Veränderungen in den Genen BRCA1 und BRCA2 können durch Gentests festgestellt werden. Assoc. Prof. Priv.-Doz. Dr. Stephan Polterauer erklärt, welche Auswirkungen ein positives, negatives oder unklares Testergebnis auf Betroffene und ihre Familie haben kann und welche Möglichkeiten zum Umgang mit dem BRCA-Testergebnis zur Verfügung stehen.
Mögliche Testergebnisse und was sie bedeuten
Was bedeutet ein positives Testergebnis?
Ein positives Testergebnis bedeutet, dass im Rahmen der Blutuntersuchung eine Mutation, eine Genveränderung in einem der beiden BRCA-Gene gefunden wurde. Das heißt, dass sich dadurch eine Störung in der Reparatur von Genmutationen ergibt, und dadurch kommt es zu einem erhöhten Krebsrisiko bei der betroffenen Person.
Es ergibt sich aber auch potenziell eine Konsequenz für Familienangehörige, da solche Genveränderungen auch vererbt werden können.
Was bedeutet ein negatives Testergebnis?
- Ein negatives Ergebnis bedeutet, dass man keine krankheitsrelevanten BRCA-1- und -2-Mutationen nachweisen konnte.
- Das bedeutet auch, dass man diese Mutationen nicht an die nächste Generation weitergeben kann.
- Es ergibt sich für die getestete Person daraus auch kein erhöhtes Krebsrisiko.
Was bedeutet ein nicht-eindeutiges Testergebnis?
Ein nicht eindeutiges Ergebnis liegt vor, wenn man eine genetische Veränderung findet, deren Bedeutung, deren Relevanz man jedoch nicht eindeutig beurteilen kann. Es handelt sich hierbei um sogenannte Varianten unklarer Signifikanz.
Wir haben hier keinen eindeutigen Hinweis, dass das Krebsrisiko in dieser Situation erhöht ist.
Wie wahrscheinlich ist ein positives Testergebnis?
Die Wahrscheinlichkeit für eine BRCA1- oder BRCA2-Mutationen in der Gesamtbevölkerung beträgt 1:500 beziehungsweise 1:700, also BRCA-Mutationen sind prinzipiell selten.
Bei Ratsuchenden, die zu einer genetischen Beratung kommen, ist dieses Risiko aber wesentlich höher. Die Wahrscheinlichkeit eines positiven Ergebnisses hängt davon ab, warum eine genetische Beratung durchgeführt wurde und warum der Test gemacht wurde.
- Wenn zum Beispiel der Test durchgeführt wurde, weil ein Verwandter, ein Familienangehöriger eine nachgewiesene Mutation hat, zum Beispiel die Eltern, dann liegt die Wahrscheinlichkeit für ein positives Ergebnis bei etwa 50 Prozent.
- Wird jedoch eine genetische Beratung durchgeführt, weil eine erhöhte Ansammlung von Krebserkrankungen der Familie bekannt ist oder weil die Person selbst erkrankt ist und man weiß, man hat in der Familie bisher keine Mutation in BRCA gefunden, dann ist die Wahrscheinlichkeit für ein positives Ergebnis niedriger.
In unserem Kollektiv, wo wir Testungen durchführen, findet man bei etwa einem Drittel aller Frauen ein positives Testergebnis.
Wie wahrscheinlich ist ein negatives Testergebnis?
Die Wahrscheinlichkeit eines negativen Ergebnisses hängt davon ab, warum die Testung durchgeführt wurde.
Insgesamt finden wir bei den Tests, die wir durchführen, bei etwa jeder dritten Frau ein negatives Ergebnis.
Es ist jedoch eben wahrscheinlicher, ein negatives Ergebnis zu finden, wenn in der Familie keine BRCA-Mutation bisher bekannt ist.
Wie wahrscheinlich ist ein nicht-eindeutiges Testergebnis?
Insgesamt finden wir ein solches unklares Ergebnis etwa bei einem Drittel aller durchgeführten Tests.
Wie hoch ist bei einer BRCA1- bzw. BRCA2-Mutation mein Krebsrisiko?
Wenn eine BRCA-Mutation nachgewiesen wird, dann erhöht sich das Krebsrisiko für Brust- und Eierstockkrebs deutlich.
- In Bezug auf Brustkrebs liegt das Risiko in der Gesamtbevölkerung bei Frauen, ist das Lebenszeitrisiko etwa 12 Prozent. Das heißt: Eine von acht Frauen hat das Risiko, im Laufe ihres Lebens an Brustkrebs zu erkranken. Wird eine BRCA-Mutation nachgewiesen, dann steigt dieses Risiko auf etwa 85 Prozent Lebenszeitrisiko an.
