9. Gute Entscheidungen treffen bei Hämophilie B – alle Fragen

Um bei einer Hämophilie B Erkrankung gute Entscheidungen zu treffen, ist ein offenes Gespräch mit den behandelnden Ärzt:innen und Angehörigen wichtig. Kommunizieren Sie offen darüber, welche Art der Therapie die richtige für Sie ist.

Entscheidungen bei Hämophilie B

Welche medizinischen Entscheidungen können mit Hämophilie B anstehen?

Wenn man über Hämophilie B spricht, dann können verschiedene Schweregrade unterschieden werden, es gibt schwer, mittelschwer und leicht. Heute beschäftigen wir uns mit der schweren Form der Hämophilie B.

Es gibt verschiedene Therapieformen, eine davon ist so gut wie verlassen, die Bedarfstherapie . Dabei wird eine Behandlung nur durchgeführt, wenn Blutungen auftreten. Wir empfehlen heutzutage dringend eine prophylaktische Therapie, bei der Hämophilie B Präparate, also Faktor IX, vorbeugen vor Blutungen gegeben werden.

Natürlich ist es auch wichtig, über die Möglichkeit der Gentherapie zu sprechen, die jetzt für die Hämophilie B verfügbar ist.

Welche Entscheidungen in Bezug auf meine Lebensplanung können bei Hämophilie B anstehen?

Was die Lebensplanung betrifft, ist es für Sie nicht wesentlich anders, als für nicht betroffene Personen. Wichtig ist die Wahl der Schule, die Schulausbildung und die Berufsausbildung. Wir sind froh jetzt sagen zu können, dass auch Hämophilie B Patienten praktisch alle Berufe offenstehen.

In Bezug auf eine Partnerschaft ist es wichtig, dass der Partner über die Hämophilie B informiert wird, weil eine mögliche Vererbung im Raum steht. Das sind wichtige Aspekte für das gesamte Leben.

Wie finde ich ein passendes Betreuungsteam?

Das für Sie passende Betreuungsteam finden Sie am besten in Ihrem Hämophiliezentrum, wir haben in Österreich für jedes Bundesland eines. Es gibt größere und kleinere Hämophiliezentren, jedes verfügt über spezielle Ansprechpartner.

Wenn Sie eine darüber hinausgehende Information oder eine Zweitmeinung hören möchten, können Sie durchaus in die universitären Hämophiliezentren fahren oder sich mit diesen in Verbindung setzen.

Wichtig ist hier auch, dass das Thema Selbsthilfegruppe eingebracht wird. Denn Selbsthilfegruppen und Personen, die dort aktiv sind, sind meistens sehr gut informiert und können Ihnen weiterhelfen.

Wer kann mich bei schwierigen Entscheidungen unterstützen und wie?

Es ist wichtig, dass Sie sich bei schwierigen Entscheidungen an Ihren Hämophilie Behandler oder Ihre Behandlerin wenden, welche Sie in Ihrem Hämophiliezentrum finden.

Sie haben wahrscheinlich bereits bemerkt, dass Ärztinnen und Ärzte, die keine Experten auf diesem Gebiet sind, nicht viel über die Hämophilie wissen. Das ist auch verständlich, da diese Erkrankung sehr selten ist. Wenn Sie Ihr familiäres Umfeld in Entscheidungen miteinbeziehen wollen, dann können Sie dieses zum Beispiel zum Gespräch mit Ihrem Hämophilie Behandler oder Ihrer Behandlerin mitnehmen.

Hier geht es zum Video-Interview: „Entscheidungen bei Hämophilie B“

Therapiebeginn bei Hämophilie B

Wie wählt meine Ärztin/mein Arzt die passende Therapie aus?

Bevor Ihr Arzt oder Ihre Ärztin über Ihre Therapie entscheidet, wird er Sie üblicherweise fragen, wie es Ihnen geht und speziell, wie es um Ihre Gelenksituation steht. Er wird wissen wollen, ob und bei welchen Gelegenheiten Sie Blutungen haben.

Darüber hinaus ist es wichtig, Ihre Gesamtsituation miteinzubeziehen. Dazu zählt Ihre berufliche Situation und ob Sie Schwierigkeiten mit der Selbstapplikation der Medikamente haben, beispielsweise mit dem intravenösen Spritzen.

