9. Mein Beitrag zur Epilepsie-Therapie – Alle Fragen

Erfahren Sie in dieser Schulung, wie Sie Ihr Leben mit Epilepsie gut gestalten können. Sie erhalten wertvolle Informationen zur Medikamenteneinnahme und lernen, warum offene Kommunikation mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt von Bedeutung ist. Darüber hinaus erfahren Sie, wie Sie ein Epilepsietagebuch unterstützen kann. Auch für Eltern, deren Kind an Epilepsie erkrankt ist, gibt es hilfreiche Tipps.

Epilepsie-Therapie und Adhärenz

Was versteht man unter Adhärenz?

Unter Adhärenz versteht man prinzipiell das Einhalten einer Therapie. Gemeint ist damit nicht nur die eigentliche Therapie, sondern ein ganzes Therapieprogramm, also wo auch Diagnose dazukommt, diagnostische Methoden, therapeutische Methoden, Lebensstilmodifikationen, aber auch Pharmakotherapie.

Die Adhärenz beschreibt letztlich, wie gut man in der Lage ist, diese therapeutischen Maßnahmen einzuhalten oder den gemeinsamen Plan, den man mit den Medizinern und Medizinerinnen gefasst hat, in die Realität umzusetzen und auch durchzuhalten über die Zeit. All das beschreibt Adhärenz.

Warum ist es wichtig, dass ich meine Medikamente genauso einnehme, wie mir verordnet wurde?

Im Kontext der Epilepsie-Therapie ist es für Sie wichtig als Betroffene, dass Sie versuchen, die Therapie einzuhalten. Nur dann ist letztlich garantiert, dass man auch den besten Effekt erreichen kann.

Die Pharmakotherapie bei Epilepsie ist letztlich darauf ausgelegt, eine Dauertherapie zu sein im Sinne von einer täglich zu fixen Intervallen und Zeiten eingenommenen Therapie. Sie spricht nicht sehr gut darauf an, wenn man jetzt sehr große Schwankungen in der Einnahmezeit hat. Das heißt: Jedes Medikament hat aufgrund der Art, wie es zubereitet ist, eine gewisse Wirkdauer. Und wenn man jetzt die Wirkdauer überschreitet, das heißt zu lange wartet, bis man die nächste Gabe einnimmt, kann es sein, dass man dazwischen dann einen Abfall der Wirkstärke hat und dass dann wieder Anfälle auftreten. Aus dem Grund ist es wichtig, dass man versucht, die Therapie und die Medikamente so einzunehmen in dem Schema, wie man es auch vereinbart hat mit den betreuenden Kollegen und Kolleginnen. Schwankungen im Blutspiegel bedeuten ein erhöhtes Risiko, dass wieder Anfälle auftreten. Und das kann ja zu jeder Tageszeit oder auch jeder Nachtzeit sein. Dies kann dann wieder die Lebensqualität deutlich beeinflussen im negativen Sinne. Und das Ziel ist ja letztlich, unter medikamentöser Therapie bei Epilepsie anfallsfrei zu sein und möglichst auch nebenwirkungsfrei zu sein, so dass die Lebensqualität so gut ist, wie sie nur sein kann bei dieser Erkrankung. Und die kann sehr, sehr gut sein.

Was sind die Risiken, wenn ich meine Epilepsie-Therapie nicht wie vorgeschrieben einnehme?

Mögliche Risiken, wenn man die Medikamente nicht einnimmt, so wie es verordnet wurde oder wie sie auch gedacht sind vom Hersteller im Sinne der Wirkdauer, wäre das Hauptrisiko, dass wieder Anfälle auftreten. Anfälle können natürlich in verschiedenen Schweregraden und mit verschiedenen Konsequenzen verbunden sein.

Es kann bedeuten, dass man einen Unfall hat aufgrund des Anfalls.

Oder man verletzt sich und landet im Krankenhaus.

Oder man ist unbeobachtet während des Anfalls. Und dann kann es sogar sein, wenn man gerade im Wasser schwimmt oder Dinge tut, bei denen eine Verletzungsgefahr besteht, wie Radfahren oder sogar extremere Dinge, dass es da zu schwereren Verletzungen kommt.

Es kann natürlich schon sein, dass auch, selbst wenn nichts passiert, Anfälle auch tagsüber während der Arbeit oder Schulzeit auftreten. Das kann natürlich bedeuten, dass man seinen Alltag so nicht leben kann, wie man es eigentlich geplant hätte für diesen Tag und dass dann irgendwo die Lebensqualität leidet und auch vielleicht ein bisschen die Konzentration und die Aufmerksamkeit. Man kann sich vorstellen, dass es auch die Aufmerksamkeit und die Konzentration negativ beeinflussen kann, wenn man tagsüber Anfälle hat.

Und es gibt auch seltene Komplikationen bei Epilepsie, die man auch nicht verschweigen soll, wie zum Beispiel, dass man aufgrund von Anfällen oder der Nichteinnahme der Therapie, die dann zu Anfällen führt, auch versterben kann. Was der Grund für das Versterben ist, ist immer noch so ein bisschen fragwürdig, aber es ist statistisch schon assoziiert mit dem Nicht-Einnehmen der Therapie.

Kann ich die Therapie pausieren, wenn ich längere Zeit keinen Anfall hatte?

Die Therapie zu pausieren ist möglich, aber das sollte nicht einfach so geschehen. Also es ist auch das Ziel der Ärztinnen und Ärzte, die Therapie irgendwann zu pausieren oder eigentlich besser ausgedrückt auszuschleichen oder zu beenden. Aber das geht nur unter gewissen Voraussetzungen. Und wenn man jetzt sagt: Was ist eine gewisse Zeit, keine Anfälle zu haben? Sind es Monate oder Jahre oder Jahrzehnte?

Und einfach so abzusetzen ist nie eine gute Idee, und vor allem nicht ohne Rücksprache mit den betreuenden Ärztinnen und Ärzten. Einfach weil viele Gründe oder viele Überlegungen in die Entscheidung einfließen, eine Therapie auszuschleichen.

