Wachstum verstehen
Konfuzius sagte „Wahre Größe kommt von innen“. Obwohl er vermutlich dabei nicht vom Körperwachstum gesprochen hat, hatte er im biologischen Sinne Recht. Wir wachsen mithilfe des Wachstumshormons, das von der Hirnanhangsdrüse ausgeschüttet wird.
Diese Drüse wird auch Hypophyse genannt. Sie befindet sich an der Unterseite des Gehirns, auf Höhe der Augen. Die von der Hypophyse ausgeschütteten Botenstoffe (Hormone) beeinflussen lebenswichtige Drüsen des Körpers, wie zum Beispiel die Schilddrüse, die Nebenniere und die Fortpflanzungsorgane. Auch das Körperwachstum wird über einen dieser Botenstoffe, das Wachstumshormon, gesteuert.
Wofür brauchen wir das Wachstumshormon?
Der Name „Wachstumshormon“ weist auf eine Funktion des Hormons hin – es reguliert das Längenwachstum des Körpers. Neben dem Körperwachstum beeinflusst es auch weitere Prozesse im Körper.
Wie wachsen Kinder?
Ein Knochen wächst, indem sich Knorpelzellen in Knochenzellen umwandeln. Der Teil des Knochens, an dem sich die Knorpelzellen befinden, wird als Wachstumsfuge bezeichnet. Sind alle Knorpelzellen der Wachstumsfuge in Knochenzellen umgewandelt, ist diese verschlossen und das Längenwachstum abgeschlossen. Das Wachstumshormon fördert diese Prozesse.
Warum ist das Wachstumshormon auch für Erwachsene wichtig?
Das Wachstumshormon aktiviert weitere Hormone des Körpers, unter anderem IGF-I (Insulin-Like Growth Factor I). IGF-I ist das „Hilfshormon“ des Wachstumshormons. Beide Hormone beeinflussen im Zusammenspiel Stoffwechselprozesse von Kindern und Erwachsenen.
- Zuckerstoffwechsel: Das Wachstumshormon erhöht den Blutzuckerspiegel.
- Fettgewebe: Das Wachstumshormon erhöht den Fettabbau und stellt dem Körper so Energie zur Verfügung.
- Muskulatur: Das Wachstumshormon führt zum Muskelaufbau.
Ursachen von Akromegalie
Bei der Erkrankung Akromegalie produziert der Körper zu viel Wachstumshormon. Hier erfahren Sie welche Ursachen zugrunde liegen können.
Mögliche Ursachen
Die möglichen Ursachen können in zwei verschiedene Kategorien unterteilt werden.
Innerhalb der Hirnanhangsdrüse
Nahezu immer führt ein gutartiger Tumor der Hirnanhangsdrüse zur überschießenden Produktion von Wachstumshormon. Der Tumor heißt Hypophysenadenom und entsteht aus dem Gewebe der Hirnanhangsdrüse.
Außerhalb der Hirnanhangsdrüse
Äußerst selten können auch Tumore an anderen Stellen des Körpers, zum Beispiel an der Bauchspeicheldrüse, zu gesteigerter Produktion eines Hormons (Wachstumshormon-Releasing-Hormon), das die Ausschüttung von Wachstumshormon stimuliert, führen.
Folgen
Durch die überschießende Produktion von Wachstumshormon kommt es zu sichtbaren und nicht sichtbaren Veränderungen des Körpers. Wenn Kinder vor Verschluss der Wachstumsfugen erkranken, wachsen sie verstärkt und können über zwei Meter groß werden. Bei Erwachsenen vergrößern sich zum Beispiel Hände, Füße und manchmal auch innere Organe. Auch der Stoffwechsel gerät außer Balance.
Näheres über Symptome und Folgen von Wachstumshormonüberschuss erfahren Sie in Lektion zwei „Symptome erkennen„.
Tumor ist nicht gleich Tumor
Das Wort „Tumor“ heißt übersetzt „Schwellung“. Auch wenn das Wort „Tumor“ im Alltagsgebrauch häufig mit einer Krebserkrankung assoziiert ist, bedeutet ein Tumor nicht immer Krebs. So handelt es sich beim Hypophysenadenom, der häufigsten Ursache der Akromegalie, um eine gutartige Vergrößerung der Hirnanhangsdrüse.
Überschuss an Wachstumshormonen
Erwachsene können nach Verschluss der Wachstumsfugen der Knochen nicht mehr in die Länge wachsen. Ein Überschuss an Wachstumshormon führt stattdessen zu Veränderungen des Aussehens und beeinflusst den Stoffwechsel der Betroffenen. Was bedeutet das konkret für Erkrankte?
Die Körperenden wachsen
Sowohl Hände als auch Füße, sowie Stirn, Nase, Unterkiefer und Kinn wachsen. Die Gesichtszüge von Betroffenen erscheinen dadurch gröber.
Innere Organe können sich vergrößern
Es kann passieren, dass sich das Herz vergrößert und dass sich eine Herzschwäche (Herzinsuffizienz) entwickelt. Wenn Kehlkopf und Zunge wachsen, kann es nachts zur Atemstörung kommen, der sogenannten Schlafapnoe. Die Stimme wird durch die Vergrößerung des Kehlkopfs tiefer.
Stoffwechselveränderungen
Durch den Einfluss von Wachstumshormon wird vermehrt IGF-I (insulin-like growth factor-I) ausgeschüttet. Dadurch kommt es häufig zu Stoffwechselveränderungen:
- Der Zuckerhaushalt ist gestört, es kann sich Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) entwickeln.
- Auch Bluthochdruck ist eine häufige Folge von Wachstumshormonüberschuss.
- Die Muskelmasse nimmt zu und das Fettgewebe wird reduziert.
Die Größe des Tumors selbst kann Folgen haben
Der Tumor kann den Sehnerv einengen, der direkt über der Hirnanhangsdrüse liegt. Dadurch kommt es zur Gesichtsfeldeinschränkung, das heißt Betroffene können einige Bereiche, die normalerweise in ihrem Sichtfeld liegen, nicht mehr sehen. Ist der Tumor groß, kommt es auch zu Kopfschmerzen.
Geprüft von Univ.-Prof. Dr. Anton Luger: Februar 2021 | Quellen und Bildnachweis