Darf ich zum Arztgespräch jemanden mitnehmen?
Dürfen auf jeden Fall. Sie bestimmen. Es geht um Sie, um Ihr Leben, um Ihre Gesundheit. Und wer auch immer Ihnen da hilfreich erscheint, den/die nehmen Sie mit. Das kann Ihre Partnerin oder Ihr Partner sein, das kann ein anderer Familienangehöriger sein, das können erwachsene Kinder sein. Das können aber auch Freund:innen sein, und das können auch Kolleg:innen sein.
Also Sie bestimmen: Welche Person ist in der Situation für Sie eine Stütze? Oder wer ist auch aktiv für Sie da und hilft Ihnen, sei es jetzt Fragen zu stellen, sei es Dinge zu thematisieren, an die Sie vielleicht nicht gedacht haben. Wenn Sie jemanden mitnehmen, wer auch immer das für Sie ist, das entscheiden Sie. Vom Behandlungsteam aus ist jeder, der Ihnen recht ist, willkommen.
Wie bereite ich mich auf mein Arztgespräch vor?
Wie Sie sich auf das Arztgespräch vorbereiten, hängt von folgenden Faktoren ab:
Welche Vorinformationen hatten Sie schon? Also gibt es schon Fragen, die sich aus Vorinformationen ergeben, die ganz speziell sind? Oder sind es allgemeine Fragen? Und wirklich hier auch keine innere Korrektur zu haben: „Was darf ich nicht fragen?“ Sie dürfen alles fragen.
Alles, was Ihnen am Herzen liegt. Und das können Dinge sein wie die Ablauforganisation, das können Dinge sein, die die Therapie betreffen. Es können Dinge sein, die Sie irgendwo gelesen haben, von denen Sie nicht genau wissen: „Betrifft mich das auch?“ Sie sind die Expertin oder der Experte Ihres Körpers. Und vis-à-vis sitzen die Expertinnen und Experten der CLL. Und somit ist jede Frage, die Ihnen wichtig erscheint, eine gute Frage.
Und sich vorbereiten, ich würde auch da wieder sagen: Notieren Sie sich Ihre Fragen. Vielleicht haben Sie auch im Umfeld Leute, mit denen Sie die Fragen gerne auch abstimmen wollen. Es kann sein, dass da andere Fragen dazukommen. Eine Idee, die ich auch immer gerne weitergebe, ist: Wenn Sie sich die Fragen notieren, lassen Sie sich ein bisschen Platz für die Antworten. Das ist etwas, was hilfreich ist beim Gespräch selber. Man muss nicht gleichzeitig Fragen stellen, die Antworten aufnehmen und sich merken, sondern man kann es einfach notieren und auch zu Hause reflektieren, nachdenken, mit jemandem besprechen.
Vielleicht auch, wenn Sie jemanden mit dabei hatten, mit der Person abgleichen. Wir kennen die Kommunikation – „gehört ist nicht verstanden“ und vielleicht ergeben sich daraus neue Fragen. Also tatsächlich auch sagen: „Ich mache mir da eine Mappe, ein Heft, und ich sammle das und ich notiere alle Fragen und Antworten.“
Ich habe Angst vor den Kontrollterminen. Darf das sein? Und wie gehe ich damit um?
Ja, das darf sein. Das ist eine völlig natürliche Angst. Die hat jeder. Ich kenne niemanden, der Kontrolltermine nicht mit einem mulmigen Gefühl wahrnimmt.
Die Frage wäre eher: Inwieweit beeinflusst Sie das und inwieweit beeinträchtigt das Ihre Lebensqualität, diese Kontrolltermine? Ist es ein mulmiges Gefühl und Sie sagen: „Wenn der dann vorbei ist, dann geht es mir wieder gut.“?
Ist es so, dass Sie vielleicht sagen: „Ich schlafe diese eine Nacht davor nicht so gut“?
Oder ist es etwas, wo Sie für sich sagen: „Das beeinträchtigt tatsächlich meine Lebensqualität enorm.“?
Also da zu überlegen: Was könnte Ihnen helfen?