Und es sollte prinzipiell auch immer schrittweise erfolgen.

Und die Entscheidungen, die dahinterstehen, hängen damit zusammen:

Wie viele Anfälle hat es überhaupt gegeben?
Was für eine Art von Epilepsie ist es, unter die der oder die Betroffene leidet?
Wie schwer waren die Anfälle in ihrer Ausprägung?
Und was sagt das EEG?
Was sagt das MRT?
Was sagen die ganzen Zusatzbefunde?

Und auch zum Beispiel nach Epilepsie-chirurgischen Verfahren: Was waren die Faktoren vor der Operation, die in diese Entscheidung einfließen, wann man die Therapie dann letztlich beenden kann?

Aber das ist eine komplexe Entscheidung. Die sollte gemeinsam getroffen werden, und die sollte immer schrittweise und vorsichtig sein, damit man da kein unnötiges Risiko eingeht. Und selbstständig absetzen oder pausieren, wie immer man das bezeichnen will, geht mit einem gewissen deutlich erhöhten Risiko einher, dass dann wieder Anfälle kommen oder sonstige Probleme auftreten.

Zusammenfassend kann man sagen, dass alles, was man in der Therapie der Epilepsie macht, eine gemeinsame Entscheidung sein sollte zwischen betreuenden Ärztinnen und Ärzten und dem Patienten. Deswegen sollte auch die Entscheidung, abzusetzen oder zu pausieren, immer auch nur in Absprache passieren und nicht selbstständig und alleine.

Hier geht es zum Video-Interview: „Epilepsie-Therapie und Adhärenz”

Mein Alltag mit der Epilepsie-Therapie

Was kann ich selbst in meinem Alltag mit Epilepsie beitragen?

Was man als Betroffener und Betroffene selbst beitragen kann zur Epilepsie-Therapie ist letztlich ein sehr breites Spektrum.

Das betrifft sehr viele verschiedene Bereiche. Ich glaube, der Hauptpunkt und der wichtigste Punkt ist eben die Adhärenz. Das heißt, dass man die Therapie, die vorgeschlagen wurde und die man vereinbart hat mit den betreuenden Ärztinnen und Ärzten, wirklich versucht, konstant und regelmäßig einzunehmen, weil das letztlich die Grundlage ist.

Dann hat man natürlich schon Möglichkeiten, sein eigenes Leben so zu leben und zu gestalten, wie man das auch braucht, damit man sich glücklich fühlen und auch sagt, das Leben hat die Qualität, die man haben will. Und da kann man natürlich viel beitragen, dass man auch diese Erkrankung, wenn man sie denn hat und wenn sie eine chronische Erkrankung ist, versucht, selbst in die Hand zu nehmen.

Da gibt es keine Zauberformeln, aber man kann zumindest sagen, dass regelmäßiger Schlaf-Wach-Rhythmus wichtig ist. Denn bei bestimmten Epilepsien ist es schon so, dass der Schlafmangel oder sehr unregelmäßiger Schlaf erhöhte Anfallsneigung hervorruft.

Man kann versuchen, Dinge zu vermeiden, und das sollte man ohnedies in einem gesunden Leben, wie zum Beispiel übermäßigen Alkohol- oder Drogenkonsum, der auch im akuten Rauschzustand, aber auch nach dem Abflauen des Rausches in diesem Art Entzug, den man da hat, auch wenn der nur sehr kurzzeitig ist, erhöhtes Anfallsrisiko mit sich bringt.

Der Wunsch wäre auch, dass man natürlich schaut, dass die Ernährung halbwegs ausgeglichen und gesund ist. Es gibt spezielle Epilepsie-Ernährungsformen, die sind aber auch wieder was Spezielles. Das muss man auch speziell mit den jeweiligen Expertinnen besprechen. Aber so allgemein wäre eine gesunde Ernährung wichtig, weil man einfach dann einen gesunden Knochen-Stoffwechsel hat. Dazu gehört auch, zu versuchen, auch die Leber nicht irgendwie zu schädigen, zusätzlich zu dem, was vielleicht schon Nebenwirkungen verschiedener Pharmakotherapien sind. Und auch der Knochenstoffwechsel kann unter manchen Medikamenten leiden. Deshalb sollte man versuchen, diesen durch Kalzium und vitaminreiche Ernährung möglichst gesund zu halten.

Sport und Bewegung ist auch so eine Grundlage eines gesunden Lebens und eines selbstbestimmten Lebens. Die Epilepsie selbst ist jetzt meist nicht abhängig von körperlicher Anstrengung. Es ist nicht so, dass jetzt extreme Anstrengung sofort zu Anfällen führt. Aber es gibt Situationen. Und wenn man das weiß und für sich herausgefunden hat, wäre es natürlich gut, das zu vermeiden. Gleichzeitig soll man sich nicht zurückziehen und ein Leben quasi in gepolsterten Räumen verbringen, dass einem ja nichts passieren kann. Denn das bringt natürlich auch sekundäre Probleme mit sich, wie Stimmungsprobleme, Depression, Trauer und die Isolation, die dadurch einhergeht. Und sportliche Betätigung ist ja auch immer oder oft eine Gruppendynamik, wo man mit anderen Menschen Zeit verbringt. Und das sollte man auch versuchen, auch mit der Erkrankung zu haben, damit man ein gesundes soziales Netz um sich findet.

Wie schaffe ich es, die Medikamenteneinnahme im Alltag nicht zu vergessen?

Wie man es schafft, die Medikamenteneinnahme im Alltag nicht zu vergessen, da gibt es verschiedenste Möglichkeiten. Und ich glaube, es muss auch jeder bisschen für sich rausfinden, was da wirklich funktioniert. Einen Zugang, der für alle gleich gut funktioniert, den gibt es eigentlich nicht. Das hängt auch ein bisschen von der eigenen Persönlichkeit und den Vorlieben ab, die man hat.

