7. BRCA-Gentest verstehen – alle Fragen

Mithilfe von BRCA-Gentests kann festgestellt werden, ob das Risiko für Brust- und Eierstockkrebs erhöht ist. Liegt eine vererbbare BRCA-Mutation vor, können gezielte Vorsorgemaßnahmen das Krebsrisiko deutlich senken. Univ.-Prof. Dr. Christian Singer erklärt, wer sich testen lassen sollte und wie Keimbahntestung und Tumortestung ablaufen.

Krebs und Gentests

Was ist ein Gentest?

Ein Gentest ist eine Untersuchung der genetischen Information des Menschen. Sie müssen sich die genetische Information vorstellen wie einen Bauplan. Und wir untersuchen bei einem Gentest, ob der Bauplan tatsächlich eine funktionsfähige Wiedergabe der Eiweißmoleküle des Menschen ermöglicht.

Die Genuntersuchung kann in einer Blutabnahme durchgeführt werden, ist also relativ schmerzlos und einfach durchzuführen.

Wann wird ein Gentest durchgeführt?

Ein Gentest kann immer dann angeboten werden, wenn eine familiäre Disposition besteht. Das bedeutet, dass in einer Familie, in einer väterlichen oder einer mütterlichen Linie mehrere Erkrankungsfälle von Brustkrebs oder Eierstockkrebs vorkommen.

Immer dann, wenn wir bei der Anamnese, also bei der Erfahrung der Familiengeschichte, entdecken, dass mehrere Frauen an Brustkrebs oder Eierstockkrebs betroffen sind, auch Prostatakarzinom-Fälle bei Männern in der Familie sind immer ein Hinweis darauf, dann könnte das eine genetische Ursache haben. Und in solchen Fällen bieten wir Betroffenen eine genetische Beratung an.

Wenn sich in der Beratung herausstellt, dass tatsächlich die realistische Möglichkeit besteht, dass eine Genveränderung, eine sogenannte Mutation vorliegt, dann können wir einen solchen Test auch anbieten.

Warum wird ein Gentest durchgeführt?

Wir führen heute Genanalysen durch

  • einerseits, weil wir das Risiko einer Person kennenlernen möchten, noch einmal an einem Krebs zu erkranken, an einem neuen Krebs zu erkranken,
  • andererseits, weil wir auch wissen möchten, ob die Möglichkeit besteht, dass dieser genetische Defekt an nachfolgende Generationen weitergegeben wird.

Aus diesem Grund werden Genanalysen durchgeführt.

Heute ergibt sich auch die Möglichkeit, bei Vorhandensein einer Genveränderung einen Einfluss auf die Therapie zu nehmen.

  • Das heißt im Falle der Operation vielleicht etwas extensiver, etwas ausführlicher zu operieren.
  • Das kann aber auch bedeuten, dass neue Medikamente eingesetzt werden.

Deswegen ist die Genmutations-Analyse gerade bei den beiden wichtigsten Brustkrebsgenen BRCA1 und BRCA2 so wichtig, weil sie uns eine therapeutische Entscheidung ermöglichen und ganz neue Medikamente inzwischen eingesetzt werden können, wenn eine derartige Mutation vorliegt. Und deswegen ist es wichtig, bei inzwischen mehr und mehr Krebsarten zu wissen, ob eine Genmutation vorliegt.

Welche Arten von Gentests gibt es?

Wir unterscheiden

  • Gentests, klassische Gentests, bei denen also der Bauplan des menschlichen Organismus untersucht wird und auf Schreibfehler hin geprüft wird,
  • von sogenannten Genexpressionstests. Die kann man nur im Tumor durchführen. Da muss also schon ein Krebs aufgetreten sein. Und die Genexpressionstests geben uns eine Information über die Gefährlichkeit, die Aggressivität von Tumorgewebe.

Bei Gentests wie zum Beispiel den BRCA1- oder BRCA2-2-Test oder anderen Gentests in anderen Risikokonstellationen geht es darum, einen Defekt im Bauplan zu finden, der in allen Zellen des Körpers vorkommt und der deswegen auch weitergegeben werden kann an nachfolgende Generationen.

