9. Gutes Leben mit CLL – Alle Fragen

Willkommen. Mein Name ist Christina Ochsner. Ich bin seit über 20 Jahren in der 1. Medizinischen Abteilung, Zentrum für Onkologie und Hämatologie der Klinik Ottakring, vormals Wilhelminen Spital, tätig. Mein Aufgabenbereich umfasst die psychoonkologisch/psychologische Beratung und Begleitung von Krebs-Patientinnen und -Patienten und ihren Angehörigen.

Unser heutiges Thema wird sein: „Gutes Leben mit CLL“, und ich freue mich, wenn ich die folgenden Fragen für Sie beantworten kann.

Umgang mit der CLL Diagnose

Ich habe eine CLL-Diagnose. Wie gehe ich damit um?

Eine Krebs-Diagnose, und CLL ist eine Krebs-Erkrankung, zu erhalten, ist eine Riesenherausforderung. Ich würde sogar sagen, es ist eine Überforderung. Und wie gehe ich damit um? — So gut ich kann.

Es gibt da keine Formel, es gibt keine Anleitung. Wir sind individuell.
Genauso ist auch unsere Herangehensweise. Manche haben Unterstützung, manche können auch auf Krisen zurückgreifen, in denen sie Menschen hatten, die ihnen beigestanden sind, wo sie auch Verhaltens-, Reaktionsmuster hatten, die hilfreich waren. Es hilft sehr, sich an diese Situationen und das daraus Gelernte zu erinnern.
Aber grundsätzlich würde ich sagen, es wäre sehr gut, wenn Sie ein gutes Behandlungsteam haben.

Zusätzlich können Sie auch aus meiner Berufsgruppe Unterstützung anfordern. Das steht Ihnen zu – während dem ganzen Behandlungsverlauf.

Gibt es bestimmte Phasen in meiner Krankheitsverarbeitung?

Jein. Es gibt jetzt keine linearen Phasen, also Abfolge von Phase eins, zwei, drei, vier. Ich würde eher sagen, es ist ein bisschen wie eine Hochschaubahn. Diese Phasen wechseln sich ab.

Grundsätzlich ist jede Gefühlsäußerung, jede Wahrnehmung, die Sie haben, richtig. Also auch da würde ich Ihnen gerne den Druck nehmen. Wenn Sie in einer Phase sind, müssen Sie dann in die Nächste kommen, und Sie dürfen nicht mehr in einem Gefühlszustand sein, der vielleicht der ersten Phase zugeschrieben wird? Nein.

Was wir alle gemeinsam haben in solchen Situationen, ist, dass die erste Phase ein Schock ist. Ein absoluter Kontrollverlust, eine Orientierungslosigkeit. Erst im Zuge des Informationsaustauschs mit Ihren Behandlungsteams und vielleicht auch durch Unterstützung tritt ein bisschen Beruhigung ein. Man hat Informationen, man weiß ein bisschen Bescheid. Und dann kann es durchaus sein, dass man wieder in eine Phase kommt, wo man wütend, niedergeschlagen und traurig ist.

Und das ist okay so.
Sehr gern würde ich Ihnen einen Satz von Viktor Frankl sagen, der in einem anderen Zusammenhang gemeint hat:
„Es ist normal, in einer abnormalen Situation abnormal zu sein.“
Und ich würde Sie gerne ermutigen, dass Sie sich das auch gönnen.

Muss ich mein Leben verändern?

Grundsätzlich: Ja und Nein, weil die Diagnose natürlich gewisse Untersuchungen notwendig macht, gewisse Kontrolltermine, vielleicht auch eine Therapie. Also da wird eine Veränderung notwendig sein, weil Sie Termine einhalten werden müssen, weil Sie vielleicht Medikamente bekommen.

Aber ansonsten würde ich glauben, dass es durchaus möglich ist, diese Dinge in Ihren Alltag zu integrieren und, soweit Sie möchten, Ihr gewohntes Lebensprogramm weiterzuführen.

Das kann man auch mit dem Behandlungsteam abstimmen.

Und dann haben Sie natürlich die Möglichkeit, Ihr Leben zu ändern, wo Sie vielleicht eine Änderung möchten oder wo Sie vielleicht für sich überlegen: „Was könnte ich ändern?“ Das ist manchmal bei Krebsdiagnosen der Fall, dass manche Menschen sich überlegen: „Wozu mache ich das?“

Also diese Einladung, die haben Sie natürlich immer, etwas in Ihrem Leben zu ändern, um es zu verbessern.

Was kann ich tun, wenn nach meinem Diagnosegespräch weitere Fragen auftreten?

Wenn Fragen nach einem Arztgespräch auftreten, finde ich das sehr gut, weil es bedeutet, dass Sie nachdenken. Es bedeutet, dass Sie auch versuchen, die Informationen, die Sie bekommen haben, ein bisschen zu ordnen und für sich durch diese Informationen mehr Sicherheit zu bekommen. Vielleicht auch Empfehlungen ein bisschen besser zu verstehen und nachzuvollziehen.

Und diese Fragen für sich zu notieren, das würde ich machen. Einfach alles, was Ihnen einfällt. Diese Fragen auch tatsächlich für das nächste Gespräch mit Ihrem Behandlungsteam vorbereiten, mitnehmen und sich da auch keine eigenen Schranken zu setzen, wie: „Was darf ich fragen, was darf ich nicht fragen?“ – Sie dürfen alles fragen.

Wann sollte ich Kontakt mit meiner Ärztin/meinem Arzt oder CLL-Expert:innen aufnehmen?

Wann immer Sie sich körperlich unwohl fühlen, unbedingt.

Wenn Sie Symptome nicht zuordnen können und Sie vielleicht glauben, dass diese mit der CLL zu tun haben könnten.

Und natürlich auch, wenn Ihnen Fragen in den Sinn kommen, die nicht besprochen wurden. Oder aber wo Sie sagen: „Ich kann das nicht nachvollziehen. Es ist für mich nicht ganz verständlich, wieso wurde das gesagt? In welchem Kontext ist es zu sehen?“ Also Fragen, die Sie beunruhigen. Sie können in sich gehen und sich fragen, inwieweit es für Sie aushaltbar wäre, damit bis zum Kontrolltermin zu warten. Wenn Sie für sich sagen: „Nein, solange kann ich nicht warten.“, dann können Sie einen sofortigen oder früheren Termin erbitten.

Darf ich mir eine Zweitmeinung einholen?

Unbedingt. Ich bitte Sie darum. Sie dürfen alles. Sie sind die Hauptperson. Es geht um Sie.

