Negatives Ergebnis bei einem Prostatakrebs-Gentest
Wenn Ihnen in der genetischen Beratung mitgeteilt wird, dass Ihr Ergebnis negativ ist, heißt das, dass die untersuchte Genveränderung nicht gefunden wurde.
Bedeutung eines negativen Keimbahntests
Ein negativer Keimbahntest des Blutes bedeutet, dass Sie die gesuchte Risiko-Genveränderung nicht tragen. Das heißt:
- Ihr Prostatakrebs-Risiko ist im Vergleich zur Normalbevölkerung nicht erhöht.
- Aber: Auch mit einem negativen Testergebnis kann man Prostatakrebs bekommen.
- Es kann sein, dass Sie eine noch nicht bekannte Risiko-Genveränderung haben – vor allem wenn es in Ihrer Familie mehrere oder sehr junge Betroffene gibt, oder deren Gentest negativ war. Daher kann trotz negativem Ergebnis ihr Risiko etwas erhöht sein. Bei der genetischen Beratung werden alle diese Aspekte und die konkreten Auswirkungen für Sie individuell besprochen.
- Wenn Sie bereits einen Prostata-Tumor hatten und Ihr Keimbahn-Test negativ ist, bedeutet das ein niedrigeres Risiko für ein Wiederkommen des Tumors (Rezidiv) oder eines zweiten Tumors.
Bedeutung eines negativen Tumortests
Ein negativer Tumortest bedeutet, dass im Tumor keine relevanten Genmutationen gefunden wurden. Das bedeutet für Sie:
- Der Tumor verläuft weniger aggressiv (allerdings müssen für diese Einschätzung auch andere Parameter berücksichtigt werden z.B. die mikroskopische Betrachtung der Zellen).
- Das Risiko für Metastasen und Rezidive ist geringer.
- Therapien, basierend auf einem Gentest (wie die PARP-Inhibitoren), kommen nicht zum Einsatz, weil dann nach bisherigen Erfahrungen die Erfolgsaussichten bei ähnlichen Nebenwirkungen geringer sind.
- Bei einem negativen Tumortest ist auch keine Keimbahnveränderung zu erwarten.
Unklares Ergebnis bei einem Prostatakrebs-Gentest
Das Ergebnis eines Gentests kann eindeutig positiv sein (das heißt, dass eine relevante Veränderung gefunden wurde), oder eindeutig negativ sein (das heißt, dass keine relevante Veränderung gefunden wurde) oder nicht eindeutig, also unklar sein.
Ergebnis unsicheren Verhaltens
Wenn in einem Gen Veränderungen gefunden werden, können diese Auswirkungen auf die Funktion des Gens und damit z.B. auf das Tumorrisiko haben; oder sie können auch keine Auswirkungen haben. Bei manchen gefundenen Veränderungen ist noch nicht bekannt, wie sich diese auswirken. Man nennt das ein „Ergebnis unsicheren Verhaltens“ oder „Ergebnis unklaren Verhaltens“.
Gene als Rezepte
Wir können uns Gene als ein Rezept vorstellen, in dem verschiedene Zutaten aufgelistet sind. Wenn in dem Rezept statt Topfen Quark steht, wird der Kuchen trotzdem gut. Wenn da aber statt Topfen Pfeffer steht, sicher nicht. Bei Rahm wissen wir es vielleicht noch nicht, vor allem wenn wir noch nicht so viele Kuchen mit Rahm gebacken haben – wir also wenig Daten zu den Auswirkungen der Genveränderung haben.
Die Wissenschaft entwickelt sich stetig weiter und es gibt weltweite Gen-Datenbanken. Daher kann es sein, dass man in wenigen Jahren die Auswirkungen eines heute noch unklaren Ergebnisses kennt.
Ein Ergebnis unsicheren Verhaltens heißt nicht, dass es einen Fehler beim Test gab und der Test wiederholt werden muss. Das Gen und seine Veränderung wurden klar identifiziert, nur die Bedeutung der Veränderung ist nicht klar.
