Eine Krebserkrankung geht oft mit widersprüchlichen Emotionen wie Angst, Verzweiflung oder Hoffnung einher. Eine Möglichkeit, dieses Gefühlschaos zu bewältigen, ist die Musiktherapie. Lesen Sie hier mehr über die heilsamen Klänge!
Musiktherapie: Heilsame Klänge als alternative Therapieform
„Musik drückt aus, was nicht gesagt werden kann und worüber zu schweigen unmöglich ist“, schrieb der französische Schriftsteller Victor Hugo, in dessen Dramen zumindest ein oder mehrere Lieder vorkamen. Einen Komponisten bat er gar „diesen toten Buchstaben Seele und Leben zu geben“. Er wusste, dass Musik einen direkten Zugang zu unseren Emotionen hat und eben dies macht sich heute die Musiktherapie zunutze.
Immer mehr klinische Einrichtungen setzen auf diese kreativtherapeutische Methode. Wenn man an den sterilen Klinikalltag eines Onkologiepatienten denkt, wird vorstellbar, dass die Kraft der Musik in all ihren Facetten eine sinnvolle Ergänzung zu einer medizinisch-onkologischen Therapie darstellen und Patienten in der Krankheitsbewältigung unterstützen kann.
Individuelle Musiktherapie: Musik passt sich Bedürfnissen an
Für Musiktherapeutin Carmen Asanger, die in freier Praxis und im Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern in Linz auf der Palliativstation tätig ist, bedeutet ihre Arbeit „Menschen zu begleiten, deren Leben und Lebensrhythmus durch eine unheilbare Erkrankung erschüttert worden ist“.
„Häufig leiden sie an Müdigkeit und Schwäche und sind doch dabei oftmals von innerer Unruhe und Schlaflosigkeit geplagt“, weiß Asanger. In solchen Fällen ist die Musiktherapie hilfreich, um dem Bedürfnis nach Entschleunigung, nach Ruhe und Entspannung Raum zu geben. Wie? Indem sie als Therapeutin etwa durch ihr Spiel musikalische Atmosphären schafft, in denen sich der Patient aufgehoben fühlt.
Asanger, die mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen arbeitet, beobachtet, dass aber ebenso – je nach Krankheitsverlauf – häufig auch Kraft frei werde, selbst aktiv zu werden und dem eigenen Er-Leben Ausdruck zu verleihen.
Spurbare Klänge als Therapie für Leib und Seele
In der therapeutischen Arbeit werden einfach spielbare Musikinstrumente verwendet oder die aufgrund ihrer Klangeigenschaften auch körperlich spürbar sind. „So erfahren Kranke, deren Alltag durch medizinische und pflegerische Eingriffe stark vom Handeln anderer abhängig ist, dass sie ihr Leben selbst mitgestalten können“, beschreibt Asanger eine mögliche Wirkung der Therapie.
Eine Onkologiepatienten beschreibt dieses Erleben so: „Die Musik schafft einen Raum nur für mich und mein Ich. So kann ich dem Trott der Geräte und der Klinik zumindest für den Moment entfliehen und ich fühle mich körperlich besser“.
Insbesondere dort, erklärt Asanger, wo die medikamentöse Therapie körperlicher Symptome – wie etwa von Schmerzen, Übelkeit und Erbrechen – an Grenzen stößt, kann Musiktherapie hilfreich sein.
Musiktherapie: Das Krankenzimmer als Konzertsaal
Ein Studienprojekt über die Effekte von Live-Musik am Krankenbett wurde von Univ. Prof. Dr. Peter Kalhs, Oberarzt für Knochenmarktransplantation an der Universitätsklinik für Innere Medizin I am Wiener AKH initiiert. „Wir stellten uns die Frage, ob klassische Musik die Lebensqualität positiv beeinflussen könnte“, so Dr. Kalhs. Mit den Wiener Philharmonikern wurde ein würdiger Partner gefunden und infolge am Krankenbett getestet, ob die Werke von Bach, Mozart und Kreisler den Organismus positiv und nachhaltig beeinflussen.
„Wir konnten bei allen Patienten, auch jenen die vorher keinen Bezug zur klassischen Musik hatten, eine nachhaltige Entspannung und freudige Erregung verzeichnen“, so Kalhs, der einräumt, dass der Live-Effekt sicherlich dazu beigetragen habe. Für die konzertsaalerfahrenen Geiger wiederum war die Teilnahme eine „außergewöhnliche und berührende Erfahrung“, weshalb sie angesichts der Patientennachfrage ihr Engagement fortsetzten. Ein Beweis mehr, dass Musik richtig eingesetzt heilsam ist – und frei von Nebenwirkungen!
Wenn die Seele musiziert
Die Diagnose Krebs stellt eine außerordentliche psychische Belastung dar. Studien zufolge leidet ein Drittel der Patienten an Depressionen und Ängsten. Da Musik bei den meisten Menschen positiv besetzt ist, wird sie vermehrt therapeutisch eingesetzt. Generell werden mit Musiktherapie Menschen mit körperlichen, seelischen oder sozialen Störungen sowie Leidenszuständen behandelt. Ziel ist, Symptome zu lindern oder zu beseitigen und die Gesundheit und die Lebensqualität des Erkrankten zu fördern.
In der Behandlung kommen aktives Spielen, Musikhören oder auch die Stimme zum Einsatz. Der Patient benötigt weder musikalisches Talent noch eine Vorbildung wie das Beherrschen eines Instrumentes. Musiktherapie kann helfen Spannungen zu regulieren und die Stimmungslage positiv zu beeinflussen.
Autorin: Mag. Dina Elmani-Zanka, MSc
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