Und bei wem? – Da würde ich Sie wirklich ermutigen wollen, dass es eine CLL-Expertin oder ein CLL-Experte ist. Also dass es tatsächlich jemand ist, der sich mit dieser Diagnose, mit dieser Erkrankung gut auskennt. Naheliegend wäre ein Tumorzentrum. Hier können Sie überlegen: „Wer ist ein seriöser Gesprächspartner für eine Zweitmeinung?“ Und ja, Sie dürfen sich das auch gönnen. Man macht das für Urlaubsreisen, man macht es, wenn man sich ein Haus kauft oder Einrichtungsgegenstände – dabei ist es absolut normal, mehrere Kostenvoranschläge einzuholen. Und ich denke, wenn es um die Gesundheit geht und um Ihren Körper, sollten Sie wichtige Entscheidungen noch besser abwiegen.

Hier geht es zum Video-Interview: „Umgang mit der CLL Diagnose”

Therapieentscheidung bei CLL

Bei mir wird eine Therapie erforderlich. Was bedeutet das für mich und wie gehe ich damit um?

Grundsätzlich: Wenn eine Therapie bei Ihnen erforderlich ist, gab es schon ein Gespräch mit Ihrem Behandlungsteam. Also das heißt: Da gab es bereits einen Ablauf an Informationen, an Austausch, an möglicherweise Entscheidungen, die Sie auch treffen mussten, wo Sie überlegt haben: „Okay, eine Therapienotwendigkeit könnte langsam auf mich zukommen.“ Und jetzt ist der Punkt, wo diese Therapie notwendig ist. Überlegen Sie einfach: „Gibt es da noch offene Fragen zur Therapie?“

Sind es noch Fragen, die Sie verunsichern? Dann zu überlegen: Was bedeutet diese Therapie konkret im Sinne Ihres Alltags? Müssen Sie dafür in ein Krankenhaus? Können Sie diese Therapie zu Hause machen? Wie lange wird diese Therapie dauern?

Es macht Sinn, diese Dinge im Vorfeld abzufragen, weil man sich dann einfach besser darauf einstellen kann, was einen erwartet. Und es gibt ein bisschen Sicherheit und auch ein Kontrollgefühl, zu wissen:

„Es gibt einen Plan, und ich bin in diesen Plan involviert. Ich bin sozusagen Teil des Teams, und ich weiß, was jetzt auf mich zukommt.“ Das ist immer ein gutes Wissen, es beruhigt und es entängstigt. Je mehr wir wissen, was auf uns zukommt, umso leichter gehen wir damit um.

Wie kann ich mir sicher sein, dass ich ausreichend informiert bin und die Therapie- Empfehlung die für mich Richtige ist?

Sich sicher sein, ob Sie ausreichend informiert sind – das glaube ich, ist, wenn Sie keine Fragen haben, wenn Sie für sich sagen können: „Ich habe keine offenen Fragen mehr.“

Wenn Sie die Entscheidung zu dieser Therapie nachvollziehen können. Wenn Sie nachvollziehen können, wieso Ihnen diese Therapie vorgeschlagen wurde. Wenn Sie für sich Fragen beantworten können wie: „Wieso gerade diese? Gab es noch andere Optionen? Wieso sind die nicht für mich geeignet?“

Wenn Sie tatsächlich in diese Therapie-Entscheidung eingebunden sind. Dann glaube ich, dann spüren Sie: „Das ist für mich die Richtige.“

Sollten Sie dennoch unsicher sein, wäre auch da vielleicht eine Möglichkeit, jemanden zu Ihrem Therapiegespräch oder Entscheidungsgespräch mitzunehmen und das noch einmal in einem Familienverband, in Ihrem sozialen Umfeld zu besprechen: „Was sagt ihr dazu? Gibt es da vielleicht irgendwelche Einwände oder ist es die richtige Entscheidung?“ Und wenn Sie immer noch für sich sagen: „Ganz sicher bin ich mir nicht…“, spricht auch nichts dagegen, sich hier eine Zweitmeinung zu holen, und zu sagen: „Ich möchte gerne noch von einer anderen Expertin oder einem anderen Experten hören, welche Therapie mir angeboten wird.“ Und wenn sich das deckt, wunderbar. Es ist eine Bestätigung, die uns gut tut.

Und wenn nicht, werde ich überlegen, was Pro und Contra für die erste oder die zweite Entscheidung spricht. Und dann kann man sich auch eine dritte Meinung einholen. Also da gibt es, glaube ich, genug Möglichkeiten für Sie, abzuklären oder eine Entscheidung zu finden, mit der Sie sich sicher fühlen.

Wie finde ich die für mich passende Therapie?

Die sollten Sie nicht finden müssen. Die sollte Ihnen vorgeschlagen werden. Und da würde ich wieder an die vorherige Frage anknüpfen wollen: Das ist einfach im Sinne einer gemeinsamen Entscheidungsfindung. Also im Austausch mit Ihrem Behandlungsteam und Ihren Angehörigen, je nachdem wie Ihnen das recht ist. Sie sind Experte Ihres Körpers. Sie sind der Mensch mit der Erkrankung, mit einer CLL-Diagnose. Und auf der anderen Seite sitzt ein Behandlungsteam aus CLL-Expertinnen und CLL-Experten. Hier sollen Sie auf Augenhöhe tatsächlich so weit Informationen bekommen, dass Sie für sich eine gute Entscheidung treffen können.

Und wir sagen immer wieder: Der Patient ist im Mittelpunkt, und verwenden auch diese englische Phrase „Shared Decision Making“, also immer wieder dieses proklamierte „Es ist ganz wichtig, dass Sie da auch involviert sind.“ Es ist so. Natürlich gibt es Menschen, die dann sagen: „Ich kenne mich nicht aus, und die machen schon das Richtige für mich.“ Wenn das für Sie so in Ordnung ist, dann ist es gut. Aber grundsätzlich ist es schon hilfreich, wenn Sie in diese Entscheidungsfindung eingebunden sind.

Ich habe viele Informationen bekommen und bin jetzt in einem Entscheidungskonflikt. Was kann ich tun?

Wir spüren, wenn es uns zu viel ist an Informationen. Dann kann es durchaus sein, dass wir in eine ambivalente Situation kommen, also tatsächlich auch einen Entscheidungskonflikt spüren und dann nicht wirklich wissen, welche Entscheidung jetzt für uns richtig ist.

Da wäre eine Idee, zu ordnen und einfach auch zu schauen: Wie können Sie die Informationen ein bisschen für sich in Ordnung bringen? Also vielleicht nach gewissen Punkten, nach einer gewissen Thematik ordnen und dann schauen: Welche Fragen sind da vielleicht offen?

Es ist auch eine Möglichkeit zu überlegen: Was gibt es an Pro und Contra? Also gibt es hier in diesem Entscheidungskonflikt Punkte, wo Sie sagen: „Da sträubt sich etwas in mir“? Oder: „Das kann ich nicht nachvollziehen. Ich verstehe es nicht.“ Also wirklich herauszufinden: Was ist es genau, was Ihnen eine Entscheidung schwer macht?

