7. Behandlung von Insektengiftallergien – alle Fragen

In dieser Schulung erfahren Sie alles zum Thema Diagnostik und Therapie der Insektengiftallergie. Der Mediziner Assoz.-Prof Dr. Gunter Sturm spricht über den Diagnoseweg und den Prozess der Hyposensibilisierung. Univ.-Doz. Dr. Wolfgang Hemmer, Biologe, erklärt die Biologie der Insekten, ihr Verhalten und Vorkommen. Darüber hinaus lernen Sie auch, wo Risikosituationen entstehen und wie Sie diese vermeiden können, damit es nicht zu Stichen kommt.

Diagnose Insektengiftallergie

Wann sollte ich mit einem auffälligen Insektenstich zur Ärztin/zum Arzt gehen?

Wenn Sie nach einem Stich eine Schwellung von 1 bis 2 cm, mit umgebender Rötung und leichtem Schmerz beobachten, ist dies kein Problem, sondern eine normale Stichreaktion.

Sollten Sie eine Schwellung über 10 cm haben, die über mehrere Tage bestehen bleibt, dann sollten Sie zu einer Ärztin oder einem Arzt gehen, um dies kontrollieren zu lassen. Sollten Sie unmittelbar nach dem Stich Atemprobleme, Kreislaufbeschwerden oder generalisierte Hautsymptome, wie einen Nesselausschlag bekommen, dann muss eine Abklärung durch einen allergologisch tätigen Arzt oder Ärztin unbedingt erfolgen.

An wen kann ich mich wenden, wenn ich den Verdacht auf eine Insektenallergie haben?

Es ist oft nicht so leicht den richtigen Arzt oder Ärztin zu finden, die sich mit Allergien auskennen. Denn in Österreich gibt es noch keine Spezialisierung und keinen Hinweis darauf, wer allergologisch tätig ist und wer nicht. Im allgemeinen sind es meistens Hautärzte und Hausärztinnen, HNO Ärzte und HNO Ärztinnen oder Kinderärzte. Diese beschäftigen sich oft mit Allergien und diese können Sie besuchen, wenn Sie ein Problem nach einem Insektenstich gehabt haben.

Wie erfolgt die Diagnose Insektengiftallergie?

Die Diagnose Insektengiftallergie wird zuerst mit einem Gespräch erhoben. Dabei wird gefragt, welche Symptome Sie erlitten haben, wie es Ihnen ergangen ist und wo Sie gestochen worden sind. Wichtig ist die Unterscheidung, ob Sie sofort, innerhalb von Minuten generelle Symptome gehabt haben, beispielsweise Hautsymptome, Kreislauf oder Atem Symptome oder ob es bei einer Schwellung geblieben ist. Eine Schwellung muss nicht abgeklärt werden, wenn Sie keine Symptome über die Stichstelle hinaus gehabt haben. Ansonsten sollten Sie eine Allergieabklärung durchführen lassen.

Wie kann ich mich auf den Arztbesuch vorbereiten?

Es ist immer gut, wenn man das Stichereignis noch einmal Revue passieren lässt. Für uns ist es wichtig, wenn Sie eventuell in einer Ambulanz oder von einem Notarzt behandelt worden sind, dass Sie das Protokoll mitbringen. Denn wir müssen wissen, was sie bekommen haben, um die Symptome in den Griff zu bekommen. Hilfreich ist es auch zu wissen, in welcher Umgebung Sie gestochen worden sind und wie lange es gedauert hat, bis die Symptome aufgetreten sind. Alles weitere kann man dann noch im Detail klären.

Welche Fragen können beim Arztgespräch gestellt werden?

Prinzipiell kommen einige Fragen auf Sie zu, wenn Sie eine Stichreaktion erlebt haben. Für uns ist interessant zu wissen in welcher Körperregion Sie gestochen worden sind, denn in manchen Regionen kommt es vermehrt zu Schwellungen. Allerdings hat die Stichlokalisation keinen Einfluss auf den Schweregrad einer eventuellen, generellen Allergie Symptomatik.

Auch interessant ist, wann die Reaktion aufgetreten ist. Schwere Reaktionen treten üblicherweise innerhalb von einigen Minuten auf, Hautsymptome kommen meistens erst später nach 20-30 Minuten. Bereits hier kann der Schweregrad schon ungefähr eingeschätzt werden. Wir wollen auch noch wissen welche Medikamente Sie einnehmen. Früher wurden manche Medikamente verdächtig, dass sie die Allergiereaktionen verstärken können, was sich jedoch als haltlos herausgestellt hat. Medikamente sind zwar wichtig. aber nicht mehr so wichtig wie früher. Außerdem wollen wir wissen, ob Sie bereits behandelt worden sind.

