Die Psoriasis (Schuppenflechte) ist eine chronische, schubweise verlaufende Hauterkrankung. Sie äußert sich durch stark schuppende Hautstellen, die oft mit Juckreiz verbunden sind. Wir haben Fabiola, Sine und Linda gefragt, wie sie mit sichtbaren körperlichen Veränderungen und unangebrachten Bemerkungen dazu umgehen.
selpers: Welche Erfahrungen hast du mit körperlichen Veränderungen aufgrund von Psoriasis gemacht?
Fabiola: Als die PSO bei mir ausbrach, war sie auch direkt zu sehen. Da es draußen noch recht kühl war, konnte ich die Plaques, Eiterpickel und Schuppen mit Kleidung gut verstecken. Es war mir sehr unangenehm es nach außen zu zeigen. Sah es ja auch nicht sehr ansehnlich aus, weil meine entzündeten Stellen nässten, stark schuppten und die Eiterpickel die ich ebenfalls hatte bei kleinen Berührungen schon aufgingen. Einen absolut Erscheinungs- oder Symptomfreien Zustand habe ich eigentlich nie. Und sei es nur dieses unerträgliche Jucken und brennen von innen heraus.
Zunächst war mir die ganze Situation und die neue Krankheit mit der ich nun neu leben musste, sehr peinlich und ich schämte mich. Wohlwissend, dass ich rein gar nichts dafür konnte. Heute sehe ich die Sache ganz anders. Dank einer tollen Community, Menschen denen es wie mir ergeht und Menschen, die verständnisvoll sind. Ich konnte dadurch und mit der Zeit und Geduld lernen und akzeptieren wie ich für mich persönlich vor allem mit den äußerlichen Erscheinungen der PSO umgehen möchte und wie ich auf eventuelle Reaktionen von außenstehenden reagieren mag.
Sine: Ich habe die Erfahrung gemacht, dass jede Veränderung der PSO seine „Vorteile“ und auch Nachteile mit sich bringt. Im Sommer wird die Haut besser, sie bekommt mehr Sonne ab und schuppt nicht so stark. Allerdings ist es auch mühsam mit einem Langarm-Shirt im Sommer rumlaufen zu müssen. Gegenteiliges gilt für den Winter, die Haut wird leider schlimmer, aber sie lässt sich einfacher verdecken.
Linda: Als mit 19 Jahren die Schuppenflechte stark am ganzen Körper ausgebrochen ist, sah ich mich mit den Begriffen „Autoimmunkrankheit“, „nicht heilbar“ und „genetisch bedingt“ und dem Gefühl der Machtlosigkeit konfrontiert.
Ca. 10 Jahre später ist mir die Chance dieser Hautkrankheit bewusst geworden. Meine Perspektive änderte sich von „Ich kann nichts machen“ zu „Ich kann etwas tun, die Haut will mir etwas zeigen“. Mein Blick auf den Mensch wurde ganzheitlich: Körper, Geist, Seele hängen zusammen.
Diese Sichtweise bildet den Grundstein für meinen Umgang mit Schuppenflechte.
selpers: Wie gehst du damit um?
Fabiola:
Zunächst habe ich als erstes geschaut womit es mir gut geht! Was möchte ich zeigen, was möchte ich eventuell verbergen um ungewünschten Blicken und Reaktionen aus dem Weg zu gehen. Ganz wichtig! Auch wenn von der Gesellschaft tabuisiert und versteckt, ist eine PSO kein Grund sie zu verstecken, wenn man vor die Tür geht! Ich laufe im Sommer in meinen Flip-Flops rum, auch wenn meine Pustolosa extrem blüht und eindeutig nicht schön aussieht, ich trage kurze Hosen und T-Shirts, auch wenn meine Beine und Arme aussehen, wie verbrannt und aufgeschürft. Wenn ich lange Kleidung, oder einen Turban für den Kopf trage, dann nicht um anderen den Blick zu ersparen, oder sie vor ekel zu bewahren! Sondern lediglich um meine Haut und offenen Stellen und Wunden vor Verunreinigungen, oder zu starker Sonne zu schützen. Ich habe gelernt und erfahren, dass sich vor allem die Menschen, die einem ständig nahe sind ebenso an die Erkrankung und den Anblick gewöhnen und es schnell nicht mehr zum Hauptaugenmerk zählt.
