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Kurs Rheumatoide Arthritis und Psyche: Lektion 2 von 8

Stress und Entspannung bei rheumatoider Arthritis

Wie Ängste und Depressionen kann auch Stress den Verlauf einer rheumatoide Arthritis beeinflussen.  Dabei sind mit Stress nicht nur Extremsituationen wie Mobbing am Arbeitsplatz gemeint, sondern auch der in vielen Familien täglich ausgetragene Streit um Banalitäten oder ständiger Termindruck. Diese Lektion informiert Sie darüber, was Stress in Ihrem Körper auslöst und wie er sich auf den Krankheitsverlauf auswirkt. Des Weiteren lernen Sie, wie Sie dem Stress mit „Progressiver Muskelentspannung“ oder Fantasiereisen beikommen können und in welchem Zusammenhang Stress und Schmerzen stehen.

Video Transkript

Was passiert (im Körper) bei Stress?

Stress ist eine Anpassungsleistung. Wir unterscheiden Stressoren und Stressreaktion. Die meisten Menschen verwenden den Begriff Stress für die Auslöser. Das ist das, was wir als Stressoren bezeichnen. Und wir reagieren auf der körperlichen und psychosozialen Ebene auf diese Stressoren mit einer Stressreaktionen.

Diese Anpassungsleistung hat verschiedene Gedanken, Gefühle, Körperempfindungen zur Folge. Typischerweise aktivieren wir im Körper auch bestimmte Hormone. Wir kennen zwei Stresshormone: das Adrenalin und das Cortisol.

  • Adrenalin ist das Hormon, das letztlich für den Kampf- oder Fluchtbereitstellung verantwortlich ist. Wenn Sie das Adrenalin hochfahren, dann haben Sie einen höheren Blutdruck, der Herzschlag wird schneller, die Atmung wird schneller, Sie fangen vielleicht zu schwitzen an und viele andere Effekte.
  • Das Cortisol brauchen wir zur Verarbeitung dessen, was wir gerade erleben, weil wir wollen uns ja auch an verschiedene Belastungen gewöhnen. Wenn Sie immer wieder in einer ähnlichen Situation sind, kommt es letztlich zu einer Gewöhnung. Wir nennen das Habituation. Das heißt: Diese Cortisol-Ausschüttung, die den Lernvorgang in Gang setzt, wird immer weniger, je öfter Sie in einer vergleichbaren Situation sind.

Wir kennen das auch bei chronischen Schmerzen: Immer dann, wenn Sie sich dem Ganzen hilflos und wehrlos ausgeliefert fühlen, dann fahren Sie das Cortisol immer mehr in die Höhe, weil Sie letztlich aus der Situation nichts herausholen können.

Und im Rahmen der psychologischen Schmerzbewältigung geht es darum, letztlich auch solche Schmerzanfälle oder anstrengende schmerzhafte Tage als neue Lernverarbeitungen zur Verfügung zu stellen und daraus irgendetwas zu schöpfen.

Kann Stress den Krankheitsverlauf beeinflussen?

Wir wissen, dass verschiedene Belastungen und Stressoren den Krankheitsverlauf einer rheumatoiden Arthritis ungünstig beeinflussen können. Beispielsweise wenn Sie Konflikte am Arbeitsplatz haben, wenn Sie Belastungen im familiären Bereich, in der Partnerschaft, in der Kindererziehung oder auch im Freundeskreis haben, oder wenn es auch allgemeine Stressoren gibt, zum Beispiel Unwetterkatastrophen, Wirtschaftskrise, Arbeitslosigkeit. Alle diese Faktoren können den Krankheitsverlauf beeinflussen.

Welchen Zusammenhang gibt es zwischen Stress und Schmerzen?

Wir unterscheiden heute zwei verschiedene Arten von Stressreaktion: den sogenannten Eustress vom Distress.

