7. Behandlung von MDS – alle Fragen

Zu den Behandlungsmöglichkeiten der MDS gehören Watch and Wait, Bluttransfusion, Medikamente und die allogene Stammzelltransplantation. Das Ziel jeder Therapie ist es, die Lebensqualität zu verbessern. Impfungen, Kontrolluntersuchungen und die richtige Nachsorge können dabei einen wichtigen Beitrag leisten. Univ.-Prof. Dr. Nicolas Bonadies beantwortet die häufigsten Fragen zum Thema.

Therapie bei MDS

Was sind die häufigsten Behandlungsmethoden für MDS?

MDS ist eine sehr heterogene Erkrankung und daher ist es wichtig, dass man sowohl den Startpunkt der Krankheit bestimmt als auch die Begleiterkrankungen zur Kenntnis nimmt. Den Patienten steht große Palette an Therapieoptionen zur Verfügung.

Zum einen Therapien, welche eine Beobachtung umfassen, eine “Watch and Wait”. Gewisse Patienten benötigen Transfusion von roten Blutzellen oder Blutplättchen. Zum anderen könne Wachstumsfaktoren eingesetzt werden. Immunmodulierende Substanzen können als Therapie die Krankheit modifizieren oder verändern, Beispielsweise Lenalidomid. Darüber hinaus gibt es hypomethylierenden Substanzen, Medikamente, die bei Hochrisiko-MDS angewendet werden. Es gibt wenige Patienten, die Hochrisiko MDS haben und fit sind. Diese benötigen eine allogene Stammzelltransplantation.

Da es so viele unterschiedliche Therapien gibt, ist es wichtig, dass man die Patienten für die entsprechende Therapie gut auswählt. Dafür braucht es Erfahrung seitens der behandelnden Ärzte.

Welche Ärztin/welcher Arzt behandelt MDS?

Die MDS Patienten werden der Regel von Hämatologen oder Hämatoonkologen betreut, insbesondere wenn Sie an Hochrisiko-MDS erkrankt sind oder komplexere Therapien benötigen. Im Behandlungsplan werden zusätzlich Hausärzte und Internisten einbezogen. Bei Patienten, die in “Watch and Wait” sind, oder nur eine Therapie mit EPO oder Transfusionen benötigen ist es wichtig, dass ein entsprechendes Netzwerk aufgebaut wird. Es sollte Kontakt zu niedergelassenen Ärzten und Hausärzten aufgenommen werden, um die Patientenbetreuung zu koordinieren.

Was ist das Ziel der MDS Behandlung?

Das Ziel des Behandlung hängt immer davon ab, in welchem Stadium sich die Erkrankung befindet. Man teilt die MDS Erkrankung in Niedrigrisiko und Hochrisiko Erkrankung ein. Diese fallen unter das krankheitsspezifische Risiko.

Zusätzlich gibt es das patientenspezifische Risiko. Das bedeutet, dass die Patienten natürlich abhängig von der Komorbidität, bestimmte Behandlungen unterschiedlich tolerieren. Daher ist es wichtig, diese zwei Aspekte für die Behandlung der MDS Patienten zu berücksichtigen.

Wie unterscheidet sich die Behandlung je nach MDS-Typ?

Die Behandlung des MDS teilt sich grundsätzlich auf in die Behandlung der Niedrigrisiko- MDS Patienten und die Hochrisiko-MDS Patienten. Für diese Einteilung benutzen wir verschiedene Risikos den IPSS-R Score (International Prognostic Scoring System) und die revidierte Version dieses Scoring Systems. Mit diesem Scoring System können wir das krankheitsspezifische Risiko berechnen oder bestimmen.

Zusätzlich ist es nötig, auch die Komorbiditäten der Patienten zu berücksichtigen, also das patientenspezifische Risiko miteinbezieht. Insbesondere bei Patienten mit Hochrisiko-MDS kann es Richtung intensive Therapien gehen, wie zum Beispiel eine Induktionschemotherapie oder eine allogene Stammzelltransplantation. Sowohl das krankheitsspezifische als auch patientenspezifische Risiko sind wichtig, um  die richtige Therapie auswählen zu können.

Was ist die Basis der Behandlung bei MDS?

Die erste Basis der Behandlung von MDS Patienten ist die Stellung einer korrekten Diagnose. Dies scheint trivial zu sein, ist jedoch nicht einfach, da es verschiedene, unterschiedliche Erkrankungen sind. Es muss sowohl das Stadium bestimmt werden als auch geschaut werden, ob ein bestimmter Subtyp der MDS Erkrankung vorliegt. Beispielsweise das MDS mit Deletion 5q oder neuerdings das MDS mit Ringsideroblasten, darüber hinaus auch eine hypoplastische Form der MDS. Diese Patienten benötigen eine andere Therapie. Deshalb ist es wichtig, dass man die Diagnose wichtig stellt und auf die Subklassifizierung des MDS korrekt erstellt.

Die andere Grundlage der Behandlung ist, die Symptome des Patienten zu erfassen. Dies ist nicht nur abhängig von der Anzahl oder der Höhe des Hämoglobins, sondern das hängt auch damit zusammen, ob der Patient noch andere Begleiterkrankungen hat, die womöglich einen höheren Hämoglobinwert benötigen. Dazu zählen beispielsweise Lungen- und Herzerkrankung oder der Zustand nach einem Hirnschlag. Dann sollten höhere Hämoglobinwerte anstreben werden.

Die Grundlage ist eine patienten- und symptomorientierte Behandlung, wobei einbezogen werden muss, wie sich die Krankheit in Zukunft entwickeln könnte. Deshalb ist es wichtig, dass das Risiko der Erkrankung mit dem IPSS-R Score richtig erfasst, sodass rechtzeitig entschieden werden kann, ob der Patient eine intensive Therapie braucht. Insbesondere Patienten mit Hochrisiko-MDS können sich für eine allogene Stammzelltransplantation qualifizieren.

Welche Unterschiede gibt es in der Behandlung der Hochrisiko- und Niedrigrisiko-MDS?

Die Therapieziele im Niedrig- und Hochrisiko-MDS unterscheiden sich. Beim Niedrigrisiko-MDS geht es darum, die Symptome des Patienten und die Lebensqualität zu verbessern.

Beim Hochrisiko-MDS Patient geht es darum, die Progression in eine Leukämie hinauszuzögern und das Leben zu verlängern.  Die wichtigste Frage, die man sich bei einem Hochrisiko-MDS Patienten stellen muss ist, ob dieser fit genug für eine allogene Stammzelltransplantation ist. Denn diese hat als einzige grundsätzlich das Potenzial, die Krankheit zu heilen.

Nach welchen Kriterien wird die Therapie im Krankheitsverlauf angepasst?

Das ist primär abhängig von der Toleranz der entsprechend Therapie, aber zum einen auch von den Nebenwirkungen, die anfangs auftreten können, zum anderen vom Ansprechen. Das bedeutet je nach Therapieoption gibt es unterschiedliche Ansprechkriterien.

Bei Therapien mit einem Wachstumsfaktor, beispielsweise Erythropoetin, kann der Anstieg des Hämoglobins kontrolliert werden. Ziel ist, dass der Patient transfusionsfrei wird. Diese Response Kriterien müssen erfüllt sein, sodass mit der Therapie weiter verfahren werden kann. Gleichzeitig muss eine gute Tätigkeit des Medikamentes vorliegen. Das Ansprechen und die Toleranz sind somit die wichtigsten Kriterien, um die Therapien dementsprechend anzupassen. Dies ist auch abhängig von der entsprechenden Therapieform.