Sine:
Ich muss ehrlich sagen, dass ich sehr offen mit meiner PSO umgehe! Mich trifft keine Schuld, dass meine Haut so aussieht wie sie aussieht, daher habe ich auch keinen Grund mich zu verstecken. Ich habe viel zu viele Sommertage schon verpasst, indem ich mich lieber zu Hause aufgehalten habe und nicht ins Freibad oder an den See gefahren bin. Die Schuppenflechte nimmt einem so viel und die Sommertage will und werde ich nicht mehr hergeben!
Linda:
Wenn die Haut schlechter wurde, hat mich das immer wieder sehr frustriert. Ich finde, dass der Frust auch sein darf und raus muss. Ich sehe Psoriasis als Zeichen der Haut, dass ich nicht in Balance bin und für mich eine Chance zu lernen warum. Ich versuche daher schnell wieder ins Vertrauen zu kommen, dass es einen Grund und eine Lösung gibt und deshalb sein darf.
selpers: Welche Ratschläge/Herangehensweisen sind für dich hilfreich?
Sine: Ich denke, es kommt nicht darauf an welche Ratschläge man erhält, sondern von wem sie kommen. Kann die „ratschlaggebende“ Person überhaupt nachempfinden was wir durchmachen? Oder kommt eher der Ratschlag „du musst dich einfach nur mehr eincremen“. Diese Art von Ratschlägen sind ermüdend. Allerdings freue ich mich sehr über Ratschläge von erfahrenen Betroffenen. Grundsätzlich hilft es mir mittlerweile sehr gut auf meinen Körper zu hören als auf liebgemeinte Ratschläge. Dennoch lohnt es sich mit offenen Ohren und Augen an die Sache ranzugehen.
Linda: Akzeptanz ist für mich ein wesentlicher Ankerpunkt, auf den ich mich immer zurückbesinne, wenn es mir schwer fällt im Umgang mit der Schuppenflechte positiv zu bleiben. Dabei ist es wichtig die Akzeptanz nicht nur zu denken, sondern auch zu fühlen.
Das Konstrukt Mensch und die Zusammenhänge für Gesundheit, Heilung und eine Krankheit wie Schuppenflechte zu verstehen, hilft mir enorm. Ganzheitliches Wissen zu sammeln ist daher ein weiteres Tool, das mich immer begleitet.
Unbekanntes macht uns oft Angst und lässt uns in der Komfortzone bleiben. Offen zu sein für neue Möglichkeiten und Mut zur Veränderung eröffnet uns ungeahnte Chancen.
selpers: Hast du schon einmal unangebrachte Bemerkungen zu deiner Haut erhalten?
Fabiola: Natürlich habe ich schon Bemerkungen zu meinem Hautbild erhalten. Viele darunter, weil einfach Angst und Unwissenheit herrscht! „Ist das ansteckend?“, waren so die meisten Fragen. Aber auch Kommentare wie „Ich könnte damit niemals leben! Ich würde nur in langen Sachen rumlaufen.“ etc.
Sine:
Ich denke da könnte fast jede Betroffene ein Buch dazu schreiben. Die Bemerkungen reichen von Mitleid über Eckel bis hin zum Mitgefühl, Neugier und Ignoranz hin.
Linda:
In der ganzen Zeit der Schuppenflechte Erkrankung hatte ich nie schlechte Erfahrungen mit dem Verhalten anderer Menschen. Zumindest habe ich sie nie als schlecht empfunden. Es gab Anmerkungen bzgl. Verbrennungen, Stürze und ich merke die Blicke. Für all das habe ich Verständnis.
selpers: Wie reagierst du auf solche Sprüche?