Das sind alles wichtige Entscheidungen und sie determinieren, ob Sie bei einem Standardpräparat bleiben. Man wird sich heute jedoch eher für ein Produkt mit einer verlängerten Halbwertszeit entscheiden.

Nun wird es für Ihren Arzt oder Ihre Ärztin auch wichtig sein, über eine Gentherapie für Sie nachzudenken. Es wird kontrolliert, ob Sie dafür geeignet sind und ob diese einen wesentlichen Vorteil für Sie hätte.

Inwieweit habe ich als Patient mit Hämophilie B bei medizinischen Entscheidungen ein Mitspracherecht?

Als Patient mit Hämophilie B haben Sie ein Mitspracherecht und das ist auch festgelegt. Wir haben uns als wissenschaftlicher Beirat der Hämophiliegesellschaft sehr klar geäußert, dass Eltern, beziehungsweise volljährige Patienten, hier ein Mitspracherecht haben.

Wenn Sie substituieren und Hämophilie Präparate geben, dann sind Sie selbstständig für die Therapie verantwortlich, weil Sie eine Heimtherapie machen und diese selbst applizieren. Die Therapieentscheidung wird gemeinsam, Arzt mit Patient und umgekehrt getroffen.

Was sollte ich bedenken, wenn es darum geht, ob die Therapie als Bedarfsbehandlung oder Dauerbehandlung durchgeführt werden soll?

Eine Bedarfsbehandlung sollte heute eigentlich nur noch bei nicht-schweren Formen der Hämophilie B gegeben werden. Im Einzelfall haben die Patientinnen und Patienten nur sehr wenige Blutungen und lehnen daher eine Prophylaxe ab.

Die meisten Patienten haben jedoch Blutungen, wenn keine Vorbeugung, also keine Prophylaxe gegeben wird. Es ist der Stand des medizinischen Wissens, eine Prophylaxe zu geben.

Was einen Einfluss darauf hat, welche Therapie durchgeführt wird, ist der Schweregrad der Blutungen, die Art der Blutungen und die Frequenz der Verabreichung des Faktor IX Konzentrats.

Was sind die Vor- und mögliche Nachteile von Präparaten die plasmatisch, rekombinant oder rekombinant mit verlängerter Halbswertzeit sind?

Wir haben heute eine Auswahl von Produkten, die für die Hämophilie B Therapie in Frage kommen. Es gibt plasmatische Produkte und rekombinante, also gentechnisch hergestellte Präparate. Bei diesen wurde die Halbwertszeit, also das Verbleiben des Faktor IX im Blut, deutlich verlängert.

Bei Plasmaprodukten gibt es mittlerweile nur noch ein sehr geringes Risiko für Infektionen. Ich würde es als nahezu eliminiert betrachten, aber theoretisch gibt es diese Möglichkeit noch.

Rekombinante Produkten haben den Vorteil der größeren theoretischen und praktischen Sicherheit in Bezug auf Infektionen. Manche haben allerdings den kleinen Nachteil einer verminderten Wiederfindungsrate im Blut. Man braucht davon also ein bisschen mehr, um den gleichen Spiegel, im Vergleich zu den Plasmaprodukten zu erreichen.

Es ist der heutige medizinische Standard, dass wir Produkte mit einer verlängerten Halbwertszeit anwenden. Es handelt sich um eine beträchtliche Verlängerung von zwanzig Stunden auf bis zu über hundert Stunden Halbwertszeit. Das ermöglicht die Therapie einmal pro Woche bis alle zwei oder drei Wochen.

Hier geht es zum Video-Interview: „Therapiebeginn bei Hämophilie B“

Therapiewechsel bei Hämophilie B

Wann kann ein Therapiewechsel sinnvoll sein?

Es ist immer wichtig, sich als Patient und Arzt gemeinsam zu fragen, ob die Therapie, die gerade durchgeführt wird, immer noch die beste Therapie für die betroffene Person ist. Das sollte man sich zumindest beim Besuch im Zentrum einmal jährlich überlegen.

Einen Therapiewechsel sollte man beispielsweise andenken, wenn trotz der aktuell durchgeführten Therapie Blutungen auftreten. Ein weiterer Faktor ist, wenn neue Therapiemöglichkeiten im Raum stehen, wie Produkte mit einer verlängerten Halbwertszeit. Diese stehen uns aber bereits seit einiger Zeit zur Verfügung.

