NMOSD (Neuromyelitis-optica-Spektrum-Erkrankung) ist eine Autoimmunerkrankung mit ähnlicher Symptomatik wie Multiple Sklerose. Die Therapieoptionen unterscheiden sich aber. Im Rahmen der Behandlung wird eine Therapie gewählt und etwaige Nebenwirkungen behandelt.
Therapieoptionen bei NMOSD
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es bei NMOSD?
Die NMOSD-Therapie basiert auf drei Säulen: als Erstes die Schubtherapie, als Zweites die Immuntherapie , welche letzten Endes als Prophylaxe gegen künftige Schübe besteht. Und als Drittes die sogenannte symptomatische Therapie, bei der es darum geht, Schübe, die nicht genügend auf die Schubtherapie angesprochen haben, ausreichend gut zu therapieren und bestehende Defizite als solches möglichst gut einzustellen.
Wie lange dauert die Therapie bei NMOSD?
Auch hier beziehen wir uns auf die gerade besprochenen drei Säulen. Bei der ersten Säule, der Schubtherapie, können bei einem leichten Schubereignis nur drei Tage benötigt werden, bei einem schwereren Schubereignis auch mehrere Wochen. Die zweite Säule, die Immuntherapie, sollte lebenslang erfolgen. Warum lebenslang? Wir wissen, dass fünf Jahre nach Diagnosestellung einer AQP4-Antikörper-positiven NMOSD 25% auf eine Gehhilfe angewiesen sind, falls sie nicht therapiert wurden, 40% mindestens auf einem Auge erblindet sind, falls sie nicht therapiert wurden und tatsächlich jeder 10. nach fünf Jahren ohne Therapie bereits verstorben ist. Deswegen besteht die Wichtigkeit der Immuntherapie und auch die Wichtigkeit einer lebenslangen Immuntherapie. Und die dritte Säule ist die symptomatische Therapie. Es ist schwer pauschal zu beantworten, wie lang diese erforderlich ist, da es sehr unterschiedliche Arten von symptomatischer Therapie gibt, worauf wir noch später eingehen werden.
Wer sind meine Ansprechpartner:innen während der Therapie bei NMOSD?
Die primären Ansprechpartner und Ansprechpartnerinnen zur Therapie der NMOSD sind Fachärzt:innen für Neurologie, insbesondere mit neuroimmunologischem Schwerpunkt. Dazu gehören vorerst Expertinnen und Experten aus Schwerpunktzentren, beispielsweise der Neuromyelitis-optica-Studiengruppe. Das ist ein Netzwerk aus deutschsprachigen Zentren in Deutschland, Österreich und der Schweiz, die sich zusammengetan haben, um klinisch und wissenschaftlich mit der Erkrankung voranzukommen, und, um die Therapie und die Versorgung von morgen besser zu machen, als sie heute ist.
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Mitentscheiden bei der NMOSD-Therapiewahl
Wie wird entschieden, welche Behandlung bei NMOSD die beste für mich ist?
Die Therapie der NMOSD ist patientenindividuell und basiert auf ganz vielen verschiedenen Faktoren, einer davon ist das Alter. Die Umstände sind auch wichtig, dazu gehört eine geplante Schwangerschaft, aber auch Patientenpräferenzen für beispielsweise eine Tablettenform, eher für Spritzen oder auch eine i. v. Therapie. Im Weiteren sind aber auch die Schubverhinderung und die Effektivität der Therapie Einflussfaktoren. Das und noch einige weitere Aspekte muss man individuell mit dem Patienten bzw. der Patientin besprechen und zusammen die adäquateste Lösungsstrategie und Therapiestrategie etablieren.
Was kann ich zur Therapieentscheidung bei NMOSD beitragen?
Informieren Sie sich über die verschiedenen Optionen und notieren Sie sich Fragen. Stellen Sie ruhig kritische Fragen, weil das Wichtigste ist, dass Sie die Therapie langfristig durchführen und auch durchführen wollen und dahinterstehen. Das können Sie letzten Endes auch nur, wenn Sie wissen, was Sie bekommen und wie häufig das gegeben wird. Es ist gut, das alles vorher schon grob zu wissen, um es dann im Detail mit dem Experten oder der Expertin zu besprechen; dafür dient auch dieses Tutorial. Das Gespräch mit den Experten bzw. der Expertin kann das natürlich nicht ersetzen. Und da ist es gut, vorher schon das Wesentliche zu wissen, um dann kritisch nachfragen zu können.