- Das Ovarialkarzinom ist eine sehr seltene Erkrankung. Hier liegt die Lebenszeitrisiko bei Frauen in der Bevölkerung zwischen ein und zwei Prozent. Wenn man eine BRCA-Mutation nachweist, dann steigt das Risiko an und liegt zwischen 20 und 50 Prozent, je nachdem, was für eine Veränderung nachgewiesen wird.
Wie kommt es zu einem nicht-eindeutigen Ergebnis?
Ein nicht eindeutiges Ergebnis ergibt sich daraus, dass wir im Rahmen der genetischen Untersuchung die BRCA-Gene sehr genau untersuchen. Dadurch bekommt man viele Informationen und weiß aber nicht von allen Veränderungen über ihre Signifikanz, über ihre Bedeutung auf den klinischen Zusammenhang Bescheid. Und wir lernen hier immer dazu. Es ergeben sich immer neue Informationen.
Und bei der so genannten Varianten unklarer Signifikanz ist es so, dass wir zum Zeitpunkt des Ergebnis keinen starken Hinweis darauf haben, dass es sich hier um eine krankheitsrelevante Veränderung handelt und dass auch das Krebsrisiko hier nicht eindeutig erhöht ist.
Wie kommt es zu falschen Ergebnissen?
Prinzipiell sind falsche Ergebnisse sehr selten. Das liegt daran, dass mit den Proben sehr sorgfältig umgegangen wird. Außerdem werden die Testergebnisse bei jeder Testung validiert, also ein zweites Mal getestet und durchgeführt.
Hier geht es zum Video-Interview: „Mögliche Testergebnisse und was sie bedeuten“
Maßnahmen bei positivem Testergebnis
Was versteht man unter primärer und sekundärer Prävention?
- Unter primärer Prävention versteht man Maßnahmen, die die Entstehung von Krebserkrankungen verhindern sollen.
- Sekundäre Prävention spricht man von Früherkennung, also Screening Untersuchungen. Hier ist das Ziel, dass man Krebserkrankungen und im besten Fall schon deren Vorläufer erkennt, bevor sie symptomatisch werden, und durch die frühe Diagnose eine rechtzeitige Behandlung durchzuführen, die dann eben auch besonders effektiv sein kann, und letztendlich das Überleben und die Prognose zu verbessern.
In Bezug auf Ovarialkarzinom- und Brustkrebs-Prävention kann man prinzipiell
- zur primären Prävention
- die Chemo-Prävention zählen und
- die risikoreduzierenden Operationen
- und gewisse Lifestyle-Modifikationen
- und für die sekundäre Prävention, da fallen
- die Früherkennungsuntersuchungen,
- Ultraschall,
- Tumormarker,
- Magnetresonanz-Mammographie,
- Mamma-Ultraschall
- ins Gewicht.
Was bedeutet ein positives Ergebnis für meine Verwandten?
Wenn bei Ihnen ein positives Ergebnis bei der BRCA-Testung gefunden wurde, hat das nicht nur für Sie selbst Konsequenzen, sondern auch für Ihre Verwandten.
- Wenn man eine Genveränderung, eine Mutation in einem der BRCA-Gene im Blut nachweist, dann bedeutet das, dass diese Mutation in allen Zellen des Körpers vorhanden ist. Deshalb kann so eine Mutation auch vererbt weitergegeben werden. Die Vererbung erfolgt hier in dem sogenannten autosomal dominanten Erbgang. Das bedeutet, dass eine Mutation an die nächste Generation geschlechtsunabhängig weitergegeben werden kann. Das heißt: Die Mutation kann sowohl an Söhne wie auch an Töchter weitergegeben werden. Die Wahrscheinlichkeit hierfür liegt bei 50 Prozent.
- Wenn die Mutation nicht an die nächste Generation weitergegeben werden kann, dann kann die darauffolgende Generation keine Mutation vererbt bekommen.
Das heißt, die Mutation kann keine Generation überspringen.
Es kann jedoch sein, dass die Erkrankung, dass eine Krebserkrankung eine Generation sozusagen überspringt. Das Beispiel wäre, dass die Großmutter eine Mutation in sich trägt, an Brustkrebs erkrankt, dass sie diese Mutation an ihren Sohn weitergibt und dass der Sohn nicht erkrankt, weil es erkranken ja nicht alle Menschen mit so einer Mutation. Und dass der Sohn dann beispielsweise an seine Tochter, also an die Enkeltochter diese Mutation wieder weitergibt. Dann kann es sein, dass eben die Tochter wieder erkrankt. Somit hätte die Genveränderung jetzt keine Generation übersprungen, aber die Erkrankung sozusagen das übersprungen.
Welche Faktoren sind für die Wahl der Vorgangsweise entscheidend?