Ist es ein Ritual am Abend davor? Vielleicht sind es Menschen, die Ihnen Sicherheit geben, bei denen Sie aussprechen können: „Ich fürchte mich.“ Und da ist jetzt jemand, der Sie beruhigt, der Sie vielleicht auch ablenkt, der mit Ihnen noch einen Spaziergang macht oder einen Film anschaut. Also tatsächlich Ihnen da auch gut beisteht.
Wenn Sie für sich sagen: Der Kontrolltermin ist am Tag X. Sie gehen hin und haben das Gefühl, wie es manche erzählen: „Es wird mir schon schlecht, wenn ich nur in das Krankenhaus reingehe, und ich sitze da in dem Warteraum. Diese Zeit ist enorm beängstigend und eine große Anspannung für mich.“
Überlegen Sie: Was können Sie machen? Also da gibt es durchaus Möglichkeiten, indem Sie zum Beispiel ganz banal, fast jeder von uns hat ein Smartphone, sich Musik runterladen. Musik, die Ihnen gut tut. Das können Gute-Laune-Lieder sein, das können aber auch Musikstücke sein, die Sie beruhigen. Wir wissen, dass unterschiedliche Rhythmen sehr wohl auch einen Einfluss haben und uns beruhigen oder nicht. Es kann sein, dass Sie sich vielleicht irgendwelche Podcasts anhören. Das ist eine kleine Ablenkung, auf die Sie sich nicht sehr konzentrieren müssen, aber die trotzdem diese Gedanken, die die Angst verstärken, unterbrechen.
Es gibt da auch Übungen. Davon haben Sie vielleicht schon gehört, vom Arzt Jacobson, der die Progressive Muskelentspannung quasi entdeckt hat. Bei der Muskelentspannung können Sie einzelne Muskelgruppen an- und entspannen, wie Ihre Faust, Ihre Füße, Ihr Gesäß. Und das ist etwas, das können Sie überall machen, ob Sie jetzt in der U-Bahn sitzen, ob Sie in einem Warteraum sitzen, das fällt nicht auf.
Eine Möglichkeit wäre auch noch diese sehr oft betonte Atemübung. Also bewusst Ihren Atem so zu steuern, bis Sie merken, dass mehrere Atemzüge Sie effektiv beruhigen. Wir wissen, dass das funktioniert, wenn tatsächlich die Einatemphase kürzer ist als die Ausatemphase.
Auch das können Sie überall machen, egal wie spät es ist, egal wo Sie sind. Den Atem haben Sie immer dabei.
Manche Menschen nehmen sich auch Dinge mit zum Lesen oder auch eine Begleitperson zur Ablenkung.
Und Sie können auch sagen, dass Sie gerne mit jemanden aus meiner Berufsgruppe, dem psychoonkologischen Dienst sprechen möchten. Das machen durchaus manche Patientinnen und Patienten. Sie haben vielleicht auch schon vorab ein Gespräch, also eine Form der Entlastung.
Und manche wünschen sich auch, dass man zum Kontrollgespräch mitgeht. Das geht. Manche haben auch gerne ein Nachgespräch, auch das ist möglich.
Also auch hier zu wissen: Es gibt vor Ort Menschen, die Ihnen unterstützend beistehen können. Gönnen Sie sich das einfach, wenn es Ihnen hilft.
Es gibt auch Menschen, die sind so aufgeregt und voller Angst, dass es tatsächlich hilfreich ist, ein Medikament zu nehmen und sich da auch nicht zu scheuen, es anzusprechen beim Behandlungsteam und es auch einzufordern. Sie werden es bekommen. Und wenn es Ihnen gut tut, dann ist es gut. Dann hat es den Sinn und Zweck erfüllt.
Es gibt auch Übungen für die Situation, in der Sie sagen: Sie spüren diese Angst sehr stark vor dem Kontrolltermin und Sie sitzen im Wartezimmer und Sie müssen warten. Sie spüren, es wird immer stärker. Es wäre natürlich wieder möglich, sich abzulenken, also diese Gedankenspirale zu unterbrechen.
Und da gibt es eine Übung, die nennen wir die 5-4-3-2-1-Übung. das ist gesamt gesehen gemeint und betrifft Ihre Sinne. Sagen Sie: „Ich nutze jetzt meine Sinne. Ich konzentriere mich darauf, wie ich zum Beispiel 5 Gegenstände in diesem Raum sehe und wahrnehme, und zähle die wirklich in Gedanken auf.“ Oder Sie notieren es sich.
