1. Entscheidungen bei Hämophilie B

Welche medizinischen Entscheidungen können mit Hämophilie B anstehen?

Nach der Diagnose einer Hämophilie B stellt sich vor allem die Frage nach der geeignetsten Therapie. Dabei spielt die vorliegende Form der Hämophilie sowie ihr Schweregrad eine wichtige Rolle. Genauere Informationen zu den Unterschieden zwischen Hämophilie A und B und den verschiedenen Schweregraden erhalten Sie in der Schulung „Hämophilie verstehen“. Diese Schulung behandelt in erster Linie die mittelschwere bis schwere Hämophilie B.

Der bei Hämophilie B fehlende Gerinnungsfaktor IX (neun) kann durch ein entsprechendes Faktorpräparat ausgeglichen werden. Dadurch wird die Funktion des Gerinnungssystems wiederhergestellt. Es gibt verschiedene Arten der Hämophilie Therapie. Gemeinsam mit Ihrem Behandlungsteam entscheiden Sie, welche Therapie die passende für Sie ist:

  • Bedarfstherapie : tritt eine Blutung auf, wird ein entsprechendes Faktorpräparat verabreicht. Eine aktive Blutung soll durch die Bedarfstherapie gestoppt werden. Die Entstehung von Blutungen wird nicht verhindert. Diese Therapieform wird heutzutage bei Hämophilie nicht mehr empfohlen.
  • Prophylaxe : um Blutungen vorzubeugen, werden in regelmäßigen Zeitabständen Faktorpräparate verabreicht. Das Ziel ist es, das Auftreten von Blutungen zu verhindern und so Komplikationen vorzubeugen.
  • Gentherapie: für die Hämophilie B und Hämophilie A gibt es seit Neuestem eine Gentherapie, die nur einmalig verabreicht werden muss. Sie verbessert die Blutgerinnung und schützt vor Blutungen.

Mehr Informationen zu Behandlungsmöglichkeiten, Gentherapie und Nebenwirkungen der Hämophilie B erhalten Sie in der Schulung „Hämophilie B behandeln“.

Welche Entscheidungen in Bezug auf meine Lebensplanung können anstehen?

Mit der Diagnose einer Hämophilie B stellen sich Ihnen vielleicht nicht nur medizinische, sondern auch persönliche Fragen. Das kann Entscheidungen in Lebensbereichen wie Schule, Ausbildung und Berufswahl beeinflussen. Mit den modernen Therapien können Sie in der Regel ein weitgehend normales und aktives Leben führen und praktisch jeden Beruf ausüben.

Da Hämophilie B häufig eine vererbbare Erkrankung ist, sollten Sie auch Ihre Partnerin/Ihren Partner mit in die Lebensplanung einbeziehen. Versuchen Sie offen miteinander über einen möglichen Kinderwunsch zu sprechen. Auch für Ihre Partnerin/Ihren Partner kann es hilfreich sein, beim Arztgespräch dabei zu sein, um die Erkrankung besser zu verstehen. Nähere Informationen zur Vererbung von Hämophilie erhalten Sie unter „Alltag mit Hämophilie meistern„.

Wer kann mich bei schwierigen Entscheidungen unterstützen und wie?

Sie werden mit Ihrer Erkrankung nicht allein gelassen. Damit Sie rundum gut betreut und beraten sind, steht Ihnen ein Team von Hämophilie-Expert:innen im Hämophiliezentrum zur Seite. Es gibt verschiedene Personen, die Sie bei schwierigen Entscheidungen unterstützen können. Gerade am Anfang können die neue Situation und die vielen Informationen überfordernd wirken. Zögern Sie deshalb nicht, um Unterstützung zu bitten.

  • Ihre Ärztin/Ihr Arzt: Lassen Sie sich ausführlich von Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt zu der Hämophilie B und ihren Therapiemöglichkeiten aufklären. Stellen Sie Fragen und informieren Sie sich umfassend, sodass Sie eine Entscheidung treffen können, die Ihren Vorstellungen und Ihren Bedürfnissen entspricht. Zögern Sie nicht, Ihre behandelnden Ärzt:innen bezüglich Bedenken oder Fragen zu kontaktieren. Weil Hämophilie eine seltene Erkrankung ist, sind nicht alle Ärzt:innen spezialisiert auf diese Krankheit der Blutgerinnung. Falls Sie nicht bereits von Expert:innen betreut werden, kann Ihnen Ihre Ärztin/Ihr Arzt sicherlich Expert:innen empfehlen.
  • Familie und Freund:innen: Je besser Sie Ihre Erkrankung verstanden haben, desto einfacher ist es, mit Ihrer Familie und Ihren Freund:innen darüber zu reden. Bei schwierigen Entscheidungen kann Ihr soziales Umfeld Sie dann besser unterstützen und entlasten.
  • Psychologische Unterstützung: Manchmal kann es hilfreich sein, mit Psychotherapeut:innen zu sprechen. Sie können Ihnen bei der Bewältigung von Stress und Angst im Zusammenhang mit Hämophilie B helfen. Das kann dazu beitragen, Ihre Gedanken und Gefühle zu sortieren und Ihnen helfen, eine Entscheidung zu treffen.
Wie komme ich zu einer guten Entscheidung?