Unterschiedliche Faktoren spielen mit bei der Entscheidung, ob man sich für eine risikoreduzierende Operation entscheidet oder für die Durchführung der Screening-Untersuchungen und der Teilnahme am Früherkennungsprogramm.
Prinzipiell kann man sagen, dass die effizienteste Art der Vorsorge die risikoreduzierenden Operationen sind. Das heißt: In Bezug auf das Ovarialkarzinomrisiko sehen wir durch die Entfernung von Eierstöcken und Eileitern einerseits eine drastische Reduktion des Ovarialkarzinomrisikos und zusätzlich auch noch eine Verlängerung des Überlebens.
Es ist aber entscheidend, wie alt die Patientin ist, ob ein Kinderwunsch besteht, und es muss bedacht werden, dass durch die Entfernung von Eierstöcken und Eileitern man eben in den Wechsel kommt. Das heißt: Frauen, die noch nicht im Wechsel sind, kommen durch diese Operation in die Menopause.
Und danach richtet sich sozusagen die Entscheidung, wie vorgegangen wird.
Im Bezug auf das Ovarialkarzinomrisiko muss man auch sagen, dass das Früherkennungsprogramm deutlich unterlegen ist der prophylaktischen Operation.
Beim Mammakarzinom spielen unterschiedliche Faktoren mit, die die Entscheidung risikoreduzierende Operation oder Teilnahme am Früherkennungsprogramm beeinflussen.
Hier spielt häufig eine Rolle, ob die Mutationsträgerin erkrankt ist oder nicht. Es spielt natürlich auch das Alter eine Rolle. Und wir wissen von der risikoreduzierenden Brustoperation, dass sie das Risiko, an einem Mammakarzinom zu erkranken, deutlich reduzieren kann.
Welche Maßnahmen stehen mir als Frau zur Verfügung, um mein Krebsrisiko zu reduzieren?
Es gibt da unterschiedliche Maßnahmen, um das Risiko, an Ovarialkarzinom oder Brustkrebs zu erkranken, zu reduzieren.
- Hier haben wir beim Ovarialkarzinom die Möglichkeit einerseits mit dem oralen Kontrazeptiva, also der Pille, eine Risiko Reduktion zu erreichen.
- Andererseits senken auch Schwangerschaften oder Stillzeiten das Risiko für eine Ovarialkarzinomerkrankung.
- Ein weiterer wichtiger Punkt sind die risikoreduzierenden Operationen bei Frauen aus Hochrisikofamilien, wo eben eine BRCA-Mutation nachgewiesen wurde.
Typischerweise wird nach Abschluss der Familienplanung, wenn kein Kinderwunsch mehr besteht, ab dem 35. Lebensjahr in etwa, eine beidseitige Entfernung von Eierstöcken und Eileitern empfohlen. Es kann in gewissen Fällen auch die Entfernung der Eileiter hilfreich sein unter Belassung der Eierstöcke. Außerdem wird empfohlen, dass man regelmäßige gynäkologische Ultraschalluntersuchungen durchführt.
In Bezug aufs Mammakarzinomrisiko kann man auch Maßnahmen setzen.
- Hier gibt es gewisse Lifestyle-Modifikationen, die das Brustkrebsrisiko senken. Das heißt, die Vermeidung von Übergewicht, Bewegung ist empfohlen, um hier sein Risiko zu reduzieren.
- Die Chemo Prävention, also der Einsatz von Medikamenten, die das Brustkrebsrisiko senken, ist nicht sehr gut erforscht.
- Auch die prophylaktischen Operationen können das Mammakarzinomrisiko deutlich reduzieren.
An welchen Früherkennungsprogrammen kann ich teilnehmen?
Es gibt für Hochrisikopatientinnen ein intensiveres Früherkennungsprogramm.
- Hier wird generell empfohlen, dass eine jährliche gynäkologische Untersuchung durchgeführt wird.
- Es wird ab dem 25. Lebensjahr jährlich eine Brust-Magnetresonanz-Untersuchung empfohlen.
- Ab dem 35. Lebensjahr wird empfohlen, eine jährliche Mammografie durchzuführen und jährliche gynäkologische Untersuchungen, zusammen mit einem transvaginalen Ultraschall und einer Tumormarker-Bestimmung.
Welche Risiken bzw. Nebenwirkungen haben diese Untersuchungen?
Vorsorgeuntersuchungen können einerseits, wie gesagt, dazu dienen, dass man Krebserkrankungen und deren Vorstufen frühzeitig erkennt und dann die Erkrankung möglichst effizient behandeln kann.