Aber typischerweise oder das Üblichste wäre, dass man versucht, die Einnahme der Medikamente mit einem täglichen Ritual zu verknüpfen. Zum Beispiel wenn jetzt die Therapie einmal in der Früh und einmal am Abend genommen werden soll, könnte man es zum Beispiel mit dem Zähneputzen verknüpfen. Dass man sagt, man gibt auch die Medikamente gut sichtbar dorthin, wo man auch die Zahnbürste suchen würde. Dadurch minimiert man dann einfach das Risiko, sie zu vergessen.

Oder man macht es mit bestimmten Mahlzeiten, wo man dann natürlich immer rücksprechen muss. Gewisse Medikamente können nicht einfach mit jeder Nahrung eingenommen werden. Also ist das ein bisschen schwieriger, aber auch möglich bei vielen Medikamenten.

Oder man verknüpft es mit bestimmten Ritualen wie dem Fernsehen oder einem bestimmten Weg, den man ohnedies in der Wohnung jeden Tag zurücklegt zu einer bestimmten Zeit.

Und so kann man es wieder versuchen, einmal eine Routine zu schaffen.

Das zweite ist: Man versucht sich zu erinnern, sei es durch irgendwelche elektronischen Methoden wie Apps oder Notifications am Handy. Oder man versucht, sich so normale Erinnerungen in einen Kalender einzutragen. Und wenn man das dann immer abhaken kann, hat man vielleicht sogar so das Gefühl, man hat was erledigt. Und das ist so ein bisschen eine positive Verstärkung, und man hat ein Ding des Tages bereits in der Früh erledigt, das man ohne dies erledigen muss und das dazugehört.

Dann wäre da natürlich auch die Möglichkeit, dass man Angehörige einbindet, die wissen, man muss diese Therapie nehmen, und denen vielleicht auffällt, wenn man mal einen Tag hat, wo man vielleicht gestresst ist oder verschlafen hat und dann total in Eile ist, und die dann merken: Oh, da ist was übrig geblieben von der Morgendosis, und dann vielleicht dafür sorgen, dass man das noch nachnehmen kann oder so. Also ein Umfeld zu haben, das einen erinnert oder ein bisschen den Blick hat auf diese Dinge, ist sicher hilfreich.

Worauf muss ich achten, wenn ich verreisen möchte?

Wenn man verreisen will und eine Dauertherapie einnimmt, dann hängt es ein bisschen davon ab, wohin man verreist. Das gilt bei Epilepsie ebenso wie auch bei anderen Erkrankungen, aber bei Epilepsie besonders, weil es eben sehr zeitkritisch ist, dass man die Therapieintervalle einhält.

Wenn man jetzt nur 30 Kilometer in den nächsten Ort fährt, dann ist da wahrscheinlich wenig Vorbereitung notwendig.

Aber bei größeren Reisen, wo vielleicht sogar Zeitverschiebungen sind, muss man das natürlich ein bisschen im Blick haben. Die Einnahmedauer um Acht in der Früh ist dann nicht gleich Acht in der Früh an dem Ort, wo man mit sechs Stunden Zeitverschiebung angekommen ist. Das heißt, man muss dann auch versuchen, das Stück für Stück anzupassen an die neue Zeit, in der man sich dann wiederfindet.

Das zweite ist, ob man Vorrat an Medikamenten braucht. Das hängt ein bisschen davon ab, wo man hinfährt. Nicht in jedem Land ist jede Art von Antiepileptikum zugelassen. Und aus dem Grund muss man vielleicht manchmal schon mit ins Kalkül ziehen, vor allem, wenn man in ressourcenärmere Gegenden reist, vielleicht von Österreich weg oder von Mitteleuropa, wo vielleicht gewisse Medikamente leichter verfügbar sind als in Ländern, wo finanzielle Rahmenbedingungen herrschen, die dazu geführt haben, dass dieses Medikament gar nicht verschrieben werden kann oder kaum verschrieben wird und dementsprechend auch in Apotheken nicht vorrätig ist.

Was auch noch eine gute Idee ist, wenn man auch Mitreisende informiert, wenn es jetzt nicht gerade die eigene Familie ist, die das eh wissen wird. Das muss man aber immer für sich selbst entscheiden, weil es auch ja natürlich ein bisschen die Privatsphäre betrifft ist. Aber wenn man es für sich selbst für möglich hält und sich das auch zutraut und auch der Umgebung zutraut, wäre es sicher gut, wenn man Mitreisende informiert, dass man unter einer Epilepsie leidet, eine Dauertherapie einnehmen muss, und falls etwas passiert, dass die das auch zuordnen können. In einem fremden Land, wo die Sprache auch eine andere ist, ist vielleicht nicht einfach klar, was da passiert ist. Und es beginnt dann ein sehr mühsamer Prozess unter Umständen, wo viel Abklärung erfolgt, die gar nicht notwendig wäre, weil die Epilepsie zum Beispiel bekannt ist. Wenn die Chance sehr hoch ist, dass es zu Anfällen kommt, sollte man sich auch überlegen, ob man nicht auch versucht, Arztbriefe mitzunehmen. Vielleicht können Sie sogar die betreuenden Ärztinnen und Ärzte bitten, ein kurzes Statement auch auf Englisch zu verfassen über die Erkrankung, unter der man leidet und welche Therapie notwendig ist. Damit ist es dann auch irgendwo klar an Flughäfen oder in Krankenhäusern oder bei medizinischen Konsultationen im Ausland, was eigentlich Sache ist und worum es geht und wie Ihnen am besten geholfen werden kann. Das verhindert, dass dann Fehlentscheidungen getroffen werden auf Basis mangelnder Information oder einer Sprachbarriere oder, wenn man gar nicht in der Lage ist, es zu erklären, weil wirklich ein Notfall passiert ist. Oder dass dann Dinge gegeben werden, von denen man weiß, man verträgt es nicht, oder die haben in der Vergangenheit zu Problemen geführt. Also dass man das versucht, das von Anfang an abzufedern.