Welche Rolle spielt mein Alltag in der Therapieentscheidung bei NMOSD?
Vielleicht gibt es durch Ihren Alltag getriggerte Einflussfaktoren, welche Applikationsweise der Therapie Sie bevorzugen – Tabletten oder eine Spritze, die alle vier Wochen gegeben wird oder ansonsten eine i. v. Therapie, das ist eine Therapie über die Vene . Natürlich sind Ihre Lebensumstände sehr wichtig zu wissen, wie beispielsweise Familienplanung, da das Einfluss auf die Therapieentscheidung bzw. die Therapieberatung für Sie hat.
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Schubtherapie mit Kortison bei NMOSD
Wie wirkt Kortison im akuten Schub bei NMOSD?
Kortison ist praktisch der klassische Vertreter der Immunsuppressiva und ein sehr schnell wirksames Immunsuppressivum; es wird in geringen Dosen auch selbst vom Körper gebildet. Bei der Schubtherapie der Neuromyelitis-optica-Spektrum-Erkrankung (NMOSD) wird es allerdings in wesentlich höheren Dosen eingesetzt, für gewöhnlich als Methylprednisolon über die Vene gegeben in einer Dosis von 1000 bis 2000 Milligramm. Das Ziel dieser hohen Dosis ist es, die Entzündung direkt zu blocken und eine Erholung und einen Stopp des Schubs als solches zu bewirken.
Wann ist die Kortison-Therapie bei NMOSD für mich geeignet?
Insbesondere in einem Schubereignis. Dort gibt man es als Hochdosis-Stoßtherapie und das ist in der Regel drei bis fünf Tage lang. Anschließend schließt sich eine orale Ausschleichphase an. Zugleich kann man auch, wenn man sich noch nicht sicher ist, welche Immuntherapie man beginnen möchte, manchmal auch die ganze Zeit in einer niedrigen Dosis Cortison als Immuntherapie nutzen. Allerdings ist das nicht ganz ohne Nebenwirkungen.
Wie können Nebenwirkungen von Kortison behandelt werden?
Hier müssen wir jetzt unterscheiden, ob wir gerade von der akuten Schubtherapie sprechen, also der Hochdosis-Steroid-Stoßtherapie oder von der oralen Kortison-Therapie, bei welcher Prednisolon der gewöhnliche Vertreter ist. Bei der Steroidstoßtherapie sollte man darauf achten, dass man diese insbesondere morgens gibt, denn da ist der ganz normale physiologische Peak, den der Körper als solches hat. Morgens wird ohnehin ein wenig Cortisol ausgeschüttet und so sollte man den Kortisonstoß morgens machen, um eine Nebenwirkung zu verhindern, die recht häufig auftritt – dabei handelt es sich um Unruhe bzw. um Schlaflosigkeit oder um eine Agitation und das sollte man gerade in den Abendstunden vermeiden. Was häufig auftritt, auch bei einem Stoß, ist ein metallisches Geschmacksempfinden. Das kann man durch Bonbons oder Fruchtsäfte oder ähnliches auch etwas überspielen, ist aber letzten Endes auch nicht weiter tragisch. Anders ist es dann bei der Langzeittherapie, wenn man Kortison in hohen Dosen und sehr lange oral einnimmt, gibt es das Risiko eines Magenulkus, also eines Geschwürs im Magenbereich. Zugleich kann auch eine Knochendichteverringerung, eine Osteoporose, eintreten. Außerdem kann eine Körperfettumverteilung stattfinden und auch der Blutzucker kann entgleisen; letzteres natürlich auch bei einer Steroidstoßtherapie. Blutzucker kann man ausgleichen mit Insulin; einen Magenulkus, also ein Geschwür, kann man mit Magenschutz in Form von Magensäureblockern ausgleichen und Osteoporose zumindest in Teilen mit Vitamin D und Calciumgabe.
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Schubtherapie durch Apherese bei NMOSD
Wann wird ein Aphereseverfahren bei NMOSD eingesetzt?