Was bedeutet Keimbahn- und Tumortestung?

Man kann natürlich Genveränderungen im Tumor untersuchen. Das ist ein aufwendigeres Prozedere. Aber das ist heute sehr gut machbar.

Allerdings ist es nicht immer eine Methode, die wir durchführen können. Manchmal erhalten wir einfach kein Ergebnis, kein aussagekräftiges Ergebnis. Und deswegen ist es oft günstiger, eine Blutuntersuchung durchzuführen.

Bei Fällen von Eierstockkrebs, wo wir den Einsatz bestimmter Medikamente untersuchen wollen, ob das möglich ist, diese Medikamente einzusetzen, da kann man aus Tumorgewebe eine Analyse durchführen.

Immer dann, wenn wir sicher eine Information darüber erhalten wollen, ob alle Zellen des menschlichen Körpers diesen Gendefekt, diese Mutation tragen, führen wir eine Blutuntersuchung durch.

Und das sind Veränderungen, die eben in allen Zellen des Körpers vorkommen und daher auch im Blut beweisbar sind. Und hier eignet sich immer der sogenannte Keimbahn-Test. Keimbahn bedeutet immer: Alle Zellen des Körpers sind betroffen, und es besteht die Möglichkeit, dass dieser Gendefekt an eine nachfolgende Generation weitergegeben wird.

Beim Tumortest wird die sogenannte somatische Mutation untersucht. Das sind Veränderungen, die nur für diesen Tumor spezifisch sind und die nicht an nachfolgende Generationen weitergegeben werden können und die auch nicht automatisch bedeutet, dass man ein erhöhtes Risiko für andere Krebse in sich trägt.

Welche Methode ist in welchem Fall sinnvoll?

Bei Fällen von Brustkrebs, besonders wenn es um einen fortgeschrittenen Brustkrebs sich handelt, machen wir üblicherweise eine Keimbahnanalyse, das heißt: Wir entnehmen der Patientin oder der Betroffenen Blut.

Das gilt auch für spezielle Fälle von Krebs, zum Beispiel im sogenannten Triple-Negativen Brustkrebs. Auch hier wird eine Blutabnahme durchgeführt, um eine Keimbahnmutation zu untersuchen.

Moderne Medikamente, sogenannte PARP-Inhibitoren, sind ebenfalls beim Brustkrebs nur bei Vorliegen einer Keimbahnmutation zugelassen. Das heißt, wir müssen auch hier eine Blutabnahme durchführen.

Beim Eierstockkrebs sieht die Situation ein wenig anders aus. Hier kann man entweder die Keimbahnanalyse durchführen aus dem Blut oder die Tumoranalyse aus dem bereits entnommenen Tumorgewebe.

Bei Vorliegen einer BRCA-Mutation kann in beiden Fällen ein spezielles Medikament, ein sogenannter PARP-Inhibitor, eingesetzt werden.

Können beide Arten von Gentests durchgeführt werden?

Wenn wir bei einer Tumoranalyse eine BRCA1- oder BRCA2-Mutation entdecken, also ein Tumor-assoziierte Mutation entdecken, dann bieten wir den Betroffenen stets auch eine Keimbahnmutations-Analyse an. Das heißt: Wir bieten eine Blutabnahme an nach einer ausführlichen genetischen Beratung und einer entsprechenden Aufklärung. Denn das Ergebnis dieser Analyse hat ja Konsequenzen für die Nachkommen, für die Kinder –für die das Risiko, selbst einmal an einem anderen Krebs zu erkranken. Deswegen ist es so wichtig, dass Betroffene vorher eine genetische Beratung von einem Facharzt in der Fachdisziplin oder einem Humangenetiker durchgeführt bekommen.

Was kann ein Gentest über mein Krebsrisiko verraten?

Ein Gentest kann bei Erkennen einer BRCA1- oder BRCA2-Mutationen ein sehr stark erhöhtes Krebsrisiko erkennen lassen.

