Die Diagnose eines Mantelzell-Lymphom wirft viele Fragen auf.
Univ.-Prof. Dr. Peter Neumeister erklärt, was Lymphknoten sind und wie sich das Mantelzell-Lymphom unterscheidet. Außerdem werden die wichtigsten Symptome erläutert und Sie erhalten Informationen zu den Schritten auf dem Weg zur Diagnose und dem Verlauf des Mantelzell-Lymphoms.
Lymphome verstehen
Was ist das lymphatische System und welche Aufgabe hat es?
Das lymphatische System ist ein Teil des angeborenen und erworbenen Abwehrsystems des Körpers. Man kann es sich wie ein Gefäßnetz vorstellen, das den gesamten Körper durchzieht und in gewissen Abständen von Lymphknotenstationen unterbrochen ist.
In diesem lymphatischen System befinden sich Lymphozyten, dies sind Zellen, die für die körpereigene Abwehr verantwortlich sind. Sie nehmen den Erstkontakt mit einem Antigen auf, in den meisten Fällen mit einem Virus, einem Bakterium oder einem Pilz. Die mikrobiologischen Erreger werden in den Lymphknoten transportiert. Dort kommt es zum Kontakt mit den Lymphozyten und zu einer Reaktion auf den Erreger. Der Lymphknoten schwillt an und ist schmerzhaft vergrößert.
Was sind Lymphknoten?
Lymphknoten gehören zum lymphatischen System und sind in ein großflächiges Gefäßnetz des lymphatischen Systems eingebunden. Im Lymphknoten findet der Antigen-Antikörper Kontakt statt. Das heißt, die Erreger, die der Körper identifiziert, werden aufbereitet und in den Lymphknoten hinein transportiert. Dort wird der Erreger erkannt und eine spezifische Antwort gegen diesen produziert.
Welche Arten von Lymphozyten gibt es?
Es gibt insgesamt zwei Arten von Lymphozyten, die B-Lymphozyten und die T-Lymphozyten. Das B kommt von “bone marrow” oder „Bursa Fabricii“ und sind Lymphozyten, die ihre Prägung im Knochenmark erfahren und sich dann in Antikörper produzierende Plasmazellen ausdifferenzieren. Die produzierten Antikörper werden in das Blutsystem abgegeben und erkennen Erreger spezifisch.
Die T-Lymphozyten erfahren ihre Prägung im Thymus. Sie sind wichtig für die virale Abwehr und können von Viren befallene, körpereigene Zellen erkennen und zerstören.
Was ist ein Lymphom?
Ein Lymphom ist eine bösartige, entartete Zelle des lymphatischen Systems. Es gibt zwei große Reihen das lymphatischen zellulären Systems, die B- und die T-Zellreihe. Dementsprechend gibt es auch Lymphome in Form des T-Zelltyp und des B-Zelltyp, wobei die T-zelligen Lymphome mit 90% dominieren.
Insgesamt gibt es ungefähr über siebzig Arten von verschiedenen malignen Lymphomen. Daher ist es sehr wichtig, dass eine exakte initiale Diagnose von einem gut ausgebildeten Hämatopathologen gestellt wird, um eine adäquate Therapie anzuschließen.
Was ist ein indolentes B-Zell-Lymphom?
Bei den Lymphomen kann man nicht nur nach deren Genese B- oder T-zellig entscheiden, sondern auch nach deren klinischen Verlauf. Es gibt zwei Arten, den indolenten und den aggressiven Verlauf. Die wichtigsten subjektiven Erscheinungen des Lymphoms sind Fieber, Nachtschweiß und Gewichtsverlust.
Die indolenten Lymphome zeichnen sich durch eine langsame Progredienz aus. Die Patienten bemerken die anfänglichen Symptome der Lymphom Manifestation nicht oder erst sehr spät. Dementsprechend besuchen sie den Arzt auch erst spät. Es ist jedoch ein langjähriger Verlauf mit einer langen Lebensspanne.
Beim aggressiven Lymphomen handelt es sich um schnell wachsende Lymphknoten. Dem Patienten geht es sehr schlecht. Es muss sofort behandelt werden und hat unbehandelt eine Lebenserwartung von nur wenigen Monaten.
