Sind Rückenschmerzen langwierig und besonders in Ruhe verstärkt, sollte an eine axiale Spondyloarthritis gedacht werden. Diese kann sich in verschiedenen Formen äußern – als Morbus Bechterew oder in Kombination mit der Schuppenflechte Psoriasis, chronischen Darmentzündungen oder Augenentzündungen. OA Priv.-Doz. Dr. Josef Hermann erklärt, welche ÄrztInnen die Erkrankung wie diagnostizieren können und wie es nach der Diagnose einer axialen Spondyloarthritis weitergeht.
Die Erkrankung axiale Spondyloarthritis
Was ist eine axiale Spondyloarthritis?
Die axiale Spondyloarthritis ist eine entzündliche rheumatische Erkrankung. Das heißt, sie ist eine Erkrankung, die mit einer andauernden Entzündung einhergeht. Und diese Entzündung entsteht durch ein fehlgeleitetes Immunsystem und führt dazu, dass es besonders zu Entzündungen im Bereich der Wirbelsäule kommt.
Welche Formen der axialen Spondyloarthritis gibt es?
Bis vor kurzem war es so, dass wir die axiale Spondyloarthritis in zwei Formen eingeteilt haben:
- in eine sogenannte nicht röntgenologisch sichtbare
- und in eine röntgenologisch sichtbare axiale Spondyloarthritis.
Diese röntgenologisch sichtbare axiale Spondyloarthritis ist in der Bevölkerung auch gut bekannt als Morbus Bechterew.
Diese Einteilung haben wir aber inzwischen mehr oder weniger verlassen, weil es sich bei beiden Erkrankungen um die gleiche Erkrankung handelt.
Wie viele Menschen sind an einer Form der axialen Spondyloarthritis erkrankt?
Die Häufigkeit dieser Erkrankung ist sehr unterschiedlich auf der Welt. Und die Häufigkeit scheint oder ist mit großer Wahrscheinlichkeit abhängig von den Genverteilungen auch in der Bevölkerung.
- Es gibt zum Beispiel Völker, wo das sogenannte HLA-B27 Gen sehr häufig vorkommt, und da kommt auch die axiale Spondyloarthritis sehr häufig vor.
- Bei uns in Mitteleuropa ist die Häufigkeit der axialen Spondyloarthritis mit etwa 0,3 bis 0,7 Prozent der Bevölkerung angegeben. Das heißt, dass etwa jeder 200. Mensch an dieser Krankheit in weniger oder mehr ausgeprägter Form erkrankt.
Warum dauert es oft lange, bis die Diagnose gestellt wird?
Das Problem ist das, dass diese Erkrankung bei irgendeinem Menschen auftritt, üblicherweise zwischen den 20. und 45. Lebensjahr etwa. Und genau in dieser Lebensphase treten auch viele Bandscheiben- und sportliche Überlastungsprobleme, Haltungsprobleme an der Wirbelsäule auf, und die Beschwerden sind deswegen schwer auseinanderzuhalten zwischen den verschiedenen Erkrankungsformen oder Problemen, die es gibt in diesem Lebensalter, und kaum jemand denkt in diesen jüngeren Jahren, dass er möglicherweise eine rheumatische Erkrankung haben könnte.
Wie entsteht axiale Spondyloarthritis?
Ja, wie sie wirklich entsteht, können wir nicht einmal mit Sicherheit sagen. Wir wissen nur, dass diese Erkrankung wahrscheinlich zu einem Großteil vererbt wird. Die Vererbung allein ist aber an der Entstehung der Krankheit sicher nicht schuld. Es ist so, dass auch wahrscheinlich Infektionen, wobei wir die Erreger noch nicht kennen, dran beteiligt sind, dass diese Erkrankung zum Vorschein kommt.
In welchem Alter entsteht die axiale Spondyloarthritis?
Die axiale Spondyloarthritis kann schon im Jugendalter auftreten. Üblicherweise, sagen wir, dass sie etwa zwischen dem 20. und spätestens 40. Lebensjahr auftritt. Später bekommt man diese Krankheit nicht mehr.
Also wenn Sie mich sehen, dann kann man sagen: Ich bekomme die Krankheit sicher nicht mehr.
Kann axiale Spondyloarthritis vererbt werden?
Ja, die axiale Spondyloarthritis ist mit großer Sicherheit großteils vererbt.
Es ist nicht nur eine Erbkrankheit, aber wir vermuten, dass für die Krankheitsauslösung die Vererbung eine große Rolle spielt.
Das kennen wir z.B. von Untersuchungen bei eineiigen Zwillingen: Wenn ein Zwilling die axiale Spondyloarthritis bekommt, ist die Wahrscheinlichkeit, dass der andere diese Erkrankung bekommt, bereits mehr als 25 Prozent.
Ist die axiale Spondyloarthritis heilbar?
Nein, die axiale Spondyloarthritis ist leider nicht heilbar.
Sie kann allerdings zum Stillstand kommen, entweder schon in den frühen Jahren der Erkrankung. Aber leider auch erst, wenn die Entzündung die gesamte Wirbelsäule befallen hat und zu einer vollständigen Verknöcherung der Wirbelsäule geführt hat. Dann hört die Krankheit auch auf. Aber dann ist natürlich der Schaden schon gesetzt.
Wie sieht der Krankheitsverlauf aus?
Der Krankheitsverlauf der axialen Spondyloarthritis ist bei den einzelnen Menschen Gott sei Dank sehr unterschiedlich.
Es gibt Patientinnen und Patienten, die haben einen kurz dauernden Verlauf, einen sehr leichten Verlauf. Und bei denen merkt man auch nach 10, 20 Jahren keine besonderen Folgen der Krankheit.
Es gibt aber auch leider Patientinnen, vorwiegend Patienten, also Männer, bei denen die Krankheit viel aggressiver verläuft und bei denen die typischen Veränderungen mit Versteifung der Wirbelsäule bereits nach 2 bis 5 Jahren sichtbar sind.
Verändert sich meine Lebenserwartung durch die Diagnose axiale Spondyloarthritis?