Insbesondere zur Eskalationstherapie, wenn die Steroidstoßtherapie als solches nicht ausreichend eine Behandlung des Schubes bewirkt, zugleich aber auch bei Patientinnen und Patienten, die bereits ein Schubereignis hatten und wo wir wissen, dass das Kortison im Vorfeld beim ersten Schubereignis nicht wirkte, kann man auch direkt als Kombinationstherapie neben Steroid ein solches Aphereseverfahren einsetzen, um den Schub als solchen zu behandeln.
Wie wirkt die Apherese im akuten Schub bei NMOSD?
Hier müssen Sie zwischen den verschiedenen Aphereseverfahren unterscheiden. Einmal die Immunadsorption, zum anderen die Plasmapherese. Bei der Immunadsorption werden Antikörper – das sind Eiweißstrukturen, die gegen andere biologische Stoffe binden können – ausgewaschen, beispielsweise die AQP4-Antikörper . Da diese Antikörper neben diagnostischem Wert auch unmittelbar krankheitsauslösenden Effekt haben, ist das natürlich sehr hilfreich, wenn die nicht mehr bei Ihnen im Blut vorhanden sind. Das andere Verfahren, die Plasmapherese, ist letzten Endes einfach ein Austausch von dem flüssigen Anteil des Blutes. Nicht die Blutzellen, sondern der andere Anteil des Blutes wird einmal komplett ausgetauscht, denn dort sind unter anderem die Antikörper enthalten, aber auch viele Botenstoffe. Der Vorteil von der Immunadsorption ist, dass sie häufiger unmittelbar hintereinander einsetzbar ist und schneller mehr Blutvolumen gewaschen werden kann. Bei der Plasmapherese als solches muss immer nach dem Zyklus gewartet werden, bis wieder ein Teil der Gerinnungsfaktoren neu entstehen kann bzw. neu gebildet wird.
Wie läuft ein Aphereseverfahren bei NMOSD ab?
Da ein Aphereseverfahren für gewöhnlich bei einer Schubtherapie erfolgt, ist das eine Therapie im Krankenhaus. Diese erfolgt dann zumeist in Zusammenarbeit mit den Nephrologen, weil es ein Dialyseverfahren bzw. ein Austauschverfahren ist, bei dem man, wie zuvor schon erklärt, das Blut wäscht. Wie macht man das? Man kriegt dafür einen großlumigen Venenkatheter kurzfristig für die Dauer des Aphereseverfahrens eingesetzt; dieser wird für gewöhnlich in die Halsvene gelegt. Dann wird pro Zyklus für zwei bis drei Stunden an einer Maschine „gewaschen“. Das ist zwar ein recht invasives Verfahren, aber sehr gut verträglich, wenn es in der Hand von Expert:innen durchgeführt wird.
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Immuntherapie bei NMOSD
Wie wirken Immuntherapien und warum werden sie bei NMOSD eingesetzt?