Was passiert nach dem Arztgespräch?

Das Arztgespräch dient dazu herauszufinden, ob Sie eine normale oder gesteigerte Lokalreaktion gehabt haben. Eine gesteigerte Lokalreaktion wird definiert als eine Schwellung über 10 cm, die über mindestens 24 Stunden besteht und meist bis zu einer Woche bleibt. Nachdem der Arzt diese Informationen hat, wird die Diagnostik eingeleitet. Wenn Sie generell reagiert haben, wird zusätzlich eine Blutabnahme und ein Hauttest durchgeführt.

Welche Testmöglichkeiten gibt es bei Verdacht auf Insektengiftallergie?

Wir verfügen über zwei unterschiedliche Hauttestungen, einerseits den Pricktest und andererseits die Intrakutantestung. Beim Pricktest wird die Allergenlösung auf die Haut aufgetragen und kurz angepiekst. Dann wird beobachtet, ob nach einer Viertelstunde eine Schwellung oder Rötung auftritt.

Der Intrakutantest ist ein bisschen invasiver, da eine kleine Mengen des Insektengifts in die Haut hinein gespritzt wird. Dann wird beobachtet, ob Schwellungen oder Rötungen auftreten. Diese Symptome würden für eine Allergie sprechen.

Zusätzlich gibt es die Blutabnahme, wobei spezifische Antikörper, welche bei der Allergie eine Rolle spielen, bestimmen werden können. Dies ist heutzutage der Hauptschritt, da er schneller erfolgen und viel aussagen kann. Je nach Bedarf werden dann zusätzlich Hauttests durchgeführt.

Kann es bei den Tests zu Schmerzen kommen und welche Nebenwirkungen sind möglich?

Die Tests sind bezüglich der Nebenwirkungen relativ harmlos. Bei der Pricktestung, einem einfachen Hauttest, beobachten wir nie Nebenwirkungen. Möglich ist lediglich leichter Juckreiz, lokal an den Applikationsstellen. Die Intrakutantestung kann leichte allergische Reaktionen auslösen, jedoch selten bei einer Person von 500, mit leichten Symptomen. Die Blutabnahme ist ein kleiner Stich, der kurz weh tun kann, jedoch ist die Diagnostik alles in allem nicht sehr schmerzhaft.

Was sagen die Ergebnisse der Tests aus?

Sowohl der Intrakutantest als auch die Blutabnahme sind heutzutage sehr zuverlässig. Es können fast alle Patienten, die eine Insektengiftallergie haben, auch damit diagnostiziert werden.

Das Problem ist eher, dass mit den Tests nicht unterschieden werden kann, ob Sie eine gesteigerte Lokalreaktion, also eine größere Schwellung und/oder eine generelle Allergie Reaktion haben. Es gibt auch viele Patienten, die in den Tests positiv sind und gar nicht reagieren. Warum das so ist, wissen wir noch nicht. Der Test eignet sich somit nicht als Screeninguntersuchung, wo wir alle durchtesten. Denn dann wären viele Patienten positiv, die noch nie auf einen Stich reagiert haben und auch nicht reagieren werden.

Hier geht es zum Video-Interview: „Diagnose Insektengiftallergie“

Nach der Diagnose

Was passiert nach der Diagnose Insektengiftallergie?

Wenn Sie eine generelle Insektengiftallergie haben, ist der erste Schritt, dass sie ein Notfallset bekommen. Es kann sich dabei um ein kleines Notfallset, das aus Allergietabletten besteht handeln. Es kann aber auch einen Adrenalin-Pen enthalten, falls Sie mit einer Kreislauf Symptomatik reagiert haben.

Wenn wir bestätigen können, welches Insekt für Ihre Allergie relevant ist, können wir über weitere Therapiemaßnahmen, wie eine Immuntherapie sprechen. Dies ist eine Impfkur, die Sie wieder tolerant gegenüber den Insekten machen soll.

Was kann bei Angst vor einem Insektenstich helfen?

Die Angst vor erneuten Insektenstichen äußert sich immer verschieden. Einige Personen waren bewusstlos und sehen dies locker, andere haben nur eine Hautausschlag gehabt, der als sehr belastend empfunden wurde. Es hängt also von Ihnen persönlich und Ihrer Veranlagung ab. Wenn man jedoch sehr schwer reagiert hat, hilft die Immuntherapie, die Impfkur. Mit dieser sind Sie zu fast zu 100% geschützt und können wieder entspannt im Freien sein und die Insekten beobachten.

Warum ist eine frühe Behandlung der Insektengiftallergie sinnvoll?

