In dieser Lektion erfahren Sie, worauf Sie bei sportlicher Aktivität bei koronarer Herzerkrankung achten sollten. Was dürfen Sie als PatientIn machen? Was ist empfehlenswert? Und was sollten Sie eher nicht tun? Außerdem lernen Sie, bei welchen Warnsymptomen Sie das Training beenden sollten und wie Sie in Notfällen wie einem andauernden Angina pectoris-Anfall richtig reagieren.
Priv.-Doz. Dr. med. Christoph Johannes Brenner, Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie, beantwortet im Video "Zu beachten bei Angina pectoris" folgende Fragen:
Klicken Sie auf eine Frage, um direkt zum entsprechenden Videoabschnitt zu springen!- Darf ich als PatientIn mit Angina pectoris uneingeschränkt Sport treiben?
- Welche Herzfrequenz sollte ich beim Training haben?
- Woran kann man die Belastung außer der Herzfrequenz noch erkennen?
- Warum sind Pausen wichtig und wie erkenne ich rechtzeitig, dass ich eine einlegen sollte?
- Bei welchen Symptomen sollte ich das Training sofort beenden?
- Wodurch kann es bei Bewegung mit Angina pectoris zu Notfällen kommen?
- Wie verhalte ich mich im Notfall am besten?
- Wann würden Sie mir als PatientIn von Sport abraten?
- Welche allgemeinen Tipps würden Sie mir als PatientIn bezüglich Bewegung und Sport geben?
- Auf den Punkt gebracht
Video Transkript
Darf ich als PatientIn mit Angina pectoris uneingeschränkt Sport treiben?
Grundsätzlich dürfen Sie natürlich als Patient mit einer koronaren Herzerkrankung Sport treiben. Das Auftreten von Angina pectoris, also der Brustenge unter Belastung, ist ein Alarmsignal. Wenn Sie also merken, dass Sie unter sportlicher Betätigung dieses Gefühl entwickeln, diesen Schmerz, diesen Druckschmerz in der Brust, sollten Sie umgehend einen Arzt aufsuchen. Durch medikamentöse Therapie oder durch sogenannte interventionelle oder operative Eingriffe kann die Angina pectoris im Regelfall sehr gut behandelt werden, sodass Sie im Anschluss daran auch problemlos und beschwerdefrei und vor allem sicher trainieren können.
Welche Herzfrequenz sollte ich beim Training haben?
Sie kennen vielleicht die Faustregel: Herzfrequenz im Training sollte sein 200 minus Lebensalter. Diese verkürzte Formel ist aber eigentlich zu trivial. Die Trainings-Herzfrequenz, die Sie einhalten sollten, ist von vielen Faktoren abhängig: vom Alter, vom Geschlecht, vom Trainingszustand, von den Vorerkrankungen, von der Ausprägung der koronaren Herzerkrankung und auch von der Medikamenteneinnahme. Betablocker zum Beispiel, die Sie vielleicht einnehmen, können in der Tat die Herzfrequenz ganz relevant in Ruhe als auch unter Belastung verändern oder reduzieren, sodass man hier keine pauschale Aussage treffen kann.
Wenn Sie ein puls- beziehungsweise herzfrequenzgesteuertes Training durchführen wollen, sollten Sie die Trainings-Herzfrequenz zuerst bei einem Sportmediziner oder bei einem Kardiologen z.B. auf dem Fahrrad-Ergometer ermitteln lassen.
Woran kann man die Belastung außer der Herzfrequenz noch erkennen?
Der Körper hat extrem feine Messsensoren, mit denen er eine Belastung des Herz-Kreislauf-Systems sehr gut einschätzen kann. Wir empfehlen immer ein Training in einem Bereich, das Sie selbst als anstrengend empfinden, nicht zu anstrengend, aber durchaus als anstrengend.
Das heißt:
- Puls steigt an,
- ich muss verstärkt schnaufen,
- und ich schwitze.
Wenn ich jetzt diese subjektiv als anstrengend wahrgenommene Form der Belastung mit einem objektiven Messverfahren korreliere, das heißt zum Beispiel die Trainingsherzfrequenz, die ich auf dem Ergometer ermittele, dann entspricht diese technisch ermittelte Herzfrequenz im Regelfall sehr gut der als persönlich als anstrengend wahrgenommenen sportlichen Belastung.
Dies zeigt, dass Sie die persönliche Trainingsintensität sehr gut einschätzen können, wenn Sie einfach in Ihren Körper hineinhören.
Warum sind Pausen wichtig und wie erkenne ich rechtzeitig, dass ich eine einlegen sollte?
Ein regelmäßiges oder intensives körperliches Training ist gut. Was Sie allerdings vermeiden sollten, sind starke Erschöpfungszustände. Hören Sie deshalb während der sportlichen Betätigung immer in sich hinein. Und wenn Sie merken, dass die Leistung nachlässt oder Sie stark außer Atem geraten, ist der richtige Zeitpunkt für eine Pause sicherlich gekommen.
Bei welchen Symptomen sollte ich das Training sofort beenden?
Klassische Warnsymptome bei Patienten mit koronarer Herzerkrankung bzw. Angina pectoris sind Schwindel, zunehmende Luftnot oder eben das klassische Druckgefühl am Herzen. All diese Symptome sind Ausdruck einer Überlastung des Herzens bzw. des Herz-Kreislauf-Systems und sollten mich dazu veranlassen, das Training zu beenden.
Wodurch kann es bei Bewegung mit Angina pectoris zu Notfällen kommen?