Glücklicherweise scheint es so zu sein, das sieht man eigentlich aus den bisherigen Studien, die gemacht wurden, dass ist die Lebenserwartung mit dieser Erkrankung nicht vermindert ist gegenüber der Normalbevölkerung.
Hier geht es zum Video-Interview: „Die Erkrankung axiale Spondyloarthritis”
Symptome der axialen Spondyloarthritis
Welche Symptome deuten auf eine axiale Spondyloarthritis hin?
Ganz wichtig ist der Rückenschmerz.
Der Rückenschmerz deutet auf eine axiale Spondyloarthritis hin,
- wenn er chronisch ist, das heißt: wenn er mindestens drei Monate besteht,
- und wenn dieser Rückenschmerz ganz speziell ausgeprägt ist, und zwar nennen wir diesen Rückenschmerz dann, wenn ein entzündlicher Rückenschmerz besteht, dann deutet das auf jeden Fall einmal auf eine axiale Spondyloarthritis hin. Und den entzündlichen Rückenschmerz, den erkennen wir Ärztinnen und Ärzte, aber auch die Patienten dann im Laufe der Erkrankung daran, dass der Schmerz, der Wirbelsäulenschmerz und auch eventuell der Gesäßschmerz die Patienten in der Nacht aufweckt und aus dem Bett treibt.
Es ist kein entzündlicher Rückenschmerz vorhanden, wenn man aufwacht in der Nacht, und sich nun fünf bis zehn Mal umdrehen muss, und dann eigentlich der Schmerz schon nachlässt und man wieder einschlafen kann.
Dieser entzündliche Rückenschmerz ist auch dadurch gekennzeichnet, dass die Patientinnen und Patienten, wenn sie die Wirbelsäule bewegen, sich der Schmerz bessert, und wenn sie Ruhe geben der Schmerz überhaupt nicht besser wird, auch nicht zu Beginn, wenn man sich irgendwo hinsetzt oder hinlegt, wird der Schmerz nicht besser.
Einige Patienten haben typischerweise auch in der Früh eine Steifigkeit der Wirbelsäule, die deutlich auffällt und mindestens eine halbe Stunde oder manchmal auch länger dauert.
Und manche Patientinnen und Patienten berichten davon, dass sie Gesäßschmerzen haben, die sich innerhalb von Wochen von links nach rechts ändern und wechseln.
Das sind so typische Hinweise auf diese axiale Spondyloarthritis, typische Symptome.
Es gibt weitere Symptome, die auf diese axiale Spondyloarthritis hindeuten können.
Und zwar wenn Patienten Rückenschmerzen haben und zusätzlich andere Beschwerden haben, wie zum Beispiel
- wenn bei ihnen schon eine Regenbogenhaut-Entzündung aufgetreten ist.
- wenn bei ihnen eine Schuppenflechte bekannt ist,
- wenn bei ihnen auch eine chronische Durchfallserkrankung bekannt ist,
- oder wenn sie Gelenksentzündungen haben, die aber typischerweise entweder in der Hüfte oder in der Schulter auftreten
- bei Patientinnen und Patienten, die Fersenschmerzen haben und die nicht weggehen.
Das sind zusätzliche Symptome und Zeichen, die uns darauf hinweisen, dass wenn jemand Rückenschmerz hat, dass dahinter eine axiale Spondyloarthritis stehen dürfte.
Treten die Symptome immer gleich stark auf?
Beschwerden, insbesondere die Schmerzen, die die Patientinnen und Patienten uns schildern, die sind nicht immer gleich stark. Sie wechseln, aber sie wechseln relativ langsam. Das heißt: Manchmal sind über Wochen die Beschwerden stärker, dann wieder leichter.
Wenn jemand für mehrere Tage nur stärkere Schmerzen hat, dann denken wir, dass diese Schmerzen nichts zu tun haben mit der axialen Spondyloarthritis, sondern eine andere Ursache von Rückenschmerzen sind.
Wie äußert sich ein Schub?
Ein Schub äußert sich so, also „Schub“ ist ein landläufiger Begriff, den wir in der Medizin selber nicht benutzen, aber in der Bevölkerung wird das als „Schub“ bezeichnet. Wenn die Krankheit schlimmer wird, wenn die Schmerzen, die Steifigkeit an der Wirbelsäule, die Beweglichkeit eingeschränkt werden, und wenn diese Beschwerden mehrere Wochen hindurch anhalten und sich möglicherweise dann zwar bessern, manchmal aber auch gar nicht bessern, sondern immerfort vorhanden sind.
Auf einen Schub bessern sie sich natürlich nach Wochen.
Gibt es auch andere Begleiterkrankungen, die typischerweise bei der axialen Spondyloarthritis auftreten?
Ja, ich habe schon erwähnt: Es gibt Patienten, die selber oder auch deren Angehörigen typische andere Erkrankungen haben, die mit der axialen Spondyloarthritis genetisch verwandt sind.
- Zum Beispiel eine Regenbogenhaut-Entzündung, also eine Augenentzündung ist oft vorhanden,
- eine Schuppenflechte an der Haut eben, eine entzündliche Hauterkrankung kann vorhanden sein
- und es gibt auch sozusagen Patientinnen und Patienten, die bei sich oder in der Verwandtschaft eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung haben. Manche kennen vielleicht den Ausdruck Morbus Crohn oder Colitis. Diese Erkrankungen sind auch mit der axialen Spondyloarthritis verbunden oder verwandt.
An wen soll ich mich wenden, wenn ich schon lange Rückenschmerzen habe?
Also, wenn Sie schon lange Rückenschmerzen haben, dann wäre es günstig, dass Sie einen Orthopäden aufsuchen, damit der einmal beurteilt, ob eine Abnutzungserscheinung, ein Haltungsschaden oder auch natürlich eine entzündliche Erkrankung vorliegt.
Die entzündliche Erkrankung würde dann die Rheumatologin oder der Rheumatologe besser erkennen.