  • Eustress ist ein gesunder Stress, das heißt eine Herausforderung, etwas Positives. Ich habe eine bestimmte Aufgabenstellung und versuche, diese Aufgabe zu lösen. Eustress ist ein gesunder Stress,
  • während der Distress längerfristig auch krankmachend sein kann. Beim Distress kommt es immer mehr zu einem Ungleichgewicht zwischen den Belastungen und Anforderungen auf der einen Seite und Ihren Bewältigungsmöglichkeiten oder Ressourcen auf der anderen Seite. Das heißt: Der Organismus, auch die ganze Hormonreaktion, das Immunsystem entwickelt ein ungünstiges Verhaltensmuster, und das kann letztlich auch Ihren Krankheitsverlauf negativ beeinflussen.

Wie finde ich heraus, was mich stresst?

Eine hilfreiche Taktik könnte es sein, für einige Tage ein sogenanntes Schmerztagebuch zu führen oder ein Stresstagebuch. Das heißt, dass Sie einfach Informationen sammeln:

  • Wie geht es mir an den unterschiedlichen Tagen?
  • Speziell welche Situationen sind damit verbunden, dass meine Schmerzen stärker werden?
  • Und in welchen Situationen erlebe ich vielleicht auch Schmerzlinderung oder sogar Schmerzfreiheit?

Das Ziel ist, dass Sie Situationen sammeln und dann versuchen zu analysieren:

  • Die erste Ebene dabei ist die Gedankenebene: Welche Gedanken habe ich in diesen Situationen? Das heißt: Was geht mir durch den Kopf? Welche Katastrophen, Gedanken, Befürchtungen oder auch etwas, was mich nie bedrückt und traurig macht, beschäftigt mich gerade sehr?
  • Die zweite Ebene ist die Gefühlsebene: Welche Gefühle werden ausgelöst durch meine Schmerzen? Ist es eher Traurigkeit, Niedergedrücktheit? Ist es Hilflosigkeit, Verzweiflung, Wut und Aggression? Oder ist es vielleicht Angst? Angst vor noch mehr Schmerzen.
  • Die dritte Ebene ist der Körper: Was macht mein Körper, wenn ich in einer belastenden Situation bin? Mit welchen Symptomen oder an welcher Stelle meines Körpers reagiere ich als Erstes? Und wie hängt das zum Beispiel mit diesen Gedanken und Gefühlszuständen zusammen? Was verstärkt was?

Sodass Sie damit üblicherweise schon nach einigen Tagen einen Zusammenhang erkennen können: Was mache ich, was macht mein Körper, was macht meine Psyche, wenn ich mich in einer belastenden Situation befinde?

Es gibt kein Kochrezept. Das heißt: Jeder hat seine Stressoren. Wir können Ihnen also nicht im Vorhinein sagen, was für Sie belastend ist. Letztlich geht es darum, sein eigenes Muster zu entdecken.

Wie kann ich mit unvermeidbarem Stress besser zurechtkommen?

Ein stressfreies Leben ist eigentlich nicht möglich. Jeder von uns hat Belastungen oder nennen wir es besser Herausforderungen. Und das Ziel ist letztlich, immer besser mit diesen Herausforderungen und Belastungen umgehen zu lernen.

  • Das können Sie zum Beispiel im Rahmen einer psychologischen Schmerzbewältigung auch wieder erlernen.
  • Sie können dazu verschiedene Atemübungen, Entspannungstechniken einsetzen, Meditationstechniken.
  • Sie können aber auch gedankliche Strategien, kognitiver Übungen, wie man das nennt, auch einsetzen, um letztlich auch wieder eine positive Grundhaltung oder Einstellung zu verschiedenen Belastungen zu entwickeln. Das heißt, um es an einem Beispiel zu demonstrieren: Diese „Oh mein Gott!“- oder „Um Gottes Willen!“-Haltung könnte ungünstig sein. Wenn Sie dagegen vielleicht eine Einstellung entwickeln „Na, mal sehen, ich versuche es einfach mal. Ich schaue mal, ob ich damit klarkomme.“, ist es vielleicht schon der erste Schritt in eine günstigere Entwicklung.

Wie lerne ich meinen Leistungsanspruch zu reduzieren?

Etwas, was wir auch aus der Schmerzforschung und Schmerztherapie kennen, ist, dass viele Betroffene einen deutlich überhöhten Leistungsanspruch haben. So ähnlich wie das heute auch zum Beispiel für Burnout und andere Stressfolgeerkrankungen diskutiert wird.