Aktuell neu und möglich, weil die Zulassung mittlerweile europaweit erfolgt ist, ist die Gentherapie. Diese sollte man als Person mit Hämophilie B ernsthaft in Erwägung ziehen.

Was sollte ich bedenken, wenn ich einen Therapiewechsel in Betracht ziehe?

Durch einen Therapiewechsel ändert sich immer etwas für Sie und Ihren Ablauf im Leben. Zum einen, dass zum Beispiel seltenere Spritzen bei Verwendung von halbwertszeitverlängerten Produkten angenehmer sind, es ist einfach zeitsparender.

Es kann aber auch in eine andere Richtung gehen, dass trotz halbwertszeitverlängerten Produkten Blutungen auftreten. In solchen Situationen müssen Sie gemeinsam mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin überlegen, ob die Frequenz oder die Dosis gesteigert werden muss.

Wenn für Sie eine Gentherapie in Frage kommt, dann sollten Sie dies wirklich gut durchdenken. Überlegen Sie, wie Sie diese Therapie in Ihr Leben, beispielsweise in Ihren Beruf einbauen können. Es ist eine intensive Zeit, aber wir können erwarten, dass Sie danach weniger mit der Hämophilie B selbst beschäftigt sein werden.

Wann kann es sinnvoll sein, an einer Studie teilzunehmen?

Als Ärztin, die über den ganzen Berufsweg Studien durchgeführt hat und welche auch die Entwicklung gesehen hat, die in der Hämophilie A und B erfolgt ist, kann ich nur sagen, dass man immer an Studien teilnehmen sollte.

Ohne Studien gibt es keine Zulassungen und keinen Fortschritt. Studien haben einen hohen Sicherheitsgrad. Bevor eine Studie begonnen wird und bevor Patientinnen und Patienten ein neues Präparat oder eine neue Therapieart bekommen, wird dies sehr intensiv von Behörden und Kommissionen geprüft. Die Überwachung erfolgt auch extrem präzise.

Hier geht es zum Video-Interview: „Therapiewechsel bei Hämophilie B“

Arztgespräch bei Hämophilie B

Wie kann ich mich auf das Gespräch mit meiner Ärztin/meinem Arzt vorbereiten?

Bevor Sie zum Arzt oder zur Ärztin gehen und falls es ein neuer Arzt oder eine neue Ärztin ist, dann nehmen Sie bitte alle Ihre Unterlagen mit. Das klingt banal, aber wir sehen immer wieder, dass Patientinnen und Patienten ohne Unterlagen, Befunde oder Arztbriefe zu uns kommen.

Sie können sich für ein spezielles Arztgespräch durchaus auch vorbereiten, indem Sie mit Ihren Angehörigen darüber sprechen, was Ihr Bedürfnis ist und was Sie fragen möchten. Sie können sich durchaus eine Liste  mit Fragen machen, welche Sie dann gemeinsam mit dem Arzt oder der Ärztin abarbeiten können.

Ich persönlich habe auch nichts dagegen, wenn sich die Patientinnen und Patienten zuvor im Internet informieren. Ich frage sogar, ob sie das gemacht haben, dann kann man nämlich spezifisch darauf eingehen. Sie können auch Betroffene aus der Selbsthilfegruppe befragen, wenn Sie bereits in eine solche eingebunden sind.

Es ist natürlich wichtig, dass auch Sie genügend Zeit für das Arztgespräch haben. Versuchen Sie immer ein bisschen mehr Zeit einzuplanen, da es eine gewisse Wartezeit geben könnte. Sie sollten in diesem Fall nicht schon zum nächsten Termin hetzen müssen.

Was kann ich während des Gesprächs tun, um zu einer guten Entscheidung beizutragen?

Sie sollten gegenüber dem Arzt oder der Ärztin immer offen sein und alles fragen, was Sie wissen möchten. Sagen Sie, was Sie bedrückt. Ich habe das Gefühl, dass einige Dinge manchmal nicht spontan gesagt oder gefragt werden und es dann nur durch einen Umweg oder einen Zufall, aus manchen Patienten herausbricht.