Welche Bedeutung haben Vorsorgeuntersuchungen und Impfungen?

Das MDS ist eine Erkrankung, die zögerlich auftritt. Oft gibt es eine Vorphase, die schleichend beginnt, beispielsweise mit leichter Blutarmut und ein bisschen tieferen Plätzchen. Das kann unscheinbar sein und oft asymptomatisch.

Aktuell gibt es keine Möglichkeit die Krankheit selbst zu verhindern, was man jedoch kann, ist sich gesund zu ernähren und eine gesunde Lebensweise zu führen. So können andere  Begleiterkrankungen, wie kardiovaskuläre Erkrankungen verhindert werden. Denn diese kann mit MDS interagieren und durch Blutbildung oder die Anämie die Erkrankung negativ beeinflussen. Impfungen gegen die Grippe oder Pneumokokken sind in der Regel bei älteren Personen auch sinnvoll, jedoch abhängig vom Land.

Was kann ich als PatientIn begleitend zur ärztlichen Therapie noch tun?

Neben den üblichen Behandlungen, die vom Arzt empfohlen werden empfehle ich meinen Patienten, dass Sie versuchen sollen Ihr Leben so gut und normal zu gestalten wie möglich. Beispielsweise Kontakte mit Bekannten, Freunden und der Familie zu haben. Dass Sie sich gut und oft körperlich bewegen sollen, um die Muskulatur aufrecht zu halten und dass Sie sich gesund ernähren. All dies sind wichtige Faktoren, die im Leben grundsätzlich nützlich und förderlich sind und das gilt auch für das MDS.

Über welchen Zeitraum erfolgt die Therapie bei MDS?

Da die Therapien sehr unterschiedlich sind, variieren sie auch in ihrer Dauer. Üblicherweise handelt es sich um Dauertherapien. Das bedeutet, wenn man einmal beginnt, führt man diese so lange durch, wie der Patient von der Behandlung profitiert und keine relevanten Nebenwirkungen auftreten. Beispielsweise Transfusionen können nicht einfach abgebrochen werden. Sondern es muss versucht werden, mit anderen Medikamenten oder Substanz die Transfusionen zu verhindern oder hinauszuzögern.

Eine Ausnahme der Dauertherapien ist, je nach Ansprechen, die allogene Stammzelltransplantation. Bei dieser wird die Heilung des MDS anstrebt, jedoch ist diese sehr aufwendig. Nötig ist viel Wissen über den gesamten Ablauf und ein gutes Gespräch mit dem Patienten. Denn nur so kann eine korrekte Selektion der Patienten aufgrund deren Krankheitsstadiums und Nebenwirkungen erfolgen.

Wie sieht die Nachsorge konkret aus?

Die Nachsorge der MDS Patienten erfolgt abhängig von der gewählten Therapieform. Den Patienten, die “Watch and Wait” haben reicht eine Blutbildkontrolle alle drei bis sechs Monate. Es wird überprüft, wie es dem Patienten geht und ob Symptome anfallen. Bei Wachstumsfaktoren sollte anfänglich häufiger kontrolliert werden, dass die Blutwerte nicht zu stark ansteigen. Unter Erythropoetin sind die Kontrollen zwei bis vierwöchentlich, anschließend monatlich bis dreimonatig oder halbjährlich. Es wird kontrolliert, ob die Blutwerte weiterhin in einem guten Bereich liegen und wie die Symptome des Patienten sind. Dies gilt auch für die anderen Therapien.

Üblicherweise sind die Kontrollen am Anfang der Therapie engmaschiger. Die Idee und das Ziel der Therapie ist, dass man die Kontrollen so weit wie möglich ausdehnen kann, dass man den Patienten nur noch vierteljährlich oder halbjährlich sieht.

Die Stammzelltransplantation ist viel aufwändiger und zu Beginn sind die Kontrollen sehr engmaschig. Zum Teil muss sichergestellt werden, dass der Patient in der Nähe des Transplantationszentrums übernachten kann, um schnell, aber auch regelmäßig die Kontrollen wahrnehmen zu können. Diese sind sehr aufwendig, da die Immunsuppression und auffällige Nebenwirkungen oder Abstoßreaktionen überwacht werden müssen. Dafür ist ein gutes Setting und ein erfahrenes Team nötig, welches den Patienten über diese Zeit begleitet.

Hier geht es zum Video-Interview: „Therapie bei MDS“

Watch and Wait bei MDS

Was versteht man unter einer „Watch and Wait”-Strategie?

Das „Watch and Wait” bedeutet einfach beobachten und warten. Es betrifft Patientinnen und Patienten, die Blutwerte haben, die nicht in einem bedrohlichen Bereich liegen und asymptomatisch sind. Dies ist abhängig vom gesamten Setting, der Situation und ob Sie in der Nähe eines Zentrums leben. Die Blutwerte und Symptome kann man individualisieren und vom Hausarzt kontrollieren lassen. In der Regel reicht es, wenn die Situation stabil ist und man den Patienten einmal alle 6 Monate im Zentrum sieht. Der Hausarzt kann die Zwischenkontrolle übernehmen.

Unter welchen Bedingungen wird „Watch and Wait” in Erwägung gezogen?

„Watch and Wait“ ist für Patienten geeignet, die ein Tiefrisiko-MDS haben und die Blutwerte haben, die nicht einen bedrohlichen Bereich liegen. das heißt ein Hämoglobin zum Beispiel über 90 oder 100, die Plättchen liegen über 80 oder 100 und auch die Neutrophilen sind über 1,5. Das sind die Grenzen, bei denen die Zytopenie, also die Zellarmut nicht in einem bedrohlichen Bereich liegt.

Es gibt insgesamt drei wichtige Zellreihen. Es gibt die rote Zellreihe, das sind die Erythrozyten, das sind die Sauerstoffträger. Wir haben die weiße Zellreihe, die Leukozyten, welche uns vor Infektionen schützen. Als Drittes haben wir die Plättchen, welche uns vor Blutungen schützen.

Bedingungen für „Watch and Wait“:

  • Keine symptomatische Anämie / symptomatische Blutarmut
  • Keine Blutungsneigung
  • Keine Infektneigung
  • Keine anderen Symptome
  • Keine Hochrisiko-Veränderungen im Knochenmark

(Unreife Zellen / Ungünstige Mutationen / Ungünstige Zytogenetik)

Wann wird „Watch and Wait” bei der Erkrankung beendet?

„Watch and Wait“ wird beendet, wenn der Patient Symptome entwickelt oder die Blutwerte rasch in einen gefährlichen Bereich absinken. Zum Beispiel bei einem Hämoglobinwert unter 80, kann es zu Mühe bei körperlicher Anstrengung, Herzrasen und Schwäche kommen. Dies sind Symptome der Anämie. Wenn die Plättchen auf unter 20 oder 50 abfallen, wenn Sie beispielsweise einen Blutverdünner einnehmen, können Blutungen auftreten. Bei den Neutrophilen, den weißen Blutzellen ist die Grenze etwa bei 1. Denn ab dort können zunehmend Infekte auftreten, meist bakterielle Infekte von den Harnwegen oder dem Magen-Darm Trakt aus. Diese Bakterien können im Blut eine gefährliche Blutvergiftung verursachen. Bei Symptomen und einer gefährlichen Verminderung der Blutwerte sollte man das „Watch and Wait“ beenden und mit einer Knochenmark Untersuchung nochmal eine Standortbestimmung machen.

Wie läuft „Watch and Wait” in der Praxis ab?