Überhöhte Ansprüche, das hat etwas mit der inneren Einstellung zu tun. Wir kennen den Begriff des inneren Antreibers oder des inneren Kritikers. Sehr häufig ist es so eine innere Stimme, die sich entwickelt hat in den ersten Lebensjahren. Je nachdem, welche Erfahrungen wir mit anderen wichtigen Bezugspersonen in unserem früheren Leben gemacht haben, wie wir bewertet wurden, wie wir angetrieben wurden, was wir letztlich auch wieder empfangen haben als Bindungserfahrung.

Es kann also sein, dass Sie die Erfahrung gemacht haben: „Nur, wenn ich mich besonders anstrenge, wenn ich besonders gut bin oder besser als andere, dann bekomme ich Lob oder Anerkennung oder kann mich zufrieden und glücklich fühlen.“

Möglicherweise ist dieser innere Anspruch, besonders gut sein zu wollen, übertrieben und verstärkt letztlich Ihre Muskelanspannung und damit vielleicht auch Ihre Schmerzerkrankung.

Wie lerne ich Nein-Sagen?

Das Nein-Sagen ist eine ganz wichtige gesunde Funktion.

Damit ist gemeint das Abgrenzen, das heißt dass ich nicht nur nach den Bedürfnissen anderer lebe und nach den Wünschen meiner Mitmenschen, sondern dass ich auch Grenzen setzen kann, Grenzen, die ich auch ausdrücken kann.

Wir unterscheiden da zwei Ebenen des Neinsagen Lernens:

  • Das eine ist eine rein technische. Das heißt, dass Sie zum Beispiel in Form von Rollenspielen, Übungen mit einer Vertrauensperson oder, wenn Sie das möchten, auch mit einer Therapeutin oder einem Therapeuten typische Konfliktsituationen nachstellen und versuchen, möglichst ohne Schuldgefühle diese Situation zu verneinen oder es zu begrenzen.
  • Das zweite, manchmal funktioniert das nicht so gut mit dem Schuldgefühl, das zweite könnte hilfreich sein, sich auch mit diesen inneren Kritikern auseinanderzusetzen. Das heißt: Wenn Sie Angst vor Bewertung haben oder das Gefühl haben: „Immer dann, wenn ich ‚Nein‘ sage oder jemanden zurückweisen, dann verletze ich jemanden anderen oder dann stoße ich jemanden zurück und werde dadurch weniger geliebt…“, dann wäre es hilfreich, sich im Rahmen einer Psychotherapie auch mit diesen inneren Kritikern intensiver auseinanderzusetzen.

Können Naturheilmittel mit beruhigenden Wirkstoffen wie Baldrian, Passionsblume oder Hopfen helfen?

Es gibt eine Reihe von pflanzlichen Beruhigungsmitteln, die alle auf natürlicher Basis zum Beispiel mit Hopfen oder Baldrian arbeiten. Alle diese Medikamente können so ähnlich wie die klassischen Beruhigungsmittel etwas dazu beitragen, dass Sie wieder sich beruhigen, wieder loslassen lernen und indirekt damit auch diesen Schmerzteufelskreis ein bisschen reduzieren.

Dazu muss man aber sagen, dass alle diese Medikamente keine direkt schmerzlindernde Wirkung haben. Das heißt: Sie können nur indirekt über Beruhigung und Loslassen den Schmerz beeinflussen.

Ähnlich gut können Sie das beispielsweise auch mit Hilfe von Entspannungstechniken lernen, also Entspannungsübungen, Meditationsübungen sind mindestens gleich wirksam wie der Einsatz von Beruhigungsmitteln, auch von pflanzlichen Naturheilprodukten.

Wenn Sie sich schwertun mit diesen psychologischen Techniken, dann kann das vorübergehend hilfreich sein, wenn Sie solche pflanzlichen Medikamente auch einsetzen.

Was ist eine Fantasiereise?

Eine Fantasiereise ist eine Imaginationsübung, wie wir das nennen, das heißt: Sie arbeiten mit Ihrer Vorstellungskraft.