Da Sie bei der Neuromyelitis-optica-Spektrum-Erkrankung (NMOSD) ohne Immuntherapie ein 70-prozentiges Risiko im ersten Jahr haben, ein erneutes Schubereignis zu erleiden, ist es wichtig, eine Immuntherapie zu beginnen. Wie wirkt so eine Immuntherapie? Da ist es sinnvoll, sich die Schädigungskaskade im Immunsystem der NMOSD anzusehen. Zu Beginn werden durch einen fehlgeleiteten Immunprozess, den man noch nicht hundertprozentig verstanden hat, autoreaktive B-Zellen gebildet, die letzten Endes zu Plasmazellen reifen und AQP4-Antikörper bilden. Das funktioniert unter anderem durch den Botenstoff Interleukin 6. Die AQP4-Antikörper wiederum aktivieren das Komplementsystem , und das führt zur Zerstörung von zentralem Nervensystemgewebe. Wie wirken die Immuntherapien als solches nun? Da unterscheiden wir zwei Substanzgruppen, die klassischen Immunsuppressiva und die Biologika . Biologika sind biotechnologisch hergestellte Medikamente. Zu den klassischen Immunsuppressiva zählen Azathioprin und Mycophenolat-Mofetil, die sowohl bei der AQP4-Antikörper-positiven NMOSD als auch bei der doppel-seronegativen NMOSD zum Einsatz kommen. Das sind beides Medikamente, die schnell teilende Zellen hemmen und entsprechend B- und T-Zellen supprimieren bzw. verringern. Dann gibt es unter Biologika als klassischen Vertreter und bei der NMOSD eingesetzt das Rituximab. Das Medikament führt zu einer Zerstörung von B-Zellen. Eine Weiterentwicklung von Rituximab ist Inebilizumab; das ist ein Medikament, was neben den B-Zellen zugleich auch die Vorläufer der B-Zellen und die antikörper-produzierenden Plasmazellen als solche zerstört und seit letztem Jahr für die NMOSD zugelassen ist. Dann gibt es noch Satralizumab und Tocilizumab. Satralizumab ist auch zugelassen für die AQP4-Antikörper-positive NMOSD. Das sind beides Medikamente, die den Rezeptor des Botenstoffs Interleukin 6 als solches blockieren, so dass dieser Botenstoff nicht binden und weiter diese Signalkaskade in Gang setzen kann. Als letztes gibt es dann noch Komplementinhibitoren ; einmal Eculizumab und das als neuestes zugelassene Medikament und länger wirksame Ravulizumab.
Wie läuft die Immuntherapie bei NMOSD ab?
Auch da würde ich mit Ihnen zusammen noch mal die verschiedenen Substanzen durchgehen. Es gibt pauschal gesagt Tabletten, Spritzen und i. v. – Therapeutika (Therapeutika über die Vene). Hier kommen, wie bereits vorher erläutert, Azathioprin und Mycophenolat-Mofetil zum Einsatz. Das sind jeweils Substanzen, die man für gewöhnlich morgens und abends als Tablette einnimmt. Dann gibt es als nächstes das Medikament Rituximab. Das ist eine Therapie, die man über die Vene verabreicht, zunächst als Induktion, also als Einführungsphase im Abstand von zwei Wochen und dann im künftigen alle sechs Monate. Selbiges passiert auch bei Inebilizumab. Satralizumab ist eine subkutane Therapie, das heißt, dass man die Substanzen unter die Haut spritzt. Das kann man nach zunächst ärztlicher Einweisung im Verlauf auch zu Hause durchführen; das passiert nach einer Induktionsphase alle vier Wochen. Und als letztes dann noch die Komplementinhibitoren Eculizumab und Ravulizumab. Eculizumab wird zunächst auch in einer Einführungsphase gegeben, die wöchentlich ist und dann alle zwei Wochen. Ravulizumab, eine Weiterentwicklung von Eculizumab, die länger wirksam ist, ist ebenfalls eine intravenöse Therapie. Ravulizumab wird zunächst im Abstand von zwei Wochen und dann alle acht Wochen über die Vene appliziert.
Wie können Nebenwirkungen der Immuntherapie behandelt werden?
Das Wichtigste ist, dass man zunächst erstmal einer Nebenwirkung vorbeugt. Da die Immuntherapie ins Immunsystem eingreift bzw. auch eingreifen soll und dabei den Immunprozess als solches stoppt oder herabsetzt, ist immer ein gewisses Infektionsrisiko gegeben. Es ist von den jeweiligen Substanzen abhängig, wie ausgeprägt das ist. Letzten Endes ist es so, dass wir bei allen Immunsuppressiva einen Infektionsausschluss betreiben. Es wird dabei kontrolliert, ob Sie HIV oder Hepatitiden (insbesondere Hepatitis B oder C) haben. Weiters wird auf klassische Erkrankungen wie Syphilis oder bei Kontakt mit einem Tuberkuloseerkrankten auf Tuberkulose getestet; das kann man alles über das Blut machen, was für die Therapie ganz essenziell ist. Eine Therapie sollte erst dann gestartet werden, wenn man diese Vorerkrankungen sicher ausgeschlossen hat. Dazu ist es noch sehr wichtig, zu impfen, sodass Erkrankungen, die sonst sehr schwerwiegend verlaufen, schon als solche durch die Impfung verhindert werden. Hier sind alle Impfungen erforderlich, die generell sinnvoll und empfohlen sind. Zudem ist es gerade bei Komplementinhibitoren essentiell, gegen bekapselte Bakterien, insbesondere gegen Meningokokken, zu impfen. Falls es doch zu einer Nebenwirkung in Form von einer Infektion kommt, dann ist es ganz wichtig, dass man auch entsprechend schnell eine antiinfektive Therapie bekommt; bei bakteriellen Infekten wären das Antibiotika.