Was ist ein Mantelzell-Lymphom?
Ein Mantelzell-Lymphom ist eine Sub Art der malignen Lymphome. Es gehört der B-Zellreihe an und zählt eigentlich zu den indolenten Lymphomen. Wir wissen jedoch aus Erfahrung, dass es viele Mantelzell-Lymphome gibt, die ein sehr aggressives Verhalten haben, schnell wachsen und unmittelbar einer Therapie zugeführt werden müssen.
Wie unterscheidet sich das Mantelzell-Lymphom von anderen B-Zell-Lymphomen?
Das Mantelzell-Lymphom ist für gewöhnlich bei Diagnosestellung weit ausgedehnt. In 70% bis 80% dieser Fälle liegt dann bereits ein Knochenmarkbefall vor, oft auch ein Darmbefall.
Wenn die Biopsieproben genetisch untersucht werden, sind diese fast immer durch eine Translokation 11 14 charakterisiert. Diese führt zur Überexpression des Eiweißkörpers Cyclin D1. Dieses peitscht die Zelle immer weiter vorwärts und treibt die Proliferation voran, sodass es zu einem kontinuierlichen Wachstumsschub des Lymphoms kommt. Diese genetische Eigenheit, die Translation 11 14, ist bei über 90% der Mantelzell-Lymphom Patienten vorhanden.
Hier geht es zum Video-Interview: „Lymphome verstehen”
Entstehung der Symptome
Wie entsteht ein Mantelzell-Lymphom?
Der erste Schritt in der Ätiopathogenese sind die Entstehung von malignen Neoplasien, eine genetische Veränderung. Insgesamt gibt es über siebzig verschiedene Lymphome, welche sich alle in ihrer genetischen Zusammensetzung unterscheiden.
Bei Mantelzell-Lymphom ist es so, dass eine Mutation spezifisch eine chromosomale Veränderung induziert. Es kommt zu einer balancierten Translokation von Chromosomen 4 und 11. Das führt zu einer konstitutiven Expression, einer Überexpression gewisser Eiweiße, welche dazu führen, dass die Zelle maligne, also bösartig entartet.
Letztendlich sind alle malignen Lymphome genetische Erkrankungen. Die Entstehung der Sub Arten unterscheidet sich jedoch abhängig davon, welche Mutation induziert wird.
Welche Risikofaktoren gibt es und wer ist besonders gefährdet zu erkranken?
Es gibt ionisierende Strahlen und verschiedene chemische Substanzen, die mutagen sind. Sie induzieren Doppelstrangbrüche der genetischen Erbsubstanz, der DANN. Alle diese krebserregenden Stoffe oder Strahlen können dazu führen, dass maligne Lymphome entstehen.
Ist das Mantelzell-Lymphom vererbbar?
In über 90% der Fälle handelt es sich um de-novo Mutationen, das heißt um Veränderungen der Erbsubstanz, die spontan entstehen. Es gibt nur wenige Familien, bei denen man im Stammbaum nachverfolgen kann, dass verschiedene Mitglieder ein Mantelzell-Lymphom erleiden.
Die überwiegende Mehrzahl der Patienten sind Patienten, die mit Neumutationen und einem neu aufgetretenem Mantelzell-Lymphom zu uns in die Ambulanz kommen.
Welche Symptome können bei einem Mantelzell-Lymphom vorkommen?
Ein Kardinalsymptom aller Lymphome ist die Lymphknotenschwellung, das heißt man hat an den peripheren Lymphstationen einen vergrößerten Lymphknoten. Wenn ein vergrößerter Lymphknoten besteht und man keine Erklärung dafür findet, dann muss dieser exhibiert und bioptisch abgesichert werden.
Es gibt auch die lokalen Reaktionen und Symptome des Lymphknotenwachstums. Das Mantelzell-Lymphom induziert darüber hinaus, wie auch die meisten anderen Lymphome, eine ganz charakteristische B-Symptomatik. Diese B-Symptomatik besteht aus Nachtschweiß, Gewichtsverlust und Fieber. Wenn eines dieser Symptome auftritt, ist es ein Anzeichen auf das Vorliegen einer malignen, hämatologischen Neoplasie im Sinne eines malignen Lymphoms.