Die Möglichkeit des Arztgespräches sollten Sie wahrnehmen, denn so oft kommt man nicht in das  Hämophiliezentrum, manche reisen weit dorthin. Es macht auch Sinn, sich zuvor eine Liste mit Fragen anzufertigen, damit man am Ende des Gesprächs nicht vor der Tür steht und es einem zu spät wieder einfällt.

Was sollte ich besprechen, wenn ich eine Zweitmeinung einholen will?

Eine Zweitmeinung ist immer wichtig, wenn es um sehr wesentliche Entscheidungen geht, hier möchte ich die Gentherapie ansprechen. Diese verändert Ihr Leben und kann nicht wieder zurückgenommen werden. Es ist auch gut, sich eine Zweitmeinung einzuholen, wenn Sie einfach die Perspektive von jemandem anderen hören wollen.

Es ist jedoch wichtig, dass Sie sich dafür Expertinnen und Experten ins Boot holen. Diese finden Sie in den Hämophiliezentren und besonders in den universitären Hämophiliezentren, wo Sie sich eine Zweitmeinung einholen können.

Wenn Sie genau wissen möchten, zu wem Sie gehen können, können Sie auf die Website der Österreichischen Hämophiliegesellschaft gehen. Dort finden Sie die österreichischen Hämophiliezentren. Sie können diese auch direkt kontaktieren und anfragen, wer hier Ihr Ansprechpartner sein könnte.

Hier geht es zum Video-Interview: „Arztgespräch bei Hämophilie B“

Gentherapie bei Hämophilie B

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit ich als Hämophilie-B-Patient für eine Gentherapie in Frage komme?

Für eine Gentherapie müssen besondere Voraussetzungen erfüllt sein, aber man kann sagen, dass viele der Menschen mit Hämophilie B in Österreich diese Voraussetzungen erfüllen. Im Speziellen darf man keinen Hemmstoff gegen Faktor IX haben, das ist bei der Hämophilie B aber sehr selten.

Darüber hinaus muss im Wesentlichen eine Organgesundheit vorliegen, es darf vor allem keine schwere Lebererkrankung bestehen. Eine Vorgeschichte mit Hepatitis B ist kein Problem, wenn die Behandlung bereits erfolgreich erfolgt ist. Eine kontrollierte HIV-Infektion ist auch kein strikter Einwand.

Außerdem ist es wichtig, dass eine gewisse Verlässlichkeit vorliegt. Diese kann meiner Meinung nach bereits gesehen werden, bevor das Gespräch über die Gentherapie gesucht wird. Dazu zählt zum Beispiel das Führen eines Tagebuchs über Blutungen und Verabreichungen und das Einhalten von Terminen. Wenn das über die Jahre schon schwierig war oder nicht erfolgt ist, stellt sich die Frage, ob es überhaupt gelingen wird, die Gentherapie einzuhalten.

Es gibt eine Phase nach der Gentherapie, einige Wochen danach, in denen man sich intensiv an die Vorgaben, mit regelmäßigen Kontrollen und Kontaktaufnahmen, halten muss. Ohne diese würde man den Therapieerfolg gefährden und das möchten wir auf keinen Fall.

Was sollte ich bei der Entscheidung für oder gegen eine Gentherapie berücksichtigen?

Wenn Sie vor der Entscheidung stehen, wenn Sie eine Gentherapie anstreben oder zumindest im Moment noch nicht, dann müssen Sie verschiedene Aspekte bedenken. Zum einen müssen Sie eine gute Aufklärung über den möglichen Nutzen und mögliche Nebenwirkungen erhalten.

Der Nutzen der Gentherapie ist, dass Sie mit einer großen Wahrscheinlichkeit frei von weiteren Injektionen, vor allem von regelmäßigen Injektionen, sein werden. Bei Operationen kann es jedoch noch möglich sein, dass man zusätzlich noch Medikamente einnehmen muss.

In Bezug auf die Nebenwirkungen, seien Sie kurz- und längerfristig, kann es zu einer Erhöhung der Leberwerte kommen. Sehr langfristige Nebenwirkungen kennen wir noch nicht, man hat über einen Zeitraum von zehn Jahren bisher noch keine bei der Hämophilie B gesehen. Eine gering Anzahl von Patienten haben ein erhöhtes Risiko für Tumorerkrankungen. Es handelt sich hier jedoch insgesamt um ein gutes Nebenwirkungsspektrum.