Sie können Ihre Erinnerungen, Ihre inneren Bilder, Ihre Visionen und Vorstellungen und Wünsche und Sehnsüchte letztlich auch visualisieren.

Wir unterscheiden im Prinzip zwei große Arten von Fantasiereisen.

  • Die eine Technik zielt darauf ab, vom Schmerz weg zu fokussieren, indem Sie zum Beispiel ein angenehmes Ruhebild suggerieren, beispielsweise eine Urlaubserinnerung oder irgendeine Geburtstagsfeier mit Freunden.
  • Die andere Art der Fantasiereisen zielt darauf ab, sich direkt mit dem Schmerz und dem Körper auseinandersetzen zu lernen, indem Sie zum Beispiel eine Reise durch den Körper machen und sich vorstellen, dass Sie mit einem kleinen Mikroskop oder Teleskop durch Ihren Körper wandern und direkt in den Schmerz hineintauchen und dort möglicherweise auch verschiedene Körperfunktionen oder Körperzellen, zum Beispiel auch Immunzellen letztlich auch wieder aktivieren lernen.

Als Einsteigermethode empfehle ich Ihnen die erste Art der Phantasiereisen. Das heißt, dass Sie sich mal die Frage stellen: Gibt es angenehme Erinnerungen aus meiner Vergangenheit, positive Erlebnisse? Was da hilfreich sein könnte ist, dass Sie beispielsweise ein Fotoalbum hernehmen oder auch in Ihrem Handy Fotos anschauen. Sie werden merken: Es gibt Fotos, bei denen Sie etwas länger hängen bleiben, die für Sie eine besondere Bedeutung haben. Und dass Sie dann vielleicht dieses Foto vor Augen haben und dann langsam die Augen schließen und sich noch einmal in diese Situation hineinfühlen und versuchen, mit allen Sinnen, Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Fühlen, noch einmal in die Situation eintauchen, vielleicht auch ein Gespräch noch einmal sich vergegenwärtigen, das Sie damals gefühlt haben, oder besondere Vorkommnisse und Erlebnisse in der Situation. Das Ziel ist es, sich treiben zu lassen und wieder mit der Seele baumeln zu lernen und damit letztlich den Scheinwerfer der Aufmerksamkeit vom Schmerz ganz bewusst zumindest für ein paar Minuten auch wieder auf etwas Positives und Schönes richten zu lernen.

Erfahrungsgemäß führt das unmittelbar, innerhalb kurzer Zeit, zu einer vorübergehenden Schmerzlinderung. Es ist klar, dass der Schmerz dann nicht weg ist. Aber Sie haben die Möglichkeit, damit auch eine sehr starke Schmerzsituation ein Stück weit zu unterbrechen.

Welche Entspannungstechniken können Sie empfehlen?

Es gibt eine Vielzahl an Entspannungstechniken. Ich nenne nur ein paar Beispiele:

  • die progressive Muskelentspannung,
  • das Autogene Training,
  • verschiedene Mediationsverfahren und ähnliches.

Auch da ist es so, dass es nicht die eine Entspannungstechnik für den einen Menschen gibt, sondern möglicherweise müssen Sie da auch das eine oder andere versuchen, um herauszufinden: Was tut mir gut? Was hilft mir am meisten?

Wie funktioniert progressive Muskelentspannung?

Die progressive Muskelentspannung nach Jacobsen, abgekürzt PME, oder PMR können Sie auch manchmal lesen für Relaxation, ist eine relativ einfache Technik, die Ihnen hilft, umschalten zu lernen von Stress, Anspannung, Belastung auf Ruhe, Entspannung, Loslassen. Das, was Sie damit erreichen, ist, dass Sie sich letztlich so eine Art bedingten Reflex wieder antrainieren, wenn Sie das gut geübt haben, dass Sie auf Knopfdruck von Anspannen auf Entspannen umschalten.