Hier geht es zum Video-Interview: „Mein Alltag mit der Epilepsie-Therapie”.

Mein Epilepsietagebuch

Wie kann mir ein Epilepsietagebuch bei der Epilepsie-Therapie helfen?

Was man natürlich auch als Betroffener oder Betroffene beitragen kann, ist zu versuchen, eine möglichst gute Dokumentation der Epilepsie und ihrer klinischen Symptome, der Anfälle zu führen. Das heißt, Sie versuchen in einem Tagebuch, wie auch immer das dann ist, ob das elektronisch ist oder papierbasiert, festzuhalten,

wie oft Anfälle auftreten,
unter welchen Bedingungen sie aufgetreten sind,
ob es Faktoren gibt, die da eine Rolle gespielt haben könnten, wie Schlafmangel an dem Tag oder übertriebene Anstrengung,
auch, wie die Anfälle waren, wie schwer sie waren,
welche Art von Anfällen das waren.

Durch diese Dokumentation lässt sich eine möglichst gute Nachvollziehbarkeit ermöglichen.

Wenn man dann zur Visite kommt oder in die Ambulanz oder in die Ordination, kann man diese Dinge besprechen. Und auch den betreuenden Ärztinnen und Ärzten wird die Möglichkeit gegeben, das einzuschätzen, wie hoch die Frequenz und die Belastung durch Anfälle im Alltag ist.

Welche Informationen sollte ich in meinem Epilepsietagebuch festhalten?

Bei der Frage, wie man jetzt ein Epilepsietagebuch führen soll, sind drei Dinge wichtig:

Man muss halt immer einen Kompromiss treffen zwischen Praktikabilität, also was ist möglich im Alltag?
Was will man eigentlich damit erreichen?
Und wie genau soll die Information sein?

Für uns Ärztinnen und Ärzte ist natürlich immer toll, möglichst viele Informationen zu bekommen.

Was wirklich Kernelemente des Anfallstagebuchs sein sollten, ist:

Wann ist ein Anfall aufgetreten?
Welche Art von Anfall war es?
Wie lange hat er gedauert?
Was waren zusätzliche Faktoren, wie zum Beispiel wenn man weiß, dass man die Therapie vergessen hat. Oder es gab ganz klar eine Verbindung zu einem massiven Schlafmangel oder einer ganz unvorhergesehenen Veränderung im Alltag, die man eventuell für das verantwortlich machen kann.

Für Frauen wäre es gut, wenn man auch den Menstruationszyklus ein bisschen erfasst in diesem Tagebuch, weil es Epilepsie-Formen gibt, die sehr sensibel auf den Menstruationszyklus reagieren und wo man dann auch spezielle Therapieformen anbieten kann oder die Therapie so ändern kann, dass man das abfedern kann. Und dafür muss man es halt mal erkennen. Und deswegen wäre das auch ein wichtiger Punkt, der in einem Anfallstagebuch festgehalten sein soll.

Hier geht es zum Video-Interview: „Mein Epilepsietagebuch”.

Mein Arztgespräch während der Epilepsie-Therapie

Was sollte ich meiner Ärztin/meinem Arzt während der Behandlung unbedingt mitteilen?

Was man den Ärztinnen und Ärzten während der Behandlung, also den Behandelnden, wirklich mitteilen sollte, ist das, was einen wirklich beschäftigt, wo die Sorgen wirklich sind. Es gibt kein Muss oder keine Pflicht, irgendwelche Dinge zu sagen. Wichtig wäre, dass man das sagt, was einen jeden Tag beschäftigt. Und wenn man eine Erkrankung hat, so wie die Epilepsie, die meist chronisch ist und die einen lange Zeit beschäftigt, gibt es immer neue Fragen, die auftauchen und Dinge, die vielleicht schon immer Fragen waren, die man aber nie so wirklich stellen wollte oder wo man sich schwer getan hat. Und es ist sicher wichtig, dass man offen sagt, was einem am Herzen liegt, wo die Probleme sind. Es ist auch so: Therapie hat Nebenwirkungen und Therapie kann Probleme machen oder man tut sich einfach schwer, sie einzuhalten. Und das offen zu sagen ist sicher ein wichtiger Punkt. Man sollte nicht aus Scham oder vielleicht Schuldgefühlen den Ärztinnen und Ärzten gegenüber Dinge verschweigen oder beschönigen. Das ist nicht notwendig. Es soll offene Kommunikation sein. Wichtig ist sicher, so zu kommunizieren, dass es für die Behandelnden verständlich wird, wie die Belastung ist, wie groß auch die Bedrohung ist für die Betroffenen durch die Erkrankung. Damit können sie ein bisschen abschätzen, welche Arten von Therapie und von Diagnostik gerechtfertigt sind, um dem Ganzen dann auf die Spur zu kommen und die Behandlung zu optimieren.

Welche Fragen sollte ich der Ärztin/dem Arzt während meiner Epilepsie-Therapie stellen?

Den behandelnden Ärztinnen und Ärzten sollte man all jene Fragen stellen, deren Antwort man braucht, um ein gutes Konzept zu haben davon, mit welcher Erkrankung man da eigentlich zu tun hat.

Was sind die Ursachen für meine Erkrankung?
Was sind die die Gründe
Wo kann das herkommen?

Viele haben vielleicht so Ideen, dass sie da vielleicht auch Schuld haben durch irgendwas. Und das sollte man auch anzusprechen, denn die Chancen sind extrem groß, dass man gar nichts dafür kann. Also die sind fast garantiert. Und dementsprechend kann man hier vielleicht Schuldgefühle und Sorgen loswerden, indem man das offen anspricht.

