Blog | Krankheit bewältigen

Gemeinsam stark: Wie Selbsthilfegruppen PatientInnen und Angehörige unterstützen

Gemeinsam-stark-Krebs-Freunde

Hierzulande sind rund 40 Prozent aller Menschen von chronischen Erkrankungen bzw. Krebs betroffen. Unterstützung, Information und Beratung können Betroffene und Angehörige unter anderem von Selbsthilfegruppen erhalten. Das ist besonders im Zeitraum direkt nach der Diagnose wichtig.

Information, Austausch, sozialer Support

Selbsthilfegruppen übernehmen vielfältige Aufgaben. Vor allem sind sie Ansprechpartner und Hilfe bei allen Fragen rund um die Erkrankung, sowohl für PatientInnen als auch für Angehörige. Bei Treffen einer Selbsthilfegruppe können sich Betroffene mit anderen austauschen, oder an gemeinsamen Aktivitäten in der Gruppe teilnehmen. Soziale Isolierung und Ängste können dadurch abgebaut werden. Oft arbeiten dabei auch mehrere Selbsthilfegruppen zusammen, um Ressourcen zusammen zu nutzen, zum Beispiel im Rahmen gemeinsamer Veranstaltungen.

Besonders nach der Diagnose wichtig

Die Zeit nach der Diagnose einer Erkrankung ist eine besondere Herausforderung. „Auf den Patienten kommt sehr viel Neues zu. Wir geben Tipps für den Alltag, für den Umgang mit der Erkrankung und erklären, wo verlässliche Informationen zu finden sind“, erklärt Elfi Jirsa, Leiterin der Myelom- und Lymphomhilfe Österreich.

Die MitarbeiterInnen in Selbsthilfegruppen sind in der Regel selbst von der Erkrankung betroffen oder sind Angehörige eines Betroffenen. Deshalb können sie PatientInnen aus eigener Erfahrung heraus beschreiben, wie sich der Alltag verändern wird, wie Therapien ablaufen und wie sich Nebenwirkungen verhindern oder lindern lassen. Sie organisieren Vorträge zur Information über die Erkrankung und nennen Stellen, wo Betroffene sich über ihre sozialen und rechtlichen Ansprüche informieren können. Selbsthilfegruppen leisten zudem öffentliche Aufklärungsarbeit, denn schwere Krankheiten sind heute immer noch ein Tabuthema, auch wenn sich das langsam ändert.

Mehr Information bedeutet weniger Ängste

Nur wer alle Informationen über seine Krankheit und die Therapie versteht, kann selbstbestimmt mitentscheiden. „Es nimmt Angst, wenn man gut informiert und vorbereitet ist“, so Elfi Jirsa. Selbsthilfegruppen informieren aber nicht nur über die Erkrankung. Sie beraten PatientInnen auch über viele weitere Optionen, die sie haben. Dazu gehört das Aufsuchen psychologischer Beratungsstellen oder die Möglichkeit, eine Zweitmeinung in einem Spezialzentrum für die Erkrankung einzuholen.

Studien zeigen, dass die Teilnahme an Selbsthilfegruppen das psychische Wohlbefinden verbessern, Ängste und Depressionen vermindern, die Lebensqualität erhöhen und den Umgang mit der Erkrankung erleichtern kann. Auch Angehörige profitieren von Selbsthilfegruppen. In einer Vergleichsstudie empfanden pflegende Angehörige von Demenzkranken ihre Belastung als deutlich geringer, wenn sie regelmäßig eine Selbsthilfegruppe besuchten.

Was tun, wenn keine Selbsthilfegruppe in der Nähe ist?

Vielleicht wohnen Sie eher ländlich, sind nicht mobil oder leiden unter einer seltenen Erkrankung, für die es keine große Anzahl an Selbsthilfegruppen gibt? In solchen Fällen gewinnt die Online-Selbsthilfe immer mehr an Bedeutung. Foren, Online-Gruppen aber auch Kurse, wie sie hier auf selpers zu finden sind, können PatientInnen dabei helfen, sich zu informieren und die Krankheit besser zu bewältigen. Bei konkreten Fragen können Sie sich aber auch jederzeit per E-Mail oder telefonisch an eine Selbsthilfegruppe wenden.

„Das Leben geht weiter“

„Unser Ziel ist, dass die Menschen ihren Fokus nicht allein auf die Erkrankung legen, sondern feststellen: Das Leben geht weiter“, sagt Elfi Jirsa. „Wer die Erkrankung als Teil seines Lebens akzeptiert, kann sich aktiv um eine möglichst hohe Lebensqualität kümmern.“ Wichtig ist, dass Patienten sich nicht zurückziehen, sondern weiter am Leben teilnehmen und soziale Kontakte pflegen. Menschen mit einem gefestigten sozialen Umfeld sind laut Studien besser informiert und tun mehr für ihre Lebensqualität. Mehr darüber können Sie im Artikel „Wichtigkeit des sozialen Umfelds für Krebspatienten“  nachlesen.

Es braucht Mut und Stärke eine Erkrankung anzunehmen und sich bewusst mit ihr auseinanderzusetzen. Selbsthilfegruppen können dabei eine wichtige Unterstützung leisten. Wer nicht an Gruppentreffen oder Freizeitaktivitäten teilnehmen kann oder möchte, kann trotzdem Informationen sowie emotionale und soziale Unterstützung erhalten. Fast alle Gruppen sind auch telefonisch, per E-Mail oder über die sozialen Netzwerke erreichbar. Trauen Sie sich und nehmen Sie Kontakt auf.

 

Autorin: Dr. Silvia Nold

Bildnachweis: Macrovector | Bigstock