Die frühe Behandlung der Insektengiftallergie ist nicht vordringlich, wenn Sie beispielsweise nur selten, alle zehn Jahre, gestochen werden. Dann reicht vielleicht ein Notfallset aus. Wenn Sie aber häufig gestochen werden oder sehr schwer reagieren, dann sollten Sie die Immuntherapie, die Impfkur starten, um geschützt zu sein. Also umso früher Sie mit der Therapie beginnen, umso eher können Sie zukünftige Reaktionen vermeiden.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

Grundsätzlich gibt es zwei mögliche Therapieoptionen. Einmal das Mitführen eines Notfallsets, welches klein in Tablettenform oder größer mit einem Adrenalin Pen sein kann. Dabei muss man sich bewusst sein, dass es eine rein symptomatische Behandlung ist. Ich werde gestochen, ich reagiere und ich behandle dann meine Symptome.

Die zweite Therapieform ist die kausale Therapie. Das heißt ich kann meine Allergie wieder weg bekommen, dafür mache ich die Impfkur, die Immuntherapie. Mit dieser Therapie wird der Körper wieder tolerant und Sie vertragen zukünftige Stiche wieder. Somit brauchen Sie auch in den meisten Fällen kein Notfallset mehr.

Was ist eine Hyposensibilisierung?

Eine Hyposensibilisierung ist im Prinzip eine regelmäßige Verabreichung des Allergens, das zu Ihren Symptomen geführt hat. In unserem Fall handelt es sich um Bienen- oder Wespengift.

Die Hyposensibilisierung besteht aus zwei Phasen. In der ersten Phase wird langsam die Dosis gesteigert, um den Körper an immer höhere Dosen zu gewöhnen. Nach einer gewissen Zeit hat man die sogenannte Erhaltungsphase erreicht. Mit dieser ist man schon geschützt und setzt die Therapie nur noch monatlich, also alle vier bis sechs Wochen fort. Die Therapie dauert mindestens drei, besser fünf Jahre.

Welche Kriterien beeinflussen, welche Behandlung für mich am sinnvollsten ist?

Welche Behandlung für Sie sinnvoll ist, hängt davon ab, wie häufig Sie gestochen werden. Also wie häufig Sie sich in der Natur bewegen oder in die Nähe von Insekten kommen. Auch wichtig ist es, wie schwer Sie reagiert haben. Denn umso schwerer Sie reagieren, umso eher und schneller würde sollten Sie eine Immuntherapie starten. Wenn Sie nur selten gestochen werden und kaum ein Stichrisiko besteht, wird ein Notfallset genügen.

Wird die Insektengiftallergie bei Kindern und Erwachsenen gleich behandelt?

Prinzipiell wird die Insektengiftallergie bei Kindern und Erwachsenen gleich behandelt. Früher hat man geglaubt, dass Kinder die Allergie auswachsen und hat keine Immuntherapie durchgeführt. Das hat sich mittlerweile geändert. Wenn man gesehen hat, dass Kinder über eine Haut Symptomatik reagieren, das heißt nicht nur mit einem Nesselausschlag, sondern auch mit Problemen der Atmung oder dem Kreislauf. Dann würden diese Kinder von einer Immuntherapie profitieren. Daher ist die Indikationsstellung bei Kindern und Erwachsenen sehr ähnlich.

Gibt es bei Kindern mit Insektengiftallergie etwas spezielles zu beachten?

Bei den Kindern hängt das, was ich beachten muss von der ursprünglichen Reaktion ab. Wenn nur eine reine Haut Symptomatik vorliegt, reicht ein kleines Notfallset. Das können Schmerztabletten oder Brausetabletten sein. Wenn eine Kreislaufreaktion dabei war, brauche ich auch einen Adrenalin-Pen. Sobald dieser Pen im Spiel ist, muss das Umfeld informiert werden, beispielsweise alle Bezugspersonen, die Großeltern, der Kindergarten und die Schule, je nachdem wo sich das Kind aufhält. Denn alle sollten wissen, was im Fall des Falles zu tun ist.

Hier geht es zum Video-Interview: „Nach der Diagnose“

Hyposensibilisierung verstehen

Wie lange dauert eine Hyposensibilisierung?

Eine Hyposensibilisierung dauert mindestens drei Jahre, bei schweren ursprünglichen Reaktionen bis zu fünf Jahre und in Ausnahmefällen ist sie von unbefristeter Dauer. Das soll Sie aber nicht davor abschrecken, diese Therapie zu machen. Denn die wichtige Botschaft ist, dass Sie mit Erreichen der Haltungsdosis, welche je nach Impfschema innerhalb von zwei Tagen oder ein paar Wochen erreicht ist, geschützt sind. Sie müssen die Immuntherapie jedoch monatlich fortführen, um den Schutz zu erhalten. Je länger man die Therapie macht umso besser ist der Langzeiteffekt.