Manchmal ist es auch so, dass die physikalischen Medizinerinnen und Mediziner diese Rückenschmerzen dann, d.h. wenn lange Rückenschmerzen schon bestehen, dann ist eine fachärztliche Abklärung sinnvoll.
„Lange Rückenschmerzen“ bedeutet: mehr als drei Monate Dauer.
An welcher Stelle schmerzt der Rücken bei der axialen Spondyloarthritis?
Ja, interessanterweise treten die Schmerzen bei axialer Spondyloarthritis vorwiegend im oberen Gesäßbereich auf.
Die Patienten haben zu Beginn oft auch Schmerzen, wo die Brustwirbelsäule in die Lendenwirbelsäule übergeht, also so am mittleren Rücken.
Wenn die Krankheit fortschreitet, dann ist es so, dass die Schmerzen mehr oder weniger vom Gesäß hinauf bis in die Halswirbelsäule weiterwandern können.
Wie lange müssen Rückenschmerzen bestehen, damit sie als chronisch bezeichnet werden können?
Ja, Rückenschmerzen werden dann als chronisch bezeichnet, wenn sie mindestens drei Monate dauern.
Wie lassen sich chronische Rückenschmerzen und axiale Spondyloarthritis voneinander abgrenzen?
Ja, das ist eine nicht einfache Aufgabe, die Ärztinnen und Ärzte haben und wo auch die Patienten im Laufe der Zeit geschult werden können, diese zwei verschiedenen Formen von Rückenschmerz zu unterscheiden.
Die Rückenschmerzen bei axialer Spondyloarthritis sind sogenannte entzündliche Rückenschmerzen, und ich habe sie schon erwähnt. Sie sind dadurch gekennzeichnet, dass die Patienten, insbesondere in der zweiten Nachthälfte, wenn sie also vor Mitternacht schlafen gehen, durch den Schmerz, durch einen Rückenschmerz aufgeweckt werden, und der Schmerz lässt erst nach und lässt sie weiterschlafen, wenn sie aufstehen und länger herumgehen bzw. die Wirbelsäule bewegen. Das ist ganz typisch. Ganz typisch ist auch, wenn die Patientinnen und Patienten eine Erleichterung des Schmerzes bemerken, wenn sie die Wirbelsäule bewegen. Eine Erleichterung tritt aber nicht ein, wenn die Wirbelsäule sich in Ruhe befindet, wenn sie also nicht bewegt wird. Das sind, neben der sogenannten Morgensteifigkeit, also der Steifigkeit der Wirbelsäule in der Früh von mindestens einer halben Stunde, wichtige Hinweise, dass es sich um eine axiale Spondyloarthritis und nicht um eine einen herkömmlichen gewöhnlichen Rückenschmerz handelt.
Was ist eine Arthritis und was bedeutet dabei axial und peripher?
Eine Arthritis bedeutet eine Entzündung der Gelenkshaut.
Überall dort, wo ein Gelenk ist, befindet sich auch eine Gelenkshaut, und die entzündet sich. Und wenn diese entzündet ist, dann nennt man das eine Arthritis.
Es gibt Gelenksentzündungen an der Wirbelsäule. Das sind dann die sogenannten axialen Gelenksentzündungen oder die axiale Spondyloarthritis. Kann auch eine Gelenksentzündung an den Wirbelgelenken und typischerweise am Kreuz-Darmbein-Gelenk machen.
Und andere rheumatische Erkrankungen, selten auch die axiale Spondyloarthritis, kann auch Gelenksentzündungen an den Hüften bzw. an den Gelenken der Arme und Beine machen.
Was kommt zuerst: Schmerzen in den peripheren Gelenken oder im Rücken?
Bei der axialen Spondyloarthritis kommt praktisch immer zuerst die Entzündung und damit die Schmerzen im Rücken. Und dann kommen meistens im Laufe der Jahre kommen dann Gelenksentzündungen dazu und typischerweise in den Hüftgelenken und Darmbein-Gelenk und Schultergelenken.
Können die Gelenkschäden aufgehalten werden?
Ja, die Gelenkschäden können wir aufhalten, und zwar, wenn wir ganz einfach die Entzündung, die bei der axialen Spondyloarthritis auftritt, unterdrücken. Dann werden die Gelenksschäden nicht auftreten. Es ist aber grundsätzlich so, dass bei axialen Spondyloarthritis im Unterschied zur sogenannten chronischen Polyarthritis, wie sie heute heißt, auch rheumatoide Arthritis, dass Gelenkschäden insgesamt aber nur selten bei axialer Spondyloarthritis auftreten, das heißt, es muss eine jahrelange Entzündung stattfinden, damit Gelenkschäden entstehen.
Hier geht es zum Video-Interview: „Symptome der axialen Spondyloarthritis”
Diagnose der axialen Spondyloarthritis
Wer sind meine ersten AnsprechpartnerInnen bei Symptomen?
Die erste Ansprechpartnerin und der erste Ansprechpartner, wenn Sie Wirbelsäulenbeschwerden haben, ist natürlich in Österreich praktisch immer die Hausärztin und der Hausarzt. Das hängt damit zusammen, dass man für ärztliche Untersuchungen einen Termin braucht und die Termine natürlich zeitlich limitiert sind, sodass der Zugang zu den Allgemeinmedizinerinnen und Allgemeinmedizinern, zur Hausärztin und zum Hausarzt einfach rascher und unproblematischer geht.
Wie wird die Diagnose einer axialen Spondyloarthritis gestellt?
Ja, wie ich immer sage, ist die Diagnosestellung der axialen Spondyloarthritis noch eine typische ärztliche Kunst. Es gibt nämlich keinen einzelnen Test oder keine Methode, mit der man die Diagnose einer axialen Spondyloarthritis einfach stellen kann, sondern man muss die verschiedenen Beschwerden, die der Patient hat, die verschiedenen Befunde, die man erheben kann, zusammenzählen und dann schauen: Sind typische Beschwerden, typische Befunde für diese Erkrankung der axialen Spondyloarthritis vorhanden oder nicht? Daraus stellen wir die Diagnose.