Vielleicht wollen Sie das auch mit jemandem gemeinsam machen. Das kann natürlich jemand aus Ihrem Umfeld sein, das kann aber auch jemand aus meiner Berufsgruppe sein. Denn es ist hilfreich, wenn das jemand ist, der ein bisschen neutral ist. Also jetzt in meinem Fall wäre ich zum Beispiel keine Medizinerin, aber ich bin trotzdem im System beziehungsweise im Behandlungsteam eingebunden. Und auf der anderen Seite: Ich bin nicht mit Ihnen verwandt und stehe Ihnen emotional nicht nahe. Das heißt, Sie müssen nicht auf mich Rücksicht nehmen und ich auf Sie auch nicht wirklich. Trotzdem ist es aber ein wertschätzender Umgang und Sie stehen im Vordergrund. Und wie kann man gemeinsam, ein bisschen wie mit einem Sparringpartner, vielleicht diese Unsicherheiten, diese Konfliktpunkte durchgehen, eine Lösung finden und gemeinsam überlegen: Wie kommen Sie zu den Antworten, die Sie brauchen, um eine für Sie gute Entscheidung zu fällen?

Hier geht es zum Video-Interview: „Therapieentscheidung bei CLL”

Leben mit meiner CLL-Therapie

Ich merke, dass ich immer weniger Lust bekomme, die Tabletten regelmäßig einzunehmen. Was kann ich tun?

Das wäre eine Frage oder eine Beobachtung, die ausschließlich an die Personen in Ihrem Behandlungsteam zu richten ist, weil die einfach auch wissen, wieso Sie diese Tabletten schlucken sollten. Die auch bestimmen können, ob die Dosierung veränderbar ist. Die auch abstimmen können, ob Sie aus anderen Gründen ganz andere Medikamente auch noch nehmen. Die erkennen können, ob die Menge zu viel ist und die vielleicht auch hier mit Ihnen abstimmen können, ob man gewisse andere Medikamente vielleicht reduzieren kann. Die vielleicht auch sagen können: „Man kann eine Pause machen.“

Die Frage wäre auch: Was genau ist es, wieso Sie diese Tabletten nicht mehr schlucken möchten oder können? Liegt es an der Beschaffenheit der Tablette? Liegt es an der Trägerlösung? Es gibt durchaus Patientinnen und Patienten, die erzählen, sie können nicht mehr so viel Wasser trinken, wie sie müssten, um diese Tabletten zu schlucken. Da wäre auch eine Idee zu fragen: „Darf es auch was anderes sein? Könnte ich es mit Joghurt versuchen oder mit Apfelmus?“ Sind Sie sich da bewusst: Alles ist möglich. Je mehr Sie fragen und je konkreter Sie formulieren, was schwierig oder unmöglich für Sie ist, umso leichter findet man eine Lösung.

Aushalten ist nicht immer die beste Lösung. Ich würde Sie gerne ermutigen, dass Sie das bei Ihrem Behandlungsteam ansprechen.

Wer kann mir sagen, mit welchen Einschränkungen ich während der Therapie rechnen muss?

Ich würde sagen: Ihr Behandlungsteam. Das sind die, die Ihnen die für Sie richtige Therapie vorgeschlagen haben und auch einfach Bescheid wissen: „Gibt es überhaupt Einschränkungen?“ Also dazu würde ich absolut Ihr Behandlungsteam befragen.

Hier geht es zum Video-Interview: „Leben mit meiner CLL-Therapie

Arztgespräch und Kontrolltermine bei CLL

Darf ich zum Arztgespräch jemanden mitnehmen?

Dürfen auf jeden Fall. Sie bestimmen. Es geht um Sie, um Ihr Leben, um Ihre Gesundheit. Und wer auch immer Ihnen da hilfreich erscheint, den/die nehmen Sie mit. Das kann Ihre Partnerin oder Ihr Partner sein, das kann ein anderer Familienangehöriger sein, das können erwachsene Kinder sein. Das können aber auch Freund:innen sein, und das können auch Kolleg:innen sein.

Also Sie bestimmen: Welche Person ist in der Situation für Sie eine Stütze? Oder wer ist auch aktiv für Sie da und hilft Ihnen, sei es jetzt Fragen zu stellen, sei es Dinge zu thematisieren, an die Sie vielleicht nicht gedacht haben. Wenn Sie jemanden mitnehmen, wer auch immer das für Sie ist, das entscheiden Sie. Vom Behandlungsteam aus ist jeder, der Ihnen recht ist, willkommen.

Wie bereite ich mich auf mein Arztgespräch vor?

Wie Sie sich auf das Arztgespräch vorbereiten, hängt von folgenden Faktoren ab:

Welche Vorinformationen hatten Sie schon? Also gibt es schon Fragen, die sich aus Vorinformationen ergeben, die ganz speziell sind? Oder sind es allgemeine Fragen? Und wirklich hier auch keine innere Korrektur zu haben: „Was darf ich nicht fragen?“ Sie dürfen alles fragen.

Alles, was Ihnen am Herzen liegt. Und das können Dinge sein wie die Ablauforganisation, das können Dinge sein, die die Therapie betreffen. Es können Dinge sein, die Sie irgendwo gelesen haben, von denen Sie nicht genau wissen: „Betrifft mich das auch?“ Sie sind die Expertin oder der Experte Ihres Körpers. Und vis-à-vis sitzen die Expertinnen und Experten der CLL. Und somit ist jede Frage, die Ihnen wichtig erscheint, eine gute Frage.

Und sich vorbereiten, ich würde auch da wieder sagen: Notieren Sie sich Ihre Fragen. Vielleicht haben Sie auch im Umfeld Leute, mit denen Sie die Fragen gerne auch abstimmen wollen. Es kann sein, dass da andere Fragen dazukommen. Eine Idee, die ich auch immer gerne weitergebe, ist: Wenn Sie sich die Fragen notieren, lassen Sie sich ein bisschen Platz für die Antworten. Das ist etwas, was hilfreich ist beim Gespräch selber. Man muss nicht gleichzeitig Fragen stellen, die Antworten aufnehmen und sich merken, sondern man kann es einfach notieren und auch zu Hause reflektieren, nachdenken, mit jemandem besprechen.

Vielleicht auch, wenn Sie jemanden mit dabei hatten, mit der Person abgleichen. Wir kennen die Kommunikation – „gehört ist nicht verstanden“ und vielleicht ergeben sich daraus neue Fragen. Also tatsächlich auch sagen: „Ich mache mir da eine Mappe, ein Heft, und ich sammle das und ich notiere alle Fragen und Antworten.“

Ich habe Angst vor den Kontrollterminen. Darf das sein? Und wie gehe ich damit um?