Kann die Therapie nur als Spritze oder auch anders verabreicht werden?

Im Bereich der Beulen- und Hausstaubmilbenallergie haben wir mittlerweile Immuntherapien in Tabletten- oder Tropfenform. Für die Insektenallergien gibt es sowas noch nicht. Es hat Versuche gegeben, jedoch verursacht das Insektengift starke Irritationen im Bereich der Mundschleimhaut. Deshalb gibt es für Insektengiftallergien nur die Therapie in Spritzenform.

Bin ich nach Ende der Hyposensibilisierung von meiner Insektengiftallergie geheilt?

Wenn Sie die Therapie aktuell machen, sind Sie nicht erst am Ende von Ihrer Allergie befreit, sondern mit Erreichen der Höchstdosis. Dies ist innerhalb von wenigen Tagen oder Wochen möglich. Wenn Sie die Therapie für drei bis fünf Jahre fortsetzen, haben Sie also ein extrem geringes Risiko, dass Sie nochmal reagieren

Wenn Sie die Immuntherapie nach drei oder fünf Jahren stoppen und dann extrem häufig gestochen werden, könnte es zu einem Rückfall kommen. In der Regel sind Sie aber für eine lange Zeit, im optimalen Fall lebenslang geschützt.

Inwieweit unterscheidet sich die Hyposensibilisierung bei Bienen- und Wespengiften?

Bienen- und Wespengift sind zwei komplett unterschiedliche Gifte mit bestimmten Ähnlichkeiten. Das Bienengift enthält mehr Allergene als das Wespengift. Dadurch kann es während der Therapie öfter zu leichten Nebenwirkungen kommen, außerdem ist das Bienengift leider nicht so wirksam. Wir haben trotzdem eine hohe Ansprechrate von 86%, die eine Immuntherapie mit Bienengift machen und beim nächsten Stich überhaupt keine Reaktionen mehr haben. Bei den Wespen sind fast 100% symptomfrei.

Ab welchem Alter kann man eine Hyposensibilisierung machen?

Wir empfehlen eine Immuntherapie mit Insektengift ab fünf Jahren. Üblicherweise reagieren Kinder jedoch nicht so schwer. Aber wenn es schwerere Reaktionen gibt, kann diese Therapie in Ausnahmefällen ab 5 Jahren durchgeführt werden. Das ist jedoch mit den Eltern und dem Kind zu besprechen. Ein früherer Start ist auch möglich, aber generell erst ab fünf Jahren.

Gibt es Ausschlusskriterien oder ist die Hyposensibilisierung für jede Person geeignet?

Früher hat es mehr Ausschlusskriterien für die Immuntherapie gegeben. Mittlerweile sind diese auf ein paar kleine Eckpunkte gesunken. Bei einer generellen Autoimmunkrankheit würde keine Immuntherapie gestartet werden. Lokale Autoimmunkrankheiten, wie zum Beispiel Schilddrüsenerkrankungen, Hashimoto-Thyreoiditis stellen aber kein Problem dar.

Bei Krebserkrankungen im aktiven Stadium, wird keine Immuntherapie eingeleitet. Ist alles stabil und die Nachkontrollen unauffällig, kann eine Immuntherapie herangezogen werden, wenn eine schwere Insektengiftallergie vorliegt.

Während der Schwangerschaft muss eine gut tolerierte Immuntherapie nicht abgebrochen werden. Einleiten würde man sie aus Sicherheitsgründen während der Schwangerschaft nicht. Frühere Ausschlusskriterien waren die Einnahme von Medikamenten gegen Bluthochdruck. Nach neueren Studien ist dies jedoch aufgehoben worden.

Was sollte man vor dem Start der Hyposensibilisierung beachten?

Beim Start einer Immuntherapie muss nicht auf die Jahreszeit geachtet werden. Früher wurde gesagt, man sollte nicht während der Flugzeit beginnen. Dies ist heutzutage aber einfacher geworden, die Jahreszeit ist prinzipiell egal.

Sie sollten lediglich Stiche während der auf Aufimpfung vermeiden. Wenn es doch passiert, kann nicht viel geschehen, außer einer schwache Reaktion. Wenn sich im Herbst eine Insektengiftallergie bei Ihnen entwickelt hat, sollten Sie sich optimalerweise bereits im Winter auf die nächste Insektenflugsaison vorbereiten.

Welche Komplikationen und Nebenwirkungen können auftreten?