Bei Vorliegen einer BRCA1-Mutation ist die Lebenszeit-Wahrscheinlichkeit, an Brustkrebs zu erkranken, etwa 80 Prozent. Das heißt: acht von zehn Frauen, die eine BRCA1-Keimbahnmutation tragen, erkranken im Laufe des Lebens an Brustkrebs.

Bei Vorliegen einer BRCA2-Keimbahnmutation ist das Risiko für Brustkrebs ähnlich hoch. Dazu kommt, dass in beiden Fällen auch Eierstockkrebsrisiken erhöht sind.

Im Falle von BRCA1 liegt das Lebensrisiko, an einem Eierstockkrebs zu erkranken, bei etwa 50 Prozent. Das heißt, jede zweite Frau, die eine BRCA1-Keimbahnmutation trägt, wird im Laufe des Lebens an einem Eierstockkrebs erkranken.

Bei BRCA2 ist das Risiko ein wenig geringer. Da schätzen wir, dass etwa ein Drittel aller Frauen, die eine BRCA2-Keimbahnmutation tragen, im Laufe des Lebens an einem Eierstockkrebs erkranken werden.

Typischerweise erkranken Frauen mit einer BRCA-Mutation sehr jung an Brustkrebs. Wir sehen durchaus Frauen, die mit Ende 20, Anfang 30 an Brustkrebs erkranken. Und bei solchen jungen Erkrankungsaltern vermuten wir natürlich sehr rasch, dass hier eine Mutation vorliegt und bieten Frauen auch eine entsprechende genetische Beratung an.

Was den Eierstockkrebs angeht, so hat er nicht diese Altersabhängigkeit. Man kann auch in späteren Lebensjahren noch bei Vorliegen einer BRCA-Mutation an einem Eierstockkrebs erkranken.

Bei anderen Tumoren, zum Beispiel Darmkrebs, dem malignen Melanom, dem Prostatakarzinom bei Männern oder dem Pankreaskarzinom finden wir ebenfalls eine Risikoerhöhung. Das Risiko, an diesen Erkrankungen zu erkranken, liegt bei etwa drei, dem relativen Risiko von drei. Das bedeutet: Die Wahrscheinlichkeit zu erkranken ist etwa zwei bis dreimal so hoch.

Sie müssen nicht daran erkranken. Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit zu erkranken, erhöht. Deswegen ist es so wichtig, Krebsfrüherkennung durchzuführen: Koloskopie beispielsweise, einmal im Jahr zum Hautarzt zu gehen. Das gilt besonders für jene Frauen und Männer, die eine BRCA-Keimbahnmutation in sich tragen.

Was bedeuten die unterschiedlichen Testergebnisse?

Wenn wir eine Keimbahnmutationsuntersuchung durchführen, erwarten wir im Prinzip zwei Ergebnisse:

  • Entweder wir finden eine Mutation, eine sogenannte funktionell relevante Mutation, das heißt eine Veränderung in den Genen, die dazu führen, dass das Eiweißmolekül, das von diesen Genen codiert wird, defekt ist, seine Funktion nicht aufrechterhalten kann. Und damit steigt das Krebsrisiko.
  • Die zweite mögliche Erkenntnis ist, dass keine Mutation vorliegt, dass ein sogenannter Wildtyp vorliegt. Wildtyp bedeutet: Die genetische Information ist komplett normal, kein deutlich erhöhtes Risiko.

Ganz selten kann es vorkommen, dass wir Veränderungen entdecken, die wir UV nennen, Variationen unklarer Signifikanz. Das sind Veränderungen, mit denen wir zum heutigen Wissensstand noch nicht genau sagen können, ob das Krebsrisiko erhöht ist oder nicht. Der zunehmende medizinische Fortschritt wird uns in den nächsten Jahren hier weitere Informationen geben. Und in solchen Fällen kann es durchaus sein, dass wir in fünf, in zehn Jahren erfahren: Die Veränderungen, die wir gefunden haben, hat keine medizinische Bedeutung, ist ein sogenannter Polymorphismus, das heißt, das Risiko ist nicht erhöht zu erkranken. Es kann aber auch, wenngleich selten passieren, dass aus dieser UV, dieser Variation unklarer Signifikanz eine Mutation wird. Das heißt: Jetzt ist es sicher, diese Veränderung erhöht Ihr Krebsrisiko signifikant.

