes Auftreten des Vorhofflimmerns
  • Ärztliche Abklärung, ob die Maßnahme für Sie geeignet ist (Langzeit-EKG, Herzultraschall, evtl. Herz-CT)

Einnahme der Rhythmuspille: Was muss ich beachten?

Es ist wichtig, dass Sie sich nach der Einnahme der Pille entspannen, da innere Anspannung den Puls ansteigen lässt. Nehmen Sie an dem Tag eine Auszeit und gönnen Sie sich einen Tag Ruhe. Zudem sollten Sie bei der Einnahme der Rhythmuspille folgendes beachten:

  1. Die erste Einnahme der Rhythmuspille sollte unter ärztlicher Aufsicht erfolgen, um das Ansprechen und Nebenwirkungen kontrollieren zu können.
  2. Wenn Sie das Gefühl haben, dass Vorhofflimmern auftritt, zum Beispiel durch Unruhe und Herzrasen, versuchen Sie das Vorhofflimmern zu bestätigen, indem Sie Ihren Puls tasten oder ein 1-Kanal-EKG aufzeichnen (hierzu eignen sich ausgewählte Pulsuhren, mobile EKG-Geräte oder eine AppleWatch).
  3. Bestätigt sich das Vorhofflimmern, nehmen Sie die Medikamente im Sitzen ein, da es in seltenen Fällen zu Kreislaufproblemen kommen kann
  4. Nehmen Sie immer nur ein Medikament ein und kombinieren Sie keine Medikamente.
  5. Wenn Sie die Rhythmuspille selbstständig einnehmen, sollten Sie die Anweisungen und Dosierung einhalten, die Ihnen Ihre Ärztin/Ihr Arzt aufgeschrieben hat.

Vorhofflimmern trotz Rhythmuspille

Die Rhythmuspille sollte innerhalb von 8 bis 12 Stunden ihre Wirkung erzielen und das Vorhofflimmern unterbrechen. Da Vorhofflimmern dem Herz und den anderen Organen schaden kann, sollte es nicht über einen längeren Zeitraum anhalten. Haben Sie trotz Einnahme des Medikaments immer noch Symptome, suchen Sie eine Ärztin/einen Arzt auf.

Downloads

  • Vorhofflimmern - Glossar Hier finden Sie die wichtigsten medizinischen Begriffe und Fachtermini zum Vorhofflimmern kurz und prägnant erklärt.

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Geprüft Univ.-Prof. Priv.-Doz. Dr. Daniel Scherr: Stand Juni 2022 | PP-ELI-AUT-0819/07.2022 | CV-AT-2200002, 06/2022 | Quellen und Bildnachweis

Die Kurse sind kein Ersatz für das persönliche Gespräch mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt, sondern ein Beitrag dazu, PatientInnen und Angehörige zu stärken und die Arzt-Patienten-Kommunikation zu erleichtern.