Wie entsteht das Mini-Herz aus dem 3D-Drucker?
Biotechnologe Dvir erläutert den Prozess wie folgt: Zuerst wird per Biopsie das Fettgewebe einer/eines Patientin/Patienten entnommen, um anschließend zelluläre von nicht-zellulären Bestandteilen zu trennen. Fettzellen werden zu Stammzellen umprogrammiert; diese wiederum differenzieren sich in Herzzellen, Endothelzellen und andere Zellen. Extrazelluläres Material wie beispielsweise Strukturproteine werden zu Hydrogelen verarbeitet und danach mit verschiedenen Zelltypen vermischt. Aus den daraus entstehenden „Bio-Tinten“ bildet der 3D-Drucker dann die Mini-Herzen.
Da das entstandene Herz aus dem Gewebe der/des Patientin/Patienten erzeugt wurde, sei es komplett kompatibel mit der/dem Patientin/Patienten und werde deshalb auch keine Immun-Gegenreaktion auslösen, erklärt Dvir. „Es ist das erste Mal, dass ein ganzes Herz mit Zellgewebe und Blutgefäßen gedruckt wurde.“ Bisher sind in ähnlichen Versuchen nur synthetische Stoffe oder anderes natürliches Gewebe verwendet worden.
Das Herz im Reifeprozess
Zurzeit lassen die ForscherInnen den Prototypen in einem speziellen Bioreaktor reifen. Die Zellen sollen lernen, besser miteinander zu interagieren und elektrische Signale zu geben, damit das Herz pumpen kann. Innerhalb des nächsten Jahres sollen die Herzen in Tierversuchen an Hasen und Ratten getestet werden.
Dvir dämpft jedoch die Erwartungen: bis zu einem möglichen klinischen Einsatz bei PatientInnen werde es noch einige Jahre dauern. „Wir hoffen, das wir innerhalb von zehn Jahren 3D-Drucker in Krankenhäusern haben, die verschiedene Arten von Gewebe drucken können.“ Dvir betont, dass es noch einige Herausforderungen gebe und man nicht voraussagen könne, wann das erste gedruckte Herz bei einer/einem Patientin/Patient implantiert werde. „Wir können nur hoffen, dass es in etwa zehn Jahren soweit sein wird.“
Auch Deutschland hofft auf künstliche Herzen aus dem 3D-Drucker
Professor Dr. Hermann Reichenspurner, Leiter der Klinik für Herz- und Gefäßchirurgie am Hamburger Universitätsklinikum Eppendorf (UKE), betont, dass dies ein wichtiger Schritt in der Forschung sei, weil man in Deutschland aufgrund eines Mangels an OrganspenderInnen dringend nach Alternativen suche. Zwar gibt es bereits Kunstherzen, diese können jedoch im Langzeitverlauf nicht mit menschlichen Spenderherzen mithalten. Der Vorteil bei dem Projekt der israelischen ForscherInnen ist, dass es sich um körpereigene Zellen handelt und es dadurch nicht zu einer Abstoßungsreaktion gegen das Organ kommen kann.
Weltweit leben rund 26 Millionen Menschen mit einer Herzinsuffizienz – auf Spenderherzen warten jedoch viele vergeblich: allein in Deutschland hoffen derzeit mehr als 10.000 Menschen auf eine Organspende. In Deutschland forscht man seit Jahren an der Züchtung von sogenannten „Flecken“ aus Herzgeweben – diese könnten in Zukunft zumindest Teile von kranken Herzen ersetzen, erklärt der Herzchirurg Reichenspurner. Die Forschung jedoch sei sehr aufwendig und bisher nur im Kleintiermodell etabliert. „Man muss damit rechnen, dass noch deutlich mehr als zehn Jahre vergehen werden“, bis das erste gezüchtete Herz in einem Menschen zum Einsatz kommt, betont Reichenspurner.
Die Euphorie um das Mini-Herz aus dem 3D-Drucker ist zurecht groß – ein möglicher klinischer Einsatz an HerzpatientInnen erfordert aber noch viel Arbeit und Geduld.