Warum können Völlegefühl oder Schmerzen im Oberbauch beim Mantelzell-Lymphom auftreten?
Das Mantelzell-Lymphom wird oft erst spät diagnostiziert. Meistens liegt dann bereits eine Knochenmarkinfiltration vor. Sehr häufig ist auch Manifestationsform im Gastrointestinaltrakt, im Magen-Darm-Trakt. Dementsprechend sind die ersten Symptome das Völlegefühl, Durchfall oder Bauchschmerzen. Auch diese Symptome gehören abgeklärt, wenn sie länger persistieren und keine ausreichenden Gründe vorhanden sind.
Kann die Erkrankung auch ohne Beschwerden verlaufen?
Ja, diese Erkrankung kann auch mit nur geringen Beschwerden oder gar ohne Beschwerden verlaufen. Es ist oft so, dass die Patienten eine indolente Verlaufsform haben.
Das heißt, sie haben zwar eine Lymphknotenschwellung, die sie aber nicht bemerken. Sie haben auch keine B-Symptomatik, keinen Nachtschweiß, kein Fieber, keinen Gewichtsverlust und fühlen sich eigentlich recht wohl.
Leider führt das dazu, dass die Erkrankung bei Diagnosestellung sehr ausgedehnt ist und dementsprechend fällt auch die Prognose schlechter aus.
Wie kommt es zu einer Lymphknotenschwellung und wie bemerke ich sie?
Eine Lymphknotenschwellung tritt auf, wenn es zu einer malignen Transformation der Mantelzellen kommt. Das bedeutet, dass sie sich ungehindert immer weiter vermehren. Dieses uneingeschränkte Wachstum bewirkt die Vergrößerung der Lymphknoten.
Bei allen Lymphomen ist es so, dass sie in den meisten Fällen im Lymphknoten entstehen. Daraufhin kommt es zu einer Proliferation, einer Größenzunahme des Lymphknotens und dementsprechend zu subjektiven Beschwerden.
Wann soll ich bei einer Lymphknotenschwellung zur Ärztin / zum Arzt gehen?
Bei einer Lymphknotenschwellungen ist es wichtig, diese genau untersuchen zu lassen und im Auge zu behalten. Eine Lymphknotenschwellung dient letztendlich der Infektabwehr.
Diese ist durchaus auch im Rahmen einer infektiologischen Erkrankung erklärbar. Haben Sie beispielsweise eine infektiöse Erkrankung, wie eine Angina, mit Fieber und Allgemeinsymptomen, kann es auch zu einer konsekutiven Lymphknotenschwellung kommen, in diesem Fall einer Halslymphknotenschwellung.
Kommt es jedoch zu einer länger persistierenden Lymphknotenschwellung oder wachsen die Lymphknoten sehr schnell, ohne eine infektiologische Erklärung, dann ist dies ein Alarmsignal. Der Patient sollte rasch einen Arzt aufsuchen, welcher dann die exakten diagnostischen Schritte einleiten kann.
Hier geht es zum Video-Interview: „Entstehung der Symptome”
Der Weg zur Diagnose beim Mantelzell-Lymphom
Wann sollte ich das ärztliche Gespräch suchen und an wen kann ich mich wenden?
Wenn sie unter einer Lymphknotenschwellung und einer B-Symptomatik leiden, dann ist dies ein Alarmsignal und es sollte ein Arzt aufgesucht werden.
Unter diese Symptomatik fällt beispielsweise der Nachtschweiß. Das bedeutet, dass man zwei bis drei Mal nächtlich den Pyjama wechseln muss. Weitere Symptome sind Fieber über 38 Grad oder ein unerklärlicher Gewichtsverlust von über 10% in den letzten 3 Monaten.
Ebenso kann auch eine Lymphknotenschwellung auftreten. Wenn diese über zwei Wochen persistiert oder der Lymphknoten rasch wächst und sich in die Umgebung ausbreitet sollte rasch ein Arzt aufgesucht werden, damit dieser eine bioptische Abklärung organisiert.
