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Systemische Sklerose: Aufgeben ist keine Option

Zeit um dankbar zu sein

2017 hat Ariane die Diagnose „diffuse Sklerodermie“ erhalten, eine seltene entzündlich-rheumatische Erkrankung. Im Gastbeitrag mit selpers erzählt sie über ihre Sklerodermie Erkrankung und macht anderen Betroffenen mit ihrer Lebenseinstellung Mut.

„Wenn ich aufs Rad steige, gönne ich meiner Krankheit eine Pause“.

Hätte ich nach der Diagnose im Jahr 2017 nicht mit dem Radfahren begonnen, würde ich jetzt nicht mehr so dasitzen und die diffuse systemische Sklerodermie hätte den Kampf gewonnen. Aber Aufgeben ist keine Option! Eigentlich war mein Leben vor der Diagnose ziemlich normal. Ich hatte einen guten Job, war alleinerziehende Mama eines wunderbaren Sohnes. Wenn sich Freiräume auftaten, machte ich Zumba und Yoga. 2016 bemerkte ich erstmals, dass meine Finger anschwollen. Bald darauf folgte ein Berlin-Trip mit meiner Schwester und meinem Schwager. Wir waren nie die Hopon-hop-off-Busfahrer, wir sind alles zu Fuß marschiert. Doch diesmal schwollen die Knie an. Nach der Rückkehr wandte ich  mich an einen Rheumatologen, die erste Diagnose: rheumatoide Arthritis. Ich bekam Cortisol verschrieben, eine Tortur begann. Mein Körper war geschwächt, ich habe Akne bekommen, die Speiseröhre war entzündet und ich habe mich immer mehr zurückgezogen. Innerhalb kurzer Zeit nahm ich 12 Kilo ab.

Im Juni 2017 feierte eine Kollegin und gute Freundin und lud zum 50er ins Mittelburgenland. Der Tag, an dem mich heftige Schmerzen begleitet haben, kurz vor Beginn der Feier brach ich zusammen. Die Krankenhaus-Tourtour begann. Im LKH Graz bekam ich dann die niederschmetternde Nachricht und Diagnose: Sklerodermie. Nicht die ,leichtere Form, sondern die diffuse Sklerodermie, bei der auch die Organe betroffen sind. Ich habe nur geweint und wollte es nicht glauben. Ich lag im Krankenhaus und mein damals 17 jähriger Sohn Nicola ist zuhause, 200 km entfernt, es war für mich eine katastrophale Zeit. Und dann erreichten mich so viele Nachrichten, die mich immer wieder aufgebaut haben und die mich wissen haben lassen, es stehen so viele Menschen hinter mir. Mit meinem Sohn konnte ich immer offen reden, aber man möchte natürlich als Mutter für sein Kind da sein und plötzlich konnte ich nicht einmal eine Faust machen. Ich musste ihn um Hilfe bitten, um die Rollo hochzuziehen oder ein Marmeladenglas zu öffnen. Er ist aber nie zurückgeschreckt, dafür bin ich sehr dankbar.

Symptome und Schmerzen kommen und gehen, manche bleiben. Besonders belastend für mich ist das einengende Körpergefühl. Das fühlt sich so an, als hätte man einen zu engen Handschuh an. Man hat zu wenig Platz im eigenen Körper. Ich bekomme Medikamente und Infusionen, die diese seltene Krankheit verlangsamen. Heilbar ist sie nicht. Aber gerade deshalb habe ich beschlossen, ihr Parole zu bieten, zu kämpfen und nicht aufzugeben.

Ich habe eines Tages das Radfahren durch einen sehr guten Freund entdeckt. Es war von Anfang an magisch. Ich steige aufs Rad und vergesse diese Schmerzen. Ich vergesse, dass ich krank bin. Ich gönne in dieser Zeit meiner Krankheit eine Pause. Und es zeigt Wirkung. Die Sklerodermie ist zwar aktiv, aber meine Beine gewinnen fast immer den Kampf gegen diese Bindegewebsverhärtung. Meine Beine wehren sich während des Radfahrens dagegen. Und das ist gut so. Begonnen habe ich mit einem Mountainbike, bin dann nach kurzer Zeit auf ein Rennrad umgestiegen und es hat von Anfang an so viel Spaß gemacht. Meine Freude stieg von Ausfahrt zu Ausfahrt und auch meine Ziele. Zuerst ein kleiner Hügel, dann ein kleiner Berg und dann der Großglockner. Und meine mentale Stärke wuchs und wuchs und ich wusste, die Sklerodermie hat sich den falschen Körper ausgesucht. Ich werde kämpfen – solange es geht.

Nach der Großglockner Challenge wusste ich dass ich mich noch steigern kann. Mit Martin gemeinsam nahm ich im letzten Jahr an der Challenge des Race Around Austria teil. 560km nonstop rund um Oberösterreich. Und wir schafften es in 21 Stunden und 14 Minuten. Eine unglaubliche emotionale Erfahrung, die mir niemand mehr nehmen kann. Ein Arzt hatte mir damals abgeraten, diese Challenge zu fahren – weil ich zuviele Baustellen in meinem Körper habe. Aber ich wusste, dass mein Kopf, mein Rad und meine Freude mich nicht hindern konnten. Und somit war es für die Ärzte in Graz fast ein medizinisches Wunder, mit dieser Diagnose so etwas zu leisten. Einen Tag nach dieser Challenge fragte ich vorsichtig, ob wir nicht die „Mutter“ des Race Around Austria versuchen wollen. 2.200 km und 30.000 Höhenmeter in 92 Stunden. Und wir werden es schaffen – denn wir sind stärker als die Sklerodermie und wir fahren für die Forschung dieser seltenen Krankheit. Wir haben viele Sponsoren, viele Unterstützer und wir werden den Reinerlös der Forschung im LKH Graz übergeben. Mir wird es zwar nicht mehr helfen, aber ich hoffe, dass wir mit www.foahrmaarunde.at einen wesentlichen Beitrag leisten können, damit diese Krankheit eines Tages HEILBAR werden wird.

Die Sklerodermie hat sich meinen Körper ausgesucht – es war die falsche Entscheidung – ich werde nicht aufgeben!

Ariane Schrauf

Ariane ist von der seltenen entzündlich-rheumatischen Erkrankung „diffuse Sklerodermie“ betroffen und zeigt mit ihrem Projekt „foahrmaarunde“, dass man nie aufgeben sollte und nichts im Leben unmöglich ist.

Hier finden Sie die Website von „foahrmaarunde“

Autorin: Ariane Schrauf

Bildnachweis: Ariane Schrauf