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Symptomatische Therapie bei NMOSD
Wie werden Symptome wie Schmerzen und Spastiken bei NMOSD behandelt?
Es ist sehr wichtig, dass neben den gerade eben besprochenen Therapien – der Schubtherapie und der Immuntherapie – die symptomatische Therapie nicht vergessen wird. Denn für gewöhnlich ist es so, dass nicht alle Symptome durch die Schubtherapie erfasst werden konnten, und diese bleibenden funktionellen Einschränkungen sind nicht selten. 80% der NMOSD-Patientinnen und -Patienten leiden unter Schmerzen; dabei handelt es sich zumeist um neuropathische Schmerzen. Zwei Drittel leiden unter einer Fatigue-Symptomatik und fast jeder Zweite hat depressive Symptome. Zur Behandlung der Schmerzen: Da es häufig neuropathische Schmerzen sind, helfen typische Analgetika, die Sie kennen (Ibuprofen, Paracetamol oder Metamizol) leider nicht wirklich gut oder ausreichend. Da setzt man sehr häufig sogenannte Co-Analgetika ein; das sind meist Medikamente, die ursprünglich für Epilepsien oder Depressionen entwickelt wurden, die sehr gut wirken und sich wie ein schützender Film auf die geschädigten Nerven legen. Spastiken hingegen sollte man am besten multimodal therapieren; hier ist die medikamentöse Therapie nicht unbedingt immer gleich die erste. Wichtig ist in diesem Zusammenhang Physiotherapie zwei- bis dreimal pro Woche; Physiotherapie ist aber immer auch eine Hilfe zur Selbsthilfe. Das heißt, wichtig ist hier auch die tägliche Eigenübung und das wirkt dann sehr gut in Kombination mit einer medikamentösen Therapie, welche, wenn möglich, niedrig dosiert gegeben wird. Dabei sind Baclofen oder Tizanidin typische Vertreter. Der Nachteil dieser Substanzen ist, dass sie auch müde machen und ein weiteres häufiges Symptom, die Fatigue auslösen oder vielmehr verstärken können. Falls das nicht ausreichend auf diese zwei Substanzen anspricht, gibt es auch ein Medikament, was man in den Mund sprühen kann, ein Cannabinoid, was häufig sehr gut bei einer generalisierten Spastik hilft. Bei einer fokalen (auf eine Seite bezogene) Spastik hilft häufig auch sehr gut Botox.
Wie können Fatigue und Konzentrationsstörungen bei NMOSD behandelt werden?
Eine Fatigue zu behandeln, ist tatsächlich mit das Schwerste. Da kann man gleich vorweg sagen, dass es zu medikamentösen Therapien keine ausreichende wissenschaftliche Grundlage bzw. Evidenz gibt, dass Substanzen dort einen richtigen Benefit bringen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die kann man auch ausprobieren. Letzten Endes ist es aber umstritten, ob diese ausreichend gut bzw. überhaupt wirken. Sehr wichtig ist es, auf Schlafhygiene zu achten, um die Tagesmüdigkeit zumindest nicht noch zu verstärken. Zugleich muss man auch schauen, ob die Tagesmüdigkeit wirklich allein ein Symptom der NMOSD ist oder eine andere Ursache wie ein Schlafapnoesyndrom hat. Das kann man durch ein Schlaflabor checken lassen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass Sie durch Ausdauertraining mit aerobem Ausdauersport gegenwirken können; das wirkt jetzt erstmal kontraintuitiv, weil man ja durch Sport eher müde wird. Das kann aber sehr gut helfen, wenn man das nachhaltig und immer wieder macht. Darüber hinaus gibt es noch das Aufmerksamkeitstraining, was zusätzlich helfen kann, die Fatigue zu bessern.
Habe ich bei NMOSD einen Anspruch auf Begleittherapien?
