6. Die beste Therapie bei HAE

Wie wird entschieden, welche Therapie die richtige für mich ist?

Die richtige Therapie wird bei einem hereditären Angioödem (HAE) individuell mit Ihnen abgestimmt, um bestmöglich auf Ihre persönlichen Bedürfnisse und Lebensumstände einzugehen. Dabei berücksichtigt Ihre Ärztin oder Ihr Arzt mehrere Faktoren:

  • Häufigkeit und Schwere der Attacken: Gemeinsam mit Ihnen bespricht Ihre Ärztin oder Ihr Arzt wie oft und wie schwer Ihre HAE-Anfälle auftreten. Diese Information hilft, die geeignete Therapieform zu finden, entweder in Form einer Akuttherapie für gelegentliche Attacken oder eine Langzeitprophylaxe bei häufigeren, schwereren Anfällen.
  • Lebensstil und berufliche Anforderungen: Ihr Alltag spielt eine große Rolle bei der Therapieauswahl. Wenn Sie häufig reisen oder Schichtdienste haben, können regelmäßige Injektionen herausfordernd sein. Ihre Therapie wird so angepasst, dass sie möglichst unkompliziert in Ihren Alltag integriert werden kann.
  • Ihre Vorlieben und Bedürfnisse: Sie haben die Möglichkeit, bei der Auswahl der Therapie aktiv mitzuentscheiden. Beispielsweise können Sie angeben, lieber Tabletten einzunehmen als intravenöse Injektionen zu erhalten. Ihre persönlichen Präferenzen fließen direkt in die Therapieentscheidung mit ein.

Ändern sich Ihre Lebensumstände, kann auch die HAE-Therapie angepasst werden

Sollten sich Ihre Lebenssituation ändern oder sollten Sie auf die gewählte Behandlung nicht optimal ansprechen, kann die Therapie jederzeit angepasst oder auf ein anderes Präparat umgestiegen werden. Es ist wichtig, dass Sie die für Sie angenehmste und effektivste Behandlung erhalten – nichts ist in Stein gemeißelt.

Was kann ich als Patient:in bei der Therapiewahl mitentscheiden?

Als Patient:in können Sie bei der HAE-Therapiewahl mitentscheiden, indem Sie:

  • Die Applikationsform auswählen (subkutan, intravenös oder oral ), je nach Vorliebe und Alltag
  • Das Anwendungsintervall bestimmen, falls subkutan verabreicht (alle zwei Wochen, monatlich usw.)
  • Die Lebensgewohnheiten einbringen: Ihr Lebensstil beeinflusst die Wahl des Medikaments. Ihre Präferenzen sind wichtig, um sicherzustellen, dass die Therapie gut in Ihren Alltag passt und Sie diese zuverlässig einhalten können.

Welche Fragen sollte ich vor Beginn der Behandlung mit meiner Ärztin/meinem Arzt klären?

Vor Beginn einer HAE-Behandlung gibt es wichtige Fragen, die Sie mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt besprechen sollten, um sicherzustellen, dass die Therapie Ihren persönlichen Bedürfnissen und Lebensumständen entspricht. Einige der folgenden Fragen könnten für Sie relevant sein:

  • Welche Therapieoptionen gibt es und welche passt zu meinen Bedürfnissen?
    Besprechen Sie die verschiedenen Therapieformen – Akuttherapie, Kurzzeitprophylaxe und Langzeitprophylaxe – und wie diese zu Ihrer Situation passen.
  • Welche Nebenwirkungen können auftreten und wie gehe ich damit um?
    Fragen Sie, welche Nebenwirkungen möglich sind, was Sie im Fall von Nebenwirkungen tun können und ob es Maßnahmen zur Linderung gibt.
  • Wie lässt sich die Therapie in meinen Alltag integrieren?
    Sportliche Aktivitäten, Reisen, Hobbys und Nachtarbeit können die Wahl der Therapie beeinflussen. Fragen Sie, wie die Behandlung an Ihre individuellen Lebensgewohnheiten angepasst werden kann.
  • Wie sieht die Therapie bei Schwangerschaft oder Kinderwunsch aus?
    Wenn Sie einen Kinderwunsch haben oder bereits schwanger sind, teilen Sie dies unbedingt mit. Bei Frauen ändern sich die Therapieoptionen oft in diesen Fällen, da einige Medikamente für Schwangere ungeeignet sind.
  • Wie kann ich Reisen und andere Lebensumstände mit der Therapie vereinbaren?
    Wenn Sie beruflich oder privat oft unterwegs sind, besprechen Sie, welche Optionen es für eine flexible Behandlung gibt und ob bestimmte Therapien leichter während des Reisens anzuwenden sind.
  • Wie häufig sind Kontrolltermine notwendig?
    Klären Sie, wie oft Nachsorgetermine nötig sind, bei denen der Therapieerfolg bewertet und die Behandlung gegebenenfalls angepasst wird.