Die progressive Muskelentspannung behilft sich dabei tatsächlich dem Gefühl von Anspannen und Entspannen, wie Sie es in der Muskelkraft sehen. Das heißt: Die Übung ist so aufgebaut, dass Sie der Reihe nach verschiedene Muskelgruppen leicht anspannen und dann wieder loslassen, wobei das Loslassen länger dauern soll als das Anspannen, weil das ja die Zielrichtung ist, dass Sie insgesamt wieder loslassen.

Sie werden sich jetzt vielleicht die Frage stellen: Warum soll ich anspannen, wenn ich eigentlich entspannen möchte? Man kann sich das vorstellen wie bei einer Schaukel: Wenn Sie wollen, dass die Schaukel in eine Richtung schwingt, dann ist es sinnvoll, sie in die andere Richtung noch einmal auszulenken und dann loszulassen. Vielleicht hilft Ihnen dieses Bild auch, wenn Sie jetzt diese einzelnen Muskelgruppen anspannen und entspannen, dass Sie so ganz kurz nur den Zug oder den Druck zunehmen, nicht verkrampfen, sondern nur leicht, und dann loslassen. Also dass Sie letztlich die Muskelgruppe auch schwingen lassen.

Etwas, was auch hilft, ist, dass man das mit der Atmung koppelt. Das heißt: Sie atmen einfach ruhig weiter, nicht die Luft anhalten, was häufig zu Beginn passiert, sondern ganz ruhig weiter atmen, ich mache Ihnen das auch einmal vor, und immer mit dem Ausatmen dieses Loslassen dann üben Das heißt: Auch fast wie bei einem kleinen Seufzer kann man das noch verstärken.

Es sind verschiedene Muskelgruppen. Sie beginnen üblicherweise mit der rechten Hand, die Sie zur Faust ballen, und dann geht man durch den ganzen Körper durch und beendet die Übung dann noch mit einem kurzen Bild, mit einem inneren Bild, einer Reise durch den Körper, wo Sie hineinspüren: Was tut jetzt mein Körper? Wie geht es dem? Wo sind noch verspannte Stellen? Wo sind entspannte Stellen?

Insgesamt sollten Sie, wenn Sie diese progressive Muskelentspannung neu lernen, etwa 15 bis 20 Minuten für eine Trainingseinheit brauchen. Wenn Sie nach wenigen Minuten fertig sind, dann ist es zu schnell. Das heißt: Der Körper braucht doch ein bisschen Zeit, um dieses reflexhafte Umschalten dann auch wieder zu erlernen.

Wenn Sie die Übung mehrere Wochen täglich ausprobiert haben und das Gefühl haben: „Das geht immer besser. Ich komme eigentlich schon auf Knopfdruck schon bei den ersten Übungen in so einen entspannten Zustand“, dann besteht die Möglichkeit, auch Muskelgruppen zu kombinieren und damit die Übung zu verkürzen, sodass das Sie dies im Alltag auch gut einsetzen können.

Ich beginne jetzt mal mit der Langversion, mit der ausführlichen Fassung, und zeige Ihnen so die ersten drei, vier Schritte, damit Sie ein Gefühl haben, wie diese Übung abläuft:

Übung: Progressive Muskelentspannung

Nehmen Sie wieder eine entspannte Sitzhaltung ein, und wir beginnen, über die Atmung einzusteigen. Das heißt: Ich würde Sie bitten, dass Sie sich auf die Atmung konzentrieren. Sie atmen ruhig ein und atmen wieder aus. Und Sie atmen wieder ein und wieder aus, ohne dass Sie bewusst die Atmung beeinflussen. Einfach aus der Position des Beobachters, des stillen Teilnehmers spüren Sie, wie Ihr Körper einatmet und wieder ausatmet, wie Sie die Luft durch die Nase oder den Mund in den Körper einströmen lassen und dann erwärmt durch die Körpertemperatur ruhig und langsam wieder ausströmen lassen.

Und während Sie so ruhig vor sich hin atmen und einatmen ausatmen, beginnen wir mit der ersten Übung aus der progressiven Muskelentspannung.

Die erste Übung ist die rechte Hand zur Faust ballen. Bitte jetzt. Sie spüren die Spannung, atmen ruhig weiter. Und mit dem nächsten Ausatmen lassen Sie die Muskeln wieder ganz locker.