Die symptomatische Therapie ist nicht eine rein medikamentöse Therapie. Es ist wichtig mit verschiedenen Fachrichtungen zusammenzuarbeiten und da haben Sie auch einen Anspruch darauf. Das ist zum einen Physiotherapie, aber auch Ergotherapie . Außerdem kann es durchaus hilfreich sein, zu Beginn und auch im Verlauf einer neurologischen Rehabilitation beizuwohnen bzw. diese auch zu beantragen und einzufordern, um das einmal strukturiert und integrativ als solches zu erhalten.
Hier geht es zum Video-Interview: „Symptomatische Therapie bei NMOSD“
Zur Immuntherapie der NMOSD beitragen
Woran merke ich, dass meine Immuntherapie bei NMOSD wirkt?
Da gibt es bei der Neuromyelitis-optica-Spektrum-Erkrankung (NMOSD) drei Punkte, die man beachten sollte. Der erste Punkt ist, dass Sie subjektiv keine neuen neurologischen Beschwerden wahrnehmen. Was sind neurologische Beschwerden? Bei der NMOSD sollten insbesondere keine neuen motorischen Einschränkungen, keine neu auftretende Blasenmastdarmfunktionsstörungen, kein Taubheitsgefühl oder keine Sehstörungen auftreten. Ein neues Schubereignis ist ein Zeichen, dass die Therapie nicht wirkt. Ein Schubereignis ist definiert als 24 Stunden anhaltendes Symptom. Ein kurzfristig kribbelnder Arm oder ein taubes Bein, was sich nach kurzer Zeit wieder legt, ist jedoch kein Schubereignis. Ein Schubereignis ist langsam und entsteht schleichend und dauert im Minimum 24 Stunden an. Der zweite Punkt ist, dass man sich regelmäßig einer neurologischen Untersuchung unterziehen sollte, um auch zu objektivieren, dass das, was man subjektiv wahrnimmt, stabil ist und wirklich von Expert:innen oder von Fachärzt:innen für Neurologie bestätigt werden kann, was zu Ihrer Sicherheit dient. Als dritter Punkt sollten dann auch regelmäßig MRT-Kontrollen durchgeführt werden. Zu Beginn bedeutet das einmal jährlich ein MRT des Kopfes und der Wirbelsäule.
Was sollte ich während der Immuntherapie mit NMOSD beachten?
Wichtig ist die eben gerade schon erwähnte regelmäßige fachneurologische Kontrolle. Da reicht manchmal auch ein Gespräch, aber es ist auch wichtig, regelmäßig zu untersuchen. Ich würde Ihnen empfehlen, sich einmal im Jahr an ein spezialisiertes Zentrum zu wenden. Falls Sie dort noch nicht angebunden sind, informieren Sie sich gerne auch auf der Website der Neuromyelitis-optica-Studiengruppe. Die Zentren sind für gewöhnlich universitäre Kliniken.
Was sollte ich beachten, wenn ich die Immuntherapie bei NMOSD wechseln möchte?
Wichtig sind keine Kurzschlusshandlungen; das heißt, unbedingt mit Bedacht und im Gespräch mit dem Experten bzw. der Expertin (Fachärzt:innen für Neurologie) das Ganze in Ruhe zu besprechen und dann zu entscheiden, welche Substanz für Sie am besten geeignet ist bzw. wie man am besten und auch zu welcher Zeit umstellt.
Was soll ich tun, wenn ich während der Immuntherapie bei NMOSD einen Kinderwunsch habe?
Auch hier gilt, sich unbedingt mit dem Experten bzw. der Expertin zu besprechen und in Ruhe zu entscheiden und abzuwägen, ob die gegenwärtige Therapie möglicherweise sogar genau die beste ist. Es ist auch zu berücksichtigen, in welcher Phase der Therapie man in den aktiven Kinderwunsch geht. Falls eine Immuntherapieumstellung erforderlich ist, soll das auch wirklich bedacht passieren und nicht voreilig stattfinden. Es sollte insbesondere keine Therapiepause oder ein Therapieabbruch riskiert werden, da das dann nicht nur gefährlich für Sie, sondern auch für das ungeborene Kind ist.
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