Welche Fragen kann mir die Ärztin / der Arzt stellen?
Der Arzt wird zuerst eine Lymphknoten Untersuchung durchführen. Es gehört zu jedem Status dazu, dass alle peripheren Lymphknotenschwellungen untersucht werden. Diese befinden sich axillär, inguinal, in der Kniekehle und am Hals. Diese müssen abgegriffen werden, um zu sehe, ob sie zu groß, schmerzhaft oder mit der Umgebung verbacken sind.
Fragen, die der Arzt Ihnen stellen wird sind: “Haben Sie eine B-Symptomatik, also Fieber, Nachtschweiß oder Gewichtsverlust? Gibt es eine Infektionskrankheit? Gibt es eine Infektionskrankheit in der familiäre Umgebung? Welche Erkrankungen haben Sie, beispielsweise Autoimmunerkrankungen, die eventuell ähnliche Symptome verursachen können?”.
Wichtig ist einerseits die körperliche Untersuchung und andererseits die Anamnese, bei welcher der Patienten über den familiären Hintergrund und mögliche Begleiterkrankungen interviewt wird.
Wie kann ich mich auf den Arztbesuch vorbereiten?
Wenn Sie zu einem Arzt gehen ist es wichtig, dass Sie alle Befunden mitbringen. Dazu gehört ein Blutbefund, wenn sie ein aktuelles Blutbild haben oder auch Befunde, über Ihr Organsystem, Leberwerte und Nierenwerte. Diese müssen Sie dem Arzt mitteilen.
Darüber hinaus können Sie Befunde von bildgebenden Verfahren, wie CTs oder Ultraschalluntersuchungen mitbringen. So kann der Arzt sich ein genaues Bild über den Symptomkomplex machen. Alte Arztbriefe, in denen Ihre Medikation, Allergien und Begleiterkrankungen festgehalten sind, erweisen sich ebenso als hilfreich.
Welche Untersuchungen werden bei Verdachte auf ein Mantelzell-Lymphom durchgeführt?
Bei einem Verdacht auf ein Lymphom wird ein peripherer Lymphknotenstatus erhoben. Es wird eine genaue Anamnese durchgeführt. Dazu gehören folgende Fragestellungen: „Wie geht es dem Patienten? Welche Symptome hat er? Liegt eine B-Symptomatik vor?“. Auch der Lymphknoten wird genau begutachtet. „Ist er verbacken oder schmerzhaft? Wie groß ist er?“.
Dann muss die Entscheidung gefällt werden, ob der Lymphknoten entnommen und einer feingeweblichen Untersuchung zugeführt wird oder ob noch ein paar Tage gewartet werden kann.
Die exakte Diagnose eines Lymphoms, auch des Mantelzell-Lymphoms, kann nur durch eine Lymphknotenexstirpation, eine Lymphknotenentnahme getroffen werden. Darauf folgt eine feingewebliche Aufarbeitung unter dem Mikroskop mit einer Reihe von verschiedensten Antikörpern. So kann unter allen verschiedenen Subtypen des malignen Lymphoms auch das Richtige identifiziert werden.
Warum wird bei einigen PatientInnen das Mantelzell-Lymphom erst spät erkannt?
Es gibt sogenannte indolente Formen des Mantelzell-Lymphoms. Diese machen wenige oder gar keine Beschwerden. Der Lymphknoten ist minimal vergrößert und kaum tastbar. Auch wenn er intraabdominell im Bauchraum oder im Brustkorb wächst, sieht oder spürt man ihn nicht. Jedoch wächst der Lymphknoten, das Mantelzell-Lymphom dehnt sich aus trotz wenig Beschwerden.
Umso wichtiger ist es, dass wenn ein Lymphknoten vorhanden ist, dieser nicht ignoriert, sondern ernst genommen wird. Sie sollten zu einem Arzt gehen, welcher den Lymphknoten begutachtet und letztendlich die Entscheidung fällt, ob eine Lymphknotenexstirpation, eine Entnahme sofort stattfinden muss oder ob eine gewisse Frist abgewartet werden kann.