Ja, das darf sein. Das ist eine völlig natürliche Angst. Die hat jeder. Ich kenne niemanden, der Kontrolltermine nicht mit einem mulmigen Gefühl wahrnimmt.

Die Frage wäre eher: Inwieweit beeinflusst Sie das und inwieweit beeinträchtigt das Ihre Lebensqualität, diese Kontrolltermine? Ist es ein mulmiges Gefühl und Sie sagen: „Wenn der dann vorbei ist, dann geht es mir wieder gut.“?

Ist es so, dass Sie vielleicht sagen: „Ich schlafe diese eine Nacht davor nicht so gut“?

Oder ist es etwas, wo Sie für sich sagen: „Das beeinträchtigt tatsächlich meine Lebensqualität enorm.“?

Also da zu überlegen: Was könnte Ihnen helfen?

Ist es ein Ritual am Abend davor? Vielleicht sind es Menschen, die Ihnen Sicherheit geben, bei denen Sie aussprechen können: „Ich fürchte mich.“ Und da ist jetzt jemand, der Sie beruhigt, der Sie vielleicht auch ablenkt, der mit Ihnen noch einen Spaziergang macht oder einen Film anschaut. Also tatsächlich Ihnen da auch gut beisteht.

Wenn Sie für sich sagen: Der Kontrolltermin ist am Tag X. Sie gehen hin und haben das Gefühl, wie es manche erzählen: „Es wird mir schon schlecht, wenn ich nur in das Krankenhaus reingehe, und ich sitze da in dem Warteraum. Diese Zeit ist enorm beängstigend und eine große Anspannung für mich.“

Überlegen Sie: Was können Sie machen? Also da gibt es durchaus Möglichkeiten, indem Sie zum Beispiel ganz banal, fast jeder von uns hat ein Smartphone, sich Musik runterladen. Musik, die Ihnen gut tut. Das können Gute-Laune-Lieder sein, das können aber auch Musikstücke sein, die Sie beruhigen. Wir wissen, dass unterschiedliche Rhythmen sehr wohl auch einen Einfluss haben und uns beruhigen oder nicht. Es kann sein, dass Sie sich vielleicht irgendwelche Podcasts anhören. Das ist eine kleine Ablenkung, auf die Sie sich nicht sehr konzentrieren müssen, aber die trotzdem diese Gedanken, die die Angst verstärken, unterbrechen.

Es gibt da auch Übungen. Davon haben Sie vielleicht schon gehört, vom Arzt Jacobson, der die Progressive Muskelentspannung quasi entdeckt hat. Bei der Muskelentspannung können Sie einzelne Muskelgruppen an- und entspannen, wie Ihre Faust, Ihre Füße, Ihr Gesäß. Und das ist etwas, das können Sie überall machen, ob Sie jetzt in der U-Bahn sitzen, ob Sie in einem Warteraum sitzen, das fällt nicht auf.

Eine Möglichkeit wäre auch noch diese sehr oft betonte Atemübung. Also bewusst Ihren Atem so zu steuern, bis Sie merken, dass mehrere Atemzüge Sie effektiv beruhigen. Wir wissen, dass das funktioniert, wenn tatsächlich die Einatemphase kürzer ist als die Ausatemphase.

Auch das können Sie überall machen, egal wie spät es ist, egal wo Sie sind. Den Atem haben Sie immer dabei.

Manche Menschen nehmen sich auch Dinge mit zum Lesen oder auch eine Begleitperson zur Ablenkung.

Und Sie können auch sagen, dass Sie gerne mit jemanden aus meiner Berufsgruppe, dem psychoonkologischen Dienst sprechen möchten. Das machen durchaus manche Patientinnen und Patienten. Sie haben vielleicht auch schon vorab ein Gespräch, also eine Form der Entlastung.

Und manche wünschen sich auch, dass man zum Kontrollgespräch mitgeht. Das geht. Manche haben auch gerne ein Nachgespräch, auch das ist möglich.

Also auch hier zu wissen: Es gibt vor Ort Menschen, die Ihnen unterstützend beistehen können. Gönnen Sie sich das einfach, wenn es Ihnen hilft.

Es gibt auch Menschen, die sind so aufgeregt und voller Angst, dass es tatsächlich hilfreich ist, ein Medikament zu nehmen und sich da auch nicht zu scheuen, es anzusprechen beim Behandlungsteam und es auch einzufordern. Sie werden es bekommen. Und wenn es Ihnen gut tut, dann ist es gut. Dann hat es den Sinn und Zweck erfüllt.

Es gibt auch Übungen für die Situation, in der Sie sagen: Sie spüren diese Angst sehr stark vor dem Kontrolltermin und Sie sitzen im Wartezimmer und Sie müssen warten. Sie spüren, es wird immer stärker. Es wäre natürlich wieder möglich, sich abzulenken, also diese Gedankenspirale zu unterbrechen.

Und da gibt es eine Übung, die nennen wir die 5-4-3-2-1-Übung. das ist gesamt gesehen gemeint und betrifft Ihre Sinne. Sagen Sie: „Ich nutze jetzt meine Sinne. Ich konzentriere mich darauf, wie ich zum Beispiel 5 Gegenstände in diesem Raum sehe und wahrnehme, und zähle die wirklich in Gedanken auf.“ Oder Sie notieren es sich.

Und dann als nächstes 4 Dinge, die Sie hören. Ein Telefonklingeln, eine Stimme, eine Tür.

Und als nächstes 3 Dinge, die Sie fühlen, die Sie spüren können. Das kann der Stoff Ihrer Hose sein. Das kann die Sitzfläche sein.

Und dann 2 Dinge, die Sie riechen können in dem Raum, vielleicht Ihr eigenes Parfüm, oder das von einem Sitznachbarn.

Und zuletzt 1 Ding, das Sie schmecken können. Wie ist Ihr Geschmack?

Wenn Sie sagen, Sie spüren schon eine Beruhigung nach einem Durchlauf, gut – Sie können das natürlich auch öfter machen. Sie können das im Kopf machen oder Sie können sich eine Vorlage aufzeichnen und es tatsächlich ausfüllen mit einem Stift. Sie kennen das vielleicht aus Ihrer Kindheit, dieses Spiel „Ich sehe was, was du nicht siehst“. Der Fokus ist auf etwas anderes gerichtet, aber die Grundaufmerksamkeit bleibt. Also Sie hören trotzdem, wenn Ihr Name aufgerufen wird und Ihr Termin stattfindet.

Wie bereite ich mich auf einen möglichen Krankenhausaufenthalt vor?

Um sich für einen Krankenhausaufenthalt gut vorzubereiten, brauchen Sie natürlich Eckdaten. Es wäre ganz gut, wenn Sie wüssten, wann Sie sich wo bei wem einfinden sollen. Also tatsächlich ein Datum und einen Ort und wenn möglich auch eine Person, an die Sie sich wenden.