Eine erneute genetische Beratung nach beispielsweise zwei Jahren wird empfohlen. Bis dahin ist vielleicht besser bekannt, ob die gefundene Veränderung von Bedeutung ist. Vor einer erneuten Beratung muss in der Regel keine weitere Blutabnahme erfolgen.
Bedeutung eines unklaren Ergebnis
- Es kann sein, dass Sie ein durchschnittliches oder erhöhtes Risiko für Krebs haben.
- Zur besseren Einschätzung ist zusätzlich zu dem bereits durchgeführten Gentest die Betrachtung der Krebsfälle bei Ihren Blutsverwandten sinnvoll, sowie ggf. die Untersuchung weiterer Gene.
- Für die Tumortherapie wird die Verwendung Gentest-abhängiger Therapien in der Regel nicht empfohlen.
- Ein unklares Ergebnis kann verunsichern. Denken Sie daran, dass Ihr Krebs-Risiko wahrscheinlich gar nicht oder nicht so stark erhöht ist wie bei einem positiven Ergebnis. Der Unsicherheit können Sie z.B. begegnen, in dem Sie sich mit von ähnlichen Ergebnissen Betroffenen austauschen und an Vorsorgeangeboten teilnehmen.
- Vorsorgemaßnahmen sollten so erfolgen, als ob Sie ein positives Ergebnis hätten.
Auswirkungen eines negativen oder unklaren Ergebnisses
Natürlich kann man auch mit einem negativen Ergebnis an Krebs erkranken. Das Erkrankungsrisiko ist bei einem negativen Test-Ergebnis ja in etwa so hoch wie bei Menschen ohne Prostatakrebs in der Familie. Die größten Risikofaktoren für Krebs sind Alter und Faktoren wie Lebensstil und Rauchen – und nicht das Gentest-Ergebnis.
Vorsorge bei negativem oder unklarem Ergebnis
Sie sollten unbedingt auch zu allen Vorsorge- und Früherkennungsuntersuchungen gehen.
- Ein früherer Beginn damit ist bei einem negativen Test aber in der Regel nicht nötig. Ausnahmen sind bei hoher familiärer Belastung möglich. Das wird in der genetischen Beratung genau mit Ihnen besprochen.
- Bei einem unklaren Ergebnis sollten Sie hingegen schon in einem früheren Alter und ggf. auch häufiger Vorsorgeuntersuchungen wahrnehmen als üblich, so wie es auch bei einem positiven Test empfohlen wird.
Von invasiven Maßnahmen oder gar vorsorglichen Operation ist bei negativem oder unklarem Ergebnis abzuraten.
Ein gesunder Lebensstil ist unabhängig vom Test-Ergebnis immer zu empfehlen. Siehe auch Lektion 3, „Auswirkungen eines positiven Keimbahntests“.
Diskussion der Prostatakrebs-Vorsorge
- Bei der Vorsorge kann, vor allem im fortgeschrittenen Alter, immer auch ein Krebs entdeckt werden, der so langsam wächst, dass er zu Lebzeiten keine Probleme machen würde. Die Entdeckung des Krebs führt aber zu einer psychischen Belastung und eventuell auch Therapie mit Nebenwirkungen.
- Beim PSA-Test werden manchmal erhöhte Werte gemessen, ohne dass Sie Krebs haben. Daher sollte die Vorsorge nicht nur aus der PSA-Messung bestehen. Die/Der UrologIn kann die Prostata abtasten und ggf. weitere Untersuchungen veranlassen, um zu beurteilen, ob Krebs vorliegt und wie aggressiv dieser ist. So kann man manchmal abwarten, beobachten und beruhigen, obwohl ein Krebs gefunden wurde.
- Wenn ein aggressiver Tumor gefunden wird, ermöglicht die Diagnose bei der Vorsorge oft noch eine deutliche Verlängerung der Lebenserwartung oder gar Heilung.
- Die urologische Vorsorge inklusive Abtasten der Prostata ist nicht schmerzhaft, höchstens unangenehm, aber oft lebensrettend.
Geprüft Univ.-Prof. Dr. Thomas Bauernhofer: Stand Juli 2021 | AT-4996 | Quellen und Bildnachweis