Wir untersuchen einmal im Jahr die internationalen Datenbanken nach der neuesten wissenschaftlichen Evidenz und klassifizieren dann, wenn notwendig, um.

Aber diese UV sind nur sehr selten vorkommend. Wir schätzen, dass zwei bis drei von 100 Frauen, bei denen wir eine Veränderung finden, eine solche UV tragen. In der allergrößten Anzahl der Fälle können wir sehr genau und sehr klar sagen, ob das Risiko erhöht ist, weil eine Mutation vorliegt, oder ob es nicht erhöht ist, weil ein Wildling vorliegt, also ein ganz normales genetisches Muster.

Wie wahrscheinlich ist bei positiver Tumortestung, dass auch die Keimbahn betroffen ist?

  • In den allermeisten Fällen finden wir Veränderungen, die wir im Tumorgewebe entdecken, auch in allen anderen Zellen des Körpers. Wir sprechen also hier wiederum von einer Keimbahn-Mutation.
  • Nur in etwa sechs Prozent, also in sechs von hundert Betroffenen, bei denen wir eine Mutation im Tumorgewebe finden, können wir diese im Keimbahngewebe, also im Blut, nicht nachweisen. Das heißt, in diesen sechs Prozent Fällen ist die Mutation im Tumorgewebe neu entstanden.

Ganz wichtig: Diese Mutation im Tumorgewebe kann nicht an die Nachkommen vererbt werden. Sie kann auch nicht dazu führen, dass das generelle Krebsrisiko erhöht ist.

Dann, wenn wir allerdings die Mutation in der Keimbahn finden, also im Blut nachweisen können, dann wissen wir ist das generelle Krebsrisiko erhöht. Und dann besteht für die Nachkommen eine realistische Chance, dass sie auch diese Genveränderung vererbt bekommen.

Was kann ein Gentest aussagen und was nicht?

Ein Gentest kann uns eine Information über die Wahrscheinlichkeit, im Laufe des Lebens an einer Krebserkrankung zu erkranken, geben.

Ein Gentest kann uns auch eine Information darüber geben, ob möglicherweise Kinder, Verwandte, Geschwister ebenfalls ein erhöhtes Risiko tragen können. Dann nämlich, wenn ein Gentest durchgeführt wird und sich auch in den Kindern oder in den Geschwistern eine Genmutation nachweisen lässt.

Ein Gentest kann uns aber keine Informationen, zumindest beim Brustkrebs, keine Informationen über den Krankheitsverlauf bei bereits erkrankten Frauen geben. Beim Eierstockkrebs ist das ein wenig anders. Da wissen wir, dass das Vorliegen einer Genveränderung, einer Mutation einen eher günstigen Krankheitsverlauf vermuten lässt.

Allerdings muss uns klar sein, dass auch wenn wir keine Mutationen finden, das Krebsrisiko erhöht sein kann. Dann nämlich, wenn andere Verwandte ebenfalls an Brust- oder Eierstockkrebs erkrankt sind. Dann scheinen es wohl mehrere Gene zu sein, die gemeinsam einen Beitrag zur Risikoerhöhung führen.

Also ein negativer Test bedeutet nicht, dass man nicht an Brust- oder Eierstockkrebs erkranken kann. Er sagt nur aus, dass das Risiko deutlich niedriger ist.

Hier geht es zum Video-Interview: „Krebs und Gentests”

BRCA1- und BRCA2-Mutationen

Was sind BRCA1/2-Mutationen?