Das ist insofern wichtig, da ein Mantelzell-Lymphom im Frühstadium wahrscheinlich eine bessere Prognose hat. Zu diesem Zeitpunkt hat es ein geringeres Tumorvolumen als Mantelzell-Lymphome, die in einem Spätstadium diagnostiziert werden.
Hier geht es zum Video-Interview: „Weg zur Diagnose beim Mantelzell-Lymphom”
Spezielle Untersuchungen beim Mantelzell-Lymphom
Wann wird eine Lymphknoten Untersuchung durchgeführt?
Eine Lymphknoten Untersuchung sollte dann durchgeführt werden, wenn ein Lymphknoten über den Zeitraum von zwei Wochen persistiert und keine ausreichende Erklärung dafür vorliegt.
Wichtig dabei ist, dass sogenannte indolente, nicht schmerzhafte Lymphknoten einer Abklärung zugeführt werden. Denn gerade nicht schmerzhafte Lymphknoten sind oft ein Symptom des Tumorwachstums.
Im Gegensatz dazu sind oft schmerzvolle Lymphknoten, die zum Beispiel im Rahmen eines Infektes auftreten, ein typisches Symptom eines infektiologischen Prozesses, der gerade abläuft. Diese Lymphknotenvergrößerungen sind spontan und regredient. Wenn sie über 14 Tage persistieren, gehen Sie bitte auch zum Arzt, der dann eine weitere Abklärung einleitet.
Wie läuft eine Lymphknotenbiopsie ab?
Eine Lymphknotenbiopsie ist dann einfach, wenn der Lymphknoten sehr oberflächlich liegt. Das heißt, wenn wir eine generalisierte Lymphknotenvergrößerung an vielen Stellen haben, beispielsweise im Bauchraum, im Brustkorb, unter den Achseln oder in der Leiste.
Dann suchen wir uns immer den Lymphknoten aus, der stark vergrößert ist und unter der Oberfläche liegt, sodass eine Lymphknotenbiopsie einfach vonstattengehen kann, ohne das umgebende Gewebe zu gefährden. Dies läuft oft ambulant ab, die Durchführung ist auch unter Lokalanästhesie, einer lokalen Betäubung möglich.
Was kann mit Hilfe der Lymphknotenbiopsie festgestellt werden?
Nachdem die Lymphknotenbiopsie durchgeführt wurde, wird der Lymphknoten feingeweblich abgeklärt. Er kommt auf die Pathologie. Diese schneidet den Lymphknoten in kleine Scheiben, welche mit verschiedenen Antikörpern beträufelt werden. Alle Antikörper werden dann ausgewertet. Für jedes maligne Lymphom gibt es ein typisches Oberflächen-Antikörperprofil, so kann eine Subtypisierung des malignen Lymphoms durchgeführt werden.
Was sind bildgebende Verfahren?
Wenn das Mantelzell-Lymphom bioptisch gesichert ist, werden verschiedene Untersuchungen angeordnet. Unter anderem sind bildgebende Verfahren essenziell, um die Ausdehnung des Lymphoms festzustellen. Zu den bildgebenden Verfahren gehören Ultraschalluntersuchungen, CT-Untersuchungen (Computertomographie), PET-Untersuchungen (Positronenemissionstomographie) und PET-CT-Untersuchungen.
Für das Mantelzell-Lymphom ist das PET-CT schon Standard. Dies ist eine Untersuchung, bei der das CT mit einer funktionellen Untersuchung kombiniert wird. Es wird radioaktiv markierte Glukose in die Vene injiziert, welche sich speziell in den Lymphomzellen ablagert. Insgesamt wird der Ausbildungsgrad im CT festgestellt und darüber hinaus in der funktionellen Aufnahme des Mantelzell-Lymphoms Informationen über das Proliferationsverhalten des Tumors sichtbar.
Dies ist besonders wichtig, wenn man das Mantelzell-Lymphom nach einigen Chemotherapien begutachten muss, um zu kontrollieren, ob es noch vorhanden oder Restbestände vorliegend sind. Dafür ist es wichtig, dass wir nicht nur die CT-Untersuchungen nutzen, sondern auch eine funktionelle Aufnahme vom Mantelzell-Lymphom haben. So kann überwacht werden, ob noch vitale, lebende Mantelzell-Tumorzellen vorhanden sind oder nicht.