Beim „Watch and Wait“ wird der Arzt zuerst Ihre Diagnose gut mit Ihnen besprechen. Es ist Ihnen bewusst, dass Sie ein Niedrigrisiko-MDS haben, dass sonst keine relevanten Symptome vorliegen, dass die Blutwerte nicht in einem gefährlichen Bereich liegen, dass keine Vermehrung von unreifen Zellen haben und auch die Zytogenetik und die molekularen Veränderungen nicht so sind, dass man rasch eine Therapie einleiten muss.

Danach besprechen Sie mit dem Arzt, wie man die weiteren Kontrollen vornehmen möchte. Um sicherzustellen, dass die Situation stabil ist, werden in den ersten drei Monaten mindestens monatliche Blutbildkontrollen gemacht. So wird abgeklärt, dass Sie nicht in einer Dynamik stehen, wo die Blutwerte sich verschlechtern.

Bleiben diese jedoch über mehrere Wochen oder Monate stabil, können die Kontrollen auf drei bis sechs Monate ausgedehnt werde. Dafür kann auch der Hausarzt für Zwischenkontrollen miteinbezogen werden, sodass Sie nicht häufig in ein weit entferntes Zentrum fahren müssen. Ich empfehle trotzdem, dass Sie regelmäßig von einem Spezialisten untersucht werden, da dieser erkennt, wenn sich etwas verändert, sodass man dies für die weiteren Kontrolle berücksichtigen kann.

In welchen Intervallen kommt es zu Kontrollen bei „Watch and Wait”?

Die “Watch and Wait” ist weniger eine Behandlung, sondern eher eine Kontrolle, also eine Beobachtung des Patienten. Dies hängt davon ab, wie stabil die Blutwerte und Symptome sind. Anfänglich werden die Kontrollen engmaschiger sein, damit sichergestellt ist, dass keine Dynamik, eine Verschlechterung der Erkrankung, vorliegt. Das bedeutet, dass unter Einbezug des Hausarztes zuerst monatliche Blutbildkontrollen gemacht werden. Bei stabilen Blutwerten und Symptomen kann die Kontrolle auf drei bis sechs Monate ausgedehnt werden. Dies ist jedoch immer abhängig vom vorliegenden Risiko, hier sprechen wir von Niedrigrisiko-MDS Patienten.

Es ist sehr wichtig, dass der Hausarzt mit einbezogen wird, da auch Begleiterkrankungen, wie beispielsweise vaskuläre Risikofaktoren oder Diabetes mitbehandelt werden müssen. Dies ist der Aufgabenbereich des Hausarztes und des Internisten. dafür ist es wichtig, dass man in einem Netzwerk mit niedergelassenen Ärzten zusammenarbeitet.

Welche Befunde und Symptome werden bei „Watch and Wait” von meiner Ärztin/meinem Arzt überwacht?

Bei “Watch and Wait” geht es darum, dass die Symptome der Anämie bei MCS Patienten überwacht werden. Besonders die Autoinflammation und Autoimmunität benötigt eine gesonderte Behandlung durch einen Rheumatologen.

Symptome der Anämie:

  • Leistungsintoleranz
  • Herzrasen
  • Kopfschmerzen
  • Konzentrationsstörungen
  • Unspezifische Müdigkeit
  • Blutungen
  • Bakterielle Infekte
  • Starke Entzündungen (Autoinflammation)
  • Autoimmunität

Wie lange kann „Watch and Wait” durchgeführt werden?

Die Dauer von “Watch and Wait” hängt davon ab, wie sich die Krankheit entwickelt. Denn diese teilt uns mit, wann das “Watch and Wait” beendet werden muss und weiter Therapien nötig sind. Dies kann sehr unterschiedlich ablaufen und ist abhängig davon, wie die Krankheit zu Beginn aussah. Beispielsweise welche Charakteristika Sie hatte, welche genetischen Veränderungen vorhanden sind. “Watch and Wait” kann so lange durchgeführt werden, wie die Blutwerte stabil sind und der Patient keine Symptome hat.

Worauf sollte ich als PatientIn während „Watch and Wait” achten?

Während der “Watch and Wait” Überwachungsphase ist es wichtig, dass ihr Arzt Ihnen gut erklärt hat, was die Symptome der Anämie, also der Blutarmut sind. Zusätzlich ist es wichtig, dass Sie wissen, was Symptome sein können, wenn die Plättchen abfallen. Dazu zählt eine erhöhte Blutungsneigung, beispielsweise kleine Tupfen oder Einblutungen am Unterschenkel. Aber auch bei verstärktem Nasenbluten oder anderen Blutungszeichen sollten Sie Kontakt zu Ihrem Arzt aufnehmen.

Darüber hinaus müssen Sie darauf achten, ob bei Ihnen vermehrte bakterielle Infekte auftreten. Denn Bakterien sind diejenigen Erreger, die weniger gut bekämpft werden können, wenn die weißen Blutkörperchen, die Neutrophilen tief sind. Alle möglichen Symptome sollten Sie Ihrem Arzt rückmelden, um zu entscheiden, ob weitere Abklärungen nötig sind.

Symptome die Sie beobachten sollten:

  • Symptome der Anämie
  • Blutungsneigung
  • Infektneigung
  • Zunehmende Mattigkeit, Abgeschlagenheit, Energielosigkeit
  • Entzündungen

Bei welchen Symptomen soll ich dringend zur Ärztin/zum Arzt gehen?

Die gefährlichen Symptome sind diejenigen, die lebensbedrohlich sein können. Es gibt zwei wichtige Symptome und diese gelten vor allem für Patienten mit Hochrisiko MDS. Notfälle können plötzliche starke Blutungen oder plötzliches hohes Fieber mit Schüttelfrost sein. Patienten mit tiefen weißen Blutzellen leiden dann an Neutropenie, Sie haben zu wenig weiße Blutzellen. Es sollte sofort ein Arzt kontaktiert werden oder ein Notfall verständigt werden, damit sichergestellt werden kann, dass keine Bakterien im Blut sind. Es sollte gegebenenfalls rasch mit einer intravenösen Antibiotikatherapie gestartet werden.

Bei Patienten mit Niedrigrisiko-MDS kann es sein, dass unter einer Anämie auch andere Erkrankungen plötzlich in den Vordergrund rücken. Zum Beispiel ein Patient mit tiefem Hämoglobin können plötzlich eine Herzenge verspüren, eine sogenannte Angina pectoris und sogar einen Herzinfarkt erleiden. Tiefe Blutzellen und Durchblutungsstörungen vom Gehirn  sind Notfälle, die indirekt mit dem MDS verbunden sind. Das kann gefährlich sein und zusätzlich durch die Anämie verschlechtert werden. Darüber hinaus sollten Sie sich mit einem Arzt in Verbindung setzen, wenn Sie plötzlich Gefühlsstörungen haben, sich nicht mehr bewegen können, eine Körperhälfte gelähmt ist, Sie Schwierigkeiten mit dem Sprechen oder Sehen haben. Denn all dies sind Zeichen einer Durchblutungsstörung des Kopfes.

Kann es passieren, dass sich die Krankheit während „Watch and Wait” rasch verschlimmert?

Das MDS ist eine Erkrankung, die eine Entwicklung durchläuft. Man nennt das auch eine Evolution oder klonale Evolution. Das bedeutet, dass Ihre Erkrankung beispielsweise mit ein oder zwei Mutationen, also genetischen Veränderungen in ihrem Stammzellen beginnt. Diese können mit der Zeit jedoch zunehmen, den genauen Zeitpunkt kann jedoch niemand vorhersagen.