BRCA1 und BRCA2 steht für Breast Cancer Associated Genes 1und 2. Das sind Gene, die Eiweißmoleküle codieren, die also den Bauplan für Eiweißmoleküle darstellen, die eine wichtige Funktion bei der Reparatur von Zelldefekten haben.

BRCA1 und BRCA2 sind nicht schlecht, aber ein Defekt in den Genen ist schlecht:

  • Solange BRCA1 und BRCA2 funktionstüchtig sind, kann der Reparaturmechanismus, den jede Zelle in sich trägt, gut und effektiv arbeiten.
  • Immer dann, wenn eine Mutation vorliegt, ist diese Reparaturfunktion der beiden Gene defekt. Das daraus entstehende Molekül kann nicht ordentlich arbeiten, und Defekte in der genetischen Information, in der sogenannten DNA von Zellen, können nicht mehr repariert werden. So entsteht Krebs.

Wie und wo können die Mutationen nachgewiesen werden?

Nachdem bei Keimbahnmutationen alle Zellen des Körpers einen genetischen Defekt aufweisen, kann man ihn auch in allen Zellen des Körpers finden – von der Haarwurzelzelle bis zur Leberzelle. Am einfachsten kann man genetische Informationen natürlich in gut zugänglichen Zellen nachweisen.

  • Das sind zum Beispiel die weißen Blutkörperchen bei der Blutabnahme.
  • Es kann aber auch ein Mundschleimhautabstrich, sein, ein Speichelabstrich. Denn die Mundschleimhautzellen werden mit der Zeit in den Speichel abgegeben und können aufgesammelt, aufgefangen und analysiert werden. Deswegen gibt es eine Reihe Tests, die auch im Mundspeichel angeboten werden und in der ebenfalls eine Keimbahn Mutation nachgewiesen werden kann.

Gibt es noch weitere Risiko-Gene?

Neben BRCA1 und BRCA2 kennen wir inzwischen eine Reihe von weiteren Risikogenen. Die meisten Labors untersuchen zwischen 2 und 18 Genen. Man muss sich allerdings im Klaren sein, dass Genveränderungen nicht in allen Genen ein so hohes Krebsrisiko bedeuten wie beim Vorliegen von BRCA1- und BRCA2-Mutationen. Wir kennen eine Reihe von Genen, die, wenn sie defekt sind, das Risiko nur minimal erhöhen, vergleichbar beispielsweise mit dem Übergewicht nach dem Wechsel mit einer frühen ersten Regel oder einem späten Eintritt in die Menopause.

Eine Mutation zu finden bedeutet nicht automatisch ein besonders hohes Krebsrisiko zu haben. Es kommt darauf an, in welchen Genen es vorliegt. Es muss uns auch klar sein, dass einige dieser Gene, die wir heute routinemäßig untersuchen können, nicht nur das Krebsrisiko für Brust- und Eierstockkrebs erhöhen, sondern auch für andere Krebsformen, für Magenkarzinomen beispielsweise, den Magenkrebs, für Darmkrebs, für das maligne Melanom, den schwarzen Hautkrebs.

Informationen, die wir aus Genanalysen anderer Gene erhalten, können uns hier sehr hilfreich sein.

Aber Achtung: Wenn immer Sie eine Genmutation in einem Gen finden, das nicht BRCA1 oder BRCA2 ist, müssen Sie sehr genau bedenken und mit Ihrem beratenden Arzt besprechen, ob Ihr Krebsrisiko wirklich so hoch ist, dass hier beispielsweise eine vorbeugende Operation eine Möglichkeit auch für Sie wäre.

Wie entstehen solche Genveränderungen?

Wie Tumorgenveränderungen entstehen, wissen wir nicht genau. Wir vermuten, dass es zu einem Defekt in der Zellteilung bei wichtigen regulatorischen Genen kommt. Aber die genaue Entstehung einer BRCA-Mutation im Tumor kennen wir bis heute noch nicht.