Sie müssen auch die Familienplanung miteinbeziehen. Es sollte damit über einen Zeitraum von mindestens einigen Monaten gewartet werden, da eine Ausscheidung über die Samenflüssigkeit erfolgen kann.

Darüber hinaus müssen Sie auch überlegen, ob Sie es in Bezug auf Ihre berufliche und familiäre Situation durchhalten können, öfter eine Ambulanz oder ein Labor aufzusuchen, um die regelmäßigen Kontrollen wahrzunehmen. Das muss in den Alltag eingeplant werden. Wenn Sie nicht in einem großen Ballungsraum oder Zentrum leben, werden Sie die eine oder andere Reise in ein Zentrum auf sich nehmen müssen.

Wie kann ich entscheiden, ob jetzt der richtige Zeitpunkt für eine Gentherapie ist?

Den idealen Zeitpunkt für eine Gentherapie kennt man nie und das gilt für viele Entscheidungen im Leben. Es ist aber so, dass Sie mit einer großen Wahrscheinlichkeit erwarten können, dass die häufigen und regelmäßigen Injektionen, nach einer Gentherapie, wegfallen werden.

Wenn nichts dagegen spricht, würde ich eher früher als später sagen. Sie müssen jedoch selbst von Ihrer Entscheidung überzeugt sein, da sie nicht mehr zurückzunehmen ist. Wenn auch bei einzelnen Patienten der Erfolg nicht in der Weise eingetreten ist, wie wir ihn in den meisten Fällen sehen, nämlich die Freiheit von der regelmäßigen Gabe der Faktor IX Konzentrate, so erhalten Sie danach keine schlechtere Situation. Die Möglichkeit der Substitution besteht auch bei einem weniger deutlichen Ansprechen und das ist nur selten der Fall. Diese Möglichkeit haben Sie weiterhin.

Inwiefern sollte ich bedenken, dass die derzeitige Gentherapie nur einmal durchgeführt werden kann?

Es ist wichtig, dass wir mit den jetzigen gentherapeutischen Medikamenten, die Gentherapie nur einmal durchführen können. Denn nach der Therapie kommt es zu einem Anstieg der Abwehrstoffe, der Antikörper gegen das Adeno-assoziierte Virus, in dem das Faktor IX Gen verpackt ist.

Wir können danach weder dieselbe noch eine ähnliche Therapie durchführen, jedoch bleibt die Forschung und Entwicklung in diesem Gebiet nicht stehen. Es wird andere Möglichkeiten geben, davon bin ich sehr überzeugt. Es wird geforscht, teilweise zumindest mit Tierstudien, sodass wir andere Möglichkeiten der Gentherapie, mit anderen sogenannten Vektoren, also Viren oder überhaupt andere Methoden erhalten werden.

Ich denke, dass dieser Fakt Ihre Entscheidung nicht wesentlich beeinflussen sollte. Sie sollten darüber Bescheid wissen, aber es handelt sich für mich um keine wesentliche Einschränkung.

Hier geht es zum Video-Interview: „Gentherapie bei Hämophilie B“

Therapie unterstützen bei Hämophilie B

Wann ist bei Hämophilie B die Unterstützung durch Physiotherapeut:innen sinnvoll?

Für Personen mit Hämophilie gilt es, wie für jeden, aber vielleicht in noch stärkerer Weise, sich fit zu halten und die Muskeln zu trainieren. Versuchen Sie kein zu hohes Gewicht zu haben und auch für die Knochen und Knochenstruktur ist es wichtig, sich zu bewegen. Das sind einfach allgemein wichtige Maßnahmen.

Sie können, auch wenn noch keine Gelenkschäden vorliegen, durch eine Physiotherapie unterstützt werden. Das wird angenehm und intensiv auf dem österreichischen Hämophilielager für Kinder gemacht. Besonders wichtig wird eine Physiotherapie selbstverständlich, wenn bereits Gelenkschäden vorliegen oder Sie eine schwere Blutung durchgemacht haben.