So kann es beispielsweise dazu kommen, dass während Sie sich in der „Watch and Wait” Phase befinden, plötzlich Mutationen auftreten. Dies kann folglich zu einer raschen Entwicklung und Verschlechterung der Krankheit führen. Mögliche Symptome sind eine Verschlechterung des Allgemeinzustandes, Müdigkeit, Symptome der Anämie, Blutungen oder Infektneigung. Mutationen können die Erkrankung in ein höheres Stadium treiben in Richtung eines Hochrisiko-MDS oder sogar eine akute myeloische Leukämie.

Hier geht es zum Video-Interview: „Watch and Wait bei MDS“

Unterstützende Therapien

Warum sind Bluttransfusionen bei MDS wichtig?

Bluttransfusion sind dann wichtig, wenn sie eine Symptome einer Anämie haben. Beispielsweise Anstrengung, Atemnot und Herzrasen bei kleinen Anstrengungen, Mattigkeit oder Müdigkeit. Dann ist eine Transfusion notwendig, um die Symptome zu lindern.

Was passiert bei einer Transfusion von roten Blutzellen und Blutplättchen?

Bei der Transfusion von roten Blutzellen wird Ihnen zuerst Blut abgenommen, um Ihre Blutgruppe zu bestimmen und zu erkennen, ob Sie Antikörper gegen andere Blutgruppen haben. Das nennt sich “Type and Screen”. Anschließend wird das für Sie verträgliche Blutprodukt bestellt. Die Transfusion durch die Vene dauert ein bis zwei Stunden, dabei werden Ihr Zustand und mögliche Nebenwirkungen kontrolliert.

Für die Transfusion von Plättchen findet auch ein “Type and Screen” statt. Die Restriktionen sind jedoch weniger strikt als bei den roten Blutzellen. Die Transfusion besteht aus einer gelben Flüssigkeit, welche über die Vene eingeleitet wird.

Sie sollten gelegentlich kontrollieren, ob die Plättchen nach der Transfusion genügend angestiegen sind. Denn es kann sein, dass Sie sich gegen gewisse Plättchenbestandteile sensibilisiert haben und deshalb keine Steigerung stattfindet. Folglich müssen aufwändigere Maßnahmen getroffen werden, um die richtigen Plättchen zu bestellen.

Was muss ich bei Bluttransfusionen beachten und welche Nebenwirkungen können auftreten?

Für eine Bluttransfusion braucht es am Anfang etwas Geduld, da man gelegentlich auf das Blutprodukte warten muss. Es gibt die Möglichkeit am Vortag die “Type and Screen” Kontrolle zu machen, um das Blutprodukte zu einem bestimmten Termin zu erhalten. Beachtet werden muss, dass die Pflegefachpersonen zuvor Ihren Blutdruck und Puls messen und Sie auf Fieber kontrollieren.

Während der Transfusion ist wichtig, dass Sie dem Personal unmittelbar Beschwerden, wie Schmerzen, Schüttelfrost, Fieber oder Atemnot mitteilen. Häufigere Nebenwirkungen bei Transfusion ist eine Volumenüberladung. Beispielsweise bei Patienten oder Patientinnen, die eine Herz- oder Nierenerkrankung haben, kann das Blutprodukt anfänglich zu einer Volumenüberlastung des Körpers führt. Denn dieser hat nicht genügend Reserven, um sich des Volumens zu entledigen. Dies kann sich durch Atemnot, Enge in der Brust oder hohen Blutdruck äußern.

Andere Nebenwirkungen können Fieber und Schüttelfrost sein. Diese können ein Zeichen der Unverträglichkeit des Blutproduktes sein. In diesem Fall sollte kontrolliert werden, ob eine Hämolyse, ein Abbau des Blutes vorliegt. Es kann jedoch auch aus anderen Gründen zu Reaktionen kommen, da die Bestandteile immunologische Reaktionen auslösen können. Insbesondere muss kontrolliert werden, dass keine Bakterien oder Keime mit der Transfusion eingeschwemmt wurden. Dies geschieht jedoch nur selten.

Bei den Plättchen gibt es ähnliche Überwachungsmaßnahmen. Zuerst wird die Blutgruppe bestimmt und kontrolliert, ob Unverträglichkeiten oder Immunisierungen gegenüber Plättchenbestandteilen oder Blutkomponenten bestehen. Während der Transfusion wird Ihr Blutdruck und Puls überwacht. Es können Beschwerden wie Fieber, Atemnot, Hautausschlag, Juckreiz oder allergische Reaktionen auftreten. Wichtig ist, dass der Patient die Komplikationen kennt und sie dem Pflegepersonal meldet. Die genannten Beschwerden sind jedoch selten. Sie müssen keine Angst vor Transfusionen haben, die Aufklärung zuvor sollte sehr gewissenhaft ablaufen. Es wird versucht das Risiko solcher Ereignisse möglichst niedrig zu halten.

Was sind Wachstumsfaktoren und wieso werden sie zur Behandlung von MDS eingesetzt?

Die Wachstumsfaktoren spielen eine wichtige Rolle bei der MDS Therapie, insbesondere bei Patienten mit Niedrigrisiko-MDS. Es gibt drei Klassen von Wachstumsfaktoren. Einige Faktoren stimulieren die rote Zellreihe, die Erythrozyten. Dazu gehört das Erythropoetin und   Erythropoetin stimulierende Substanzen. Als zweites gibt es Substanzen, welche die Plättchen stimulieren. Dazu gehören die Thrombopoetin stimulierenden Substanzen, welche für das Wachstum der Plättchen verantwortlich sind. Zuletzt gibt es Wachstumsfaktoren für die weißen Blutzellen, die Leukozyten oder Granulozyten. Die  Substanz heißt G-CSF (Granulozyten-Kolonie-stimulierender Faktor).

Erythropoetin wird zur Behandlung der Anämie verwendet. Thrombopoetin wird zur Behandlung der Thrombozytopenie bei Niedrigrisiko-MDS Patienten verwendet. Das G-CSF wird bei Hochrisiko-MDS Patienten zur Behandlung der Neutropenie angewandt, insbesondere bei Infektkomplikationen. Gelegentlich werden G-CSF und Thrombopoetin zur Anhebung der roten Zellen kombiniert, ein zusätzlicher Nutzen ist jedoch noch umstritten.

Wie wirken Wachstumsfaktoren auf meinen Körper?

Das Erythropoetin ist ein Hormon, das eigentlich vom Körper produziert wird. Es gibt Erythropoetin Substanzen, das sind rekombinante Produkte, für welche das Protein künstlich hergestellt wurde. Es gibt auch Substanzen, die den Effekt von Erythropoetin nachahmen. Diese Substanzen regen die Blutbildung an und verhinderten den Abbau der frühen Vorstufen der roten Zellreihe. Dafür binden sie an den Erythropoetin-Rezeptor. Ziel ist die roten Blutzellen anzuheben, um beispielsweise eine Anämie zu behalten.

Das Thrombopoetin bindet an den Rezeptoren von frühen Stammzellen und Vorläuferzellen der Plättchen. So wird die Produktion der Stammzellen stimuliert. Der Thrombopoetin wird somit früher eingesetzt, um die Blutbildung und somit die Bildung aller drei Zellreihen anzuheben. Thrombopoetin sollte jedoch nicht eingesetzt werde, wenn Patienten schon eine erhöhte Plastenvermehrung haben.

Das G-CSF stimuliert auch anhand eines Rezeptors die Produktion und das Überleben von Vorläuferzellen. Beispielsweise der Granulozyten und der Vorläuferzellen derer. Dadurch können die Zellen vermehrt und die Neutropenie korrigiert und behandelt werden.