Die Untersuchungen, die man zu einer Erstellung der Diagnose einer axialen Spondyloarthritis macht, bestehen
- in Röntgenuntersuchungen,
- in Untersuchungen mit Magnetresonanztomographie,
- wir machen auch eine Blutuntersuchung auf Entzündungszeichen und auf ein genetisches Merkmal,
- und ganz selten brauchen wir auch eine computertomographische Untersuchung für die Diagnose der axialen Spondyloarthritis.
Wichtige Untersuchungsmethoden sind aber, und das wird heute oft vergessen,
- dass wir die Patientinnen und Patienten sehr genau über ihre Beschwerden befragen müssen
- und auch über ihre Verwandtschaft, über Erkrankungen in der Verwandtschaft.
- Und dass wir die Patientinnen und Patienten auch gründlich untersuchen, insbesondere die Wirbelsäule gründlich untersuchen müssen.
Warum ist eine frühe Diagnose wichtig?
Die frühe Diagnose einer axialen Spondyloarthritis ist deswegen wichtig, weil wir dann von Anfang an die möglichen Komplikationen, also die möglichen Probleme, die auftreten können, rechtzeitig erkennen und auch gegensteuern können. Z.B. durch eine angelernte, gezielte Gymnastik für die Wirbelsäule und auch für den Brustkorb kann man vorbeugend darauf hinarbeiten, dass die Beweglichkeit erhalten bleibt, dass die aufrechte Körperhaltung erhalten bleibt und dass auch natürlich die Atmung, die bei diesen Patientinnen und Patienten im Laufe der Jahre eingeschränkt werden kann, erhalten bleibt.
Welche Fragen wird mir die Ärztin/der Arzt stellen?
Die Ärztin/der Arzt werden die Patienten vorwiegend fragen
- über die Stelle der Rückenschmerzen,
- über die Art der Rückenschmerzen, d. heißt wie sind die Schmerzen? Wodurch werden sie besser? Wodurch werden sie schlechter? Zu welcher Tages- und Nachtzeit sind die Schmerzen am stärksten vorhanden? Werden die Patienten aufgeweckt durch den Schmerz?
- Wir fragen die Patientinnen und Patienten nach ähnlichen Erkrankungen, wie bereits erwähnt, z. B. Regenbogenhaut-Entzündung, Schuppenflechte, Darmerkrankungen mit Durchfällen, auch in der Verwandtschaft, also bei Geschwistern, Eltern.
- Und wir fragen die Patienten auch nach anderen Beschwerden, wie z. B. den Fersenschmerzen, Schmerzen im Brustkorbbereich, Schmerzen im Bereich des Beckens.
Was kann man bei einem MRT erkennen und welche Vorteile hat es?
Die Magnetresonanz-Untersuchung hat uns vor etwa 15 Jahren wirklich einen deutlichen Fortschritt bei der Erkennung der axialen Spondyloarthritis gebracht.
Wir erkennen in der Magnetresonanz-Tomographie vorwiegend Hinweise auf eine Entzündung. Man erkennt die Entzündung selber nicht. Aber wir haben doch Hinweise, wo eine Entzündung vorhanden sein kann.
Es ist so, dass wir vermehrt Flüssigkeit durch die Magnetresonanz-Untersuchung erkennen können. Aber wie Sie sich gut vorstellen können, ist natürlich nicht jede Flüssigkeitsvermehrung gleich eine Entzündung. Und das ist auch natürlich das Problem, das wir mit einem Magnetresonanz haben, dass nicht jede Flüssigkeitsansammlungen, die man nur mit dem MRT entdeckt, auch gleich eine Entzündung ist bei axialer Spondyloarthritis oder durch eine andere Erkrankung verursacht.
Das heißt, die Magnetresonanz ist sehr empfindlich, aber nicht sehr, sehr genau und typisch.
Schlecht erkennen wir, was aber sehr wichtig ist, dass wir mit der Magnetresonanz sogenannte Fetteinlagerungen in den Knochen erkennen. Diese Fetteinlagerungen sind schon viel typischer für eine axiale Spondyloarthritis. Andere Veränderungen, wie z.B. eine Verknöcherung oder auch sogenannte Erosionen, d.h. Knochendefekte erkennt man mit der Magnetresonanz leider schlechter als mit einem Computertomogramm oder mit einem einfachen Röntgen.
Was lässt sich im Röntgen feststellen, was im MRT nicht sichtbar ist?
Im Röntgen sehen wir diese für diese axial Spondyloarthritis ganz typische auftretende Verknöcherung von Stellen, die vorher nicht verknöchert waren. Es verknöchern bei der axialen Spondyloarthritis vorwiegend Band- und Sehnenansätze an der Wirbelsäule, und es verknöchert auch das Kreuz-Darmbein-Gelenk. Diese Verknöcherungen kann man im Röntgen je nach Qualität der Aufnahme ganz gut erkennen.
Wann wird eine CT durchgeführt?
Ein CT wird dann durchgeführt, wenn wir keinen eindeutigen Befund durch das Röntgen bekommen. Dann müssen wir ein Computertomogramm, ein CT machen. Und das brauchen wir vorwiegend bei dem Kreuz-Darmbein-Gelenk, um festzustellen, ob dort Verknöcherungen eingetreten sind und auch Erosionen eingetreten sind.
Ganz selten verwenden wir heute die Computertomographie auch, um zu sehen, ob an der Wirbelsäule, z.B. an den Wirbelgelenken Verknöcherung aufgetreten sind. Das hat insbesondere dann Bedeutung, weil wir dort, wo natürlich Verknöcherungen an der Wirbelsäule gefunden werden, die Patienten nicht mehr beweglich gemacht werden können.
Wann wird eine Ultraschall-Untersuchung gemacht?
Ja, das muss man abhängig machen von dem Ort der Gelenksentzündung. Wenn wir z.B. die Gelenksentzündungen haben, wie typisch bei der axialen Spondyloarthritis am Hüftgelenk oder auch am Schultergelenk, dann ist die Magnetresonanz-Untersuchung doch besser als die Ultraschalluntersuchung.