Fabiola:
Ich bin schon ziemlich daran interessiert, die Menschen aufzuklären. Die Krankheit zu enttabuisieren, wie auch meine CED (chronisch entzündliche Darmerkrankung). Ich erkläre meinem Gegenüber, wie es ist damit zu leben, worauf ich achten muss, was mich belastet, aber auch wie mich die Erkrankung wieder dazu bringt belastbarer zu sein und über mich hinauszuwachsen. Und dass man definitiv damit Leben kann und es lernen kann wie! Es braucht seine Zeit und immer wieder einen Haufen Geduld. Aber das ein Leben mit PSO nicht Lebenswert ist stimmt definitiv nicht! Es gibt heute so viele Behandlungsmöglichkeiten, die die Erkrankung und ihre Symptome lindern.
Sine:
Da die Bemerkungen sehr unterschiedlich ausfallen, kann ich das nicht auf eine bestimmte Reaktion runterbrechen. Grundsätzlich gehe ich aber davon aus, dass die Unwissenheit, der Nicht-Betroffenen zu unangebrachten Fragen und auch Bemerkungen führt. Daher liegt es an uns dieses Thema präsenter zu gestalten und uns nicht zu verstecken. Denn wenn wir nicht darüber reden, wer soll es dann tun.
Linda:
Mein Rat für unangebrachtes Verhalten: bleibe bei dir selbst, sei dir bewusst, dass es nicht dein Thema ist, wenn sich jemand wirklich daneben benimmt. Wenn dich jemandes Verhalten verletzt, schenke dir selbst und deiner Haut extra viel Liebe und Zuwendung.
Du hast immer die Wahl, wie du selbst reagieren möchtest und wie viel Macht du anderen Menschen gibst.
selpers: Was möchtest du anderen Betroffenen mitgeben?
Fabiola:
Ich möchte jedem betroffenen von ganzem Herzen, die Kraft und die Ausdauer wünschen, die es für die schweren Zeiten im Verlauf der Erkrankung braucht. Macht, worauf ihr Lust habt, tut und zeigt womit ihr euch gut fühlt und das nicht gesteuert von den Möglichen Reaktionen eurer Mitmenschen.
Eine Hautruhige Zeit an euch! Fabiola (MamamitCröhnchen)
Sine:
Unsere Mitmenschen können nur das sehen, was wir ihnen von uns zeigen. Unsere Ausstrahlung wird maßgeblich davon beeinflusst, was wir von uns denken. Daher möchte ich den Betroffenen mitgeben, sanfter zu sich zu sein, um die Seele leichter werden zu lassen. Die Last auf unseren Schultern ist schwer genug.
Linda:
Ich würde mich sehr freuen, wenn immer mehr Betroffene Schuppenflechte als Chance sehen können, für die persönliche Weiterentwicklung und für ganzheitliche Heilung.
Fabiola
Fabiola bekam 2015 die Diagnose Morbus Crohn. Seit Anfang 2021 kam noch die Diagnose Psoriasis hinzu. Auf ihrem Instagram @mamamitcroehnchen erzählt sie über ihren Alltag als chronisch kranke Mutter und klärt über die Erkrankungen Morbus Crohn und Psoriasis auf.
Sine
Sine gestaltet auf Instagram ihre Seite unter dem Namen @psoauty. Ja, etwas kompliziert auszusprechen, aber die Idee dahinter ist simple: Schön trotz und mit der Schuppenflechte💕 „Also lasst euch euer Strahlen nicht von etwas stehlen, für das ihr nichts könnt!“
Linda
Linda ist Mama von zwei Mädels, liebt es zu gärtnern und mit der Natur verbunden zu sein. Auf ihrem Instagram Kanal (@unterdiehaut.linda), sowie auf ihrem Blog versucht sie anderen die ganzheitliche Sichtweise auf den Menschen, die Gesundheit und das Leben nahezubringen und wie sie Schuppenflechte als Chance sehen können.