Welche Nebenwirkungen können beim Einsatz von Wachstumsfaktoren auftreten und was kann man selbst dagegen tun?

Die Nebenwirkungen sind abhängig von der eingesetzten Substanz. Es gibt die Erythropoetin stimulierenden Substanzen (EPO), die Thrombopoetin-Rezeptor-Agonisten oder stimulierende Substanzen und das G-CSF. Es ist wichtig, dass wenn Sie Nebenwirkungen verspüren, mit Ihrem Arzt sprechen. Alle Substanzen werden in der Regel subkutan, also über die Haut appliziert. So können Lokalreaktion an der Einstichstelle entstehen.

Beim EPO gibt es selten Nebenwirkungen. Bei einer zu schnellen Anhebung von roten Blutzellen kann es zu einer Verstopfung der Blutgefäße kommen und folglich zu einer Lungenembolie oder Thrombose. Um dies zu vermeiden sind regelmäßige Blutkontrollen wichtig. Sodass der Anstieg nur allmählich ist und die Grenze von 110 oder 120 nicht überschreitet. Bei einer Thrombose können Schwellungen und Schmerzen im Bein auftreten. Bei einer Lungenembolie kommt es zu plötzlicher Atemnot mit Schmerzen auf der Brust, die Atem abhängig sein können. Dies kann zu einer Verstopfung der arteriellen Gefäße, einem Herzinfarkt oder Hirnschlag führen.

Bei den Thrombopoetin-Rezeptor-Agonisten sind die Nebenwirkungen etwas anders. Es gibt zwar ein Thromboserisiko, insbesondere wenn die Plättchen rasch über 200 ansteigen. Dann kommt es zu einem erhöhten Risiko für Verschlüssen von arteriellen Gefäßen, Herzinfarkten, Hirnschläge und Thrombosen. Aber auch im Knochenmark kann es zu Veränderungen kommen. Das bemerkt man jedoch erst bei einer Knochenmarkspunktion, bei der eine vermehrte Vernarbung oder Zunahme der unreifen Zellen der Plasten auftritt.

Beim G-CSF kann es sein, dass Sie aufgrund des Anstiegs der weißen Blutzellen plötzlich Fieber entwickeln. Das kann zu entzündlichen Reaktionen führen und in seltenen Fällen zu einer Ruptur der Milz führen. Dies würde dann starke Schmerzen verursachen.

Was ist eine Eisenchelation und in welchen Fällen wird diese durchgeführt?

Chelation bedeutet abbinden, in diesem Fall das Eisen, daher der Name Eisenchelation. Diese kommt zum Zug, wenn eine Eisenüberladung vorliegt. Dieses Risiko entsteht, wenn Sie viele Transfusion bekommen, da die roten Blutzellen reich an Eisen sind. Damit erhalten sie das 200 fache dessen, was sie täglich einnehmen. So sammelt sich das Eisen im Körper an, da dieser keine Möglichkeit hat, überschüssiges Eisen abzubauen. Die Regulation verläuft einzig durch die Aufnahme des Eisens.

Eine Eisenchelation erhalten insbesondere Patienten, die Niedrigrisiko-MDS haben oder Kandidaten für eine Stammzelltransplantation sind. Dazu gehören Patienten, die über 20 Erythrozyten bekommen haben oder ein Ferritin über 1000 haben. Es ist wichtig zu kontrollieren, ob eine Eisentoxizität vorliegt, also eine Eisenüberladung der Leber oder bereits ein Schaden. Selten können auch endokrine Organe oder das Herz betroffen sein. Die Eisenchelation ist die einzige Maßnahme, um das Eisen im Körper zu binden und es über die Niere auszuscheiden.

Was passiert bei einer Eisenchelation?

Für die Eisenchelation gibt drei unterschiedliche Substanzen, welche unterschiedlich appliziert werden. Früher gab es Infusionen, Injektionen und Pulver für die Therapie. Heutzutage verwendet man Tabletten. Es ist wichtig, diese regelmäßig einzunehmen und auch die Verträglichkeit ist sehr gut, im Gegensatz zum früheren Pulver. Diese führten zu Nebenwirkungen im Darmbereich mit Bauchschmerzen und Durchfällen. Darüber hinaus können allergische oder andere seltene Reaktionen auftreten, welche vom Arzt überwacht werden müssen. Zusätzlich sollten die Nierenwerte regelmäßig überwacht werden, da es zu einer Erhöhung kommen kann.

Bei der Eisenchelation handelt es sich um eine Dauertherapie, bei welcher der Eisengehalt in einen Bereich von unter 500, im Idealfall auf 150-200 abfallen sollte. So bleibt das Risiko einer Eisentoxizität gering und es werden keine Organschäden mehr erwartet. Diese Werte müssen jedoch vorsichtig von einem Fachmann interpretieren werden. Gegebenenfalls sind zusätzliche Abklärungen nötigt, beispielsweise mit einer Magnetresonanzuntersuchung. Dabei kann der Eisengehalt in den Organen, wie der Leber oder dem Herzen gemessen und quantifiziert werden.

Welche Nebenwirkungen können auftreten und was kann man selbst dagegen tun?

Die Nebenwirkungen können Bauchbeschwerden sein, obwohl die Tabletten deutlich besser vertragen werden als das früher verwendete Pulver. Die Nebenwirkungen müssen im Labor überwacht werden, beispielsweise die Nierenfunktionen. Darüber hinaus sollten jährlich das Gehör, die Sehfunktion und das Gesichtsfeld kontrolliert werden. Dies sind aber Vorsichtsmaßnahmen, da diese Nebenwirkungen nur selten auftreten.

Hier geht es zum Video-Interview: „Unterstützende Therapien“

Behandlung bei Niedrigrisiko-MDS

Welche Medikamente werden zur Behandlung der Niedrigrisiko-MDS eingesetzt?

Bei der Behandlung des Niedrigrisiko-MDS geht es darum, die Subkategorien richtig zu identifizieren. Es gibt unterschiedliche Niedrigrisiko-MDS Patienten, zum Beispiel Patienten mit einem hypoplastischem MDS, Patienten mit MDS Deletion 5q (del5q) und Patienten mit Ringsideroblasten oder spezieller Mutation. Alle benötigen unterschiedliche Behandlungsmethoden. Wichtig ist zu identifizieren, welche Symptome der Patient hat.

Wenn es um eine Anämie geht, müssen Substanzen verwendet werden, die diese lindern und die roten Blutzellen verbessern. Im Vordergrund steht die Transfusion, medikamentös können auch Erythropoetin stimulierende Substanzen eingesetzt werden.

Bei Patienten, die darauf nicht mehr ansprechen wird untersucht, ob sie ein del5q haben. Dann kommt Lenalidomid zum Einsatz, welches immunmodulatorisch ist. Dieses verbessert die Anämie mit Ziel einer Transfusionsfreiheit.

Beim hypoplastischen MDS wird eine immunsuppressive Therapie eingesetzt. Dies ist oft eine Kombination von Cyclosporin A und Antithymozytenglobuli (ATG). Bei gewissen Patienten kann auch nur Cyclosporin verwendet werden. Neuerdings kommt eine zusätzliche Substanz zum Einsatz, nämlich die Thrombopoetin-Rezeptor-Agonisten. Meist in Kombination mit Cyclosporin A und ATG. Dies ist eine spezielle Therapie, die von der anderen Erkrankung abgeleitet und nicht standardmäßig durchgeführt wird.