Angina pectoris ist Ausdruck einer Minderdurchblutung des Herzmuskels. Eine Minderdurchblutung des Herzmuskels kann zu einer Einschränkung der Herzleistung führen, kann aber auch schwere Herzrhythmusstörungen auslösen. Deswegen ist es sehr wichtig, dass Sie Angina pectoris, die unter Belastung auftritt, sehr ernst nehmen und umgehend auch Ihren Arzt aufsuchen.
Wie verhalte ich mich im Notfall am besten?
Angina pectoris, Schwindel oder Luftnot sind klassische Warnsymptome bei Patienten mit einer Herzerkrankung.
- Wenn Angina pectoris, also die klassische Brustenge unter Belastung auftritt, sollte ich das Training sofort beenden. Normalerweise gehen diese Beschwerden dann innerhalb von wenigen Minuten wieder weg. Sollte es aber bei Ihnen dazu kommen, dass diese neu aufgetretenen Angina-pectoris-Beschwerden nicht von selbst wieder verschwinden, sollten Sie umgehend den Notarzt rufen.
- Kommt es dagegen zu Schwindel, was Ausdruck einer Herzpumpschwäche sein kann, sollte ich auch das Training beenden, natürlich, ich sollte mich hinsetzen oder vielleicht sogar hinlegen, um dem Körper die Durchblutung zu erleichtern.
- Dagegen bei Auftreten von Luftnot kann die Ursache darin liegen, dass sich das Blut im Herzen staut, weil das Herz nicht in der Lage ist, das Blut vorwärts zu pumpen. In diesem Fall macht eine sitzende Lagerung mehr Sinn.
Das klingt jetzt alles etwas kompliziert. Wenn Sie allerdings in sich reinhören, wird der Körper Ihnen sagen, wie Sie sich verhalten sollen.
Wann würden Sie mir als PatientIn von Sport abraten?
Grundsätzlich soll und darf sich jeder Patient und jede Patientin innerhalb seiner Leistungsgrenzen sportlich betätigen.
Sollten Sie allerdings feststellen, dass unter sportlicher Anstrengung Angina-pectoris-Beschwerden, also die klassische Brustenge auftritt, sollten Sie vor einer Fortführung des Trainings unbedingt Ihren Arzt aufsuchen.
Das Gleiche gilt, wenn Sie einem plötzlichen Leistungsknick verspüren, also merken, dass die Leistung heute deutlich hinter der zum Beispiel vor zwei Wochen zurück hängt.
Auch sollten Sie im Rahmen von akuten Erkrankungen wie z.B. einer Grippe bis zur Ausheilung auf sportliche Betätigung verzichten.
Welche allgemeinen Tipps würden Sie mir als PatientIn bezüglich Bewegung und Sport geben?
Regelmäßiger Sport schützt die Gefäße, insbesondere bei vorerkrankten Patienten.
- Suchen Sie sich eine Sportart, die Spaß macht.
- Machen Sie Sport zusammen mit anderen
- und versuchen Sie auch im Alltag beweglich und aktiv zu bleiben. Das heißt: Nehmen Sie die Treppe statt den Aufzug oder das Fahrrad statt das Auto.
Auf den Punkt gebracht
Zu beachten bei Angina pectoris
PatientInnen mit Angina pectoris sollten sich vor Trainingsbeginn mit einer/einem Ärztin/Arzt abstimmen. So kann die Sicherheit des Trainings gewährleistet werden.
DOs und DON’Ts
Pausen nicht vergessen!
Für PatientInnen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind Pausen während und nach dem Training besonders wichtig. Es kommt auf die Balance an: Weder totale Schonung noch exzessives Training werden langfristig eine Besserung herbeiführen. Täglich 20 bis 30 Minuten sportliche Bewegung gepaart mit genügend Erholung und Pausen zwischen den Übungseinheiten sind für die Gesundheit förderlich.
Genauere Informationen zur Häufigkeit, Dauer und Intensität der Bewegung finden Sie in Lektion 2 „Gesunder Herzsport“.
Was tun bei Notfällen und Anfällen?
Auch wenn Ihnen Ihr Behandlungsteam grünes Licht für körperliches Training gegeben hat, lässt sich nie ganz ausschließen, dass ein Anfall auftritt. Dann gilt es, richtig zu reagieren und sich anschließend mit Ihrem Behandlungsteam abzusprechen, bevor Sie das Training wieder aufnehmen.
Bei welchen Warnsymptomen sollte ich das Training sofort beenden?
- Bei Schwindel sollten Sie das Training beenden und sich hinsetzen oder hinlegen.
- Bei Luftnot sollten Sie das Training beenden und sich hinsetzen.
- Bei Brustenge sollten Sie das Training ebenfalls beenden und ruhen.
Tipp: Hören Sie auf Ihren Körper, meist wird Ihnen dieser sagen, wie Sie sich verhalten sollen.
Wann sollte eine Notärztin/ein Notarzt verständigt werden?
Eine Notärztin/ein Notarzt sollte verständigt werden, wenn
- Schwindel, Luftnot oder Angina pectoris in Ruhe nicht verschwinden
- verordnete Nitro-Präparate innerhalb von wenigen Minuten keine Besserung der Angina pectoris bewirken
Über die europäische Notrufnummer 112 werden Sie in ganz Europa kostenlos an die richtigen Ansprechpartner weitergeleitet.
Genauere Informationen zum richtigen Verhalten bei einem Angina-pectoris-Anfall erhalten Sie im Kurs zur Behandlung der Angina pectoris in der Lektion „Verhalten bei einem akuten Anfall„ oder im Angehörigenkurs in der Lektion „Hilfe bei einem Angina pectoris Anfall“.
Geprüft Priv.-Doz. Dr. med. Christoph Johannes Brenner: aktualisiert März 2022 | AT-RAN-15-03-2020