Schmerzen wahrnehmen und akzeptieren
Wie kann mir nun Achtsamkeit als chronisch Kranke in meinem Alltag helfen? Als ich nach der Behandlung wieder in den Arbeitsalltag eingestiegen bin, fühlte ich mich anfangs überfordert, wenig leistungsfähig und ich zweifelte an meiner Leistung. Als ich das Angebot für einen Yogakurs für Brustkrebspatientinnen entdeckte, meldete ich mich kurzerhand an. Im Arbeitsalltag eine kleine Auszeit für mich schaffen war mein Ziel. Am Anfang fiel es mir sehr schwer mit den Gedanken nicht abzuschweifen. Doch nach und nach gelang es mir immer besser mich in dieser Stunde nur auf mich und die aufkommende Ruhe zu konzentrieren. Durch die Konzentration beim Yoga und die Auseinandersetzung mit dem Schmerz, die jedoch immer einen Erfolg mit sich brachte, lernte ich Schmerzen als kurzfristigen Zustand zu akzeptieren. Achtsam mit Schmerzen umzugehen fiel mir bisher immer schwer. Ich litt darunter und ließ mich auch emotional davon leiten. Heute nehme ich den Schmerz wahr, akzeptiere ihn und versuche darauf zu hören was ich gerade brauche. Ebenso versuche ich mit Stress und Überforderung umzugehen. Wenn es mir zu viel wird verzichte ich auf Termine, Telefonate oder Verabredungen. Dabei versuche ich mich nicht schlecht zu fühlen, sondern eher die Selbstfürsorge im Blick zu behalten. Denn es ist in Ordnung Gutes für sich zu tun, auch wenn das manchmal eine Absage bedeutet.
Zeit für mich selbst nehmen
Ich versuche mich auch bewusst auf die Dinge zu konzentrieren, die mir große Freude bereiten. Den Ausflug jeden Samstag auf dem Markt mit aller Ruhe zu genießen, genügend Zeit zu haben, nicht immer auf das Handy schauen.
Achtsamkeit bedeutet für mich auch der Angst eine gewisse Beachtung zu schenken. Wenn ich ein paar Tage vor der Nachsorge nervös und empfindlich werde, sage ich das den Menschen in meinem näheren Umfeld, damit sie mich besser verstehen. Wenn mir vor Nervosität im Wartezimmer der Bauch kribbelt und mir auf der Liege das Herz rast ist das okay. Und wenn die Erinnerungen an die schwere Zeit hochkommen, lasse ich die Trauer und die Tränen zu.
Achtsamkeit bedeutet also für mich, die belastenden Dinge zu bemerken, mir Freiräume zu schaffen und mich mit diesen Entscheidungen wohlzufühlen. Schmerzen und Stress gehören zu meinem Alltag, bestimmten diesen jedoch nicht. Aber ich gleiche es aus, indem ich mir ganz bewusst etwas Schönes gönne. Das genieße ich zu 100% und lade meine Akkus wieder auf. Yoga hilft mir ganz besonders auf dieser Reise. Ich lerne Kontrolle über meinen veränderten Körper zu erhalten, der mich so lange und so fies unter Kontrolle hatte und so viel bestimmt hat. Dieses Gefühl der Macht schafft ein neues Bewusstsein für die Wahrnehmung des eigenen Körpers.
Ich habe akzeptiert, dass mein Körper nicht mehr derselbe ist wie vor zwei Jahren und mich die Erfahrungen verändert haben. Mein Körper hat einiges geleistet, um diese Krankheit zu überstehen, dafür mich ich dankbar.
Habt den Mut aus dem Kreis der Routine auszubrechen, Schwäche zuzugeben und Euch etwas Gutes zu gönnen. Denn auch hier gilt: „Übung macht den Meister“, je öfter Ihr es versucht, desto leichter fallen diese Entscheidungen. Seid achtsam mit Euren Gefühlen und dem was Ihr wirklich für Euch tut.
Hört auf euer Bauchgefühl.