Bei Patienten mit tiefen Plättchen und Thrombozytopenie werden auch Thrombopoetin-Rezeptor-Agonisten eingesetzt, welche im Moment noch Off-Label sind. Es gibt Daten, die eine Wirksamkeit bei Niedrigrisiko-MDS zeigen. Bei Hochrisiko-MDS sollte diese Substanzklasse jedoch nicht eingesetzt werden.

G-CSF ist ein Wachstumshormon, das zur Anregung der weißen Blutzellen eingesetzt wird. Dieses ist eher eine supportive Therapie für Patienten mit Infekten oder einem hohen Infektrisiko.

Bei Patienten mit Ringsideroblasten MDS wird die Substanz Luspatercept verwendet, welches die Produktion der roten Blutzellreihe anregt. Es wird auch erfolgreich bei Patienten mit symptomatischer transfusionsabhängiger Anämie eingesetzt, wenn diese nicht mehr auf EPO ansprechen.

Muss die Therapie in einem Krankenhaus überwacht werden oder kann diese zu Hause erfolgen?

Das ist abhängig von der Substanz, die zum Einsatz kommt. Es gibt einige, die man selbst einnehmen kann. Die meisten Niedrigrisiko-MDS Patienten brauchen nur eine Instruktion zum Beispiel bei EPO. Sie müssen lernen sich selbst die Spritze zu applizieren. Dies ist einfach zu lernen, benötigt jedoch etwas Mut. Hilfe gibt es in der Schweiz über die “Spitex”. Tabletten können Sie selbstständig einnehmen.

Das Luspatercept kann aktuell nur beim Arzt gespritzt werden, regelmäßig alle drei Wochen. Wichtig ist es vor allem zu Beginn, die Blutwerte zu überwachen, um zu sehen, wie schnell die Werte ansteigen. Auch die Nebenwirkungen sollten regelmäßig erfasst werden. Im Verlauf kann man die Kontrollen lockern und dem Hausarzt mehr Verantwortung übergeben.

Welche Nebenwirkungen können auftreten?

Die Nebenwirkungen sind abhängig von den entsprechenden Substanzen, die zum Einsatz kommen. Beim Erythropoetin ist es wichtig, dass ein zu schneller Anstieg der roten Blutzellen verhindert wird. Die Blutwerte müssen anfangs gut kontrolliert werden, um die Dosis anzupassen oder zu pausieren. Dies gilt für alle Substanzen, der Anstieg sollte allmählich stattfinden. Der Zielbereich liegt für Hämoglobin bei 110. Nebenwirkungen können Thrombosen oder ein zu schneller Anstieg von roten Blutkörperchen sein.

Bei Lenalidomid ist es wichtig zu Beginn die roten Blutzellen zu kontrollieren. Es kann gelegentlich zu einem Abfall der Plättchen oder der weißen Blutzellen kommen. Dann muss die Dosis angepasst werden. Dies ist die wichtigsten Nebenwirkungen, auch seltene können auftreten und sollten vom Arzt überwacht werden. Beim Luspatercept gibt es wenige Nebenwirkungen, dazu zählen Müdigkeit und Entzündungen.

ATG sollte bei der anfänglichen Applikation überwacht werden. Dies erfolgt über eine Woche auf einer Intensiv- oder Überwachungsstation. Anschließend wird auf Cyclosporin A umgestiegen. Es kann selbstständig als Tablette eingenommen werden und ist ein altes, gut bekanntes Medikament. Dafür sind engmaschige Kontrollen des Medikamentenspiegels, der Nierenfunktion und des Blutdrucks nötig. Bei Nebenwirkungen muss eine Anpassung der Dosis erfolgen. Da es eine Immunsuppression verursacht, können häufiger Infekte oder Hautprobleme auftreten. Es besteht ein erhöhtes Risiko für die Entstehung des weißen Hautkrebses. Auch diese Nebenwirkungen müssen von einem Spezialisten untersucht werden.

Was bedeutet immunmodulatorische oder immunsuppressive Therapie bei MDS?

Das sind Substanzklassen, die bei Niedrigrisiko-MDS eingesetzt werden. Das Immunsystem ist sehr kompliziert. Immunmodulatorisch bedeutet, dass das Immunsystem verändert wird. Dadurch wird die Krankheit günstig beeinflusst. Immunsuppression ist eine Unterdrückung der Aktivität des Immunsystems.

Welche Medikamente werden eingesetzt?

Das klassische immunmodulatorische Medikament beim MDS ist das Lenalidomid. Dieses hat vielfältigen Einfluss auf das Immunsystem. Während gewisse Bereiche aktiviert werden, werden andere unterdrückt. Es gibt noch einen anderen Wirkungsmechanismus, der darauf beruht, dass Patienten mit Deletion 5q ein Enzym besitzen, welches vermindert ist. Durch diese Substanz werden genau diese Zellen unterdrückt und so kann dieses Medikament bei Patienten Deletion 5q keine Wirkung entfalten.

Die immunsuppressive Therapie unterdrückt die Immunantwort und ist meist eine T-Zell-gerichtete Therapie. Denn diese stellen die adaptive Immunität des Gedächtnis dar und werden folglich unterdrückt. Cyclosporin A ist ein altes Medikament, das insbesondere bei Transplantationen und beim hypoplastischen MDS eingesetzt wird. Eine Kombination mit ATG ist auch möglich. Die Überwachung der Medikamente und Nebenwirkungen ist bei diesen Substanzen wichtig.

Bei welchen Nebenwirkungen sollte ich die Ärztin/den Arzt verständigen?

Bei Immunmodulatoren und Immunsuppressiva ist es wichtig, dass regelmäßige Kontrollen beim Hausarzt oder beim Spezialisten durchgeführt werden. Beim Lenalidomid ist wichtig, dass die peripheren Blutwerte kontrolliert werden, da diese, die Plättchen und die weißen Blutzellen abfallen können. Dann wird eine Anpassung der Dosis nötig. Beim Cyclosporin A und ATG müssen der Medikamentenspiegel, Blutdruck, kardiovaskuläre Risikofaktoren und die Nierenfunktionen überwacht werden. Die Nebenwirkungen spürt jedoch selten der Patient, sie werden häufig von den Laborwerten widergespiegelt. Blutkontrollen sollte man daher regelmäßig beim Spezialisten machen lassen, gelegentlich auch beim Hausarzt.

Allergische Symptome können immer auftreten, diese sollten auch mit dem Arzt besprochen werden. Beim Cyclosporin A kann es vorkommen, dass die Mundschleimhaut anschwillt. Dies wäre ein Zeichen der Toxizität. Subjektiv werden die Substanzen jedoch sehr gut vertragen.

Welche neuen Ansätze gibt es zur Behandlung der MDS?

Es gibt vielfältige neue Behandlungsansätze, welche in verschiedenen Bereichen getestet werden. Dabei muss man zwischen dem Niedrig- und Hochrisiko-MDS unterscheiden. Es geht bei Niedrigrisiko-MDS vor allem darum, diejenigen Patienten behandeln zu können, die auf die Standardtherapien nicht mehr ansprechen. Beispielsweise Patienten, die nicht mehr auf Erythropoetin ansprechen oder transfusionsabhängig sind. Verschiedene Substanzen sind bereits zugelassen, zum Beispiel Telomerase-Inhibitoren, welche die Enzymaktivität hemmen. Es gibt Substanzen, welche die Produktion von Erythropoetin anregen. Jedoch auf eine andere Art wie das rekombinante Erythropoetin. Auch die Unterdrückung von anderen Immunsignalwegen und Stichworte wie Autoinflammation und Inflammasom spielen eine wichtige Rolle.