Was ist eine Knochenmarksbiopsie und warum ist diese erforderlich?
Beim Mantelzell-Lymphom muss obligat eine Knochenmarkbiopsie durchgeführt werden. Es ist häufig der Fall, dass Mantelzell-Lymphome einen Knochenmarkbefall haben, das bedeutet, dass die Tumorzellen sich auch im Knochenmark ausbreiten. Bei einem Vorliegen dessen handelt es sich um ein sehr ausgebreitetes Stadium 4. Es führt dazu, dass es eigentlich eine inkurable Erkrankung ist.
Wir haben natürlich auch beim Mantelzell-Lymphom eine Stadieneinteilung. Für den seltenen Fall, dass es sich um ein Frühstadium handelt und nur zwei oder drei Lymphknotenregionen betroffen sind, kann eine Bestrahlung durchgeführt werden. In diesen seltenen Fällen ist auch eine Heilung des Mantelzell-Lymphoms möglich.
Wie läuft die Entnahme von Knochenmark ab?
Als Staging-Untersuchung, muss beim Mantelzell-Lymphom eine Knochenmarkbiopsie durchgeführt werden. Der Patient kommt dafür in die Spezialambulanz, er wird horizontal positioniert und sein Beckenkamm freigelegt. Dort wird mit einer Lokalanästhesie das Periost, die Knochenhaut infiltriert. So verläuft die Entnahme schmerzfrei, wenn mit der Knochenmarkbiopsienadel der Beckenkamm durchbohrt, und das Knochenmark herausgesogen wird. Mit dieser Untersuchung ist es möglich festzustellen, ob das Mantelzell-Lymphom sich bereits im Knochenmarksystem ausgebreitet hat.
Hier geht es zum Video-Interview: „Spezielle Untersuchungen beim Mantelzell-Lymphom”
Nach der Diagnose Mantelzell-Lymphom
Welche Stadien gibt es und wonach werden sie eingeteilt?
Wenn das Mantelzell-Lymphom diagnostiziert wurde, ist als nächster Schritt eine Stadieneinteilung notwendig. Dazu bedient man sich der bildgebenden Verfahren, einem PET-CT, bei dem der Ausdehnungsgrad dieses Lymphoms festgestellt wird.
In den seltenen Fällen, bei denen ein Stadium 1 oder 2 vorliegt, also eine lokale Lymphknotenschwellung in ein bis zwei Regionen, kann ein kurativer Ansatz verfolgt werden. In erster Linie durch Applikation einer Strahlentherapie.
In den meisten Fällen ist allerdings ein Stadium 3 oder 4 vorliegend, auch Ann-Arbor-Klassifikation genannt. Das heißt, die Lymphknotenschwellungen sind dies und jenseits des Zwerchfells. Die Lymphknoten befinden sich auch im Thoraxraum, dem Brustkorb, im Bauchbereich und im Knochenmarkbereich im 4er Stadium. Im Stadium 3 und 4, welche am häufigsten diagnostiziert werden, ist eine kurative Therapie nicht mehr möglich.
Was bedeutet der Prognose Index und wie wird er erstellt?
Das Prognose Index (MIPI) ist ein wichtiges Instrument, um die Prognose dieser Erkrankung abzuschätzen. Er besteht aus vier Parametern, dem Alter, den ECOG Performance Scores, einer LDH, dem Parameter für den Zellumsatz und aus der Anzahl der Leukozyten.
Aus diesen vier Parameter können vier verschiedene Prognosestadien abgeleitet werden, die alle mit einem unterschiedlichen Überleben einhergehen. Für die Patienten ist es besonders wichtig einen Prognose Score zu erstellen, damit man ihnen mitteilen kann, ob dieser eine gute Prognose, eine mittlere Prognose oder eine schlechte Prognose aufweist.
Wie verläuft ein Mantelzell-Lymphom typischerweise?