Eine solche Blutung zwingt Sie zu einer Ruhigstellung des Gelenkes. Die Physiotherapie hilft, um die Muskulatur rund um das Gelenk wieder aufzubauen und damit Sie wieder einen guten Bewegungsablauf erlernen. Die Physiotherapie ist eine wichtige Säule in der Hämophilietherapie.

Wie kann mir eine psychosoziale Unterstützung helfen?

Eine psychosoziale Unterstützung kann Ihnen sicherlich helfen. Sie können diese entweder über Ihr Hämophiliezentrum oder über Ihren Hausarzt in Anspruch nehmen. Sie kann Ihnen helfen, wenn Sie sich speziell über Ihre psychosoziale Situation informieren möchten oder sich in Schwierigkeiten fühlen.

Es ist wichtig zu versuchen, hier jemanden zu finden, der auch eine gewisse Erfahrung in Bezug auf die Hämophilie mitbringt, beziehungsweise jemanden, der Erfahrungen in Bezug auf chronische Erkrankungen hat.

Bei einer allgemeinen psychosozialen Unterstützung, wenn es beispielsweise um den Beruf oder die Hilfe bei Behinderung geht, ist kein spezielles Wissen über die Hämophilie notwendig.

Wenn Sie wirklich das Gefühl haben, Unterstützung zu brauchen, dann versuchen Sie diese Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ihre Ansprechpartner sind, wie bereits gesagt, Ihr Hausarzt oder Ihr Hämophiliezentrum

Hier geht es zum Video-Interview: „Therapie unterstützen bei Hämophilie B“

Alltag mit Hämophilie B meistern

Wie gehe ich vor, wenn ich nach einer Verletzung nicht weiß, ob ich Gerinnungsfaktor spritzen soll oder nicht?

Wenn Sie eine Verletzung haben und sich die Frage stellen: „Bekomme ich jetzt eine Blutung oder nicht?“, dann ist es grundsätzlich besser großzügiger zu sein. Wenn Sie generell wissen, dass die letzte Faktorgabe schon länger her ist und Ihr Spiegel wahrscheinlich schon deutlich unter zehn bis zwanzig Prozent abgesunken ist, dann sollten Sie entweder die Prophylaxe vorziehen oder eine vorbeugende Injektion dazwischen vornehmen.

Das gilt auch für Patienten mit nicht-schwerer Hämophilie oder nach einer Gentherapie, wenn der Faktorspiegel Ihnen zwar eine regelmäßige Gabe erspart, weil Sie einen gewissen Spiegel haben, dieser aber nicht so hoch ist, um Sie sicher bei schwereren Verletzungen vor Blutungen zu schützen.

Das ist besonders wichtig, wenn es sich um die Verletzung eines Gelenks, eines Muskels, einen starken Stoß, eine Verletzung des Kopfes oder des Bauchraumes handelt. Bei Hämophilie Patienten kann die Blutung nämlich verzögert eintreten,  teilweise Stunden oder Tagen danach. Es ist dann oft für den Patienten selbst und für den Arzt schwierig, die Blutung in Verbindung mit der Verletzung zu bringen.

Fragen Sie daher eher häufiger nach, es gibt auch im Wiener Hämophiliezentrum einen Gerinnungs-Bereitschaftsdienst, der rund um die Uhr erreichbar ist. Der Arzt ruft Sie dann zurück, das können Sie auch auf der Website der ÖHG, der Medizinischen Universität Wien oder des AKHs finden.

Was sollte ich wisse, wenn Entscheidungen zur Familienplanung mit Hämophilie anstehen?

Wenn Sie ernsthaft über die Familienplanung und Kinder nachdenken, dann sollten Sie sich intensiv mit dem Vererbungsmodus der Hämophilie beschäftigen. Sie sollten das natürlich mit einem Experten oder einer Expertin in Ihrem Zentrum besprechen.

Selbstverständlich und ganz wichtig ist dabei die Offenheit und Einbeziehung der Partnerin oder des Partners. Es mach Sinn, diese Person zum Arztgespräch mitzunehmen.

Bei dieser Fragestellung können Sie sich in erster Linie an das Hämophiliezentrum wenden. Dort können Sie sich vertrauensvoll melden und nach Terminvereinbarung mit Ihrer Partnerin oder Ihrem Partner vorbeikommen. Schreiben Sie sich Ihre Fragen auf oder merken Sie sich diese gemeinsam, führen Sie ein offenes Gespräch.