Im Hochrisiko-MDS werden neue hypomethylierende Substanzen getestet, da diese subkutan oder als Tablette zugeführt werden können. Bei akuten myeloischen Leukämien sind diese sogar schon zugelassen. Es gibt neue Formen von hypomethylierenden Substanzen, die eine längere Wirkzeit haben. Weiter gibt es immunmodellierende Substanzen, die Checkpoint-Inhibitoren, die zusammen mit den hypomethylierenden Substanzen getestet werden.

Aus meiner Sicht fehlt eine Substanz, welche die Krankheit heilen kann und den gesunden Stammzellen wieder einen Vorteil verschafft. Momentan bleibt nur die allogene Stammzelltransplantation, welche jedoch für wenige Hochrisiko-MDS Patienten in Frage kommt. Wir müssen lernen die Krankheit noch viel besser zu verstehen.

Welche Vorteile bringt die Behandlung mit neuen Medikamenten?

Da die Substanzen genau getestet werden müssen, kann man keine genauen Angaben zu Ihren Vor- und Nachteilen machen. Es gibt Substanzen in Phase 2 und Phase 3 Studien, die eine gewisse Wirksamkeit zeigen. Wichtig ist, dass sie einen zusätzlichen Nutzen zur aktuellen Therapie darstellen und gut verträglich sind.

Insbesondere Niedrigrisiko-MDS Patienten, die eine Dauertherapie erhalten, sollten Substanzen erhalten, die sie selbst, unabhängig vom Spital einnehmen können. Außerdem muss herausgefunden werden, welche Patienten von welcher Substanz am meisten profitieren oder nicht profitieren. Mehr Toxizität sollte verhindert werden.

Was sind Risiken von neuen Behandlungen und an wen kann ich mich bei Fragen wenden?

Momentan gibt es viele neue Substanzen, die getestet werden. Wichtig ist, dass Sie sich an ein gutes Zentrum wenden und an Ärzte und Ärztinnen, die Erfahrung mit MDS haben. Darüber hinaus ist es wichtig, dass Sie zu Beginn erfahren, welche Vor- und Nachteile die Substanzen für Sie bringen.

Wenn die Therapieoptionen eingeschränkt sind, sollten Sie sich erkundigen, ob es eine passende Studie gibt. Das gilt insbesondere für Patientinnen und Patienten, die nicht mehr auf Erythropoetin ansprechen, an transfusionsabhängiger Anämie leiden transfusionsabhängig oder zu alt für eine Stammzelltransplantation sind. Nach Studien fragen Sie Ihren Arzt oder Ihre Ärztin, denn es ist wichtig neue Therapieoptionen zu testen. Es gibt auch auf dem Internet oder bei MDS-Zentren Informationen.

Hier geht es zum Video-Interview: „Behandlung bei Niedrigrisiko-MDS“

Behandlung bei Hochrisiko-MDS

Welche Medikamente werden zur Behandlung der hochrisiko-MDS eingesetzt?

Zur Behandlung der Hochrisiko-MDS Patienten, ist es wichtig, dass das Alter und die Begleiterkrankungen berücksichtigt werden. Denn zuerst wird identifiziert, ob der Patient für eine kurative Behandlung, eine potenzielle Heilung der Erkrankung qualifiziert ist. Nämlich die allogene Stammzelltransplantation. Geeignete Patienten sind fit und jünger, die Grenze des Alters liegt bei 70 bis 75 Jahren, mit wenigen Begleiterkrankungen.

Wenn dies nicht möglich ist, ist für Hochrisiko-MDS Patienten nur eine Therapie mit einer hypomethylierenden Substanz zugelassen. Es gibt viele neue Substanzen, die getestet werden, auf die Zulassung muss jedoch noch gewartet werden.

Für Patienten, die jünger sind und für die allogene Stammzelltransplantation qualifiziert sind, ist gelegentlich noch eine intensivere Chemotherapie nötig, um die hohen Lasten zu reduzieren. Diese bestehen meist aus ein bis zwei Zyklen.

Wie wirken die Medikamente in meinem Körper?

Die hypomethylierende Substanz Azacitidin ist in Europa zugelassen. In Amerika gibt es zusätzlich das Decitabin, welches eine ähnliche Wirkung hat. Diese Substanzen verändern die DNA so, dass sie geöffnet wird und ihre Abschnitte besser abgelesen werden können, um daraus Proteine abzuleiten. So können die Zellen besser ausreifen, die Werte des peripheren Blutes verbessern sich und die Blastenzahl geht zurück. Dies wird oft als epigenetische Therapie bezeichnet, da die Gene selbst nicht verändert werden, sondern nur ihr Zustand, sodass sie besser lesbar werden.

In der Chemotherapie werden intensivere Substanzen verwendet, die Zytostatika. Dort werden die Zellen mit toxischen Substanzen in den Zelltod getrieben, welche die Zellen im Knochenmark zerstören und wegräumen. Dann regeneriert sich das Knochenmark und die gesunden Zellen haben idealerweise einen Vorteil. Bei der akuten Leukämie ist das eine gute Option, beim MDS ist es jedoch schwierig. Denn es ist unwahrscheinlich, dass sich gesunde Stammzellen danach wieder regenerieren.

Die allogene Stammzelltransplantation ist etwas komplexer. Denn zuerst muss das Knochenmark mit einer Chemotherapie von den kranken Zellen befreit werden. Wenn das Knochenmark geleert ist, wird eine Transfusion appliziert, in welcher sich Stammzellen eines gesunden Spenders befinden. Diese finden ihren Weg in das Knochenmark, welches so erneuert wird. Sowohl Empfänger als auch Spender müssen genau selektiert werden,  da ihre Immunsysteme miteinander kompatibel sein müssen. Wenn dies nicht der Fall ist, kann eine lebensbedrohlichen umgekehrten Abstoßung eintreten.

Welche Nebenwirkungen können bei der medikamentösen Behandlung auftreten?

Die Nebenwirkung der hypomethylierenden Substanzen ist hauptsächlich die initiale Zytopenie, eine Verminderung der Blutwerte. Denn das Knochenmark muss sich auf eine neue Bedienung einstellen. Sie bekommen die Substanz über fünf Tage subkutan gespritzt und über die nächsten 2 Wochen fallen die Blutwerte der kranken Zellen, aufgrund ihres Rückgangs, ab. Anschließend erholen sich diese Werte wieder. Weitere Nebenwirkungen sind Thrombopenie, ein Abfall der Plättchen und ein Abfall der weißen Blutzellen. Über die ersten zwei Wochen muss der Patient sorgfältig überwacht werden und sie müssen sich bei Blutungen oder Infekten melden. Wenn man sehr tiefe Werte erreicht, die sich nur langsam erholen, braucht es eine Dosisanpassung der Therapie. Eine weitere Nebenwirkung sind die lokalen Reaktionen an der Einstichstelle der Spritze. Dort können störende Rötung auftreten, welche sogar zum Therapieabbruch führen können. In diese Situation ist es allenfalls auch möglich, dass man die Medikamente oder die Substanz intravenös zuführt.

Bei der intensiven Chemotherapie und der zytotoxischen Chemotherapie ist die Zytopenie das Hauptrisiko. Denn es ist ja das Ziel, das Knochenmark von allen Zellen zu befreien. Danach können sich die gesunden Stammzellen erholen. Ein weiteres Risiko ist die Toxizität der Therapie im Rahmen der Zytopenie, Infekte, Blutungen und Lebertoxizität.  Deshalb ist es wichtig, dass der Patient im besten Fall keine Begleiterkrankungen an Herz, Niere, Leber oder Lunge hat. Denn die Gesundheit dieser Organsysteme ist wichtig, damit sie einen Infekt überstehen.

