4. Hyposensibilisierung durchführen

Wie läuft eine Hyposensibilisierung ab?

Die Hyposensibilisierung wird in einzelnen kurzen Sitzungen durchgeführt, die über einen längeren Zeitraum in regelmäßigen Abständen stattfinden.

Phasen der Hyposensibilisierung

Die Hyposensibilisierung läuft in zwei Phasen ab:

  1. Aufdosierung: Zunächst wird nur eine minimale Menge Insektengift verabreicht. Dann wird langsam die Dosis gesteigert. Der Körper gewöhnt sich an immer höhere Mengen. Die Aufdosierung dauert einige Wochen. Die Behandlung findet einmal wöchentlich in der Praxis oder Klinik statt. Meist wird man dafür nicht stationär aufgenommen, sondern kann am selben Tag wieder nach Hause, da nur wenige Nebenwirkungen auftreten. Zu diesem Zeitpunkt besteht noch kein sicherer Schutz vor allergischen Reaktionen bei einem Insektenstich.
  2. Erhaltungsphase: Wenn beim Aufdosieren die Erhaltungsdosis erreicht ist, ist man in der Regel vor einer weiteren allergischen Reaktion geschützt. Während der Erhaltungsphase wird dann die Erhaltungsdosis, also eine gleichbleibende Dosis, weiter verabreicht. Der Körper gewöhnt sich so langfristig an die Allergene. Die Erhaltungsphase dauert etwa 3 Jahre, bei schwerer Allergie eventuell auch länger. In dieser Phase erhalten Sie alle 4 bis 6 Wochen eine Allergieimpfung. Die Verabreichung erfolgt meist in der Arztpraxis und Sie können danach gleich wieder heim. In dieser Phase treten so gut wie nie Nebenwirkungen auf.

Ablauf der Hyposensibilisierungs-Sitzung

  1. Zu Beginn unterhalten Sie sich immer mit einer Ärztin / einem Arzt. Es wird gefragt, wie es Ihnen geht, ob es Besonderheiten seit dem letzten Treffen gab und Sie können Fragen stellen.
  2. Sie erhalten die Hyposensibilisierungs-Spritze.
  3. Sie bleiben noch 30 Minuten zur Nachbeobachtung für den seltenen Fall von Nebenwirkungen.

Während der Therapie sind normalerweise keine Kontrolluntersuchungen nötig.

Therapieerfolg bei Hyposensibilisierung

Die Erfolgsaussichten der Hyposensibilisierung sind sehr gut. Bei der Wespengift liegt die Erfolgsrate bei fast 100 %.

Wie lange dauert es bis eine Hyposensibilisierung bei Insektengiftallergie wirkt?

Kurz nachdem die Erhaltungsdosis erreicht ist, kann man von einem Schutz vor einer erneuten allergischen Reaktion ausgehen. Ab dann ist bei 86 % der BienengiftallergikerInnen Schutz erreicht und bei fast 100% der WespengiftallergikerInnen. Damit dieser Schutz langfristig anhält, ist die anschließende Erhaltungsphase wichtig.

Insektenstich während der Therapie

  • Wenn Sie ein Notfallset haben, wenden Sie es bitte an! Ihre Ärztin / Ihr Arzt teilt Ihnen mit, wann sie das Notfallset eventuell nicht mehr brauchen. Im Zweifel lieber einmal zu viel anwenden!
  • Informieren Sie Ihre Ärztin / Ihren Arzt über den Stich. Besonders hilfreich ist es, wenn Sie wissen, welches Insekt Sie gestochen hat.
  • Meist wird nach einem Insektenstich die Hyposensibilisierung kurz pausiert (z.B. 2 Wochen)
  • Die Hyposensibilisierung kann danach ganz normal weitergeführt werden. Ein Neustart ist nicht nötig!

Kontrolluntersuchungen nach der Therapie

WespengiftallergikerInnen sind nach der Therapie nahezu immer vor der Allergie geschützt, BienengiftallergikerInnen zum größten Teil – meistens hilft eine Steigerung der Bienengiftdosis, um auch bei diesen PatientInnen einen Impfschutz zu erreichen.

Nach der Untersuchung werden oft die Allergie-Werte im Blut kontrolliert. Einen Haut- oder Bluttest auf Erfolg der Hyposensibilisierung gibt es aber nicht. Sicher weiß man es erst nach einem erneuten Stich.  An hochspezialisierten Zentren besteht auch die Möglichkeit dies mittels einer ärztlich überwachten „Stichprovokation“ mit lebenden Insekten herauszufinden. Wenn Sie zuvor eine schwere Allergie hatten, kann es eine große Erleichterung bedeuten, wenn Sie erleben, dass die Stichprovokation bei Ihnen keine Allergie mehr auslöst.

Therapieunterbrechung

Während der Hyposensibilisierung kann es zu Therapieunterbrechungen kommen. Wann ist eine Pause nötig und welche Folgen kann diese haben?

Gründe für Therapieunterbrechungen

Es gibt kaum Gründe, die unbedingt eine Therapieunterbrechung erfordern. In bestimmten Situationen wird es aber meist empfohlen:

  • Schwere Krankheit oder Verletzung
  • Neudiagnose einer Krebserkrankung
  • Neudiagnose einer Autoimmunerkrankung
  • Auftreten sehr schwerer Nebenwirkungen

Je nach Schwere können diese Situationen auch zu einem kompletten Abbruch der Therapie führen. Gerade aber wenn Sie eine schwere Allergie haben, ist es wichtig dass Sie sich auch in diesen Situationen von ExpertInnen beraten lassen, was in Ihrem Fall das beste Vorgehen ist.

Darüber hinaus gibt es andere Situationen, die zu Unterbrechungen führen können z.B. private Gründe oder auch weniger schwere Erkrankungen.

Während einer Schwangerschaft muss die Therapie nicht unterbrochen werden! Nur zu Beginn der Therapie sollten Sie nicht schwanger sein.

Nach der Therapieunterbrechung

Die Fortführung hängt von der Dauer der Unterbrechung und der Therapiephase ab:

Bei Unterbrechungen in der 1. Phase (Aufdosierung, siehe Lektion “Therapieablauf”) müssen Sie davon ausgehen, dass Sie noch keinen Schutz vor einer erneuten allergischen Reaktion haben. Wenn Sie die Therapie nach einer kurzen Unterbrechung (z.B. bis zu 3 Wochen) fortführen, wird normalerweise zunächst wieder die letzte Dosis gegeben und erst danach wieder gesteigert. Bei einer längeren Unterbrechung (über 4 Wochen) beginnt man wieder mit der Anfangsdosis, um eine gute Verträglichkeit sicherzustellen.

Bei Unterbrechungen in der 2. Phase (Erhaltungsphase) besteht schon Schutz, es steigt aber das Risiko eines Rückfalls. Bei einer Unterbrechung bis zu 2 Monaten lässt sich die Therapie einfach mit der Erhaltungsdosis fortführen. Nur bei längerer Pause werden Sie wahrscheinlich zunächst wieder mit einer niedrigeren Dosis geimpft bzw. nach 4 Monaten Therapieunterbrechung muss die Therapie neu begonnen werden.

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Geprüft Assoz.-Prof. Dr. Gunter Sturm und Univ.-Doz. Dr. Wolfgang Hemmer: Stand April 2022 | Quellen und Bildnachweis

Die Kurse sind kein Ersatz für das persönliche Gespräch mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt, sondern ein Beitrag dazu, PatientInnen und Angehörige zu stärken und die Arzt-Patienten-Kommunikation zu erleichtern.