Ansonsten, bei den anderen Gelenken, verwenden wir grundsätzlich zuerst einmal die Ultraschalluntersuchung.
Eine Ultraschalluntersuchung kennen die Patienten möglicherweise, wenn der Bauch untersucht wird mit Ultraschall. Aber es gibt auch eine Ultraschall-Untersuchung von den Armen und Beinen, also von den Gelenken, Sehnen und nach von Bändern und Muskeln. Diese Untersuchung ist sehr, sehr genau und dort, wo der Ultraschall hinkommt, dort ist die Genauigkeit der Untersuchung größer als durch die Magnetresonanz-Untersuchung. Das heißt: An den Armen und Beinen verwenden wir zuerst immer die Ultraschalluntersuchung, bevor wir eventuell an eine Magnetresonanz-Untersuchung denken.
An der Wirbelsäule können wir leider Gottes keine gute Untersuchung machen mit dem Ultraschall.
Was kann eine Blutuntersuchung aussagen?
Eine Blutuntersuchung verwirrt oft Ärztinnen, Ärzte und Patienten, bzw. das Ergebnis der Blutuntersuchung verwirrt oft Ärztinnen und Ärzte und auch die Patienten, weil leider Gottes bei der axialen Spondyloarthritis die Blutuntersuchungen oft normale Ergebnisse bringen. Und man glaubt, der Patient oder die Patientin hat gar keine entzündliche Erkrankung. Und es ist auch natürlich so, dass manchmal auch Entzündungszeichen im Blut gar nichts mit den Wirbelsäulenschmerzen zu tun haben und eine ganz andere Ursache haben.
Wie ich bereits vorher erwähnt habe: Wir können einen genetischen Test durchführen. Wir können ein Gen nachweisen bei Patienten, das sogenannte HLA-B27-Gen. Und wenn dieses Gen vorhanden ist, dann steigt das Risiko, dass jemand eine axiale Spondyloarthritis hat.
Was bedeutet seropositiv und seronegativ bei der axialen Spondyloarthritis?
Ja, die Begriffe seropositiv und seronegativ kommen aus vergangenen Jahrzehnten und ist ein alter Begriff, den wir nicht mehr benutzen.
Früher hat man noch mehr Schwierigkeiten gehabt, die sogenannte rheumatoide Arthritis oder in der Bevölkerung auch bekannt chronische Polyarthritis von den Spondyloarthriden abzugrenzen. Und wenn man früher einen sogenannten Rheuma-Faktor gefunden hat, dann hat man den Patienten als seropositiv bezeichnet. Wenn man diesen Rheuma-Faktor im Blut nicht finden konnte, dann hat man diese Patienten als seronegativ bezeichnet und damit angedeutet, wenn der Rheuma-Faktor eben nicht vorhanden ist, dass die Patientin oder der Patient möglicherweise an einer Spondyloarthritis erkrankt ist, weil bei der Spondyloarthritis finden wir keine Rheuma-Faktoren.
Ich bin seronegativ, kann ich trotzdem an axialer Spondyloarthritis erkrankt sein?
Wenn ich seronegativ bin, dann findet man bei mir im Blut keinen Rheuma-Faktor, und das deutet sogar eher auf eine Spondyloarthritis hin, als wenn man diesen Rheuma-Faktor mit sich trägt.
Aber es ist umgekehrt auch so: Wenn man bei einer Patientin oder einem Patienten einen Rheuma-Faktor findet, kann er trotzdem eine axiale Spondyloarthritis haben. Sie kann eine andere rheumatische Erkrankung haben. Aber man findet den Rheuma-Faktor auch bei Gesunden. Bei 60-jährigen findet man bei jedem fünften Gesunden auch einen Rheuma-Faktor, und der hat keinen Krankheitswert.
Hier geht es zum Video-Interview: „Diagnose der axialen Spondyloarthritis”
Besondere Formen der Spondyloarthritis
Was ist eine Schuppenflechte (Psoriasis Plaque) und wie hängt sie mit axialer Spondyloarthritis zusammen?
Die Schuppenflechte ist eine Hauterkrankung, ist in der Bevölkerung schon weit bekannt. Sie ist eine entzündliche Hauterkrankung, wo die Patientinnen und Patienten eine rote Haut bekommen, die stark schuppen kann und dadurch natürlich ein Problem für viele Patientinnen und Patienten, insbesondere in den Sommermonaten darstellt.
Diese entzündliche Hauterkrankungen, diese Schuppenflechte oder auch Psoriasis genannt, geht manchmal nicht nur mit einer Hautentzündung einher, sondern auch mit Entzündungen an der Wirbelsäule und aber auch an den Gelenken, an den Sehnen, und manchmal betrifft die Entzündung dann auch ganze Finger und Zehen.
Also sie kann sehr vielfältige Entzündungen an unserem Bewegungsapparat machen.
Ja, die Schuppenflechte kann natürlich ohne Spondyloarthritis natürlich auch bestehen.
Was ist Psoriasis Arthritis und wie unterscheidet sie sich von axialer Spondyloarthritis?
Die Psoriasis Arthritis ist auch eine entzündliche rheumatische Erkrankung. Sie kommt ebenfalls teilweise bei jüngeren Erwachsenen vor, also zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr, aber sie tritt oft auch erst später im Leben auf zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr.
Diese entzündliche Erkrankung kann an allen Stellen des Bewegungsapparates auftreten.
Sie kann an der Wirbelsäule auftreten. Dort ist sie ähnlich wie die axiale Spondyloarthritis.
Aber manchmal befällt sie nicht zu Beginn über den Gesäßbereich mit dem Kreuz-Darmbein-Gelenken, sondern manchmal fangt sie an der Halswirbelsäule an. Sie ist im Auftreten etwas unterschiedlich zur axiale Spondyloarthritis an der Wirbelsäule.
