2. Therapiebeginn bei Hämophilie B

Wie wählt meine Ärztin/mein Arzt die passende Therapie aus?

Für die Behandlung der Hämophilie B gibt es unterschiedliche Therapieoptionen. Unter Berücksichtigung medizinischer und persönlicher Faktoren wird sorgfältig abgewogen, welche Behandlung für Sie in Betracht kommt. Zu den Faktoren zählen zum Beispiel:

  • Ihr allgemeiner Gesundheitszustand
  • Ihr Alter
  • Gelenkbeteiligung
  • Blutungshäufigkeit
  • Ihre berufliche Situation
  • Art der Verabreichung (zum Beispiel selbstständiges Spritzen)

Die Entscheidung für oder gegen eine Behandlung treffen Sie schließlich gemeinsam mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt. Sprechen Sie Ihre Wünsche und Ängste an. Versuchen Sie aktiv Ihre persönlichen Ziele in das Gespräch einzubringen.

Das wichtigste Ziel in der Behandlung ist das Verhindern und Stoppen von Blutungen. Hierzu gibt es verschiedene Therapieansätze. Da bei Hämophilie B ein bestimmter Blutgerinnungsfaktor fehlt, können die Beschwerden durch die Zugabe des fehlenden Faktors gelindert werden. Es stehen verschiedene Produkte zur Verfügung, die je nach Abbauzeit in unterschiedlichen Abständen über die Vene verabreicht werden. Durch die Fortschritte in der Forschung gibt es jetzt auch eine Gentherapie bei Hämophilie B. Bei der Gentherapie reicht eine einmalige Infusion , um unkontrollierte Blutungen zu vermeiden.

Habe ich als Patient mit Hämophilie B bei medizinischen Entscheidungen ein Mitspracherecht?

Als Patient:in spielen Sie eine wesentliche Rolle in der Entscheidungsfindung. Ihre Ärztin/Ihr Arzt klärt Sie bestmöglich über die Hämophilie B und ihre Therapieoptionen auf. Sie/er ist Expert:in für medizinische Inhalte. Sie hingegen kennen am besten Ihre eigenen Lebensumstände und Prioritäten. Trauen Sie sich Fragen zu stellen und kommunizieren Sie ehrlich Ihre Bedenken oder Sorgen. Sie diskutieren gemeinsam verschiedene Therapieoptionen und wägen das Für und Wider gegeneinander ab.

Schließlich entscheiden Sie sich gemeinsam für eine Behandlung. Auf diese Weise werden Ihre persönlichen Wünsche und die medizinische Empfehlung berücksichtigt. Das erleichtert die regelmäßige Einnahme beziehungsweise Verabreichung einer Therapie und trägt somit zum Therapieerfolg bei. Denn die Therapie wirkt nur dann optimal, wenn sie regelmäßig und entsprechend des Therapieplans verabreicht wird.

Hämophilie-Therapie als Bedarfsbehandlung oder Dauerbehandlung

Das Ziel der Behandlung einer Hämophilie B ist es, Blutungen zu verhindern und schnellstmöglich zu stoppen. Da bei Hämophilie B der Gerinnungsfaktor IX (neun) fehlt, wird Faktor IX über eine Vene zugeführt. Grundsätzlich gibt es zwei Behandlungsverfahren:

  • Die Bedarfsbehandlung bei einer aktiven Blutung
  • Die Dauerbehandlung zur Prophylaxe einer Blutung

Bei schwerer Hämophilie B ist Vorsorge besser als Nachsorge

Für Patienten mit schwerer Hämophilie B gilt die Prophylaxe als Therapie der Wahl. Die Gefahr komplizierter und lebensbedrohlicher Blutungen lässt sich damit deutlich verringern. Meist erfolgt die Verabreichung eines Faktor IX-Präparates 2 bis 3x wöchentlich. Je nach Schweregrad, Häufigkeit und der Art der Blutungen kann auch eine häufigere Gabe erfolgen.