Ich würde mir überlegen, dass Sie vielleicht schon vorher fragen: „Wie lange wird dieser Krankenhausaufenthalt sein? Mit welchem Zeitfenster habe ich zu rechnen?“ Dementsprechend nehmen Sie sich unterschiedliche Sachen mit.

Dann würde ich auch überlegen: Wissen Sie genau, was in dieser Zeit im Krankenhaus mit Ihnen geschieht, was so der Plan ist medizinisch, damit Sie auch wissen, was auf Sie zukommt?

Und dann würde ich in Folge ganz pragmatisch überlegen: Was möchten Sie mitnehmen, das Ihnen vielleicht diesen Krankenhausaufenthalt erleichtern oder angenehmer machen kann? Es ist manchmal schon hilfreich, wenn man die Option hat, auf etwas zurückgreifen zu können und es vielleicht dann trotzdem nicht macht. Also zum Beispiel: Sie überlegen sich, was würde Ihnen helfen, eine gewisse Zeit zu überbrücken? Das kann Lektüre sein, das kann ein Gerät sein, wie der Laptop, wo Sie sagen: „Da kann ich Patiencen legen, ich kann was lesen, ich kann vielleicht auch ein bisschen arbeiten.” Das ist auch manchmal ein Spiel, also ein Spiel selbst, oder Handarbeit. Manche nehmen auch gerne von zu Hause Snacks mit oder Naschereien. Wichtig ist ein Ladegerät. Wichtig ist eventuell eine Brille.

Und es gibt auch immer wieder Patientinnen und Patienten, die mögen die Krankenhauswäsche nicht. Also auch da sich zu überlegen: „Fühle ich mich vielleicht in einem Trainingsanzug wohler?” Dann nehmen Sie den bitte mit. Sie können durchaus auch an solche Dinge denken.

Und für die Organisation wäre vielleicht auch eine Überlegung wert: Wie wollen Sie ins Krankenhaus kommen? Möchten Sie alleine hinfahren? Möchten Sie, dass Sie jemand begleitet? Möchten Sie, dass Sie jemand besucht? Soll jemand wissen, dass Sie im Spital sind?

Genauso: Möchten Sie abgeholt werden? Möchten Sie, dass jemand zu Hause ist, wenn Sie entlassen werden? Der Kühlschrank gefüllt ist?

Ein ganz wichtiger Punkt sind auch Haustiere. Also sollten Sie ein Haustier haben: Wissen Sie, wer dieses Tier versorgt? Das ist immer wieder ein Thema und natürlich ein wichtiges Thema. Also auch an solche Dinge zu denken.

Was kann ich tun, wenn ich mich vor den Nebenwirkungen der Therapie fürchte?

Da würde ich Sie jetzt fragen wollen: Wovor genau fürchten Sie sich?

Sind es Nebenwirkungen, die genannt wurden? Oder sind es Nebenwirkungen, die Sie irgendwo gelesen haben oder die Ihnen jemand erzählt hat?

Da zuallererst mit Ihrem Behandlungsteam abzuklären: „Welche Nebenwirkungen habe ich zu erwarten?” und da sehr konkret zu werden: Gibt es Nebenwirkungen, die tatsächlich auftreten werden? Gibt es Nebenwirkungen, die vielleicht auftreten werden? Also inwieweit treffen Nebenwirkungen auf Sie wirklich zu?

Sind das Nebenwirkungen, die bei einer Therapie auftreten, die Sie im Spital bekommen, während Sie dort sind? Dann wäre ja sozusagen die Gewissheit: Sie sind da in einem Behandlungssystem gut aufgefangen und Sie können da jederzeit jemanden rufen.

Sind es Nebenwirkungen für die Zeit, wo Sie zu Hause sind? Und dann auch, sich Informationen zu holen, wie: „Was mache ich, wenn diese Nebenwirkung auftritt? Gibt es Medikamente?” Dafür sich auch schon Rezepte geben zu lassen, auch diese Medikamente schon zu besorgen, damit sie zu Hause sind, wenn diese Nebenwirkung auftritt. Das wäre ein Vorschlag.

Und trotz allem, wenn es Nebenwirkungen geben sollte, wo Sie sagen: „Darauf bin ich gar nicht vorbereitet.” Sie spüren die jetzt und Sie sind zu Hause oder zumindest nicht im Krankenhaus, können Sie sich auch immer wieder in Erinnerung rufen, dass es im Krankenhaus rund um die Uhr eine Dienstmannschaft gibt. Das heißt: Da können Sie anrufen, egal wie spät es ist, egal welcher Wochentag ist. Da ist immer jemand hier, dem Sie sagen können, was los ist, der Ihnen auch per Telefon möglicherweise sagt: „Nehmen Sie dieses und dieses Medikament.” Oder aber: „Kommen Sie her.” Also sich bewusst zu sein, es ist immer jemand für Sie da. Nicht am Freitag auf den Montag warten, sondern wirklich auch dieses Angebot in Anspruch nehmen. Es geht um Sie.

Wie ist es möglich, meine Kontrolltermine auf meinen Alltag abzustimmen?

Indem Sie das mit Ihrem Behandlungsteam einfach besprechen.

Also tatsächlich sich erkundigen: In welchen Abständen müssen Kontrolltermine stattfinden?

Gibt es da ein Zeitfenster, das man flexibel gestalten kann?

Sind das Kontrolltermin-Abstände, die für Sie zu groß sind oder zu knapp?

Also da auch wirklich fragen: „Inwieweit besteht eine Möglichkeit, es ein bisschen flexibler zu gestalten?”

Sind das vielleicht Kontrolltermine, wo Sie sagen: „Da würde ich gerne einen anderen Termin wahrnehmen.” Sei es aus Ihrem bisherigen Leben, weil Sie regelmäßig da ein Treffen haben, einen regelmäßigen Termin, den Sie nicht auslassen wollen. Und da auch zu überlegen: Inwieweit kann man das verschieben? Also wirklich auch sich gewahr sein, dass Termine auch verschiebbar sind, dass Termine auch persönlich gestaltbar sind, dass man auch Termine nennen kann, dass man sagen kann: „Da bin ich nicht gerne hier, weil ich auf Urlaub fahren möchte. Da habe ich einen Termin, den muss ich woanders schon wahrnehmen.”

Je mehr Sie an Informationen geben, umso leichter ist es auch vonseiten des Behandlungsteams und der Organisation darauf einzugehen. Es wird vielleicht Termine geben, die eingehalten werden müssen, weil sie eigentlich therapiekonform sein müssen. Aber ich denke, wenn Sie das wissen, wird es auch leichter sein, das in Ihren Alltag zu integrieren und mit Ihrem Alltag abzustimmen.