Was aber den Unterschied besonders ausmacht: Psoriasis Arthritis ist, dass sie oft eine Gelenksentzündung macht. Diese Gelenksentzündung entsteht durch Sehnenansätze- und Bandentzündungen. Und diese Gelenksentzündungen, die findet man nicht so wie bei der axialen Spondyloarthritis vor allem in Hüft- und Schultergelenken, sondern z.B. an den Händen, an den Ellbogen, an den Kniegelenken oder auch an den Zehengelenken. Also nicht „stammnah“, wie wir sagen.
Was kommt zuerst: Hautveränderungen oder Gelenkschmerzen?
Zuerst kommen in den meisten Fällen Hautveränderungen. Man sagt, dass etwa 85 Prozent der Patienten zuerst die Hautkrankheit bekommen und erst dann die Gelenks- bzw. Wirbelsäulenerkrankung.
Wie hängen chronisch-entzündliche Darmerkrankungen, Augenerkrankungen und axiale Spondyloarthritis zusammen?
Sowohl die axiale Spondyloarthritis als auch Augenerkrankungen als auch Darmerkrankungen können zusammenhängen.
Sie können z. B. in einer Familie unterschiedlich vorhanden sein. Z.B. hat der Bruder eine Augenerkrankung, also eine sogenannte Regenbogenhaut-Entzündung, also Uveitis, und der andere Bruder hat z.B. einen Morbus Bechterew. Also diese Erkrankungen sind miteinander verwandt. Es besteht eine genetische Grundlage.
Die Patienten mit einer sogenannten chronisch-entzündlichen Darmerkrankung, also Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa, die bekommen oft auch Entzündungen an der Wirbelsäule, also wie bei einer axialen Spondyloarthritis. Sie schaut aber nicht gleich aus wie die axiale Spondyloarthritis. Diese Patienten können auch z.B. Gelenksentzündungen kriegen wie einer Psoriasis Arthritis.
Auch ist es so, dass Patientinnen und Patienten, die eine Regenbogenhaut-Entzündung haben, also eine Uveitis, wie wir das nennen, am Auge, haben, das ist gut nachgewiesen, bis zu der Hälfte der Patienten auch gleichzeitig eine entzündliche Wirbelsäulenerkrankung. Das heißt, wenn jemand einen Regenbogenhaut-Entzündung bekommt, insbesondere eine einseitige, z.B. am linken Auge oder am rechten Auge, dann sollte man immer auch danach fragen, ob jemand Rückenschmerzen hat.
Was ist eine enteropathische Spondyloarthritis und wann kann sie auftreten?
Die enteropathische Spondyloarthritis, wie sie richtig genannt wird, ist eine besondere Form der Spondyloarthritis. Und zwar tritt sie gemeinsam mit einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen auf. Und diese chronisch-entzündliche Darmerkrankung erkennt man daran, dass die Patienten chronische, dauerhafte Durchfälle bekommen mit oder ohne Bauchbeschwerden und auch Blutbeimengungen im Stuhl. Und diese Spondyloarthritis, die auftreten kann bei diesen chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn oder Colitis, diese sind gottseidank meist nicht stark ausgeprägt und führen auch nur selten, sehr selten zur Verknöcherung an der Wirbelsäule und sind auch nicht häufig. Also nur maximal 10 bis 20 Prozent der Patienten mit einer Darmerkrankung bekommen dann auch wirklich eine axiale Spondyloarthritis.
Was ist eine Uveitis und wann kann sie auftreten?
Eine Uveitis ist es der medizinische Fachausdruck für eine Regenbogenhaut-Entzündung. Und sie kann an beiden Augen auftreten oder an einem Auge und ist dadurch gekennzeichnet, dass die Patienten heftige Schmerzen im Auge bekommen. Anfangs sieht man gar nichts, aber nach ein, zwei Tagen wird das Auge rot. Und die Patienten gehen alle doch freiwillig schnell zum Augenarzt oder zur Augenärztin, weil sie doch heftige Schmerzen haben.
Und die Uveitis führt dann auch zu Sehstörungen, insbesondere wenn sie immer wiederkommt.
Es gibt Patientinnen, die haben nur einmal, zweimal in ihrem Leben eine sogenannte Regenbogenhaut-Entzündung, also eine Uveitis. Andere bekommen die leider Gottes mehrmals jährlich. Und dann droht tatsächlich eine Schädigung des Sehens. Und das muss natürlich verhindert werden.
Diese Uveitis ist eben sehr häufig verbunden und auch beim gleichen Patienten auftretend, der eine axiale Spondyloarthritis hat.
Wird die Gelenksentzündung besser, wenn meine anderen Erkrankungen behandelt werden?
Das ist eine interessante Frage.
Normalerweise ist es so: Wenn man eine andere entzündliche Erkrankung hat, dann kann die rheumatische Erkrankung auch dadurch etwas schlechter werden. Das heißt: Wenn man umgekehrt die entzündliche Erkrankung irgendwo im Körper gut behandelt, dann kann auch die entzündliche rheumatische Erkrankung z.B. die axiale Spondyloarthritis möglicherweise etwas besser werden.
Aber ein direkter Zusammenhang zwischen irgendeiner anderen Erkrankung im Körper und der Spondyloarthritis besteht nicht.
Es ist nur so, dass eine gemeinsame Entzündung natürlich dann stärker zum Vorschein kommt als eine isolierte.
Ist Morbus Bechterew dasselbe wie axiale Spondyloarthritis?
Morbus Bechterew ist nicht ganz dasselbe wie die axiale Spondyloarthritis. Die axiale Spondyloarthritis ist der sogenannte Überbegriff, und die axiale Spondyloarthritis kann, wenn sie länger besteht, zum Morbus Bechterew werden.
Der Morbus Bechterew ist nichts anderes als das spätere Stadium der axialen Spondyloarthritis, wo man im Röntgen Verknöcherungen sieht. D.h.: Ein Teil der axialen Spondyloarthritis-Erkrankungen führt zur Verknöcherung. Und wenn Verknöcherungen gesehen werden im Röntgen, dann nennen wir diesen Zustand Morbus Bechterew.
Das heißt: Morbus Bechterew ist die schlechtere fortgeschrittene Form der axialen Spondyloarthritis.