Bei der Immuntherapie mit Insektengift gibt es Unterschiede zwischen dem Bienen- und Wespengift. Generell ist die Immuntherapie sehr gut verträglich, vor allem mit Wespengift. Nur zwei bis drei Patienten von 100 haben dabei leichte Nebenwirkungen. Dies äußert sich meist in einer abgeschwächten Form der ursprünglichen Stichreaktion. Beispielsweise mit Hautsymptomen oder leichtem Herzklopfen.

Bei der Bienengiftallergie kann es aufgrund der vielen Allergene im Gift zu stärkeren Immunreaktionen kommen. Es treten bei ungefähr jedem Zehnten leichte Symptome auf. Diese sind meist jedoch mild und gut in den Griff zu kriegen. Im Endeffekt hat man das Ergebnis, dass man gegen neue Stiche tolerant ist.

Was kann ich tun, um Nebenwirkungen zu mildern?

Generell gilt für die Immuntherapie, sowohl bei den Insekten als auch bei den inhalativen Allergenen, wie der Pollenallergie oder der Hausstaubmilbenallergie, dass man sich am Impftag schonen sollte. Nach der Impfung sollte keine anstrengende körperliche Tätigkeit verrichtet werden und man sollte auch keinen Alkohol trinken.

Wenn man sich den Tag zuvor oder am Impftag nicht gut fühlt, beispielsweise wenig Schlaf hatte oder sich krank fühlt, sollte die Impfung verschoben werden, bis man wieder genesen ist. Denn bei Schlafmangel oder einem Infekt steigt das Risiko von Nebenwirkungen. Wenn man also gesund und ausgeschlafen ist und sich den Tag schont, sind Nebenwirkungen äußerst selten.

Gibt es Medikamente oder Vorerkrankungen, welche die Therapie beeinflussen können?

Früher ist man davon ausgegangen, dass bestimmte Blutdruck Medikamente, wie ACE Hemmer oder Betablocker und Antidepressiva das Risiko von Nebenwirkungen erhöhen können. Zusätzlich wurde angenommen, dass eventuell auftretende Nebenwirkungen auch schwerer behandelbar wären. Das gilt heute nicht mehr und die Begleitmedikation ist relativ unkompliziert geworden. Im Prinzip können Sie alle Medikamente, die Sie sonst auch nehmen, während der Immuntherapie fortsetzen.

Hier geht es zum Video-Interview: „Hyposensibilisierung verstehen“

Hyposensibilisierung durchführen

Wie häufig findet die Hyposensibilisierung statt?

Die Immuntherapie besteht aus einer Einleitungsphase und einer Erhaltungsphase. Die Einleitungsphase erfolgt in aller Regel einmal die Woche, wobei es unterschiedliche Protokolle gibt. Entweder schafft man es in sieben Wochen auf die Erhaltungsdosis zu kommen, manchmal in elf Wochen. Dann gibt’s stationäre Einleitungen, wo man es in zwei bis vier Tagen schafft. Die Einleitungsphase nimmt somit die meiste Zeit in Anspruch. Entweder muss man sich also stationär ins Krankenhaus begeben oder ein paar Wochen investieren und ambulant zu den Impfterminen kommen. Hier gibt es ein höheres Risiko für Nebenwirkungen.

Sind Sie einmal auf der Erhaltungsdosis, das bedeutet auf der höchsten Dosis, dann erfolgt die Injektion in vier bis sechswöchigen Abständen. Das ist für die meisten dann kein Problem mehr. Die Therapie wird zu dem Zeitpunkt schon perfekt toleriert und es geht nur noch darum, den Schutz zu erhalten.

Wie läuft die Hyposensibilisierung ab?

Wenn Sie zur Immuntherapie kommen, werden Sie zuerst befragt, wie es Ihnen geht, ob Sie gesund sind oder ob Sie Fieber haben. Wenn Sie sich gut fühlen und ausgeschlafen sind, werden Sie geimpft.

Wichtig ist, dass Sie nach dem Impfen immer 30 Minuten zur Nachbeobachtung vor Ort bleiben, da die Nebenwirkungen sehr häufig in diesem Zeitraum auftreten. Dann kann man auch noch gegensteuern, es ist eine vorgeschriebene Maßnahme zu Ihrer Sicherheit. In den meisten Fällen passiert jedoch nichts.

Sind während der Therapie Kontrolltermine notwendig?

Wenn Sie unter der Therapie in einem speziellen Zentrum sind, dann sind keine Kontrollen mehr notwendig. Es gibt keine Ergebnisse von Blutwerten oder Hauttests, die Anzeichen für einen Erfolg oder ein Ansprechen geben könnten.

Wichtig ist, dass Sie die Impfintervalle regelmäßig einhalten. Kontrolltermine sind lediglich notwendig, wenn Sie sich bei Ihrem Hausarzt oder Hausärztin impfen lassen. Dann wollen wir Sie hin und wieder sehen und kontrollieren, ob alles funktioniert.