Man sollte fragen, was das Ziel der Therapie ist, was das Konzept ist, das dahintersteht. Also wenn man jetzt eine Therapie einnimmt und dann wird gesprochen über eine zweite, über Dosisveränderungen: Was steckt eigentlich dahinter? Was ist das Ziel? Was hat die Ärztin oder der Arzt für Konzept davon, was passieren soll und wo das hingeht, diese gemeinsame Reise? Was sind die möglichen Ergebnisse der Therapie? Und wie kann man die optimal erreichen? Auch sollte man fragen, was man selbst dazu beitragen kann, dass diese Ergebnisse auch erreichbar sind. Und das Hauptziel ist immer Anfallsfreiheit. Und wenn klar wird, auch wenn man verschiedene Therapien eingenommen hat und auch für sich weiß, man hat versucht, die wirklich konsequent einzunehmen und Ärztinnen und Ärzte wissen, dass sie auch in der richtigen Dosis eingenommen wurden. Dann sollte man auch fragen: Was kann man noch tun, therapeutisch, wenn jetzt mit Pharmakotherapie alleine die Anfallsfreiheit nicht erreichbar ist? Gibt es vielleicht chirurgische Methoden? Und die gibt es. Und es ist sicher gut, sich auch da proaktiv zu erkundigen, wo die angeboten werden, wie die aussehen könnten und welche Schritte notwendig werden, damit man in diese Richtung auch einmal schauen kann, und für sich selbst oder die Betroffenen, die man betreut, versuchen kann, in die Richtung zu denken und zu arbeiten.

Und ich glaube, das Wichtigste ist, selbst ein Konzept der Erkrankung zu haben, eine realistische Einschätzung der möglichen Ergebnisse einer Therapie. Denn nicht jede Epilepsie kann man zur Anfallsfreiheit führen. Also ob es jetzt mit Pharmakotherapie oder mit chirurgischen Verfahren ist. Und es ist sicher wichtig, auch realistisch zu wissen, wo die Optionen und die Chancen liegen. Aber natürlich auch immer wieder darauf zu pochen, durch die Fragen, die man hat, auch zu schauen, dass man das Optimum erreicht für sich und die eigene Erkrankung. Und das ist wahrscheinlich der Kernpunkt der ganzen Sache.

Und was auch wichtig ist und was man ansprechen sollte, ist, wenn man Ideen hat oder was gehört hat oder gelesen hat über Zusatztherapien, andere Verfahren, die gar nicht in dem Standardschema sind. Das ist nichts, was man verstecken sollte oder wo man geheim recherchieren soll, sondern am besten das offen ansprechen, denn sonst hat man immer im Hinterkopf die Idee, dass man irgendwas verpasst oder nicht macht oder eine gewisse Chance vorbeiziehen lassen hat, die sich ergeben hat. Und Ärztinnen und Ärzte verstehen das und sind sicher in der Lage, das dann auch medizinisch betrachtet richtig zuzuordnen und einen guten Tipp abzugeben, ob das etwas ist, was man versuchen kann, ohne Gefahr und ohne Risiko, oder ob das Dinge sind, die nicht seriös sind und die vielleicht sogar ein Problem darstellen für die Erkrankung und die weitere Behandlung.

Was kann ich tun, wenn ich etwas nicht verstanden habe?

Wenn man etwas nicht verstanden hat in einem Gespräch mit Medizinern, Medizinerinnen, dann ist es gut, das aktiv und direkt anzusprechen. Für uns, die im Gesundheitssystem vielleicht schon länger arbeiten und das schon studiert haben und sich viel damit beschäftigt haben, ist es natürlich normal, gewisse Worte zu benutzen, weil das der Alltag der Kommunikation mit Kolleginnen und Kollegen ist. Aber natürlich passiert es uns immer wieder, dass man auch im Gespräch mit Betroffenen und mit Patientinnen und Patienten natürlich Worte benutzt, die vielleicht nicht verstanden werden von allen und die nicht dazu führen, dass man wirklich weiß, was da jetzt dahintersteckt und was es bedeutet. Und da ist es sicher das Beste und das Wichtigste, das direkt anzusprechen, auch vielleicht, wenn da Vorschläge gemacht wurden, mit denen man sich auf den ersten Blick gar nicht wohlfühlt oder man sich das für sich selbst irgendwie gar nicht vorstellen kann. Manchmal braucht es einfach mehr Informationen, um das dann gemeinsam so zu klären, dass klar wird, wo für beide Seiten der sichtbare Benefit ist und warum gewisse Dinge vorgeschlagen werden. Aber direkte, offene Kommunikation, das ist das Ziel und das ist die wichtigste Grundlage dafür.

Hier geht es zum Video-Interview: „Mein Arztgespräch während der Epilepsie-Therapie”.

Wechselwirkungen bei Epilepsie

Was sind Wechselwirkungen und woran erkenne ich sie?

Wechselwirkungen einer Therapie sind, wenn ein Medikament mit anderen Medikamenten oder Nahrungsmitteln, die man zu sich nimmt, oder sonstige Substanzen wie Nahrungsergänzungsmittel untereinander Effekte ausüben. Das heißt, es können Effekte sein, wo der Blutspiegel von dem einen Medikament verändert wird oder vom anderen sinkt und steigt, oder es sind Effekte, wo die Wirkung sich irgendwie verändert. Gemeint sind damit nicht nur durch im Blut messbare Spiegelschwankungen, also die Konzentration, die im Blut auftritt, sondern auch, wo vielleicht ein Zusatzstoff eingenommen wird, der in Kombination mit einem anderen ein erhöhtes Risiko, zum Beispiel für Anfälle, erzeugt. Das kann mit verschiedensten Medikamenten der Fall sein, mit verschiedensten Nahrungsergänzungsmitteln oder mit in höheren Konzentrationen eingenommenen Nahrungsmitteln.