Plasmatisch, rekombinant oder rekombinant mit verlängerter Halbwertszeit

Es gibt mehrere Verfahren zur Herstellung des Faktor IX, welcher in der Therapie der Hämophilie B verabreicht wird. Die Produkte aus allen Herstellungsverfahren ersetzen den Faktor gut und sind inzwischen sehr sicher:

  • Plasma-Produkte: aus dem Blutplasma, dem flüssigen Bestandteil des Blutes, gesunder Spender wird Faktor IX gewonnen (plasmatischer Faktor IX). Dazu wird das Blutplasma durch verschiedene Verfahren gereinigt und aufbereitet. In der Vergangenheit gab es Fälle, in denen Infektionen mit plasmatischen Produkten übertragen wurden. Inzwischen ist die Herstellung von Blutprodukten jedoch fortschrittlicher. Das Risiko einer Infektion ist durch neue Technologien heutzutage sehr gering.
  • Rekombinante Produkte: die Herstellung von Faktor IX erfolgt gentechnisch in Laboren. Mögliche Übertragungen von Infektionen sind somit von vorneherein ausgeschlossen. Der Herstellungsprozess ist etwas aufwendiger. Sie werden vom Körper etwas schneller abgebaut als plasmatische Produkte. Deshalb müsse sie etwas häufiger verabreicht werden.
  • Rekombinante Produkte mit verlängerter Halbwertszeit : die Halbwertszeit ist die Zeit, die der Körper benötigt, um die Hälfte einer Substanz abzubauen. Je länger die Halbwertszeit ist, desto länger verbleibt eine Substanz im Blut. Durch Fortschritte in der Entwicklung von Faktor IX gibt es inzwischen rekombinante Präparate, die statt einer Halbwertszeit von 20 Stunden nun bis zu 100 Stunden aufweisen. Dadurch kann die Verabreichung in größeren Zeitabständen erfolgen, zum Beispiel einmal in 2 Wochen.

Auf der Webseite der Deutschen Hämophiliegesellschaft finden Sie eine aktuelle Übersicht mit allen Faktor VIII und IX Präparaten, die derzeit in Europa in der Behandlung der Hämophilie A und B zugelassen sind.

Weitere Informationen zur Behandlung von Hämophilie B

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Geprüft Univ.-Prof.in Dr.in Ingrid Pabinger-Fasching: Stand Mai 2023 | Quellen und Bildnachweis
Die Kurse sind kein Ersatz für das persönliche Gespräch mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt, sondern ein Beitrag dazu, PatientInnen und Angehörige zu stärken und die Arzt-Patienten-Kommunikation zu erleichtern.
(Zirkardianer Rhythmus )
Biologisches Phänomen, das in einem Rhythmus von ungefähr 24-Stunden bestimmte körperliche Funktionen beeinflusst.  Ein Beispiel ist der Schlaf-Wach-Zyklus durch die Freisetzung des Schlafhormons.
Halbwertszeit
Bei Medikamenten ist die Halbwertszeit jene Zeitspanne, in der die Hälfe der ursprünglichen Dosis im Körper abgebaut wird.
Hämophilie
(Bluterkrankheit)
Erkrankung der Blutgerinnung. Betroffene haben einen Mangel an Gerinnungsfaktoren, die zur Blutstillung benötigt werden. Dadurch treten Blutungen häufiger auf als bei gesunden Personen und werden langsamer gestoppt. Es gibt zwei Arten der Hämophilie. Bei Hämophilie A fehlt der Gerinnungsfaktor VIII (acht). Bei Hämophilie B fehlt der Gerinnungsfaktor IX (neun).
Infusion
Verabreichung einer Flüssigkeit (mit oder ohne darin gelösten Medikamente) über einen Zugang in ein Blutgefäß.
plasmatisch
(= das Plasma betreffend)
In der Medizin ist mit Plasma häufig das Blutplasma gemeint. Blutplasma ist der flüssige Bestandteil unseres Blutes und hat verschiedenste Aufgaben. Aber auch unserer Zellen bestehen zu einem großen Teil aus Plasma (Zellplasma oder Zytoplasma).
Prophylaxe
(Vorbeugung)
Maßnahmen, die der Verhütung sowie Vorbeugung von Krankheiten beziehungsweise deren Folgen dienen. Anders als eine Bedarfstherapie wird eine Therapie zur Prophylaxe zur Vorbeugung einer Erkrankung oder deren Folgen durchgeführt und nicht nur bei Symptomen.