Hier geht es zum Video-Interview: „Arztgespräch und Kontrolltermine bei CLL”

Mein Leben nach einer zeitlich begrenzten Therapie

An wen wende ich mich bei Fragen nach meiner zeitlich begrenzten Therapie?

An Ihr Behandlungsteam, an die Menschen, die die Therapie kontrollieren. Die, die beschließen, ob es eine Therapiepause gibt oder nicht und die auch beschließen, wann eine Therapie zeitlich begrenzt ist. Das sind Ihre Ansprechpersonen zu dieser Frage.

Ich mache mir Sorgen, dass meine Erkrankung während der therapiefreien Zeit (unbemerkt) wiederkehren könnte. Was kann ich tun, um hier gut vorzusorgen?

Wenn Sie diese Sorge haben, dann würde ich sagen, dass das absolut ein wichtiger Punkt ist, den Sie mit Ihrem Behandlungsteam besprechen.

Es gibt aus Sicht eines Behandlungsteams immer sozusagen eine Guideline oder eine Anleitung, wie Behandlungspausen beschlossen werden und wie diese Pausen kontrolliert werden. Also ich bin mir ganz sicher, dass es nicht unbemerkt für Ihr Behandlungsteam ist und dass es möglicherweise wichtig ist, dass Sie diese Informationen bekommen, welche Kontrollen da im Hintergrund sehr wohl bedacht werden und welche Termine es dazu braucht, in welchen Abständen diese Termine gemacht werden. Dann können Sie für sich vielleicht auch überlegen: Sind Ihnen diese Abstände zu groß? Merken Sie, wenn Sie zu lange warten müssen, bis Sie einen Kontrolltermin haben mit einem guten Gesprächsergebnis? Dann würde ich auch überlegen zu fragen, ob Sie das ein bisschen verkürzen können. Ob Sie sagen: „Ich möchte jetzt nicht einige Wochen warten. Kann das auch vorher schon gemacht werden, dieser Kontrolltermin?” Also, wie schon vorhin erwähnt, wirklich auch diese Dinge anzusprechen und eine Antwort zu bekommen, die für Sie passt, die Ihnen hilft.

Von der Behandlungsseite aus wüsste ich jetzt nicht, was dagegenspricht.

Wie gehe ich damit um, nicht zu wissen, ob ich irgendwann wieder eine Therapie benötigen werde?

Diese Frage würde ich auch wieder an Ihr Behandlungsteam stellen. Einfach auch um zu erfahren: Wonach richtet sich auf Seiten Ihrer Behandlerinnen und Behandler die Entscheidung, dass eine Therapiepause stattfindet? Und was muss passieren, damit diese Seite, also die Expertinnen und Experten, diese Pause als beendet erklären und sagen: „Jetzt braucht es wieder eine Therapie.”

Das ist etwas, wo man sagt, dass man es beobachtet. Ich weiß nicht, welche Zeitfenster es da gibt. Darum wäre es auch gut, wenn das Ihr Behandlungsteam beantwortet.

Wenn Sie für sich sagen: „Dieses Zeitfenster, dieses Warten stresst mich, das macht mich unruhig. Ich habe Sorge, da wachsen vielleicht wieder die Zellen oder unbemerkt werde ich wieder kränker. Das löst enormen Druck aus.”, dann können Sie überlegen: Wenn die ärztliche Seite Sie beruhigt und da ein Kontrollmodus da ist, wie gehen Sie mit dieser Unsicherheit um? Sie als Mensch. Und dann wäre eine Möglichkeit zu sagen: Sie legen den Fokus nicht darauf, wann diese Pause zu Ende sein wird, sondern Sie legen den Fokus auf die Pause selbst. Was macht es Ihnen leichter, diese Pause gut zu überstehen?

Und wir wissen alle, dass wir nicht wirklich in die Zukunft schauen können. Wir können uns was ausdenken, wir können was befürchten und vermuten, aber wir können die Zukunft in keinster Weise beeinflussen. Was wir beeinflussen können, ist der heutige Tag.

Diese Pause also in kleine Tage, Tagesabschnitte zu unterteilen und wirklich für sich zu überlegen: „Was kann ich heute machen? Was tut mir heute gut? Wie nutze ich diese Pause? Was brauche ich, damit diese Pause eine gute Lebensqualität für mich beinhaltet? Was hilft mir dabei? Wer hilft mir dabei?”

Gut ist eine gewisse Struktur, damit Sie wirklich auch für sich sagen: „Was mache ich in dieser Zeit, an diesen Tagen?”

Was sehr gut hilft, ist, wenn Sie Bewegung machen, Sport. Was auch gut hilft, ist, Beziehungen zu pflegen, sich mit Menschen zu treffen, die Ihnen gut tun, mit denen sie auch gemeinsame Erlebnisse machen können.

Vielleicht haben Sie auch einen kleinen Aufgabenbereich mit einer sinnerfüllten Tätigkeit, auf die Sie sich fokussieren.

Wie nütze ich meine Zeit, meine Pause, damit es eine gute Pause ist? Gibt es Wünsche?

Gibt es Bedürfnisse, die ich mir erfüllen mag? Also darauf den Fokus zu richten: Wie machen Sie diese Pause zu einer guten Pause für Sie?

Übung: Umgang mit Ihrer therapiefreien Zeit

Wenn Sie sich jetzt zum Beispiel bildlich vorstellen: Diese Therapiepause ist ein Stiegenhaus in die Unendlichkeit. Sie wissen nicht, wann es aus ist. Sie sehen es nur vor sich. Sie müssen da ganz weit hinauf. Dann wäre es eine Möglichkeit zu sagen: Sie haben absolut das Ende des Stiegenhauses im Blick und sie sehen für sich: „So weit!”

Ein Vorschlag wäre zu sagen: Sie konzentrieren sich auf die 1 Stufe vor Ihnen, und Sie gehen jeden Tag 1 Stufe. Egal wie lang diese Therapiepause dauert, im Sinne von egal wie viele Stockwerke das sind, die Sie gehen müssen.

Fokussieren Sie sich: „Was kann ich? Was ist kontrollierbar? Und was ist für mich möglich?” Und 1 Stufe am Tag ist leicht möglich.

Hier geht es zum Video-Interview: „Mein Leben nach einer zeitlich begrenzten Therapie”

CLL und Angehörige

Wie informiere ich meine Familie und mein Umfeld?

Da wäre meine Frage an Sie, wenn Sie jetzt vor mir sitzen würden: Wie ist Ihr Kommunikationsstil grundsätzlich in Ihrer Familie? Wird offen gesprochen? Ist es normal, dass man auch über Gefühlsempfindungen spricht? Ist es auch normal zu sagen, es geht einem nicht gut? Oder ist es eher üblich, dass jeder sein Ding macht und man spricht eher weniger über die eigene Befindlichkeit und über die eigenen Ängste und Sorgen? Oder sind Sie vielleicht auch jemand, der ein bisschen Zeit braucht, um sich zu sammeln, Dinge sickern zu lassen, um dann erst darüber sprechen zu können? Ich würde sagen, auch hier ist es wieder eine individuelle Geschichte: Wie ist es in Ihrer Familie üblich? Wie gehen Sie grundsätzlich vielleicht mit schwierigen Themen um? Und es dann so unter dem Aspekt zu gestalten.