Bitte atmen Sie ruhig weiter und beobachten Sie jetzt den Wechsel zwischen Anspannen vorher und Entspannen jetzt.

Sie merken, wie einzelne Muskelgruppen wieder weicher werden, lockerer werden.

Sie atmen ruhig weiter. Und wir kommen zur zweiten Station: Den Arm beugen. Bitte jetzt. Atmen Sie ruhig weiter, und Sie spüren die Spannung hier im Unterarm und im Bizepsmuskel. Halten Sie noch ein bisschen die Spannung. Und mit dem nächsten Ausatmen lassen Sie den Arm wieder langsam absinken.

Sie atmen ruhig weiter und spüren wieder den Unterschied zwischen Anspannen vorher und Entspannen jetzt. Auch hier merken Sie, wie die einzelne Muskelgruppen sich lockern, weicher werden. Vielleicht spüren Sie auch ein leichtes Gefühl von Wärme, oder ein Gefühl von Kribbeln, Rieseln, was Ausdruck dafür ist, dass Ihr rechter Arm jetzt entspannter wird.

Vielleicht spüren Sie aber auch noch gar nichts. Das ist auch okay. Dann machen Sie einfach weiter, indem Sie ruhig weiter atmen und sich zur nächsten Übung begeben. Das ist das Gleiche, wie wir vorher auf der rechten Seite hatten. Jetzt auf der linken Seite die linke Hand zur Faust ballen. Bitte jetzt. Weiter atmen. Die Spannung noch ein bisschen halten. Und mit dem nächsten Ausatmen öffnen Sie wieder die Hand. Atmen Sie ruhig weiter, und Sie spüren jetzt auch auf der linken Seite den Unterschied zwischen Anspannen und Entspannen.

Lassen Sie sich ein bisschen dahintreiben. Bleiben Sie bei Ihrer Aufmerksamkeit, bei den Muskeln, die Sie gerade entspannen wollen.

Falls Sie irgendwelche unangenehmen Gedanken, Bilder, Erinnerungen haben, lassen Sie es einfach vorüberziehen, ohne dass Sie dem eine besondere Beachtung schenken. Bleiben Sie bei dieser Station, dieser Muskelgruppe, die Sie gerade entspannen wollen.

Sie atmen ruhig weiter, und wir machen noch die vierte Übung: Den linken Arm beugen. Bitte jetzt. Sie spüren die Spannung hier im Arm, halten die Spannung noch, atmen ruhig weiter. Und mit dem nächsten Ausatmen lassen Sie in den linken Arm wieder langsam absinken. Beobachten Sie wieder den Wechsel zwischen Anspannen vorher und entspannen jetzt.

Vielleicht spüren Sie jetzt mal den Unterschied zwischen rechtem Arm, linken Arm. Schauen Sie mal, was die beiden Arme und die Hände tun. Wo sie schon wärmer, weicher, entspannter sind. Und wenn Sie so ein angenehmes Gefühl schon spüren können, dann versuchen Sie, es mit jedem Ausatmen noch ein Stück weit zu vertiefen.

Auf den Punkt gebracht

Stress und Entspannung bei rheumatoider Arthritis

  • Es gibt zwei Formen von Stress: Positiven, fördernden Stress – den Eustress –, und den negativen, überfordernden Stress – den Distress.
  • Ein stressfreies Leben gibt es nicht, das Ziel ist das Erlernen eines erfolgreichen Umgangs mit Stressoren.

Was passiert bei Stress im Körper?

Sind Sie Stress ausgesetzt, registriert das Ihr Hypothalamus, die für die Ausschüttung von Hormonen verantwortliche Schaltstelle im Gehirn. Dieser signalisiert Ihrem Körper, dass eine Belastung bevorsteht. Eine große Rolle spielen hierbei das Stresshormon Cortisol, welches den Fett- und Blutzuckerspiegel ansteigen lässt, um die Energieversorgung zum Gehirn sicherzustellen, sowie die Hormone Adrenalin und Noradrenalin, die dafür sorgen, dass Ihr Blutdruck ansteigt, während weniger wichtige Funktionen, wie die Verdauung, unterdrückt werden.