Es kann aber auch zu gewissen Risiken kommen. Und da geht es im Prinzip darum, dass ein positives Ergebnis, das heißt, wenn man eine auffällige Vorsorgeuntersuchung hat, typischerweise weiter abgeklärt werden muss. Das heißt: Man bekommt das Ergebnis, dass der Früherkennungstest auffällig war. Das führt typischerweise zu einer Beunruhigung. Und dann ist eine Phase, wo man auf das Ergebnis wartet, für die weitere Abklärung und dann letztendlich auch für das Testergebnis dieser weiteren Abklärung.
Es gibt sogenannte falsch positive Befunde, das heißt, man bekommt einen Früherkennungstest mit auffälligem Ergebnis, und die weitere Abklärung zeigt dann, dass sich hier gar keine relevante Erkrankung oder Veränderung gezeigt hat. Und man kann sagen, dass dann die weitere Abklärung als unnötiger Eingriff im Nachhinein durchgeführt wurde.
Was ist Chemoprävention – und wann macht sie Sinn?
Die Chemoprävention in Bezug auf das Ovarialkarzinom bezieht sich auf die Einnahme von einem oralen Kontrazeptivum, also einer Pille, einem Kombinationspräparat. Und wir wissen mittlerweile, dass eine längerjährige Einnahme von so einer Pille das Ovarialkarzinomrisiko deutlich senken kann, um etwa 50 Prozent.
Standard ist natürlich bei Frauen, die ein Hochrisikofamilie kommen, dass man irgendwann die Eierstöcke und Eileiter entfernt.
Aber zum Beispiel bei Frauen, die jünger sind, und Frauen, die noch Kinderwunsch haben, bietet sich das als Prävention an.
In Bezug auf das Brustkrebsrisiko gibt es Medikamente, die das Brustkrebsrisiko reduzieren können. Diese sind jedoch nicht sehr gut erforscht und sind auch wesentlich weniger effizient als die prophylaktischen Operationen. Deswegen wird das beim Brustkrebs, bei der Brustkrebsvorsorge selten durchgeführt.
Hier geht es zum Video-Interview: „Maßnahmen bei positivem Testergebnis”
Präventive Operation
Was ist vor der Operation zu bedenken?
Vor einer risikoreduzierenden Operation sollten Vor- und Nachteile des Eingriffs natürlich genau besprochen werden. Wir sind hier bei der genetischen Beratung. Es ist unsere Aufgabe, dass wir nicht direktiv beraten. Das heißt, wie sollen die betroffene Frau nicht beeinflussen, in welche Richtung sie sich entscheidet, sondern wir sollen als Ärzte die Daten liefern, damit die Betroffene diese Entscheidung selbst informiert treffen kann.
Die Brustoperation sollte an einem Zentrum durchgeführt werden, das sich mit diesem Eingriff routinemäßig beschäftigt. Einerseits bedarf es einer genauen Operationsplanung, die individuell auf die Patientin abgestimmt sein muss. Außerdem muss die Untersuchung des Gewebes speziell erfolgen.
Für die risikoreduzierende Eierstock- und Eileiterentfernung gilt dem Prinzip, dass dieser Eingriff auch an einem Zentrum durchgeführt werden soll, wo das minimalinvasiv durchgeführt werden kann mit einer sogenannten Schlüsselloch-Operation oder Laparoskopie.
Auch hier ist es wichtig, dass das Gewebe nach Entfernung genau untersucht wird. Vor allem schaut man sich hier die Eileiter sehr genau an, um eben hier auch versteckte Krebserkrankungen oder gegebenenfalls auch Krebsvorstufen schon zu diesem Zeitpunkt zu finden.
Wie unterscheiden sich die unterschiedlichen Operationen?
Bei der risikoreduzierenden beidseitigen Entfernung von Eierstöcken und Eileitern werden üblicherweise über eine Schlüsselloch-Operation die Eierstöcke und Eileiter komplett entfernt. Das ist eine Operation, die in kurzer Vollnarkose durchgeführt wird.
Bei der reinen Eileiterentfernung, die man bei sehr jungen Frauen zwischenzeitlich als Übergangslösung besprechen kann, werden nur die Eileiter entfernt, also nicht die hormonproduzierenden Eierstöcke, und dadurch kommt man nicht in den Wechsel nach der Operation.
Die risikoreduzierende oder auch prophylaktische Mastektomie, die Entfernung von Brustdrüsengewebe, kann auf unterschiedliche Weise durchgeführt werden. Hier gibt es mittlerweile Methoden, wo man hautsparende Verfahren anwendet und auch brustwarzenerhaltende Maßnahmen durchführt.
Es wird der Großteil des Brustdrüsengewebes durch die Operation entfernt. Und da kann es im Rahmen dieser Operation auch gleich ein plastischer Wiederaufbau durchgeführt werden.