Und dann als nächstes 4 Dinge, die Sie hören. Ein Telefonklingeln, eine Stimme, eine Tür.
Und als nächstes 3 Dinge, die Sie fühlen, die Sie spüren können. Das kann der Stoff Ihrer Hose sein. Das kann die Sitzfläche sein.
Und dann 2 Dinge, die Sie riechen können in dem Raum, vielleicht Ihr eigenes Parfüm, oder das von einem Sitznachbarn.
Und zuletzt 1 Ding, das Sie schmecken können. Wie ist Ihr Geschmack?
Wenn Sie sagen, Sie spüren schon eine Beruhigung nach einem Durchlauf, gut – Sie können das natürlich auch öfter machen. Sie können das im Kopf machen oder Sie können sich eine Vorlage aufzeichnen und es tatsächlich ausfüllen mit einem Stift. Sie kennen das vielleicht aus Ihrer Kindheit, dieses Spiel „Ich sehe was, was du nicht siehst“. Der Fokus ist auf etwas anderes gerichtet, aber die Grundaufmerksamkeit bleibt. Also Sie hören trotzdem, wenn Ihr Name aufgerufen wird und Ihr Termin stattfindet.
Wie bereite ich mich auf einen möglichen Krankenhausaufenthalt vor?
Um sich für einen Krankenhausaufenthalt gut vorzubereiten, brauchen Sie natürlich Eckdaten. Es wäre ganz gut, wenn Sie wüssten, wann Sie sich wo bei wem einfinden sollen. Also tatsächlich ein Datum und einen Ort und wenn möglich auch eine Person, an die Sie sich wenden.
Ich würde mir überlegen, dass Sie vielleicht schon vorher fragen: „Wie lange wird dieser Krankenhausaufenthalt sein? Mit welchem Zeitfenster habe ich zu rechnen?“ Dementsprechend nehmen Sie sich unterschiedliche Sachen mit.
Dann würde ich auch überlegen: Wissen Sie genau, was in dieser Zeit im Krankenhaus mit Ihnen geschieht, was so der Plan ist medizinisch, damit Sie auch wissen, was auf Sie zukommt?
Und dann würde ich in Folge ganz pragmatisch überlegen: Was möchten Sie mitnehmen, das Ihnen vielleicht diesen Krankenhausaufenthalt erleichtern oder angenehmer machen kann? Es ist manchmal schon hilfreich, wenn man die Option hat, auf etwas zurückgreifen zu können und es vielleicht dann trotzdem nicht macht. Also zum Beispiel: Sie überlegen sich, was würde Ihnen helfen, eine gewisse Zeit zu überbrücken? Das kann Lektüre sein, das kann ein Gerät sein, wie der Laptop, wo Sie sagen: „Da kann ich Patiencen legen, ich kann was lesen, ich kann vielleicht auch ein bisschen arbeiten.” Das ist auch manchmal ein Spiel, also ein Spiel selbst, oder Handarbeit. Manche nehmen auch gerne von zu Hause Snacks mit oder Naschereien. Wichtig ist ein Ladegerät. Wichtig ist eventuell eine Brille.
Und es gibt auch immer wieder Patientinnen und Patienten, die mögen die Krankenhauswäsche nicht. Also auch da sich zu überlegen: „Fühle ich mich vielleicht in einem Trainingsanzug wohler?” Dann nehmen Sie den bitte mit. Sie können durchaus auch an solche Dinge denken.
Und für die Organisation wäre vielleicht auch eine Überlegung wert: Wie wollen Sie ins Krankenhaus kommen? Möchten Sie alleine hinfahren? Möchten Sie, dass Sie jemand begleitet? Möchten Sie, dass Sie jemand besucht? Soll jemand wissen, dass Sie im Spital sind?
Genauso: Möchten Sie abgeholt werden? Möchten Sie, dass jemand zu Hause ist, wenn Sie entlassen werden? Der Kühlschrank gefüllt ist?
Ein ganz wichtiger Punkt sind auch Haustiere. Also sollten Sie ein Haustier haben: Wissen Sie, wer dieses Tier versorgt? Das ist immer wieder ein Thema und natürlich ein wichtiges Thema. Also auch an solche Dinge zu denken.