Indem Sie diese Fragen klären, stellen Sie sicher, dass die Therapie Ihre Gesundheit unterstützt und zugleich zu Ihrem Lebensstil passt.

Was ist bei der HAE-Therapie bei Kindern zu beachten?

Bei der Auswahl einer Therapie für Kinder mit einem hereditären Angioödem ist die Verträglichkeit des Medikaments besonders wichtig. C1-Esterase-Inhibitoren werden häufig eingesetzt, da diese aus körpereigenen Substanzen bestehen und als gut verträglich gelten. Die Dosierung wird dabei an das Körpergewicht des Kindes angepasst, sodass die Behandlung sicher und effektiv ist. Icatibant und Lanadelumab sind ebenfalls für die Anwendung bei Kindern zugelassen und ab dem zweiten Lebensjahr geeignet.

Da die Anwendung subkutan oder intravenös erfolgen kann, ist es wichtig, Ihr Kind auf die Behandlung entsprechend vorzubereiten. Hierfür können beispielsweise spezielle Lokalanästhesie-Salben etwa 30 bis 40 Minuten vor der Injektion aufgetragen werden, um die Einstichstelle zu betäuben. Der Stich selbst ist dadurch kaum spürbar, jedoch kann die Verabreichung zu einem leichten Brennen führen.

Zusätzlich spielen Sie als Eltern eine entscheidende Rolle. Da Sie die Therapie bei Ihrem Kind anwenden müssen, sollten Sie auch in die Wahl der Applikationsform und der Therapie eingebunden werden, sodass die Behandlung für alle Beteiligten möglichst reibungslos und stressfrei abläuft.

HAE-Therapie bei Kindern

  • Bereiten Sie Kinder spielerisch auf die Behandlung vor (z. B. mit Fantasiegeschichten)
  • Einigen Kindern hilft eine genaue Erklärung. Geben Sie Ihnen die Möglichkeit alle Fragen zu stellen und beantworten Sie sie möglichst kindgerecht.
  • Schmerzreduktion: Verwenden Sie „Zaubersalbe“ (Betäubungssalben) vor der Injektion.
  • Selbständigkeit fördern: Lassen Sie Ihr Kind früh mitentscheiden, z.B. bei der Wahl des Pflasters.
  • Vorbild sein: Versuchen Sie selbst Ruhe auszustrahlen und nutzen Sie erkrankte Familienmitglieder als Positivbeispiel.

Muss die Therapie bei Schwangerschaft angepasst werden?

Es kann dazu kommen, dass bei einer Schwangerschaft Ihre HAE-Therapie angepasst werden muss.  Aufgrund fehlender Studien kann bei neueren HAE-Medikamenten wie Icatibant oder Lanadelumab nicht garantiert werden, dass diese Therapien für Ihr ungeborenes Kind unbedenklich sind. Die aktuellen medizinischen Richtlinien empfehlen daher, Schwangere und Stillende ausschließlich mit C1-Esterase-Inhibitoren zu behandeln, da diese als körpereigene Substanz sicherer und besser erforscht sind. Auch wenn sich diese Empfehlungen mit der Zeit und zunehmenden Erfahrungen ändern könnten, ist dies derzeit das Mittel der Wahl. Teilen Sie Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt frühzeitig mit, wenn Sie schwanger sind oder einen Kinderwunsch haben, damit die Therapie entsprechend geplant oder angepasst werden kann.

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Geprüft Ao. Univ.-Prof.in Dr.in Tamar Kinaciyan Stand: März 2025 | Quellen und Bildnachweis
Die Kurse sind kein Ersatz für das persönliche Gespräch mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt, sondern ein Beitrag dazu, PatientInnen und Angehörige zu stärken und die Arzt-Patienten-Kommunikation zu erleichtern.
Angioödem
Schwellung der tieferen Hautschichten, oft verursacht durch Flüssigkeitsaustritt aus Blutgefäßen.
Hereditär
(Vererbt)
beschreibt Krankheiten oder Eigenschaften, die genetisch weitergegeben werden
Injektionen
Verabreichung einer Flüssigkeit, meist eines Medikaments, in den Körper mithilfe einer Spritze und einer Hohlnadel. Dabei wird die Substanz direkt in das Gewebe oder die Blutbahn eingebracht, um eine schnelle oder gezielte Wirkung zu erzielen.  
intravenös
(Abkürzung: IV)
Flüssigkeiten, Medikamente oder Nährstoffe werden direkt in die Vene durch eine Nadel oder einen Katheter gegeben.
oral
Flüssigkeiten, Medikamente oder Nährstoffe werden über den Mund, normalerweise in Form von Tabletten, Kapseln, Sirup oder flüssigen Lösungen aufgenommen.
subkutan
Verabreichung von einer Injektion unter die Haut, also ins Unterhautfettgewebe.