Eine Idee wäre auch, wenn jemand mit dabei war bei einem Arztgespräch, dass Sie diese Person vielleicht auch heranziehen und sagen: „Wie machen wir das? Haben wir einen großen Kreis, der informiert werden soll? Gibt es Leute, wo wir eigentlich nicht wollen, dass die so genau Bescheid wissen? Und wie gestalten wir das?“ Es gibt Familien, die machen ein Familientreffen, und dann wird es in einem mit allen besprochen. Und dann gibt es wieder Menschen, die sagen: „Ich mache das gerne am Telefon. Ich möchte keine persönlichen Gespräche. Es ist mir zu intim. Ich fürchte mich vor meinen Gefühlsausbrüchen und auch vor den Gefühlsausbrüchen der anderen. Ich hätte da gerne ein bisschen Distanz.“

Also jede Variante, die für Sie richtig ist, ist gut. Wenn Sie das Gefühl haben, es fällt Ihnen schwer, dann kann man auch sagen: „Es fällt mir schwer.“ So etwas zu besprechen ist auch schwer.

Was mache ich, wenn ich nicht darüber reden will?

Wenn Sie nicht darüber reden wollen, dann ist es so.

Für manche Menschen ist über eine Sache zu sprechen, die einen sehr persönlich betrifft, die einen sehr erschüttert, sehr schwierig. Und manche Menschen, so wie schon vorher erwähnt, brauchen ein bisschen Zeit, um das alles zu verdauen, um überhaupt einmal Worte zu finden. Da vielleicht zu überlegen, ob das eine Situation ist, wo Sie sagen: „Okay, ich bin jetzt in einer Umgebung, in einem Umfeld, da macht das nichts, wenn ich jetzt nicht drüber spreche.“

Oder sind Sie in einem engen Familienverband, wo es auffällt, wenn Sie nicht sprechen, wo vielleicht Ihre Familie weiß, Sie hatten ein Arztgespräch oder Sie haben eine Diagnose. Und da ist natürlich auch eine gewisse Erwartungshaltung. Man möchte ja wissen, wie es Ihnen geht. Und man möchte wissen: Was ist bei dem Gespräch rausgekommen? Da kann man natürlich, da wäre ich jetzt wieder bei der offenen Kommunikation, auch sagen: „Ich brauche ein bisschen Bedenkzeit, ich brauche ein bisschen Pause. Ich möchte das Gespräch vielleicht während eines Spaziergangs im Wald führen.“ Wir wissen, dass wir bei Gesprächen schwierige Themen leichter besprechen können, wenn wir nebeneinander gehen, wenn wir uns nicht so gegenseitig anschauen. Auch weil wir vielleicht nicht haben wollen, dass der andere sieht, wenn wir betroffen sind.

Und es ist auch angenehm, neben jemanden zu gehen und einfach auch Gesprächspausen zu machen, in denen man ein bisschen nachdenkt, in denen vielleicht auch eine angenehme Stille ist. Also ich erinnere da gerne an die griechischen Philosophen. Die haben schwierige Themen im Gehen bearbeitet. Gehen ist Bewegung, Gehen beruhigt und es ist ein guter Rhythmus.

Es wäre eine Möglichkeit zu sagen: „Was brauche ich für ein Umfeld, um darüber sprechen zu können?“ Und vielleicht gibt es jemanden, bei dem es leichter fällt.

Wie gehe ich mit „gut gemeinten“ Ratschlägen um?

Sie kennen sicher diese Phrase „Ratschläge sind auch Schläge“ und gut gemeint ist nicht immer gut.

Ich würde ein bisschen einen Unterschied machen: Von wem kommen diese gut gemeinten Ratschläge? Ist das Ihr nahes Umfeld? Sind es Menschen, die Sie mögen, die Ihnen wichtig sind und vice versa? Oder sind das eher Freunde und Bekannte oder weiter außenstehende Menschen? Und wenn das aus Ihrem näheren Umfeld jemand ist, dann würde ich eher sagen: Klarheit, offene Kommunikation, also tatsächlich auch sagen: „Das hilft mir nicht“ oder „Das tut mir nicht gut“ oder „Es ist jetzt unangenehm für mich, diese gut gemeinten Ratschläge zu hören“.

Sich da auch die Möglichkeit im Kopf zu behalten, dass Sie bei einem nächsten Gespräch mit Ihrem Behandlungstermin vielleicht diese Person mitnehmen oder diese gut gemeinten Ratschläge ansprechen und Antworten dazu von den Expertinnen und Experten bekommen. Vielleicht erübrigt sich das dann.

Wenn es Menschen sind, die nicht sehr nahe zu Ihnen stehen, wo Sie wirklich sagen: „Das nervt mich, diese gut gemeinten Ratschläge“, hilft es manchmal auch, klar zu sagen: „Danke, ich bin gut versorgt, ich bin gut betreut.“ Manche verstehen das.

Für die, die es nicht verstehen, wäre auch da eine Möglichkeit zu sagen: Man geht in die Distanz. Sie versuchen, diese Kontakte einfach zu reduzieren. Man muss diese Dinge nicht über sich ergehen lassen.

Und Ratschläge braucht kein Mensch in einer schwierigen Situation.
Was wir da wollen, ist Empathie.
Wir wollen, dass man uns zuhört.
Wir wollen, dass jemand da ist für uns, uns tröstet.

Möglicherweise braucht es gar keine Worte, es genügt die Präsenz eines sicheren Menschen.

Also was wir wollen, sind keine guten Ratschläge, sondern gehalten werden und geborgen sein.

Meine Angehörigen/Freund:innen haben Fragen und Ängste. An wen können sie sich wenden?

So wie anfangs gesagt: Ihre Angehörigen sind herzlich willkommen bei sämtlichen Gesprächen mit Ihrem Behandlungsteam. Also wenn es da Fragen gäbe, nehmen Sie Ihre Angehörigen mit. Wenn das nicht möglich, nicht gewollt oder nicht ausreichend ist, dann gibt es natürlich die Möglichkeit, Informationen im Internet nachzulesen. Oder aber auch persönlich bei der Österreichischen Krebshilfe, da gibt es jederzeit die Möglichkeit hinzugehen.

Oder auch an meine Berufsgruppe, dieses Angebot ist ja nicht nur für Patienten, sondern auch für Angehörige, wo man sozusagen ein Einzelgespräch führen kann oder aber mit der Patientin, mit dem Patienten gemeinsam, einmalig oder regelmäßig, so oft man es möchte oder für nützlich hält.