Manchmal kann es schwierig sein eine Entscheidung zu treffen, die verschiedene Auswirkungen auf das Leben haben kann. Es gibt verschieden Methoden, die Ihnen dabei helfen können, eine gute Entscheidung zu treffen:

  • Pro und Kontra Liste: Schreiben Sie alle Vor- und Nachteile Ihrer Entscheidungsmöglichkeiten auf und wägen Sie ab, welche Seite schwerer wiegt
  • Mindmap: Zeichnen Sie ein Diagramm mit den verschiedenen Optionen als Zweig und verfolgen Sie, welche Auswirkung jede Entscheidung auf die Zukunft haben könnte
  • Standpunktwechsel: Stellen Sie sich vor, Sie beraten eine Freundin/einen Freund. Was würden Sie ihr/ihm im Hinblick auf die Entscheidung raten?

Es ist auch wichtig vor der Entscheidung eine klare Vorstellung von Ihren Prioritäten, Zielen und Werten zu haben. Gibt es beispielsweise einen Faktor in Ihrem Leben, der Ihnen sehr wichtig ist, und eine Option von Vornherein ausschließt? Wenn Sie diese Dinge vorab klären, wird es einfacher sein, eine Entscheidung zu treffen, die Ihren Vorstellungen und Wünschen entspricht.

Checkliste Gute Entscheidungen treffen bei Hämophilie B
Dieser Leitfaden soll Ihnen dabei helfen eine Entscheidung zu treffen, die Ihren Bedürfnissen entspricht. Download

Wie finde ich ein passendes Betreuungsteam?

Mit einem engagierten und auf Hämophilie spezialisierten Team können Sie die Hämophilie B heutzutage sehr erfolgreich behandeln. In Deutschland, Österreich und der Schweiz finden Sie in nahezu jedem Bundesland oder Kanton spezialisierte Hämophiliezentren. Sie können Ihre Ärztin/Ihren Arzt nach einem geeigneten Zentrum fragen. Auf folgenden Seiten können Sie nachschauen, wo Sie Zentren in Ihrer Nähe finden:

Dort können Sie sich eine Zweitmeinung vor dem Start einer Therapie oder ausführliche Informationen einholen. Gerade am Anfang der Therapie werden Sie vermutlich sehr engen Kontakt mit behandelnden Ärzt:innen und dem Team im Hämophiliezentrum haben. Es ist wichtig, dass Sie sich verstanden und wohl fühlen, um eine Vertrauensgrundlage zu schaffen.

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Geprüft Univ.-Prof.in Dr.in Ingrid Pabinger-Fasching: Stand Mai 2023 | Quellen und Bildnachweis
Die Kurse sind kein Ersatz für das persönliche Gespräch mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt, sondern ein Beitrag dazu, PatientInnen und Angehörige zu stärken und die Arzt-Patienten-Kommunikation zu erleichtern.
Bedarfstherapie
Therapie, die nur im Bedarfsfall bei akuten Beschwerden zum Einsatz kommt und diese schnell lindern soll. Anders als eine Langzeittherapie (=Prophylaxe), die regelmäßig und langfristig eingenommen wird.
Gentherapie
Behandlungsmethode, die darauf abzielt, genetische Defekte durch die Einführung von gesunden Genen zu korrigieren oder auszugleichen.
Hämophilie
(Bluterkrankheit)
Erkrankung der Blutgerinnung. Betroffene haben einen Mangel an Gerinnungsfaktoren, die zur Blutstillung benötigt werden. Dadurch treten Blutungen häufiger auf als bei gesunden Personen und werden langsamer gestoppt. Es gibt zwei Arten der Hämophilie. Bei Hämophilie A fehlt der Gerinnungsfaktor VIII (acht). Bei Hämophilie B fehlt der Gerinnungsfaktor IX (neun).
Prophylaxe
(Vorbeugung)
Maßnahmen, die der Verhütung sowie Vorbeugung von Krankheiten beziehungsweise deren Folgen dienen. Anders als eine Bedarfstherapie wird eine Therapie zur Prophylaxe zur Vorbeugung einer Erkrankung oder deren Folgen durchgeführt und nicht nur bei Symptomen.
Zweitmeinung
Einschätzung eines zweiten Arztes oder einer zweiten Ärztin zur Diagnose oder Behandlung einer Erkrankung, um die Richtigkeit und Angemessenheit der vorgeschlagenen Therapie zu überprüfen.