Daniela Kunz erhielt mit Anfang 20 die Diagnose Rheuma und erlebte viele Jahre, wie stark diese unheilbare Krankheit das Leben beeinflusst und einschränkt. Heute lebt sie fast symptomfrei und möchte auch anderen Betroffenen dabei helfen, durch eigenverantwortlichen Umgang mit der Krankheit eine persönliche Bewältigungsstrategie zu entwickeln. Mit der Qualifizierung zur Ernährungsberaterin im Gepäck bloggt sie auf Kunzella´s Kitchen über die Macht der Ernährung und hilft anderen Betroffenen durch ihre eigenen Erfahrungen. Im Gastbeitrag mit selpers erzählt sie über ihren Weg zur Akzeptanz und gibt Tipps für mehr Lebensqualität.
Mein Name ist Daniela, ich bin Mitte 30 und lebe seit knapp 15 Jahren mit verschiedenen rheumatischen Diagnosen im Gepäck. Darunter seronegative Polyarthritis / rheumatoide Arthritis und undifferenzierte Mischkollagenose. Heute bin ich fast symptomfrei und habe meine Lebensfreude und Lebensqualität zurückgewonnen – aber das war nicht immer so. Im Gegenteil.
Kurz vorneweg:
Rheuma ist ein Sammelbegriff von über 400 verschiedenen rheumatischen Erkrankungen. Der sogenannte „rheumatische Formenkreis“ erstreckt sich dabei von entzündlich rheumatischen Erkrankungen über degenerative Gelenk- und Wirbelsäulenerkrankungen und Weichteilrheumatismus bis hin zu Stoffwechselerkrankungen mit rheumatischen Beschwerden1 . Etwas haben all diese Formen dabei gemein: Sie sind unheilbar. Und sie sind scheiße.
Als das Rheuma mit Anfang 20 bei mir ausbrach, hatte ich überhaupt keine Vorstellung davon, was mich erwartet. Und vielleicht war das auch ganz gut so. Am Zenit der Krankheitsaktivität konnte ich nämlich kaum noch laufen. Meine Gelenke versteiften, meine Hände verformten sich und mein Lungenvolumen lag unter 40%. Ich war gefangen in einem Strudel aus quälenden Schmerzen, Angst, Wut, Ignoranz und einer Hilflosigkeit, die ich fast als Ohnmachtsgefühl beschreiben möchte. Ich fühlte mich schutzlos ausgeliefert, machtlos und unfähig, dem Rheuma etwas entgegenzusetzen. Ich versuchte, gegen die Krankheit anzukämpfen, verwendete alle Kraft darauf und musste erst ganz am Boden sein, um zu erkennen, wie falsch ich lag:
Es geht nicht um das Kämpfen gegen – sondern um das Leben mit Rheuma.
Mein Schlüssel war Akzeptanz. Nicht, weil sich Symptome damit in Wohlgefallen auflösten – sondern weil es sich wie ein Befreiungsschlag anfühlte: Plötzlich konnte ich Wege erkennen, wie ich das Beste aus meiner Situation mache. Ich meine: Ja, ich habe Rheuma. Ob das fair oder unfair ist spielt dabei keine Rolle. Auch die Frage nach dem „warum“ ist unerheblich. Die einzige, unverblümte Wahrheit ist: Ich muss mit Rheuma leben. In dem Moment, in dem ich mit der quälenden Suche nach Gründen oder der Ursache aufhörte, wurde aus dem rückwärtsgewandten „warum“ ein nach vorne blickendes „wie“. Und das veränderte alles!
Ich beschäftigte mich zunächst mit der Macht von Ernährung bei Rheuma. Natürlich hatte ich schon einiges davon gehört – aber ehrlich gesagt hätte ich es niemals für möglich gehalten, mit ein paar kleinen Veränderungen in meinen Ernährungsgewohnheiten solche Erfolge zu verzeichnen! Auf alle Einzelheiten einzugehen würde an dieser Stelle den Rahmen sprengen. Aber zusammenfassend kann ich sagen, dass ich die Lebensmittelgruppen identifizieren konnte, die meine Entzündungen massiv befeuern. Ich verschlang alle Studien und jede Fachliteratur, die mir in diesem Zusammenhang in die Finger fielen und lernte viel über Antioxidantien, Fettsäuren und Co. Ich schaffte mit meiner Ernährungsumstellung Erstaunliches: Bereits nach ein paar Wochen waren meine Entzündungswerte, zusammen mit der Krankheitsaktivität, auf ein Langzeittief gesunken.
Ich fühlte mich großartig und wollte alles daran setzen, diesen Zustand möglichst lange zu erhalten. Als arbeitete ich an meinem Mindset, beschäftigte mich mit Themen wie Achtsamkeit und Resilienz. Ich gab Yoga und Meditation eine Chance und muss zugeben, dass ich darin (für mich) eine echte Kraftquelle gefunden habe. Als eher… nennen wir es extrovertierter, lauter Typ kann ich hier zur Ruhe kommen und ganz bei mir sein. Tatsächlich schaffe ich es mittlerweile, alles um mich herum auszublenden und zu regenerieren. Gerade bei einer chronischen Erkrankung wie Rheuma ist das mit der Regeneration nämlich so unfassbar wichtig…
Ein weiter Weg
Auf dem Weg (zurück) zur Lebensqualität mit Rheuma muss man einige Meilensteine hinter sich lassen – und zugegeben hat man manchmal das Gefühl, nie anzukommen. Aber wir alle haben doch verdammt noch mal das Recht (und auch das Potenzial) das Beste aus unserem Leben zu machen. Wenn das im ersten Schritt heißt, alles daran zu setzen, dass die Beschwerden nicht mehr zunehmen, hört sich das für den Außenstehenden vielleicht nicht unbedingt nach einem Erfolg an. Aber für mich, als Rheumakteur, war dieses Gefühl unbeschreiblich. Zu wissen, dass ich etwas getan habe, das die Krankheitsaktivität auf einem konstanten Niveau hielt; einfach grandios. Es motivierte mich, nach weiteren Stellschrauben zu suchen und daran zu drehen.
Wir alle definieren Lebensqualität anders. Bedingt durch unsere aktuelle Situation, den Krankheitsverlauf, die Umstände in denen wir leben, den Weg, den wir bereits zurückgelegt haben. Leider gibt es auch keinen Masterplan oder allgemeingültige Regeln. Das heißt jeder einzelne von uns muss herausfinden, wie genau die ganz eigene, die persönliche Bewältigungsstrategie aussieht. Dabei können Wege ganz unterschiedlich sein.
Wenn wir aber wieder lernen hinzuhören, nachsichtig mit uns sind, herausfinden, was uns gut tut (und warum), können wir mit einem eigenverantwortlichen Umgang mit Rheuma das Ohnmachtsgefühl abschütteln, aktiv Einfluss nehmen – und das Beste aus unserer Situation machen. Wir sind es wert!