Bei allogenen Stammzelltransplantationen können vielfältige Nebenwirkungen auftreten. Dies beginnt bei der Vorbereitung der konditionierten Chemotherapie, bei typischen Nebenwirkungen auftreten können. Anschließend folgt die Regenerationsphase, in der sich das Knochenmark regeneriert. Die neuen Stammzellen des Spenders können sich entwickeln, vermehren und neues Blut bilden. So kann sich das Immunsystem wieder entwickeln und dort liegt dann die Gefahr einer Abstoßungsreaktion. Dies wird mit einer begleitenden immunsuppressiven Therapie verhindert, sodass der Empfänger nur eine geringe Immunreaktion gegen den Spender entwickelt. Ist die Immunreaktion zu stark, tritt eine umgekehrte Abstoßung ein. Dies nennt sich auch “Graft versus Host” Reaktion (GvHD).  Deshalb ist es wichtig einen passenden Spender zu finden, der auf Immunebene mit dem Empfänger kompatibel ist. Dies nennt sich auch HLA-Kompatibilität.

Was ist eine Hochdosis Chemotherapie?

Die Hochdosis Chemotherapie ist für Hochrisiko-MDS Patienten, die grundsätzlich fit sind, geeignet. Sie wird nicht bei älteren Patienten mit Komorbiditäten oder eingeschränkten Organfunktionen angewandt. Die Therapie ist endlich und ein intensives Chemotherapieregime, das üblicherweise mindestens eine Woche appliziert wird und zu einer längeren Hospitalisation führt. Begleitend tritt lange Aplasie-Phase ein, in der sich das Knochenmark erholen muss. Die intensive Chemotherapie erfolgt meist in ein oder zwei Zyklen. Danach muss das Ansprechen beurteilt werden, also ob die kranken Zellen verschwunden sind. Die Therapie wird auch eingesetzt, sobald Sie als MDS-Patient mehr als 10% Blasten haben, unter 5% ist es unsicher, ob die Behandlung einen Benefit bringt.

Wie wird eine Hochdosis Chemotherapie bei MDS durchgeführt und welche Nebenwirkungen können auftreten?

Ablauf der Hochdosis Chemotherapie im Spital:

  • Aufnahme in die Klinik
  • Knochenmarkpunktion
  • Untersuchung der Organfunktionen
  • Standortbestimmung
  • Intravenöse Applizierung der Substanzen über mehrere Tage

Insgesamt handelt es sich um eine sehr belastende Behandlung. Sie werden über mehrere Wochen im Spital sein und müssen engmaschig überwacht werden. Es wird das 3 + 7 Chemotherapieschema angewendet. Das sind zwei wichtige Substanzen, die bei Erkrankungen wirksam sind. Während der Therapie bekommen Sie eine subkutane Behandlung und Mittel gegen Übelkeit. Nebenwirkungen der Chemotherapie sind Haarausfall, Blutungen und Infekte. Im Notfall braucht es einen Aufenthalt auf der Intensivstation, um ihren Blutdruck aufrechtzuerhalten. In seltenen Fällen, wenn die respiratorischen Funktionen eingeschränkt sind, kann sogar eine Intubation oder ein künstliches Koma nötig sein. Daher ist es wichtig, dass die Patienten gut selektioniert und informiert werden. Vielleicht gibt es bald neue Substanzen, die weniger toxisch sind und weniger Nebenwirkungen bei älteren Patienten verursachen. Denn für eine Chemotherapie qualifizierte Patienten liegen im Alter von bis zu 60 Jahren, wobei sich MDS meist erst im Alter von 70 Jahren äußert.

Was kann ich selbst bei Nebenwirkungen durch die Hochdosis Chemotherapie tun?

Bei intensiven Chemotherapien, die in einem Spital durchgeführt werden müssen, ist es wichtig, dass Sie sich gut mit dem Pflegepersonal austauschen. Es gibt wenig, was Sie proaktiv tun können. Das wichtigste ist, dass Sie in einem guten Team sind, dem Sie vertrauen. Sie sollen sich aufgehoben fühlen und sich bei Nebenwirkungen, Fieber oder allergischen Reaktionen melden können. Sie sollten engmaschig von spezialisierten Personen betreut werden.

Bei wem wird eine Stammzellentransplantation gemacht?

Die sogenannte Knochenmarks- oder Blutzellentransplantation ist die einzige Therapie, welche die Krankheit potenziell heilen kann. Jedoch müssen die Patienten sowohl genau als auch früher erkannt werden, damit sie davon profitieren.

Meist handelt es sich um jüngere Patienten, die ein Hochrisiko-MDS haben.  Der älteste Patient, der in der Schweiz behandelt wurde, war 75 Jahre alt. Das bedeutet, dass auch ältere Patienten von der Therapie profitieren können. Voraussetzung ist jedoch, dass die Organfunktionen erhalten sind und der Patient wirklich fit ist.

Wie wird eine Stammzellentransplantation durchgeführt?

Für die Stammzellentransplantation muss zuerst das Knochenmark von den eigenen Zellen befreit werden. Dafür wird eine Konditionierungs-Chemotherapie verwendet. Diese eliminiert alle Zellen des Knochenmarks. Anschließend wird die Stammzelle transfundiert. Sie befinden sich in einem Beutel, ähnlich wie eine Bluttransfusion. Der Prozess ist kurz und es folgt eine Wartephase, in der die Stammzellen anwachsen. Gleichzeitig wird eine Immunsuppression gestartet, die eine Abstoßungsreaktion verhindert.

Die gesamte Therapie erfolgt im stationären Setting. Die Zeitdauer, bis das Transplant angeht ist unterschiedlich. Es kann zwei bis drei Wochen dauern und ist von vielen Faktoren abhängig. Beispielsweise der Intensität der Chemotherapie, der Dauer der Vorbereitung, der Stammzellenqualität und dem Stand der bestehenden Erkrankung.

Was können Risiken einer Stammzellentransplantation sein?

Die Risiken einer Stammzelltransplantation sind vielfältig. Ein Risiko ist die Vorbereitungs- bzw. Konditionierungs-Chemotherapie. Dort sind Vorerkrankungen limitierend, beispielsweise Herz-, Lungen- oder Nierenerkrankungen, Infekte und Pilzinfekte. Das Risiko der Konditionierungs-Chemotherapie beinhaltet infektiöse Komplikationen, da das ganze Immunsystem und die Blutwerte unterdrückt werden. Darüber hinaus gibt es Risiken wie Blutungen und die Toxizität der Chemotherapie. Ein weiter ist die umgekehrte Abstoßung, welche abhängig von der Güte der Übereinstimmung der zwei Immunsysteme ist. Diese kann akut, aber auch verzögert nach Monaten oder Jahren auftreten. Man nennt sie auch akute oder chronische “Graft versus Host” Reaktion. Diese kann selbst bei guter Übereinstimmung auftreten und ist am wenigsten Vorhersehbar. Das Immunsystem ist sehr kompliziert und muss genau überwacht werden.

Hier geht es zum Video-Interview: „Behandlung bei Hochrisiko-MDS“

Geprüft Univ.-Prof. Dr. Nicolas Bonadies: Stand August 2021 | Quellen und Bildnachweis

Die Kurse sind kein Ersatz für das persönliche Gespräch mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt, sondern ein Beitrag dazu, PatientInnen und Angehörige zu stärken und die Arzt-Patienten-Kommunikation zu erleichtern.