Wie stark kann durch eine Operation das Krebsrisiko verringert werden?
Das Risiko, an Ovarialkarzinom zu erkranken, kann bei Frauen mit einer BRCA-Mutation von etwa 25 bis 50 Prozent durch eine prophylaktische Entfernung von Eileitern und Eierstöcken auf unter ein Prozent gesenkt werden.
Durch eine prophylaktische Entfernung des Brustdrüsengewebes, der prophylaktischen Mastektomie, kann das Brustkrebsrisiko, das bei Mutationsträgerinnen bei 85 Prozent liegt, auf unter zehn Prozent gesenkt werden, also unterhalb des Risikos der Gesamtbevölkerung.
Welche Vor- und Nachteile hat die Entfernung der Brustdrüsen?
Die prophylaktische Mastektomie, also die vorsorgende, risikoreduzierende Entfernung von Brustdrüsengewebe, kann das Brustkrebsrisiko, das bei Frauen mit einer BRCA-Mutation bei etwa 85 Prozent Lebenszeitrisiko liegt, auf unter fünf Prozent reduzieren.
Dadurch ist das Risiko, nach so einer Operation für eine Hochrisikopatientin niedriger als in der Gesamtbevölkerung.
Die Operation kann mit unterschiedlichen Techniken durchgeführt werden. In der Regel wird dann nach so einer Operation auch ein Brustwiederaufbau durchgeführt. Daraus können sich mögliche Nachteile ergeben, da man einfach hier gewisse kurzzeitige und auch langfristige Nebenwirkungen wie bei jedem operativen Eingriff haben kann.
Welche Vor- und Nachteile hat die Entfernung der Eierstöcke und Eileiter?
Die Entfernung von Eierstöcken und Eileitern, die sogenannte risikoreduzierende beidseitige Adnexexstirpation, kann das Krebsrisiko, das bei Frauen mit einer BRCA-Mutation für das Ovarialkarzinom bei zwischen 25 und 50 Prozent liegt, auf unter fünf Prozent reduzieren.
Die Operation wird üblicherweise mit einem minimalinvasiven Zugang, also so einer Schlüsselloch-Operation durchgeführt und kann eigentlich sehr komplikationsarm mit einem kurzen stationären Aufenthalt durchgeführt werden.
Bei Frauen, die vor dem Wechsel sind, vor der Menopause sind, ergibt sich durch die Entfernung der Eierstöcke und Eileiter, dass sie dann in den Wechsel kommen, dass sie in die Menopause kommen.
Das sind die möglichen Nachteile. Das heißt, durch den Hormonmangel können auch Beschwerden entstehen, wie zum Beispiel Menopausen-Symptome, Hitzewallungen, Depressionen, Schlafstörungen, aber auch Probleme wie Osteoporose oder auch ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen.
Bei Frauen, die nicht an Brustkrebs erkrankt sind, kann man die Hormone prinzipiell unterstützen. Das heiß, man kann das Östrogen und Progesteron weiter einnehmen und hier diese Symptome beherrschen.
Den Nachteilen steht halt gegenüber die Vermeidung, die deutliche Senkung des Risikos für Ovarialkarzinom und auch eine Verlängerung des Überlebens, weil das Ovarialkarzinom im Gegensatz zum Brustkrebs sehr schlecht früh erkannt werden kann. Die Früherkennungsmöglichkeiten mit dem transvaginalen Ultraschall und der Tumormarker-Bestimmung sind nicht so gut wie beim Mammakarzinom. Das heißt, in den meisten Fällen wird ein Ovarialkarzinom erst in einem fortgeschrittenen Tumorstadium diagnostiziert und bedarf immer dann einer sehr intensiven operativen Behandlung mit Chemotherapie. Und das kann man eben vermeiden, wenn man prophylaktisch diese Operation durchführen lässt.
Was auch empfohlen ist, ist bei jüngeren Frauen zum Beispiel, die auch keinen Kinderwunsch mehr haben, aber diese Eierstockentfernung noch nicht durchführen lassen möchten, dass man die Eileiter entfernt. Wir wissen nämlich mittlerweile, dass ein Großteil der sogenannten Krebserkrankungen in Wirklichkeit vom Eileiter ausgehen.
Welche Langzeitfolgen kann die Operation haben?
Wenn man von den Langzeitfolgen der risikoreduzierenden Operationen spricht, dann ist hier bei der prophylaktischen Eierstock- und Eileiter-Entfernung vor allem darauf hinzuweisen, dass man eben in die Menopause gelangt nach der Operation. Daraus können sich eben die vorher schon genannten Konsequenzen durch den Wegfall der Hormone ergeben.
Bei der prophylaktischen Brustoperation können einerseits kurze, aber auch langfristige Probleme selten auftreten.