Was sind die Symptome bei Morbus Bechterew?
Bei Morbus Bechterew haben wir die gleichen Symptome wie bei der axialen Spondyloarthritis. Es kommt aber dazu, dass es zu Fehlhaltungen des Körpers kommt. Das ist ganz typisch, dass diese Patienten, meistens sind Patienten, also Männer, dass es bei denen zu einer zur zunehmenden Krümmung der oberen Brustwirbelsäule nach vorne kommt, dass sie damit nicht mehr mit den Schultern die Wand sozusagen erreichen können. Damit sie geradeaus schauen können, müssen sie die Halswirbelsäule überstrecken. Sie haben, damit sie im Gleichgewicht bleiben, wenn sie stehen, oft dann auch die Notwendigkeit, dass sie eine leichte Beugung in den Hüften und in den Kniegelenken einnehmen müssen. Und es entsteht somit eine ganz typische Fehlhaltung, woran man, wenn man ein gewisses geschultes Auge hat als Ärztin oder Arzt, den Morbus Bechterew schon erkennen kann, wenn man den Patienten ansieht.
Wie lässt sich Morbus Bechterew von der axialen Spondyloarthritis im Röntgen und MRT abgrenzen?
Beim MRT lässt sich die axiale Spondyloarthritis von Morbus Bechterew nicht abtrennen, weil wir mit dem MRT die Knochenveränderungen nicht gut sehen können. Leider, trotz der Bemühungen der letzten Jahre, können wir die Knochenveränderungen im MRT nicht gut sehen.
Im Röntgen können wir den Unterschied erkennen, und zwar indem wir Verknöcherungen finden. Besonders an den Kreuz-Darmbein-Gelenken, aber auch entlang der Wirbelsäule, wie ich schon vorher erwähnt habe, kann man, wenn man unsicher ist, im Röntgen, auch mit dem Computertomogramm versuchen, diese Verknöcherung zu finden und zu sehen. Dann kann man auch wirklich von einem Morbus Bechterew sprechen.
Hier geht es zum Video-Interview: „Besondere Formen der Spondyloarthritis”
Die nächsten Schritte bei axialer Spondyloarthritis
Welche ÄrztInnen können mir bei Verdacht auf axiale Spondyloarthritis weiterhelfen?
Wenn man als Patientin oder Patient Rückenschmerzen hat, die chronisch sind, dann sollte man zumindestens einmal zuerst zum Hausarzt bzw. zur Hausärztin gehen, damit er herausfindet, ob man einen entzündlichen Rückenschmerz hat.
Ist sich der Hausarzt oder die Hausärztin unsicher, dann wird er oder sie die Patienten weiterschicken zum Orthopäden oder eventuell auch zum physikalischen Mediziner.
Und wenn die dann zur Entscheidung kommen, dass jemand einen entzündlichen Rückenschmerz hat, dann sollte man diese Patienten zum Rheumatologen schicken.
Wo finde ich eine Rheumatologin/einen Rheumatologen?
Gott sei Dank gibt es inzwischen in Österreich doch einige Rheumatologinnen und Rheumatologen. Und wenn man selber um eine Rheumatologin oder einen Rheumatologen bemühen muss, dann gibt es auf der Homepage der österreichischen Gesellschaft für Rheumatologie eine sogenannte Rheuma-Landkarte. Und auf dieser Rheuma-Landkarte kann man sehen, wer in seinem eigenen Umfeld als Rheumatologin oder Rheumatologe tätig ist.
Worauf sollte ich bei der Wahl meiner Ärztin/meines Arztes achten?
Man sollte darauf achten, dass die Ärztin oder der Arzt einem zuhört bei der Schilderung der Beschwerden. Und man sollte darauf achten, dass Ärztinnen und Ärzte die Unterscheidung kennen zwischen jemanden, der einen sogenannten unspezifischen einfachen Rückenschmerz hat, zu jemanden, der einen entzündlichen Rückenschmerz hat.
Welche Informationen sollte ich vor dem Arztbesuch vorbereiten?
Vielleicht ist es ganz hilfreich, dass man sich überlegt: Welche Erkrankungen hat man bereits durchgemacht?
Vielleicht ist es auch nützlich, wenn man sich erkundigt in seiner eigenen Verwandtschaft, ob es jemanden gibt, der z.B. einen Morbus Bechterew hat, ob es in der Verwandtschaft jemanden gibt, der eine Schuppenflechte hat oder eben einen Morbus Crohn, eine Colitis ulcerosa oder eben Regenbogenhaut-Entzündungen in der Verwandtschaft schon aufgetreten sind oder auch bei einem Patienten selber aufgetreten sind.
Das sind also Informationen, die man vielleicht schon mitbringen kann, wenn man ärztliche Hilfe in Anspruch nimmt.
Welche Beeinträchtigungen können auf mich zukommen?
Wenn man an einer axialen Spondyloarthritis leidet, dann gibt es natürlich leider Gottes zahlreiche Beeinträchtigungen im Alltag.
Das beginnt schon damit, dass man ständig Schmerzen hat und diese Schmerzen insbesondere leider Gottes einen in der Nacht aufwecken und damit bei den Patientinnen und Patienten eine anhaltende Müdigkeit erzeugen und auch die Konzentrationsfähigkeit tagsüber natürlich massiv beeinträchtigen.
Die Steifigkeit in der Früh lässt die Patienten langsam mühsam aufstehen und in die Gänge kommen.
Und die verschiedenen z.B. auftretende Entzündungen an den Hüftgelenken oder den Schultergelenken werden zu einer deutlichen Einschränkung bei der Alltagsbewältigung. Man kann sich kaum die Haare waschen, man tut sich schwer beim Stiegen steigen, beim Gehen. Und man wird zunehmend behindert.
Und wenn die Krankheit fortschreitet, dann kommt es zu Verknöcherungen, und man bekommt eine zunehmende eingeschränkte Wirbelsäulenbeweglichkeit. Man kann z.B. beim Autofahren kaum mehr rückwärts fahren ohne die Hilfe von Spiegeln, weil man sich nicht umdrehen kann.