Wird der Stress chronisch, findet Ihr Körper auch in Erholungsphasen nicht mehr auf ein Ruheniveau zurück. Das kann zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen und sich nachteilig auf den Verlauf bestehender Erkrankungen auswirken. Weit verbreitete Stressbewältigungsversuche wie starkes Rauchen, vermehrter Alkoholgenuss und Tabletten verstärken die negativen gesundheitlichen Folgen zusätzlich. Gleiches gilt für unregelmäßige Essgewohnheiten und mangelnde körperliche Bewegung, die ebenfalls häufig aus übermäßigem Stress resultieren.

Einfluss von Stress auf den Krankheitsverlauf

Obwohl sich Stress nur schwer messen lässt und es schwierig ist, den Einfluss von Stress auf das Entstehen oder den Verlauf einer Krankheit zu untersuchen, wurde in mehreren Studien belegt, dass schon geringer Stress die rheumatoide Arthritis verschlimmern kann. Er kann sowohl die Entzündungsaktivität und die daraus resultierenden Symptome verstärken als auch Rheumaschübe auslösen.

Wie kann progressive Muskelentspannung gegen Stress helfen?

Entspannungsverfahren wie die progressive Muskelentspannung haben mehrere Effekte:

Bei der progressiven Muskelentspannung werden verschiedene Muskelgruppen nacheinander angespannt und wieder losgelassen. Das schult Ihre Wahrnehmung, ob ein bestimmter Muskel locker oder angespannt ist.

Übung zur progressiven Muskelentspannung

Welchen Zusammenhang gibt es zwischen Stress und Schmerzen?

Anhaltender Stress sorgt unter anderem dafür, dass sich sämtliche Muskeln anspannen. Diese innere Anspannung wird häufig nicht bemerkt. Sie führt jedoch dazu, dass sich die dauergespannten Muskeln verkürzen und verhärten. Die dadurch wirkenden Zugkräfte verändern das Gewebe und führen zu Mikroentzündungen und Schwellungen. Der daraus resultierende Schmerz erhöht die bestehende Muskelverspannung zusätzlich, wodurch wiederum die Schmerzintensität steigt.

Fantasiereisen gegen den Schmerz – wie funktioniert das?

Für PatientInnen, die unter chronischen Schmerzen leiden, empfehlen sich sogenannte Fantasiereisen als Mittel zur Schmerzablenkung bzw. -umlenkung. Diese Technik, die alle Wahrnehmungskanäle (Sehen, Hören, Geruch, Geschmack, Berührung) aktiviert, wird vor allem von stark kognitiv ausgerichteten Personen als wohltuend empfunden.

Mit ein wenig Zeitaufwand und etwas Übung lässt sich die Fantasiereise gut in den Alltag integrieren. Investieren Sie anfangs zum Lernen circa 10 Minuten täglich, dann können Sie die inneren Bilder und das Gefühl, das diese Ihnen geben, in schwierigen Situationen abrufen und sie damit besser bewältigen.

selpers Schritt für Schritt AnleitungFantasiereise für Einsteiger: Die Baumübung

Als typische Einsteigerübung für eine Fantasiereise möchten wir Ihnen an dieser Stelle die sogenannte Baumübung vorstellen. Es stehen Ihnen eine etwas längere und eine etwas kürzere Version dieser Übung zur Verfügung. Beide Versionen beschreiben dieselbe Übung, aber während die Kurzversion nach etwa fünf Minuten endet, begleitet die Langversion Sie über acht Minuten durch die Baumübung.

Wussten Sie schon

Einige Krankheiten sind stressbedingt oder werden durch psychische Dauerbelastung verstärkt. Allerdings ist nicht jeder Stress negativ. Mit interessanten Herausforderungen verbundener positiver Stress hält uns geistig und körperlich fit, solange auf die Anspannung ausreichend Entspannung folgt.

Geprüft Prim. Prof. Priv. Doz. Dr. Michael Bach: aktualisiert April 2022 | PP-BA-AT-0302 Juli 2019

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Dieser Kurs ist Teil der Kursreihe „Leben mit Rheumatoider Arthritis“

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