- Hier ist die häufigste Komplikation die sogenannte Kapselfibrose. Das heißt, wenn man Implantate zum Wiederaufbau einsetzt, dass diese einwachsen, dass die zu einer Verhärtung der Brust führen und hier gegebenenfalls auch ein zweiter Eingriff durchgeführt werden muss.
- Auch Kapselrupturen sind eine Komplikation.
- Generell ist es so, dass bei Implantaten diese nach einer gewissen Zeit gewechselt werden sollten.
Welche Nachsorge ist erforderlich?
Nach einer präventiven Operation wird dennoch eine Früherkennung empfohlen.
- In Bezug auf das Ovarialkarzinomrisiko werden jährliche gynäkologische Untersuchungen mit einem transvaginalen Ultraschall empfohlen.
- In Bezug auf das Brustkrebsrisiko wird nach einer risikoreduzierenden Operation mit Wiederaufbau eine Brust-MRT empfohlen.
Was ist bei der Planung einer Brustrekonstruktion zu beachten?
Die Brustrekonstruktion kann auf unterschiedliche Art und Weise durchgeführt werden, hier gibt es verschiedene Techniken:
- Einerseits wird sehr häufig der Wiederaufbau mittels Implantaten durchgeführt.
- Es gibt aber auch Möglichkeiten, mit körpereigenem Gewebe den Wiederaufbau durchzuführen.
Hier geht es zum Video-Interview: „Präventive Operation”
Negatives oder unklares Ergebnis
Welche Konsequenzen hat ein negatives Ergebnis?
Ein negatives Ergebnis bedeutet, dass man keine krankheitsrelevante Mutation in BRCA-Genen gefunden hat. Das bedeutet, dass man per se jetzt kein erhöhtes Brust- oder Eierstockkrebsrisiko hat, sondern das gleiche Hintergrundrisiko, wie es in der Gesamtbevölkerung besteht.
Man kann auch keine Mutationen an die nachfolgenden Generationen vererben.
Es ist prinzipiell so, dass bei einem negativen Testergebnis keine prophylaktischen, risikoreduzierenden Operationen empfohlen werden, sondern dass eine Teilnahme an einem Früherkennungsprogramm empfohlen wird.
Was bedeuten „unklare Veränderungen“ und welche Konsequenzen ergeben sich daraus?
Eine unklare Veränderung bedeutet, dass man in den Rahmen dieser sehr genauen Untersuchung der BRCA1- und -2-Gene gewisse Veränderungen findet, die man nicht genau einordnen kann.
Man spricht hier von Varianten unklarer Signifikanz. Das heißt, wir haben keine eindeutigen Hinweise, dass es bei so einer Veränderung zu einem erhöhten Krebsrisiko kommt.
Es ist prinzipiell in dieser Situation dann auch empfohlen, dass man an dem Früherkennungsprogramm teilnimmt. Die prophylaktischen, risikoreduzierenden Operationen werden in dieser Situation üblicherweise nicht empfohlen oder angeboten.
Welche Früherkennungsuntersuchungen sollte ich trotz negativem Ergebnis durchführen lassen?
Das negative Ergebnis hat eine besonders starke Aussagekraft, wenn in der Familie eine Mutation bekannt ist. Das heißt, wenn Sie negativ getestet wurden, dann kann man darauf schließen, dass zwar in der Familie hier eine Mutation vorhanden ist, die das Risiko erhöhen kann, das Krebsrisiko erhöhen kann, dass bei Ihnen aber mit dem negativen Test diese ausgeschlossen werden konnte.
Das heißt, Sie haben hier kein erhöhtes Krebsrisiko, sondern haben das normale Risiko, wie es in der Gesamtbevölkerung vorliegt.
Und es ist empfohlen, dass man hier das normale Früherkennungsprogramm durchführt, das heißt eine jährliche gynäkologische Untersuchung und alle zwei Jahre eine Mammografie.
Wenn in der Familie keine Genmutation bekannt ist und bei Ihnen ein negatives Ergebnis gefunden wurde, dann hängt es ein bisschen davon ab, warum der Test durchgeführt wurde. Wenn man selbst erkrankt ist oder wenn in der Familie hier sehr viele Brust- oder Eierstockkrebserkrankungen vorliegen oder zum Beispiel die Familienangehörigen sehr jung erkrankt sind, dann können wir ja trotz negativem Test nicht hundertprozentig sagen, dass nicht irgendeine andere Art von genetischer Veränderung sich dahinter versteckt.
Und deshalb wird dann hier trotz negativem Ergebnis empfohlen, wenn eben so eine starke familiäre Belastung zum Beispiel vorliegt, dass man hier doch das intensive Früherkennungsprogramm wie vorher beschrieben durchführt und daran teilnimmt.