Sie persönlich, die die Therapie einnehmen, können Wechselwirkungen vielleicht am leichtesten erkennen, indem plötzlich Nebenwirkungen der Therapie auftreten, die es vorher nicht gab. Das heißt, entweder man hat den Eindruck, das man jetzt trotz regelmäßiger Einnahme der Therapie mehr Anfälle hat, oder Sie haben irgendwie das Gefühl, da passt was nicht. Die Wirkung von einem Medikament oder dem anderen ist nicht so, wie das eigentlich zu erwarten war und wie ich das auch aus Erfahrung gewöhnt bin. Dann kann es sein, dass die Medikamente vielleicht untereinander Effekte ausüben, die in Summe dazu führen, dass irgendwo ein Wirkverlust da ist oder eine verstärkte Neigung zu Nebenwirkungen. Andere Wechselwirkungen kann man leider nicht erkennen. Und das ist schon Aufgabe der behandelnden Ärztinnen und Ärzte, dass Sie für Sie klären, ob es solche Wechselwirkungen gibt.

Was muss ich beachten, wenn ich bei Epilepsie noch andere Medikamente einnehme?

Wenn Sie bei Epilepsie noch andere Medikamente einnehmen, ist sicher das Potenzial zu beachten, dass da Wechselwirkungen auftreten, das heißt, dass ein Medikament das andere in seiner Wirkung beeinflusst oder dazu führt, dass mehr Nebenwirkungen auftreten und mehr unangenehme Effekte der Therapie. Da ist es sicher wichtig, dass man versucht, gröbere Veränderungen der eigenen Ernährungspraxis und der sonstigen Medikamentationspraxis, die man von anderen Fachrichtungen und betreuenden Ärztinnen und Ärzten verschrieben bekommen hat, direkt anspricht, klärt und erwähnt, welche Medikamente man für die Epilepsie einnimmt und ob es da ein Problem gibt, damit man möglichst verhindern kann, dass solche Effekte auftreten, die dann vielleicht sogar längere Zeit unerkannt bleiben.

Hier geht es zum Video-Interview: „Wechselwirkungen bei Epilepsie”.

Verhütung und Schwangerschaft mit Epilepsie

Was sollten Menschen mit Epilepsie bei der Verhütung bedenken?

Wenn Sie Epilepsie haben und Verhütung jetzt zum Thema wird oder schon länger Thema ist und man versucht hat, ein optimales Verfahren für sich zu finden oder ein sicheres Verfahren, dann sollten Sie bedenken, dass gewisse Verhütungsmethoden nicht so effektiv sind, wenn man Antiepileptika einnimmt. Das trifft jetzt nicht auf alle zu, aber auf fast alle, auf sehr viele. Und das ist natürlich ein Punkt, den man unbedingt beachten muss. Gewisse Verhütungsmethoden, besonders was die Pille anbelangt, können ihre Wirkung verlieren, wenn man Antiepileptika einnimmt. Es kann aber auch so sein, wenn man jetzt eine Verhütungsmethode beginnt, die Hormonpräparate hauptsächlich beinhalten, dass die Wirkung der Antiepileptika sich dadurch verändert und da vielleicht sogar die Spiegel sinken und dann wieder mehr Anfälle auftreten. Also das kann in beide Richtungen gehen. Aber das, was das Hauptthema ist, wenn man sich jetzt Verhütung überlegt, ist: Wie effektiv ist sie, und wie gut wird sie funktionieren? Und da muss man bedenken, dass gewisse Medikamente, die für die Epilepsie verschrieben werden, zu einem Wirkverlust oder einer deutlichen Wirkungsminderung von Verhütungsmethoden führen können und damit natürlich die Effektivität sehr in Frage steht.

Wichtig oder gut ist es, wenn man das mit den Gynäkologinnen und Gynäkologen auch bespricht, damit die Bescheid wissen. Denn das sind ja eigentlich die, die das verschreiben und die, die die besten Auskunftspersonen dafür sind. Wichtig ist, dass man klar kommuniziert, welche Therapie man einnimmt, wenn man darüber diskutiert und spricht, welche Verhütungsmethode in der persönlichen Situation bei Ihnen jetzt empfohlen ist.

Was sollte ich meiner Gynäkologin/meinem Gynäkologen über meine Erkrankung mitteilen?

Ihren Gynäkologinnen und Gynäkologen sollten Sie auf jeden Fall mitteilen, dass Sie Epilepsie haben und dass Sie gewisse Medikamente einnehmen. Und es wäre gut auch zu wissen, welche Medikamente in welcher Dosierung das sind und ob es eine Kombinationstherapie oder nur das eine Medikament alleine ist. Und natürlich ist auch nicht nur wichtig, wenn man jetzt zum Beispiel einen Kinderwunsch hat, dass man das einerseits mit den betreuenden Epileptologinnen und Epileptologen bespricht, aber auch mit den Gynäkologen, damit man schon sehr früh in die richtige Richtung arbeiten und alles optimal vorbereiten kann, damit das dann gut über die Bühne geht.

Welche Informationen sind für meine behandelnden Ärzt:innen wichtig, wenn ich plane, schwanger zu werden oder schwanger bin?

Wenn Sie mit der regelmäßig eingenommenen Epilepsie-Therapie planen, schwanger zu werden oder plötzlich schwanger werden, ist es sicher das Um und Auf, das möglichst schnell auch mit den behandelnden Ärztinnen und Ärzten zu besprechen.

Wenn man jetzt sagt, der eine Punkt ist die geplante Schwangerschaft, oder Kinderwunsch ist da und man will versuchen, schwanger zu werden, dann wäre es gut, das so zu planen,

                  • dass man gewisse Medikamente vielleicht gemeinsam hinterfragen kann,
                  • sich vielleicht die Dosis überlegen kann, ob weniger auch Anfallsfreiheit herbeiführt
                  • oder welches Präparat eigentlich eingenommen wird, damit man gewisse Risikopräparate versucht zu vermeiden.
                  • wenn man jetzt eine neue Therapie beginnt, wenn man eine etablierte Therapie hat, vielleicht noch eine Umstellung versucht, bevor dann wirklich die Schwangerschaft eintritt. Denn Umstellungen in der Schwangerschaft sind absolut nicht leicht zu machen und sollten auch vermieden werden so gut es nur geht, weil da natürlich wenig Spielraum bleibt für Dosisveränderungen, gerade im Rahmen bzw. zur Zeit der Frühschwangerschaft.