Wann kann ich mit ersten Erfolgen bzw. Verbesserungen rechnen?

Bei der Insektengift Immuntherapie ist es so, dass es nicht kontinuierlich zu einem Aufbau des Schutzes kommt, sondern, dass Sie mit Erreichen der Erhaltungsdosis geschützt sind. Wenn Sie mit der Wespengift Immuntherapie behandelt worden sind, dann ist die Wahrscheinlichkeit extrem hoch, dass Sie nicht mehr reagieren. Mit Bienengift gibt es ein gewisses Restrisiko, es reagieren 86% nicht mehr auf den nächsten Stich.

Der Schutz vergeht jedoch wieder, wenn Sie die Erhaltungsphase zu früh beenden. Wenn die Therapie nach einem oder zwei Jahren abgebrochen wird, haben ein Viertel der Patienten wieder Rückfälle. Deshalb die Empfehlung, umso länger umso besser, also drei bis fünf Jahre Therapie.

Was muss ich tun, wenn ich während der Therapie gestochen wurde?

Wichtig ist es, den behandelnden Arzt oder die behandelnde Ärztin zu informieren, dass Sie gestochen worden sind. Wenn das Insekt eindeutig identifizierbar ist, kann man diesen Stich als Impfung werten. Um sicherzugehen, dass es nicht doch ein anderes Insekt war, macht man eine zweiwöchige Pause. Es wird also nicht unmittelbar nach dem Stich wieder geimpft, doch danach geht es wieder normal nach Protokoll weiter.

Woher weiß ich, ob die Hyposensibilisierung erfolgreich war?

Die Erfolgskontrolle bei der Immuntherapie ist ein kleines Problem. Wir wissen, dass sie bei den Wespen fast zu 100% wirkt, bei den Bienen nur zu 86%. Richtig weiß man es erst nach einem Feldstich, also wenn Sie draußen gestochen worden sind oder nach einer kontrollierten Stichprovokation.

In Österreich gibt es das momentan nur in Graz, wo wir es im Rahmen von Studien machen. Das ist die sicherste Variante, denn Sie kommen ins Krankenhaus, bekommen ein Insekt aufgesetzt und werden noch eine halbe Stunde intensivmedizinisch nachbeobachtet. So kann man zumindest bei Bienengift Allergikern und Allergikerinnen sehen, ob die Dosis ausreicht. Falls Sie noch reagieren, würde die Dosis erhöht werden. Zusammenfassend gibt es jedoch keine Laborwerte oder Hauttests, die einen sicheren Schutz garantieren können.

Welche Kontrolluntersuchungen sind nach Abschluss der Therapie vorgesehen?

Dazu gibt es unterschiedliche Meinungen, doch sicher kann man es mit keinem Labortest sagen. Oft werden die Antikörper im Blut erneut untersucht und meistens ist es so, dass die Allergie Antikörper, die IgE-Antikörper unter der Therapie sinken. Dies ist ein gutes Zeichen für das Ansprechen.

In welchen Situationen kann eine Unterbrechung der Therapie sinnvoll sein?

Eine Unterbrechung der Therapie ist in seltenen Fällen sinnvoll, natürlich kann es aber Ereignisse geben, die weiteres Impfen unmöglich machen. Dazu zählen schwere Verletzungen mit stationärem Aufenthalt, das Auftreten einer bösartigen Erkrankung oder einer Autoimmunerkrankung. Bis zur Abklärung muss die Immuntherapie gestoppt werden, erst danach kann sie fortgesetzt werden. Während einer Schwangerschaft muss die Therapie nicht abgebrochen werden, jedoch wird keine Immuntherapie während einer Schwangerschaft gestartet.

Welche Folgen hat die Unterbrechung einer Therapie?

Die Unterbrechung der Therapie hängt immer davon ab, wann sie stattfindet. Befinden Sie sich noch in der Aufbauphase, in der Steigerungsphase, entsteht durch den Abbruch der Therapie eine Unwirksamkeit. Wenn die Erhaltungsphase zu früh abgebrochen wird, beispielsweise nach einem oder zwei Jahren, sieht man deutlich, dass es mehr Rückfälle gibt. Ein Viertel der Patienten und Patientinnen reagieren wieder erneut auf Insektenstiche. Daher ist es wichtig, die Steigerungsphase und dann die Erhaltungsphase sorgfältig durchzuführen, um den Langzeitschutz zu erreichen.

Wie wird die Therapie nach einer Unterbrechung wieder fortgeführt?