Welche Früherkennungsuntersuchungen sind bei unklarem Ergebnis sinnvoll?
Wenn bei Ihnen ein unklares Ergebnis gefunden wurde, dann wird empfohlen, dass man an dem intensiven Früherkennungsprogramm teilnimmt, das dem entspricht für Frauen, bei denen eine Mutation nachgewiesen wurde.
Wie sinnvoll ist es, sicherheitshalber einen zweiten Test zu machen?
Prinzipiell besteht die Möglichkeit, dass man das Testergebnis mit einer neuerlichen Blutabnahme bestätigen lässt. Es ist so, dass die Wahrscheinlichkeit für einen falschen Test jedoch sehr negativ ist, weil sehr sorgfältig mit den Probenmaterial umgegangen wird und weil jeder Test, jedes Testergebnis primär schon bestätigt wird mit einem zweiten Testdurchgang.
Wann ist es ratsam, sich nach einigen Jahren erneut testen zu lassen?
Die Testmöglichkeiten entwickeln sich weiter, und es gibt immer wieder Entwicklungen in der Technologie. Das heißt, früher gab es nur BRCA1. Mittlerweile haben wir BRCA1 und 2, und es werden zunehmend auch andere Gene getestet. Das nennt sich Paneltestung, also wo man sich nicht nur auf die beiden BRCA1-und -2-Gene konzentriert, sondern eben auf andere Gene, die nachgewiesener Weise ein erhöhtes Risiko für gewisse Krebserkrankungen mit sich bringen.
Es macht Sinn, dass man, wenn man zum Beispiel eine sehr belastete Familienanamnese hat, also sehr viele ähnliche Krebserkrankungen in der Familie oder auch sehr jung erkrankte Familienangehörige, dass man, wenn der Test negativ war oder wenn es ein unklares Ergebnis gab, dass man dann sich nach einiger Zeit erkundigt, ob es hier Neuigkeiten in Bezug auf den Test gab und nach einer neuerlichen Möglichkeit einer gegebenenfalls noch erweiterten Testung erkundigt.
Was kann ich tun, wenn ich kein positives Ergebnis habe, mir aber dennoch große Sorgen mache?
Wenn bei Ihnen kein positives Ergebnis gefunden wurde, wird empfohlen, dass Sie am Früherkennungsprogramm für Hochrisikopatientinnen teilnehmen.
Durch dieses intensivere Früherkennungsprogramm kann es gelingen, frühzeitig Krebserkrankungen bzw. auch deren Vorstufen zu erkennen.
Hier geht es zum Video-Interview: „Negatives oder unklares Ergebnis”
Mein Umgang mit dem Ergebnis
Welche Konsequenzen kann der Gentest auf mein Leben haben?
Die Konsequenzen hängen natürlich vom Ergebnis des Tests ab.
- Ein negativer Test also, wenn man keine BRCA-Mutationen nachweisen kann, führt zur Beruhigung. Man bekommt die Information, dass man kein erhöhtes Krebsrisiko durch diese Mutation hat. Und man bekommt die Information, dass man eben auch an die Kinder keine Genveränderung weitergeben kann.
- Im Gegensatz dazu führt ein positives Ergebnis, also der Nachweis so einer Mutation, natürlich zu einer Belastung. Initial ist das eine Belastung mit Stress und gewissen Ängsten. Und es ergibt sich dann, dass man gewisse Entscheidungen treffen muss. Man muss sich für eine Art der Prävention entscheiden. Und wir weisen schon im Rahmen der genetischen Beratung, bevor der Bluttest durchgeführt wird, schon auf diese Situation hin. Wir besprechen schon, bevor das durchgeführt wird, gemeinsam mit einer Psychologin, den Umgang, wie man mit so einem Testergebnis umgehen wird.
Es stellt sich natürlich auch die Frage, wem man so einen Befund mitteilt und wie man in Bezug auf die Angehörigen mit so einem Test umgeht.
Was ist bei einem Kinderwunsch zu berücksichtigen?
Wenn Sie Kinderwunsch haben und bei Ihnen eine BRCA-Mutation nachgewiesen wurde, dann wird hierauf natürlich Rücksicht genommen. Es geht insbesondere um die Planung einer risikoreduzierenden Eierstock- und Eileiterentfernung. Hier wird üblicherweise nicht vor dem 35. Lebensjahr dieser Eingriff durchgeführt. Und bei Frauen, die Kinderwunsch haben, wird abgewartet, bis dieser Kinderwunsch abgeschlossen ist und erst dann die Operation durchgeführt.
Kann ich beeinflussen, ob ich die Mutation an meine Kinder weitergebe?