Das heißt: Am besten alles, was möglich ist, vorher klären. Das heißt auch, dass man Medikamentenspiegel anfertigt, wenn man jetzt anfallsfrei ist, und schaut, unter welchen Spiegeln hat es gepasst und man war wirklich anhaltend anfallsfrei damit. So kann man, falls sich diese Spiegel in der Schwangerschaft ändern durch hormonelle Veränderungen, Umstellung des Stoffwechsels, immer auch die Dosis der Medikamente anpassen und diesen Spiegel wieder versucht zu erreichen, weil dann die Chance am besten ist, dass die Schwangerschaft gut ohne Anfälle über die Bühne geht.

Und es gibt auch empfohlene Zusatzmaßnahmen wie Folsäure-Einnahme vor der Schwangerschaft oder im Rahmen der Frühschwangerschaft, wo auch immer so ein bisschen die Frage ist, welche Dosis ist gut?

Also das sind Dinge, die man nicht einfach so machen sollte, sondern schon besprechen und planen.

Was soll ich tun, wenn ich während meiner Epilepsie-Therapie ungewollt schwanger geworden bin?

Wenn Sie während der Therapie ungewollt schwanger werden, dann sollten Sie einmal prinzipiell nichts an den Medikamenten ändern, das heißt im Prinzip gar nichts tun, was die Antiepileptika-Therapie anbelangt. Es ist nämlich wichtig, zu verhindern, dass durch plötzliches Absetzen irgendwelche katastrophalen Zunahmen der Anfallsfrequenz auftreten, die dann eine Gefahr für Leib und Leben der werdenden Mutter, also Sie, und auch Ihres Babys mit sich bringen.

Was man aber auch tun sollte: Möglichst früh versuchen, mit den behandelnden Ärztinnen und Ärzten in Kontakt zu kommen, um zu klären, ob irgendwelche akuten Maßnahmen erforderlich sind. Akute Maßnahmen bedeutet jetzt primär eine Blutspiegelbestimmung sehr früh oder, ob vielleicht eine minimale Dosis-Anpassung der Therapie gerechtfertigt ist. Akute Maßnahmen im Sinne eines Beendens einer Schwangerschaft, nur weil man eine Epilepsie-Therapie einnimmt, das ist nicht empfohlen, und da sollte man sich jetzt auch nicht einfach so gleich fürchten, dass das notwendig ist. Also das ist prinzipiell nicht notwendig. Sondern wichtig ist offene und gute Kommunikation und eine gemeinsame Entscheidungsfindung mit den behandelnden Ärzten und Ärztinnen, was die Epileptologie betrifft, aber auch die Gynäkologie, damit man auch früh die Untersuchungen, die heutzutage im Rahmen einer geplanten Schwangerschaft schon vorher erfolgen, halt dann so Stück für Stück während der Schwangerschaft erfolgen. Und damit man dann möglichst schnell in ein Schema kommt, wo man sich wohlfühlt und wo die Struktur da ist, wo man Sicherheit hat.

Hier geht es zum Video-Interview: „Verhütung und Schwangerschaft mit Epilepsie”.

Epilepsiebehandlung bei Kindern: Tipps für Eltern

Wie bekomme ich ein Gefühl dafür, ob mein Kind seine Epilepsiemedikamente regelmäßig einnimmt?

Wenn Sie als Eltern sich schwertun nachzuvollziehen, ob Ihr Kind die Therapie wirklich regelmäßig einnimmt, dann sind Sie natürlich nicht allein. Das ist oft ein Problem. Und das ist natürlich altersabhängig.

Bei ganz kleinen weiß man es meistens. Man kämpft halt auch trotzdem oft, damit man die Therapie dann wirklich auch dazu bringt, dass die da ankommt im Kind, weil sie natürlich, wie Kinder halt sind, sie nicht unbedingt freuen über die Medikation.

Wie man das nachvollziehen kann dann bei älteren Kindern, da wird es schon ein bisschen schwieriger. Das Ziel, der Weg des Erwachsenenwerdens ist ja zunehmende Autonomie. Wenn man Kindern und jungen Erwachsenen das auch zugesteht, besteht natürlich schon ein bisschen die Gefahr, dass man auch den Überblick verliert. Also wäre es vielleicht gut, da zu versuchen, von Anfang an einen Kompromiss zu finden und auch zu schauen: Wie oft muss man die Medikamente holen? Wenn plötzlich kein Bedarf mehr ist an neuen Rezepten, kann das schon sein, dass einfach viele Einnahmen vergessen werden. Oft ist auch gut, jetzt nicht zu fragen, wie oft Ihr Kind die Medikamente nimmt, sondern eher, wie oft es sie vergisst. Einfach weil es Dinge sind, die jedem von uns passieren. Und auch da ist natürlich wichtig, offen zu kommunizieren, um so Scham und Schuldgefühle zu vermeiden und wo dann versteckt wird, wenn es dauernd vergessen wird, und Sie wundern sich, warum immer mehr Anfälle auftreten. Und die behandelnden Ärztinnen und Ärzte wundern sich auch. Und das liegt halt oft an Medikationsfehlern.

Oder: Es gibt ja auch Gründe, warum Kinder die Medikamente nicht wollen. Bei ganz kleinen oder kleineren vielleicht, weil es ihnen gar nicht schmeckt. Und da gibt es manchmal Alternativen, also dass gewisse Säfte, die man einnimmt, ganz furchtbar schmecken für manche, und andere finden sie wieder gut. Und man kann halt schon ein bisschen herumprobieren, auch das Richtige zu finden, was vielleicht sogar gern eingenommen wird.