Welche Tipps kann ich selbst meinen Angehörigen geben?

Welche Tipps können Sie geben? Überlegen Sie sich: „Was könnte für meine Angehörigen hilfreich sein, jetzt über mich zu wissen?” Also um es verkürzt zu sagen, eine kleine Gebrauchsanweisung: „Wie geht man mit mir jetzt mit dieser Diagnose um? Was hilft mir? Was hilft mir nicht? Was wünsche ich mir von euch?” Wünsche zu äußern, das ist eher etwas Harmloses. Das macht uns nichts, wenn sich jemand etwas von uns wünscht. Da überlegen wir: „Kann ich das erfüllen oder nicht?” Aber es ist eher etwas Freundliches. Also da tatsächlich zu formulieren, was Sie sich von Ihren Angehörigen wünschen oder erwarten.

Und genauso können auch Ihre Angehörigen Ihnen gegenüber äußern und deklarieren, was sie sich von Ihnen wünschen und erwarten, weil es einfach für beide Seiten eine völlig neue Situation ist.

Dann aber auch zu bedenken, dass sich Wünsche und Erwartungen ändern können. Nur weil das heute so ist, heißt das nicht, dass das nächste Woche auch noch gültig ist. Also sich auch wirklich bewusst zu sein, dass diese geäußerten Wünsche und Erwartungen vielleicht nach drei, vier Tagen anders sind. Also auch beiden Seiten diese Möglichkeit einzuräumen, dass sich das ändert und immer wieder aktualisieren wird. Man muss nachfragen: „Ist das noch so? Ist das noch etwas, was du dir von mir wünscht? Ist das noch etwas, was du erwartest?“

Hier geht es zum Video-Interview: „CLL und Angehörige”

Unterstützungsangebote bei CLL

An wen kann ich mich wenden, wenn ich Unterstützung möchte?

Grundsätzlich würde ich sagen, dass jede Unterstützungsmöglichkeit, die es gibt, zu überprüfen ist: Wie weit tut Ihnen die gut? Also so wie wir schon am Anfang besprochen haben: Wir sind Einzelstücke. Wir haben jeder andere Bedürfnisse.

Aber wirklich empfehlenswert wäre schon der psychoonkologische Dienst, also meine Berufsgruppe. Das wird mittlerweile in jedem Tumorzentrum angeboten und ist eine Selbstverständlichkeit. Das ist Teil des Angebots während Ihrer ganzen Zeit der Krankheitsbehandlung, des Krankheitsverlaufs.

Das können Sie in Anspruch nehmen für sich, aber auch für Ihr Umfeld, für Ihre Angehörigen. Und Sie können selbst bestimmen: Wollen Sie vielleicht regelmäßige Gespräche? Wollen Sie bei Bedarf ein Gespräch haben? Wollen Sie ein Gespräch mit Ihren Angehörigen gemeinsam haben oder auch Ihre Angehörigen alleine? Also sich dessen bewusst sein, dass es dieses Angebot gibt und, dass es im Behandlungsangebot enthalten ist. Das gibt es in jedem Tumorzentrum, in jedem Krankenhaus.

Sie haben natürlich auch die Möglichkeit, diverse Angebote außerhalb in Anspruch zu nehmen. Da haben wir in Österreich die Österreichische Krebshilfe in allen Bundesländern.

Manche Menschen sagen: „Ich habe schon eine psychologische Beratung aus einem anderen Anlass in meinem Leben.” Sie haben die Möglichkeit, dass Sie einfach auch diesen Kontakt wieder aufnehmen und sagen: „Da ist ein Mensch, der kennt mich schon ein bisschen, und da kann ich jetzt mit dieser neuen Situation auch hingehen. Da ist schon eine Vertrauensbasis da.”

Ein weiteres Angebot wären natürlich auch die Selbsthilfegruppen. Auch die haben Möglichkeiten zum Austausch mit Gleichgesinnten, aber auch manchmal Einladungen an Experten, wo Sie auch zuhören können, wo Sie Fragen stellen können. Manche Selbsthilfegruppen versuchen auch die Angehörigen einzubinden.

Also für sich zu überlegen: „Was gibt es und was ist für mich passend?” Und durchaus auch mehrere Angebote in Anspruch zu nehmen. Damit Sie für sich sagen können: „Das hilft mir. Das tut mir gut. Davon profitiere ich.” Und wenn Sie sagen: „Ich brauche nichts. So wie ich damit umgehe, macht es mir jetzt keinen Kummer.“, dann ist es auch gut. Es gibt Menschen, die sagen: „Ich habe meinen Tagesablauf, ich habe meinen Glauben, ich habe meine Familie, es geht mir gut“, dann ist es auch gut so.

Wo kann ich noch weitere Informationen erhalten?

Einerseits natürlich, wenn Sie sich eine Zweitmeinung einholen. Da würden Sie Informationen bekommen.

Andererseits gibt es Möglichkeiten über die große weite Welt des Internets. Hier haben Sie die Möglichkeit, sich schlau zu machen über:

Die Österreichische Gesellschaft für Hämatologie & Medizinische Onkologie
Die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie
Die Österreichische Krebshilfe
Die Deutsche Krebshilfe
Die Schweizer Krebsliga

Wenn die englische Sprache keine Barriere ist, dann weitet sich das natürlich um ein Vielfaches. Dann gibt es die American Cancer Society zum Beispiel.

Oder aber Sie sagen: „Ich hätte gerne noch eine persönliche Beratung.” Dann gibt es auch hier die Österreichische Krebshilfe.

Und es gibt Selbsthilfegruppen, die spezialisiert sind für CLL. Hier werden Expertinnen und Experten eingeladen, denen man dann nach einem Vortrag auch persönlichen Fragen stellen kann.

Es gibt Broschüren, die Sie mitbekommen oder verlangen können.

Also ich würde sagen: Fragen Sie an erster Stelle Ihr Behandlungsteam, die wissen das meistens.

Und ja, im Internet durchaus schauen: Welche Plattformen sind seriös?

Das würde ich Ihnen wirklich empfehlen. Dr. Google hat viel Wissen anzubieten, hat rund um die Uhr offen, aber es ist nicht alles passend für Sie. Deswegen, da immer wirklich auch zu schauen: Was sind die Quellen?

Hier geht es zum Video-Interview: „Unterstützungsangebote bei CLL”

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Geprüft Christina Ochsner MAS: Stand September 2023 | Quellen und Bildnachweis
Die Kurse sind kein Ersatz für das persönliche Gespräch mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt, sondern ein Beitrag dazu, PatientInnen und Angehörige zu stärken und die Arzt-Patienten-Kommunikation zu erleichtern.