Zudem kann es natürlich, wenn man auch eine Regenbogenhaut-Entzündung bekommt und wenn die häufiger auftritt, zu einer Einschränkung des Sehvermögens kommen und damit sozusagen auch zu einer Behinderung außerhalb der Wirbelsäule.
Es kann auch leider Gottes, wenn die Krankheit über Jahrzehnte fortschreitet, auch zu einer Beeinträchtigung der Atmung kommen, weil der Brustkorb versteift.
Das führt schlussendlich dann auch leider Gottes zu einer Schädigung des rechten Herzens und durch die chronische Entzündung manchmal auch zu einer Schädigung der Lunge.
Das heißt: Dann entstehen auch Erkrankungen an den inneren Organen durch die axiale Spondyloarthritis, wenn sie unbehandelt bleibt.
Wenn Patientinnen und Patienten an dauernden Rückenschmerzen leiden, dann sind sie im Alltag auf jeden Fall permanent beeinträchtigt.
Und wenn das der Fall ist, dann sollte man auf jeden Fall ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen, damit man herausfinden kann, ob diese Beeinträchtigung eine ernsthafte Erkrankung, d.h. eine entzündlich rheumatische Erkrankung und damit eine axiale Spondyloarthritis, oder ob es sich um einen Bandscheibenschaden handelt oder eben einfach nur um meine muskuläre Verspannung durch einen Haltungsschaden. Diese Beschwerden sind natürlich auch lästig, aber sie sind nicht gefährlich.
Welche Auswirkungen hat die Erkrankung auf meine Berufsfähigkeit?
Die Erkrankung hat natürlich Auswirkungen auf die Berufsfähigkeit.
Es ist zum Beispiel so, dass wenn man schlecht schläft, durch die Schmerzen ständig aufgeweckt wird, dann wird man im Berufsalltag natürlich auch nicht seine volle Leistung bringen können.
Wenn man einen sitzenden Beruf hat, dann wird man schneller versteifen an der Wirbelsäule und mehr Steifigkeit verspüren, als wenn man einen Beruf hat, bei dem man ja sehr viel Beweglichkeit braucht.
Wenn man allerdings einen schweren Beruf hat, wo man sehr schwere Lasten tragen muss, wenn man einen Beruf hat, wo Wirbelsäulenerschütterungen häufig auftreten, dann natürlich wird dieser Beruf zu einer rascheren Verschlechterung der Erkrankung führen.
Und wenn man dann an der Wirbelsäule versteift, dann kann man manche Berufe sicherlich gar nicht mehr oder nur mehr sehr schlecht ausüben.
Geht die axiales Spondyloarthritis mit einem Grad der Behinderung einher?
Na ja, die axiale Spondyloarthritis, wenn sie nicht ausreichend behandelt wird, geht mit einer zunehmenden Behinderung einher. Und es ist ja so, dass bei uns Gott sei Dank die Kranken, die ja bisher nicht ausreichend gut behandelt werden konnten, als behindert eingestuft werden.
An wen kann ich mich bei offenen Fragen wenden?
Als Patientin oder Patient mit einer axialen Spondyloarthritis hat man ja leider Gottes eine chronische Erkrankung, das heißt, die Krankheit geht nicht mehr weg. Das heißt: Man wird permanent dauernd Fragen haben, die einen beschäftigen. Und man kann natürlich nicht immer sozusagen ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. Das würde das Gesundheitssystem komplett überfordern. Deswegen ist es sehr wichtig, dass es die Möglichkeit gibt, dass man sich an Patientenselbsthilfegruppen bzw. Organisationen wenden kann. Und für Patienten mit axialer Spondyloarthritis gibt es die Vereinigung Morbus Bechterew in Österreich.
Es gibt diese Vereinigung in jedem Bundesland, und es gibt die Vereinigung auch europaweit. Und es ist sehr wichtig, dass man als Patientin oder Patient Kontakt aufnimmt zu diesen Vereinigungen und sich vielleicht auch in der Lage sieht, bei diesen Vereinigungen mitzuarbeiten bzw. unterstützend tätig zu sein, damit Patientinnen und Patienten sich jederzeit an diese Einrichtungen wenden können, wenn sie Fragen oder Diskussionsbedarf haben.
Worauf sollte ich bei der Suche nach Informationen achten?
Heutzutage hat man einen leichten Zugang zum Internet und damit zu sehr vielen Informationen im Internet.
Und leider Gottes nun lehrt uns der Alltag, dass viele Informationen im Internet nicht verständlich genug sind, manchmal auch irreführend sind und wir Patienten oft erleben, die aus Informationen im Internet eigentlich falsch informiert werden. Deswegen ist es aus unserer oder unserer ärztlichen Sicht heraus sinnvoll, dass man sich im Internet an die Plattformen der Patientenorganisationen am ehesten wendet, um eine seriöse und wahrheitsgetreue Information zu bekommen.
Wie kann ich meinem Umfeld die Symptome und die Krankheit besser erklären?
Ich glaube, es ist gut, dass man in der Lage ist, seine eigenen Beschwerden mal zu beobachten und diese Beschwerden dann seiner Umgebung einmal einfach mitteilt und dann versucht zu sagen, dass diese Beschwerden einen Grund haben.
Dazu muss man natürlich vorher die Diagnose bekommen. Und dass der Grund für diese Beschwerden kein Fehlverhalten der Patienten ist, die Patienten an diesen Beschwerden und an dieser Erkrankung nicht schuld sind, sondern dass diese Erkrankung, die axiale Spondyloarthritis unabhängig vom Verhalten der erkrankten Menschen auftritt und eigentlich sozusagen das Verständnis der Mitmenschen damit sozusagen erzeugen soll.
Hier geht es zum Video-Interview: „Die nächsten Schritte bei axialer Spondyloarthritis”
Geprüft OA Priv.-Doz. Dr. Josef Hermann: Stand Mai 2021 | Quellen und Bildnachweis