Was kann ich tun, wenn ich mich vor den Nebenwirkungen der Therapie fürchte?
Da würde ich Sie jetzt fragen wollen: Wovor genau fürchten Sie sich?
Sind es Nebenwirkungen, die genannt wurden? Oder sind es Nebenwirkungen, die Sie irgendwo gelesen haben oder die Ihnen jemand erzählt hat?
Da zuallererst mit Ihrem Behandlungsteam abzuklären: „Welche Nebenwirkungen habe ich zu erwarten?” und da sehr konkret zu werden: Gibt es Nebenwirkungen, die tatsächlich auftreten werden? Gibt es Nebenwirkungen, die vielleicht auftreten werden? Also inwieweit treffen Nebenwirkungen auf Sie wirklich zu?
Sind das Nebenwirkungen, die bei einer Therapie auftreten, die Sie im Spital bekommen, während Sie dort sind? Dann wäre ja sozusagen die Gewissheit: Sie sind da in einem Behandlungssystem gut aufgefangen und Sie können da jederzeit jemanden rufen.
Sind es Nebenwirkungen für die Zeit, wo Sie zu Hause sind? Und dann auch, sich Informationen zu holen, wie: „Was mache ich, wenn diese Nebenwirkung auftritt? Gibt es Medikamente?” Dafür sich auch schon Rezepte geben zu lassen, auch diese Medikamente schon zu besorgen, damit sie zu Hause sind, wenn diese Nebenwirkung auftritt. Das wäre ein Vorschlag.
Und trotz allem, wenn es Nebenwirkungen geben sollte, wo Sie sagen: „Darauf bin ich gar nicht vorbereitet.” Sie spüren die jetzt und Sie sind zu Hause oder zumindest nicht im Krankenhaus, können Sie sich auch immer wieder in Erinnerung rufen, dass es im Krankenhaus rund um die Uhr eine Dienstmannschaft gibt. Das heißt: Da können Sie anrufen, egal wie spät es ist, egal welcher Wochentag ist. Da ist immer jemand hier, dem Sie sagen können, was los ist, der Ihnen auch per Telefon möglicherweise sagt: „Nehmen Sie dieses und dieses Medikament.” Oder aber: „Kommen Sie her.” Also sich bewusst zu sein, es ist immer jemand für Sie da. Nicht am Freitag auf den Montag warten, sondern wirklich auch dieses Angebot in Anspruch nehmen. Es geht um Sie.
Wie ist es möglich, meine Kontrolltermine auf meinen Alltag abzustimmen?
Indem Sie das mit Ihrem Behandlungsteam einfach besprechen.
Also tatsächlich sich erkundigen: In welchen Abständen müssen Kontrolltermine stattfinden?
Gibt es da ein Zeitfenster, das man flexibel gestalten kann?
Sind das Kontrolltermin-Abstände, die für Sie zu groß sind oder zu knapp?
Also da auch wirklich fragen: „Inwieweit besteht eine Möglichkeit, es ein bisschen flexibler zu gestalten?”
Sind das vielleicht Kontrolltermine, wo Sie sagen: „Da würde ich gerne einen anderen Termin wahrnehmen.” Sei es aus Ihrem bisherigen Leben, weil Sie regelmäßig da ein Treffen haben, einen regelmäßigen Termin, den Sie nicht auslassen wollen. Und da auch zu überlegen: Inwieweit kann man das verschieben? Also wirklich auch sich gewahr sein, dass Termine auch verschiebbar sind, dass Termine auch persönlich gestaltbar sind, dass man auch Termine nennen kann, dass man sagen kann: „Da bin ich nicht gerne hier, weil ich auf Urlaub fahren möchte. Da habe ich einen Termin, den muss ich woanders schon wahrnehmen.”
Je mehr Sie an Informationen geben, umso leichter ist es auch vonseiten des Behandlungsteams und der Organisation darauf einzugehen. Es wird vielleicht Termine geben, die eingehalten werden müssen, weil sie eigentlich therapiekonform sein müssen. Aber ich denke, wenn Sie das wissen, wird es auch leichter sein, das in Ihren Alltag zu integrieren und mit Ihrem Alltag abzustimmen.
Hier geht es zum Video-Interview: „Arztgespräch und Kontrolltermine bei CLL”