Die Fortführung der Therapie hängt davon ab, wie lang die Unterbrechung war. Generell gibt es dafür aber keine Regeln. In der Steigerungsphase wird die Dosis wöchentlich oder alle zwei Wochen gesteigert. Steigt das Intervall aber auf zwei bis vier Wochen, bricht man nicht ab, sondern impft noch einmal mit der vorhergehenden Dosis. Beträgt das Intervall mehr als vier Wochen, dann beginnt man aus Sicherheitsgründen meist wieder von vorne, um keine Nebenwirkungen zu riskieren.

In der Erhaltungsphase kann bis zu drei Monate die normale Erhaltungsdosis geben werden. Ist es doch länger, also bis zu einem halben Jahr, dann muss die Dosis auf 50% oder weniger reduziert werden. Wenn die Therapie ein Jahr unterbrochen wurde, muss sie wieder von vorne begonnen werden.

Kann es notwendig sein, die Therapie ganz abzubrechen?

Die Therapie ganz abzubrechen ist nur selten notwendig. Es kann jedoch sein, dass zufällig bösartige Erkrankungen, Autoimmunerkrankungen oder schwere Nebenwirkungen auftreten. Es gibt gewisse Patienten und Patientinnen, die mit einer Vermehrung von Allergiezellen betroffen sind, dies nennt sich Mastozytose. Sie bekommen folglich schwere Nebenwirkungen und es muss behutsam versucht werden die Therapie weiter fortzuführen. Ein Abbruch wird nur im Notfall empfohlen, Sie sollten immer schauen, dass Sie auf die Erhaltungsdosis kommen, denn nur dann sind Sie geschützt.

Hier geht es zum Video-Interview: „Hyposensibilisierung durchführen“

Therapie und Alltag

Welche Einschränkungen können während der Therapie im Alltag entstehen?

Während des Therapieverlauf kommen kaum Einschränkungen auf Sie zu. Was Sie investieren müssen ist Zeit, um zur Impfung zu uns zu kommen und über die Nachbeobachtungszeit hierzubleiben. Darüber hinaus sollten am Impftag, vor allem in der Steigerungsphase, keine größeren körperlichen Anstrengungen verrichtet, nichts schweres gehoben oder Sport getrieben werden. Vor der Impfung sollten Sie außerdem keinen großen Schlafmangel haben.

Warum sollte ich an einem Therapietag Alkohol und schwere Mahlzeiten vermeiden?

Am Therapietag sollte generell auf Alkohol und schwere Mahlzeiten verzichtet werden. Auch körperliche Anstrengung sollte vermieden werden, denn diese Faktoren können das Auftreten von Nebenwirkungen begünstigen. Denn Alkohol und gewissen Schmerzmittel können Nebenwirkungen oder allergische Reaktionen auslösen.

Gibt es weitere Insekten im Ausland, auf die ich allergisch reagieren könnte?

Auch im Ausland gibt es weitere Arten, die Allergien auslösen können. Die Honigbiene ist als domestizierte Art auf der ganzen Welt zu finden, mit Ausnahme der arktischen Regionen und der Wüstengebiete. In Asien gibt es einige wildlebende Honigbienenarten, die ein ähnliches Gift, wie die heimische Honigbiene haben.

Bei den Wespen ist es komplizierter, denn die bei uns vorhandenen Wespenarten, die Deutsche Wespe und Gemeine Wespe, gehören zur Gattung Vespula und bevorzugen eher kühler temperierte Gegenden auf der Nordhalbkugel. In Europa findet man sie von Skandinavien bis Südeuropa, doch im südlichen Mittelmeerraum werden sie seltener. In Nordamerika gibt es ebenfalls verschiedene Vespula Arten, man findet sie in Kanada, den Vereinigten Staaten, Asien, China und Japan. Leider wurde die Deutsche Wespe auch auf die Südhalbkugel verschleppt, wo sie regional  vor komme. Insbesondere in Argentinien, Südafrika um Kapstadt herum, Südostaustralien und Neuseeland. In den tropischen Gebieten kommen diese Vespula Arten zum Glück nicht mehr vor.

Was wir dort jedoch haben, sind andere kreuzreaktive Wespenarten, insbesondere Hornissen, im asiatischen Raum. In Südamerika gibt es auch Wespenarten, die mit unseren heimischen Feldwespen verwandt sind. All diese Arten haben aber nicht die Eigenschaft an menschliche Nahrung zu gehen, daher sind Stiche durch sie relativ unwahrscheinlich. Die Situation für Wespengift Allergiker ist in tropischen Gebieten relativ günstig.

Was kann ich tun, wenn ich länger verreisen möchte und gerade eine Hyposensibilisierung mache?