Die BRCA-Mutation wird über einen sogenannten autosomal dominanten Erbgang vererbt. Das heißt, es kann geschlechtsunabhängig an Söhne und Töchter eine Mutation vererbt werden.
Die Wahrscheinlichkeit beträgt für jedes Kind 50 Prozent und ist von Ihnen nicht beeinflussbar.
Mit wem soll ich über das Ergebnis sprechen – und mit wem nicht?
Es ist Ihre Entscheidung, mit wem Sie den genetischen Befund besprechen, mit wem Sie dieses Ergebnis teilen möchten. Prinzipiell sind Sie nicht verpflichtet, mit jemandem darüber zu sprechen. Es hat auch jeder Mensch das Recht über Wissen und Unwissen.
Das heißt, es macht natürlich Sinn, wenn man mit Familienangehörigen über das Ergebnis spricht, weil sich vor allem bei einem positiven Ergebnis hier auch für die Familienangehörigen die Möglichkeit ergibt, sich testen zu lassen.
Man muss aber auch selbst den Familienangehörigen die Option offenlassen, dass sie das Ergebnis von Ihnen nicht wissen, weil für manche ist das Wissen dieser Mutation oft eine Belastung, die sie nicht tragen möchten.
Ein negatives Ergebnis hat naturgemäß eine beruhigende Wirkung für Familienangehörige, vor allem für die Kinder, wenn man hier sagen kann: „Es ist ein negatives Ergebnis da, für euch ergibt sich daraus, dass das nicht an euch weitergegeben werden kann, diese Mutation.“
Wichtig ist, dass das Ergebnis des Gentests nicht in der Krankengeschichte dokumentiert wird. Das ist ein sehr sensitives Ergebnis.
Sie sollten an Unbeteiligte dieses Ergebnis nicht weitergeben. Vor allem nicht an Versicherungen oder öffentliche Institutionen.
Gibt es Genberatungen auch nach dem Testergebnis?
Wenn Sie nach der Mitteilung des Testergebnisses noch Fragen haben, ist es natürlich möglich, in einer der Beratungsstellen nochmals vorstellig zu werden und hier nochmals Informationen einzuholen. Es besteht hier nicht nur die Möglichkeit, mit einem Arzt oder einer Ärztin zu sprechen, sondern es besteht auch die Möglichkeit, dass man weitere Informationen bekommt, Informationsmaterialien, außerdem psychologische Betreuung. Und es gibt auch die Möglichkeit, an Selbsthilfegruppen teilzunehmen.
Inwieweit kann mir psychoonkologische Betreuung beim Umgang mit dem Ergebnis helfen?
Die psychologische Betreuung ist immer Teil des Beratungsgesprächs, einerseits schon bevor das Ergebnis vorliegt, also wenn die genetische Beratung durchgeführt wird, aber auch dann bei der Ergebnismitteilung und wird prinzipiell sehr gut angenommen.
Es ist bei Belastung auch möglich, diese psychologische Beratung auch nach dem Gespräch oder auch im Rahmen von Früherkennung oder den risikoreduzierenden Operationen wahrzunehmen, dass man hier sozusagen von psychologischer Seite durch diese Prozesse, durch diese Entscheidungen und diese lebensverändernden Situationen begleitet wird.
Woran merke ich, dass mich das Ergebnis psychisch belastet?
Wenn Sie das Ergebnis mitgeteilt bekommen und es handelt sich um ein positives Ergebnis, dann ist die erste Reaktion eine Stressreaktion, eine Angstreaktion, und man durchläuft mehrere Phasen, um diese Reaktion zu verarbeiten und damit umzugehen.
Wie kann ich mit meinen Ängsten besser zurechtkommen?
Es gibt für Sie unterschiedliche Möglichkeiten, mit einer Angstsituation umzugehen.
- Einerseits werden die Befunde gemeinsam mit einer Psychologin übermittelt und mitgeteilt, und es besteht hier jederzeit die Möglichkeit, psychologische Hilfe zu beanspruchen. Es wird einem dann auch der Umgang mit unterschiedlichen Coping-Strategien mitgegeben, das heißt, wie man hier den Stress, die Angst bewältigen kann.
- Außerdem werden zusätzliche Informationen zur Verfügung gestellt.
- Eine weiterführende psychologische Behandlung.
- Aber auch die Teilnahme an Gesprächsgruppen oder Selbsthilfegruppen, um hier mit diesen mit dieser Belastung umzugehen und aber auch, um hier Entscheidungshilfen zu bekommen.
Hier geht es zum Video-Interview: „Mein Umgang mit dem Ergebnis”
Geprüft Assoc. Prof. Priv.-Doz. Dr. Stephan Polterauer: Stand 15.10.2020 | AT-4007 | Quellen und Bildnachweis