4. Kurzzeitprophylaxe bei HAE

Was ist eine Kurzzeitprophylaxe und wann wird sie bei HAE eingesetzt?

Die Kurzzeitprophylaxe bei einem hereditären Angioödem (HAE) ist eine vorbeugende Behandlung, die für einen begrenzten Zeitraum eingesetzt wird, um Anfälle zu verhindern. Diese Maßnahme wird oft dann angewendet, wenn über eine bestimmte Zeit ein erhöhtes Risiko für HAE-Attacken besteht. Bei der Kurzzeitprophylaxe gibt es zwei Ansätze, die je nach Situation angewendet werden:

Einmalige Kurzzeitprophylaxe vor medizinischen Eingriffen

Diese Art der Prophylaxe wird bei einem hereditären Angioödem (HAE) vor geplanten medizinischen Eingriffen wie Operationen, Gastroskopien oder Zahnarztbesuchen eingesetzt. Das Ziel ist, Schwellungen zu verhindern, die durch das Trauma eines Eingriffs entstehen könnten. Dazu wird der C1-Esterase-Inhibitor etwa 30 bis 60 Minuten vor dem Eingriff intravenös verabreicht. Das Medikament wirkt dann während und nach dem Eingriff, um sicherzustellen, dass keine Schwellung auftritt. Mehr über die Wirkungsweise von C1-Esterase-Inhibitor erfahren Sie in der Lektion „Akute Attackentherapie bei HAE“.

Kurzzeitprophylaxe für stressige Lebensphasen

Diese Art der Prophylaxe wird über einige Monate angewendet, um Patient:innen in besonders stressigen Phasen zu unterstützen. Diese Patient:innen haben normalerweise milde Attacken und verwenden sonst nur Akuttherapien, aber besondere Lebensumstände – wie das Lernen für wichtige Prüfungen oder Belastungen durch Jobverlust oder Trauerfälle – können das Risiko für häufigere und stärkere Attacken erhöhen. In diesen Fällen kann eine längerfristige Kurzzeitprophylaxe mit denselben Medikamenten wie bei der Langzeitprophylaxe über drei bis sechs Monate sinnvoll sein. Je nachdem, wie lange die Stressphase anhält, kann diese Form der Prophylaxe auch in eine dauerhafte Langzeittherapie übergehen. Nähere Informationen dazu erhalten Sie in der Lektion „Langzeitprophylaxe bei HAE“.

Wie läuft eine Kurzzeitprophylaxe bei HAE ab?

Wenn Sie zur Kontrolle zu Ihrer Hausärztin oder Ihrem Hausarzt oder HAE-Spezialist:innen gehen, wird üblicherweise nach Ihrem Wohlbefinden gefragt und wie viele HAE-Attacken Sie in letzter Zeit hatten. Der Arzt oder die Ärztin erkundigt sich nach möglichen Auslösern, wie beruflichem Stress oder familiären Belastungen. Diese Gespräche bieten eine gute Gelegenheit, um Ihre Lebensumstände zu besprechen und festzustellen, ob die Häufigkeit der Attacken zugenommen hat.

Bevorstehende herausfordernde Phasen mit dem Behandlungsteam besprechen

Falls Sie das Gefühl haben, dass bestimmte Stressphasen Ihre HAE-Attacken beeinflussen, können Sie auch selbst das Thema ansprechen. So kann Ihre Ärztin oder Ihr Arzt besser einschätzen, ob eine Kurzzeitprophylaxe notwendig ist, um Sie in dieser Phase zu unterstützen, oder ob andere Maßnahmen sinnvoll sind.

Welche Nebenwirkungen können auftreten und was kann man dagegen tun?

Die Nebenwirkungen bei der HAE-Therapie hängen stark vom eingesetzten Medikament ab. Bei der Kurzzeitprophylaxe werden meist dieselben Präparate wie in der Akuttherapie oder Langzeitprophylaxe verwendet. Daher sind die Nebenwirkungen oft ähnlich.

Sowohl bei der intravenösen Verabreichung von C1-Esterase-Inhibitor (C1-INH), als auch bei der subkutanen Verabreichung von Icatibant, kann es beispielsweise zu Schmerzen an der Einstichstelle und manchmal auch zu Blutergüssen kommen. Die Kühlung der Einstichstelle kann Schmerzen lindern, und Heparin- oder Diclofenac-Salben helfen, blaue Flecken schneller abklingen zu lassen.

Die Auswahl und Dauer der Therapie sind individuell und hängen von Ihren spezifischen Beschwerden ab. Ihre Ärztin oder Ihr Arzt wird gemeinsam mit Ihnen das Präparat auswählen, das am besten zu Ihrer Situation passt und Ihnen die beste Balance zwischen Wirkung und minimalen Nebenwirkungen bietet.

Wenn Sie Fragen oder Beschwerden zu den Nebenwirkungen haben, sprechen Sie Ihre Ärztin oder Ihren Arzt direkt darauf an. So kann die Therapie bei Bedarf angepasst werden.

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Geprüft Ao. Univ.-Prof.in Dr.in Tamar Kinaciyan Stand: März 2025 | Quellen und Bildnachweis
Die Kurse sind kein Ersatz für das persönliche Gespräch mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt, sondern ein Beitrag dazu, PatientInnen und Angehörige zu stärken und die Arzt-Patienten-Kommunikation zu erleichtern.
Angioödem
Schwellung der tieferen Hautschichten, oft verursacht durch Flüssigkeitsaustritt aus Blutgefäßen.
C1-Esterase-Inhibitor
(C1-Inhibitor oder C1-Esterasehemmer)
Wichtiges Protein im menschlichen Körper, das eine besondere Rolle im Immunsystem und bei der Regulierung von Entzündungsprozessen spielt. Lässt sich im Blut messen.  
Hereditär
(Vererbt)
beschreibt Krankheiten oder Eigenschaften, die genetisch weitergegeben werden
intravenös
(Abkürzung: IV)
Flüssigkeiten, Medikamente oder Nährstoffe werden direkt in die Vene durch eine Nadel oder einen Katheter gegeben.
Prophylaxe
(Vorbeugung)
Maßnahmen, die der Verhütung sowie Vorbeugung von Krankheiten beziehungsweise deren Folgen dienen. Anders als eine Bedarfstherapie wird eine Therapie zur Prophylaxe zur Vorbeugung einer Erkrankung oder deren Folgen durchgeführt und nicht nur bei Symptomen.
subkutan
Verabreichung von einer Injektion unter die Haut, also ins Unterhautfettgewebe.