Ein Mantelzell-Lymphom muss typischerweise sofort behandelt werden, außer in den seltenen Fällen, bei denen ein indolentes Lymphom vorliegt. Dafür gibt es gewisse Parameter, die man der feingeweblichen Untersuchung unterziehen kann, um abzuschätzen, ob ein aggressives oder ein intolerantes Verhalten vorliegt.
Im Prinzip ist es so, dass die meisten Patienten unmittelbar therapiebedürftig sind. Dann müssen zwei Unterscheidungen getroffen werden. Ist der Patient transplantationstauglich oder nicht? Die Patienten, die tauglich für eine autologe Stammzelltransplantation sind erhalten eine Induktionstherapie. Diese besteht aus mehreren Chemotherapie Zyklen und anschließend, konsolidierend aus einer autologen Stammzelltransplantation.
Die autologe Stammzelltransplantation hat den Zweck, den Tumor maximal zurückzudrängen. Es ist eine Hochdosistherapie, die den Tumor zerstört, aber als Nebenwirkung auch das eigene Knochenmark. Darum wird das zuvor kryokonservierte, tiefgefrorene Knochenmark oder die Stammzellen reinfrontiert. Nach der Hochdosistherapie wird das Mantelzell-Lymphom im besten Fall völlig zurückgedrängt sein. Die drei Blutzellreihen, die das Blutbild wieder aufbauen werden durch die kryokonservierten Stammzellen rekonstituiert. Das ist besonders wichtig für Patienten, die jung und fit sind und einer sehr toxischen Therapie ausgesetzt werden.
Im Anschluss an diese autologe Stammzelltransplantation folgt eine Erhaltungstherapie mit dem Anti-CD20 Antikörper Rituximab. Mit diesem Therapieregime ist es möglich Patienten eine lang anhaltende Remission zu bieten.
Die Patienten, die nicht transplantationstauglich sind, werden einer Chemotherapie unterzogen. Darauf folgt eine Erhaltungstherapie mit dem Anti-CD20 Antikörper Rituximab. Diese Patienten haben natürlich ein kürzeres Überleben, da die Hochdosistherapie als therapeutisches Element fehlt.
Was ist eine Remission und gibt es Therapiemöglichkeiten, wenn diese nicht andauert?
Das Mantelzell-Lymphom muss für gewöhnlich sofort therapiert werden, entweder mit einer Chemotherapie oder einer Chemotherapie mit konsekutiver autologer Stammzelltransplantation. Diese führt in den meisten Fällen zu einer kompletten Remission, das heißt, der gesamte Tumor ist verschwunden, inklusive aller Symptome, die damit assoziiert sind.
Leider kommt es jedoch in den allermeisten Fällen zu Rückfällen und es muss eine Rezidiv Therapie eingeleitet werden. Wichtig ist, dass wir mit der ersten Therapielinie eine möglichst lang anhaltende Remission erreichen, damit der Patient eine lange Überlebenszeit hat, in der er auch eine hohe Lebensqualität aufweisen kann.
Was kann ich selbst tun, um den Krankheitsverlauf günstig zu beeinflussen?
Wenn Sie sich einer Therapie des Mantelzell-Lymphom unterziehen, ist es sehr wichtig, dass wir eine gute Compliance mit dem Arzt aufbauen. Das heißt, dass diese vorgeschlagene Therapie zeitgerecht und in voller Dosierung appliziert wird.
Sie selbst können dazu wenig beitragen. Die Therapien sind reich an Nebenwirkungen und es kommt zu verschiedenen Symptomen, wie Haarausfall, Durchfall und Blutbildveränderungen. Daher ist es wichtig, eine insgesamt sehr gesunde Lebensführung anzustreben. Dazu zählt eine ausgewogene Ernährung und das Vermeiden aller möglichen Additiv Toxine, wie Rauchen und Alkohol. Manche Studien beschreiben sogar einen positiven Effekt von einer Vitamin D Supplementation.
Hier geht es zum Video-Interview: „Nach der Diagnose Mantelzell-Lymphom”
Geprüft Univ.-Prof. Dr. Peter Neumeister: Stand Januar 2022 | Quellen und Bildnachweis