Und bei älteren Kindern und jungen Erwachsenen ist es immer wichtig, auch darauf zu verweisen, wie wichtig die regelmäßige Therapie ist und auch zu versuchen, ein Verständnis dafür aufzubauen, damit das auch irgendwann im Rahmen des Erwachsenseins eine automatische und normale Tätigkeit wird, diese Medikamente zu nehmen, möglichst ohne Stigma, ohne Schuld und Scham, sondern einfach, weil es Teil des Lebens ist, und vielleicht auch nur für gewisse Zeit. Aber für die Zeit, wo es notwendig ist, dass man versucht, das Verständnis und die Bereitschaft dafür herzustellen durch Aufklärung und möglichst wertfreie Kommunikation diesbezüglich.

Was kann ich tun, wenn ich merke, dass mein Kind die Medikamente nicht richtig einnimmt?

Wenn Sie den Eindruck haben oder es wirklich merken, dass Ihr Kind die Medikamente nicht richtig einnimmt, kann man natürlich versuchen, ein bisschen zu schauen, woran das liegt.

                  • Ist es eine Geschmacksfrage? Dann gibt es vielleicht Alternativen.
                  • Ist es eine Verständnisfrage? Vielleicht braucht es ein bisschen mehr Klärung und ein bisschen mehr Klarheit, warum diese Therapie notwendig ist.
                  • Oder vielleicht fehlt einfach, und das kann man durchaus nachvollziehen, das Bewusstsein, warum man das jetzt eigentlich nehmen soll, also in puncto: Was ist der Benefit? Nicht in jedem Alter kann man einem Kind das gut erklären und verständlich machen. Aber dann kann man vielleicht versuchen, positive Verstärker einzuführen, wie zum Beispiel Belohnungen dafür, dass die Therapie genommen wird. Oder wenn wieder eine Woche vergangen ist, wo das alles gut war, noch größere Belohnungen, so dass dabei auch etwas Positives empfunden wird von den Kindern. Und dass das nicht nur Mühsal und schwierig ist, sondern dass es auch Belohnung dafür gibt, dass man das macht. Also da gibt es Möglichkeiten.

Und natürlich auch so spielerisch, das vielleicht auch in eine Routine einzubauen. Auch da ist es ja so, wie wenn jetzt Erwachsene eine Therapie einnehmen müssten: Es wird einfach oft vergessen, es passt einfach oft nicht, oder der Tag ist anders als der davor. Und so ist wichtig, eine Routine zu haben. Und auch Kinder haben ihre morgendliche und ihre abendliche Routine. Und vielleicht schafft man es, die Therapie so ein bisschen zu integrieren, dass sie Teil der Routine wird und es wird dann leichter, dass diese Therapie auch wirklich kontinuierlich eingenommen wird.

Wie kann ich mein Kind dabei unterstützen, im Alltag selbstbewusster mit der Erkrankung umzugehen?

Ihr Kind dabei zu unterstützen, mit Epilepsie selbstbewusst umzugehen, ist sicher eine ganz, ganz wichtige Aufgabe, und auch eine schwierige Aufgabe für Eltern, die Kinder mit Epilepsie haben und betreuen. Einfach, weil die Epilepsie nach wie vor mit vielen Stereotypen vergesellschaftet ist, das heißt Glaubenshaltungen oder Überzeugungen in der Allgemeinbevölkerung, in der Umgebung, wo das als negativ empfunden wird, oder als etwas, das schambesetzt ist, wofür man sich schämen muss.

Und ich glaube, eines der wichtigsten Dinge ist: Wenn man Kinder hat, die unter einer Epilepsie leiden, dass man sie auch irgendwie davor beschützt, diese Glaubenshaltungen anzunehmen und sich zu schämen und zu verstecken dafür, dass sie eine Erkrankung haben, die eine chronische Erkrankung ist. Sie ist häufig ist und sie sind nicht allein damit. Also das Gemeinsame vielleicht auch herauszustreichen an dem. Dass sie nicht allein sind, die einzigen Kinder mit Epilepsie, sondern dass es viele gibt. Und vielleicht gibt es auch Möglichkeiten in ihrer Umgebung, wo sie vielleicht mit anderen Eltern und Kindern zusammenkommen, die auch unter Epilepsie leiden und die da Erfahrung haben und die Verständnis haben und wo quasi so ein bisschen ein sicherer Rahmen gemeinsam geschaffen werden kann.

Es ist sicher auch wichtig: Jeder von uns hat irgendwas anderes und jedem von uns ist auch irgendwas anderes passiert, wofür man sich irgendwie schämt. Jeder körperliche Makel, jede Form der Erkrankung, unter der wir Menschen leiden, ist Teil des Alltags. Das ist nichts, was man verstecken muss, sondern das ist ein Teil von uns. Und wir tun unser Möglichstes als Ärztinnen und Ärzte, Leiden und Erkrankungen und die Auswirkungen von Erkrankungen zu mildern. Aber trotzdem ist es nichts, wofür man sich schämen muss und wo man sich verstecken muss. Wir alle haben irgendwelche Makel körperlicher Natur, gesundheitlicher Natur. Wir alle sind dazu angehalten, die möglichst gering zu halten und zu verbessern. Und es ist der Job der Mediziner und Medizinerinnen, dabei zu unterstützen. Aber es ist trotzdem Teil des Lebens und nichts, wofür man Defizit hat oder ungenügend ist oder nicht perfekt oder nicht gut genug für die Gesellschaft und das Leben. Und ich glaube, das ist das Wichtigste, dass man diesen Punkt versucht herauszustreichen, schon früh bei Kindern, bei werdenden Erwachsenen und auch bei Erwachsenen. Dass das nichts ist, wofür sie sich schämen und das sie verstecken oder geheim halten müssen.

Hier geht es zum Video-Interview: „Epilepsiebehandlung  bei Kindern: Tipps für Eltern”.

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Geprüft Dr. Florian Mayer: April 2024 | Quellen und Bildnachweis
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