Wie finde ich passende Sport- und Bewegungsmöglichkeiten trotz Hämophilie B?

Sport und Bewegung sind für jede Person wichtig, besonders für Hämophiliepatienten. Die Erkrankung ist keine Ausrede, um keinen Sport zu machen. Es ist in besonderer Weise wichtig für die Stärkung des Bewegungsapparates und die Verbesserung des Bewegungsablaufs, damit man Fehlbewegungen automatisch besser korrigiert.

Wie findet man die besten Sportarten? Man kann unter Substitution oder nach einer Gentherapie heutzutage fast alle Sportarten ausüben. Es gibt natürlich Sportarten, die mit einer erhöhter Verletzungsgefahr einhergehen. Das sind Kontaktsportarten, ich empfehle daher kein Wrestling, aber auch Fußball hat beispielsweise ein erhöhtes Verletzungsrisiko.

Die Optionen muss man mit dem Hämophilietherapeuten besprechen, aber Sportarten, wie Schwimmen, Laufen gehen, Wandern, Radfahren und viele andere Sportarten, auch in der Halle, können und sollten Sie machen.

Hier geht es zum Video-Interview: „Alltag mit Hämophilie B meistern“

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Geprüft Univ.-Prof.in Dr.in Ingrid Pabinger-Fasching: Stand Mai 2023 | Quellen und Bildnachweis
Die Kurse sind kein Ersatz für das persönliche Gespräch mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt, sondern ein Beitrag dazu, PatientInnen und Angehörige zu stärken und die Arzt-Patienten-Kommunikation zu erleichtern.
Antikörper
(Immunoglobuline)
Eiweiße (Proteine), die von Zellen des Immunsystems gebildet werden, um Krankheitserreger wie Bakterien oder Viren zu bekämpfen. Bei manchen Erkrankungen kann es zu einer fehlgeleiteten Bildung von Antikörpern gegen körpereigene Zellen oder Strukturen kommen.
Bedarfstherapie
Therapie, die nur im Bedarfsfall bei akuten Beschwerden zum Einsatz kommt und diese schnell lindern soll. Anders als eine Langzeittherapie (=Prophylaxe), die regelmäßig und langfristig eingenommen wird.
Gentherapie
Behandlungsmethode, die darauf abzielt, genetische Defekte durch die Einführung von gesunden Genen zu korrigieren oder auszugleichen.
Halbwertszeit
Bei Medikamenten ist die Halbwertszeit jene Zeitspanne, in der die Hälfe der ursprünglichen Dosis im Körper abgebaut wird.
Hämophilie
(Bluterkrankheit)
Erkrankung der Blutgerinnung. Betroffene haben einen Mangel an Gerinnungsfaktoren, die zur Blutstillung benötigt werden. Dadurch treten Blutungen häufiger auf als bei gesunden Personen und werden langsamer gestoppt. Es gibt zwei Arten der Hämophilie. Bei Hämophilie A fehlt der Gerinnungsfaktor VIII (acht). Bei Hämophilie B fehlt der Gerinnungsfaktor IX (neun).
Leberwerte
Blutwerte, die Aufschluss über die Funktion der Leber geben.
Physiotherapie
Therapieform zur Verbesserung von Beweglichkeit und Kraft durch gezielte Übungen.
Prophylaxe
(Vorbeugung)
Maßnahmen, die der Verhütung sowie Vorbeugung von Krankheiten beziehungsweise deren Folgen dienen. Anders als eine Bedarfstherapie wird eine Therapie zur Prophylaxe zur Vorbeugung einer Erkrankung oder deren Folgen durchgeführt und nicht nur bei Symptomen.
Zulassung
Die (Arzneimittel-)Zulassung ist eine von den Behörden erteilte Genehmigung, die benötigt wird, um ein Medikament oder Therapieverfahren öffentlich anbieten zu können. Sie wird erst erteilt, sobald durch klinische Studien nachgewiesen wurde, dass das Arzneimittel sicher und wirksam ist.  
Zweitmeinung
Einschätzung eines zweiten Arztes oder einer zweiten Ärztin zur Diagnose oder Behandlung einer Erkrankung, um die Richtigkeit und Angemessenheit der vorgeschlagenen Therapie zu überprüfen.