Wenn jemand gerade eine Hyposensibilisierungstherapie macht und verreisen möchte, sollte er versuchen, den Urlaub in das Impfintervall einzuplanen. Dieses beträgt normalerweise vier bis sechs Wochen.

Wenn das nicht möglich ist oder die Reise länger dauert, ist es meist am einfachsten, die Therapie einfach zu unterbrechen. Am neuen Aufenthaltsort gibt es selten die Möglichkeit die Therapie korrekt und sicher weiterzuführen. Nach Rückkehr kann die Therapie wieder aufgenommen werden. Unter Umständen unter einer ein oder zweistufigen Dosisreduktion.

Kann ich meine Allergiemedikamente ins Ausland mitnehmen und was muss ich dabei beachten?

Allergietabletten oder Asthmasprays können problemlos ins Ausland mitgenommen werden. Problematisch ist die Mitnahme des Adrenalin-Pens, seines Adrenalin-Autoinjektors bei Flugreisen. Denn die meisten Fluggesellschaften verlangen ein ärztliches Attest, dass dieser mitgeführt werden muss. Alle Hersteller solcher Pens bieten entsprechende Formulare und vorgedruckte Anaphylaxie Pässe an, die der Arzt nur ausfüllen und unterschreiben muss.

Ein Problem bei Urlaubsreisen kann der entsprechende Transport und die Lagerung des Pens sein. Die ideale Lagertemperatur beträgt 20 bis 25 Grad und sollte keinesfalls über 30 Grad betragen. Wichtig ist auch eine lichtgeschützte Lagerung, da er sehr lichtempfindlich ist.

Warum ist es wichtig, dass ich die Hyposensibilisierung bis zum Ende durchführe?

Es ist wichtig die Immuntherapie bis zum Ende durchzuführen, um einen optimalen Langzeitschutz zu erhalten. Denn bereits nach wenigen Tagen oder auch Wochen nach der Einleitung der Immuntherapie, haben Sie schon einen Schutz erreicht. Dieser würde jedoch schnell wieder vergehen und daher sollten Sie die Immuntherapie umso länger durchführen. Optimalerweise drei bis fünf Jahre, nur so können wir gewährleisten, dass Sie lebenslang vor erneuten Stichreaktionen geschützt sind.

Was kann mir dabei helfen, die Therapie bis zum Ende durchzuziehen?

Eine Immuntherapie ist immer eine gewisse Motivationsfrage. Gerade zu Beginn müssen Sie viel Zeit investieren, um einen Schutz zu erreichen. Allerdings sollte für Sie Ihr Schutz die größte Motivation sein, sodass Sie wieder entspannt in die Natur gehen und im Freien essen können, ohne der Angst Ihr Notfallset anwenden zu müssen oder zu reagieren.

Natürlich gibt es Hilfsmittel, beispielsweise Erinnerungen im Kalender oder dass Sie eine gewisse Regelmäßigkeit in den Impfalltag bringen. Sie sollten immer daran denken, dass diese Immuntherapie Ihre Lebensqualität erhöht und im schlimmsten Fall auch Ihr Leben retten kann.

Was kann ich tun, wenn ich Angst vor Spritzen habe?

Spritzenangst ist immer ein gewisses Thema, viele haben das auch bei der Blutabnahme und selbst dort ist dieses Problem lösbar. Die Impfung ist eine Injektion in das Fettgewebe unter die Haut, auch subkutan genannt. Dadurch, dass es nicht in den Muskel geht, spürt man die Impfung kaum. Das heißt, wenn Sie wegsehen und sich nicht auf die Stichstelle konzentrieren, ist meist kein Schmerz zu erwarten und die Impfung wird gut toleriert.

Bei Kindern oder Patienten mit Spritzenangst, kann ich gerne mit einer Kochsalzlösung demonstrieren, wie schmerzlos das Ganze abläuft. In den meisten Fällen funktioniert es dann recht gut.

Wird die Behandlung der Insektengifttherapie von der Kasse übernommen?

In Österreich, Deutschland und der Schweiz wird die Immuntherapie von der Kasse übernommen. Das ist jedoch nicht überall in Europa so. Was Sie investieren müssen ist Ihre Zeit, aber das zahlt sich im Endeffekt mit einer besseren Lebensqualität für Sie aus.

Hier geht es zum Video-Interview: „Therapie und Alltag“

Geprüft Assoz.-Prof. Dr. Gunter Sturm und Univ.-Doz. Dr. Wolfgang Hemmer: Stand April 2022 | Quellen und Bildnachweis

Die Kurse sind kein Ersatz für das persönliche Gespräch mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt, sondern ein Beitrag dazu, PatientInnen und Angehörige zu stärken und die Arzt-Patienten-Kommunikation zu erleichtern.