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High-Tech Tätowierung: Der farbige Wächter unter der Haut

High Tech Tattoos Medizin

Künftig könnte eine Tätowierung vor Diabetes, Leberschäden oder anderen Erkrankungen warnen. Dazu werden statt klassischer Tätowiertinte farbige Indikatorlösungen in die Haut injiziert. Ändert sich die Farbe, zeigt dies eine Veränderung von Blutzucker, Proteinen oder pH-Wert an.

Der Trend geht ganz klar in Richtung tragbarer Medizin-Sensoren. Schon in den letzten Jahren entwickelten ForscherInnen verschiedene Varianten von elektronischen und ähnlich funktionierender Pflaster.

Vom Alkoholtest per Klebe-Tattoo bis hin zu einem Pflastersensor, der den Blutzucker kontrolliert und bei Bedarf direkt Insulin freisetzt.

 

Indikatorlösung statt klassischer Tätowiertinte

Einen etwas anderen Ansatz verfolgten der Wissenschafter Ali Yetisen von der Technischen Universität München (TUM) und seine KollegInnen. Ihre Sensoren sitzen nämlich nicht auf, sondern unter der Haut. Dafür entwickelten sie eine Lösung aus hochsensitiven chemischen Sensoren. Wie Tattoo-Tinte werden die Sensoren unter die Haut injiziert. Bisher setzten die ForscherInnen drei Gesundheits-Indikatoren in Form von Tätowiertinte um. Die Indikatoren stellen dabei frühzeitig Diabetes, Leberversagen oder einen gestörten Säure-Base-Haushalt fest:

Farbwechsel bei Wertverschiebung

pH-Wert

Der Referenzbereich des Blut-pH-Wertes liegt beim Menschen zwischen 7,35 und 7,45. Unterschreitet der Wert 7,35 spricht man von einer Azidose, also einer Übersäuerung. Überschreitet der Wert 7,45 spricht man vom Gegenteil, einer Alkalose. Die Tattoo-Tinte enthält einen pH-Sensor aus den Farbstoffen Methylrot, Bromthymolblau und Phenolphthalein. Der pH-Sensor schlägt von gelb nach blau um, wenn der Blut-pH-Wert sich ins alkalische – also über 7,45 – verschiebt. So könnte die Tinte Veränderungen frühzeitig feststellen.

Blutzucker

Ein Blutzuckersensor aus den Enzymen Glucoseoxidase und Peroxidase wechselt seine Farbe von Gelb nach dunkelgrün, wenn der Blutzuckerwert steigt. Diese beiden Enzyme sind in der Blutzucker-Testung besser bekannt als Glucose-Oxidase-Test, kurz GOD-Test. Diese chemische Nachweismethode vom Einfachzucker Glukose kommen größtenteils in den Teststreifengeräten zur Blutzuckerselbstbestimmung von PatientInnen zur Anwendung. Auch dieser „Sensor“ könnte per Tattoo-Tinte unter der Haut funktionieren und so Veränderungen des Blutzuckerhaushalts anzeigen.

Albumin

Der dritte Indikator reagiert auf sinkende Werte des Proteins Albumin mit einer Grünfärbung und kann so auf Leber- und Nierenschäden hindeuten.

Die Hauptaufgabe des Albumins ist die Aufrechterhaltung des so genannten kolloidosmotischen Drucks, der die Flüssigkeitsverteilung im Körper bestimmt. Sinkt dieser Druck, strömt Flüssigkeit aus den Gefäßen in den Raum zwischen den Zellen. Der Albuminwert ist deshalb ein wichtiger Indikator bei Leber- und Nierenerkrankungen, akuten und chronischen Entzündungen, aber auch in der Bewertung von Tumoren.

App zur Bewertung der Tattoo-Farbe

Um die Umfärbungen der Tätowierung tatsächlich deuten zu können, entwickelten die ForscherInnen gleichzeitig mit der neuen Tattoo-Tinte eine Smartphone-App, welche die Farbausschläge in Zahlenwerte verwandelt. Diese Tattoo-Sensoren könnten beispielsweise bei chronisch kranken PatientInnen zur dauerhaften Überwachung einiger Gesundheitsparameter beitragen. Weitere Indikatortinten könnten die Anwendungen in Zukunft ausweiten. So könnten die Tinten beispielsweise  bestimmte Elektrolyte, Krankheitskeime oder den Dehydrierungszustand von PatientInnen messen. Bis jetzt wurde die Tinte jedoch ausschließlich bei Tieren getestet.

Ob die High Tech Tätowierung auch beim Menschen funktioniert und sowohl zuverlässig als auch verträglich ist, müssen weitere Studien erst noch zeigen.

Autorin: Verena Radlinger

Bildnachweis: Unitone Vector | Bigstock