Und noch schwieriger wird es bei Keimbahnmutationen. Wir wissen, dass die Keimbahnmutationen von Generation zu Generation weitergegeben werden, von einer Person auf die Nachkommen. Und das passiert Hunderte, Tausende, ja Zehntausende Mal. Und es ist wirklich schwer herauszufinden, bei welcher Person eine bestimmte Keimbahnmutation das erste Mal aufgetreten ist.

Wir kennen aber Populationen, bei denen Genveränderungen häufiger auftreten. Isländer zum Beispiel haben eine Wahrscheinlichkeit von 1 in 120 für das Vorliegen einer BRCA1-Mutation. Das heißt, wenn man 120 Isländer testet, dann wird man eine Person finden, bei der eine BRCA1-Mutation nachgewiesen wird. Zum Vergleich: In der generellen Bevölkerung in Österreich, in Deutschland, in der Schweiz ist es eine von 300, eine von 400 Personen, bei denen wir eine BRCA1- oder BRCA2-Mutation nachweisen können.

Nach welchem Muster findet die Vererbung statt?

Das Muster einer BRCA1- und BRCA2-Mutationen ist ein sogenanntes autosomal dominantes. Das bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit, dass das Kind einer betroffenen Frau, eines betroffenen Mannes mit einer BRCA1- oder BRCA2-Mutation eine 50-prozentige Wahrscheinlichkeit hat, diese Mutation ebenfalls vererbt zu bekommen.

Ich pflege das immer mit einem Münzwurf zu vergleichen, das ist eine nicht ganz zutreffende, banale Analogie. Aber bei der Geburt eines jeden Kindes einer Mutationsträgerin, eines Mutationsträgers wird eine Münze geworfen: Kopf oder Zahl? Mutation oder nicht? Und wenn dieses Kind das Glück hat, die Mutation nicht vererbt zu bekommen, bedeutet das, dass dieses Kind nicht das erhöhte Krebsrisiko hat, das vielleicht Mitglieder der Familie, die eine Mutation in sich tragen, haben. Und es bedeutet auch, dass die Nachkommen dieser Kinder, die keine Mutation vererbt bekommen haben, auch keine Mutation haben können.

Sollte das Kind bei der Geburt eine Mutation mitbekommen haben, so hat dieses Kind die hohe Wahrscheinlichkeit, im Laufe des Lebens an Brust- und Eierstockkrebs zu erkranken, die die Mutter hat. Und dieses Kind, Bube oder Mädchen, wird einmal später, wenn es selber Kinder hat, die Genveränderung mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent weitergeben. Der bekannte gemeine Münzwurf wird auch diesmal wieder passieren.

Ganz wichtig ist, dass wir auch eine Genveränderung in Männern nachweisen können, genauso häufig wie bei Frauen. Nur erkranken Männer seltener an Brustkrebs. Sie können auch erkranken, aber sie tun es seltener. Und natürlich erkranken Männer nicht am Eierstockkrebs. Aber Männer erkranken beispielsweise gerade bei Vorliegen einer BRCA2-Mutation häufiger an Prostatakrebs.

Mit welcher Wahrscheinlichkeit werden BRCA1/2-Mutationen vererbt?

Mutationen werden von einer Generation zur nächsten weitergegeben. Das bedeutet aber nicht, dass jede betroffene Person erkrankt sein muss. Wenn also die Großmutter erkrankt ist und die Enkelin erkrankt ist, die Mutter aber nicht, so bedeutet das nicht, dass die Mutation eine Generation übersprungen hätte. Das kann die Mutation nicht. Sie wird ja von einer Generation zur nächsten mit 50-prozentiger Wahrscheinlichkeit weitergegeben. Aber es kann sein, dass die Mutter schlicht und einfach Glück hatte und nicht erkrankt ist. Oder vielleicht hatte sie andere Gene in sich, die sie geschützt haben. Aber wichtig: Die Mutation wird mit 50-prozentiger Wahrscheinlichkeit von einer Generation zur nächsten weitergegeben. Und es sind sowohl Männer wie auch Frauen davon betroffen.

Welche Auswirkung hat eine BRCA1/2-Mutation für Frauen?

Frauen, die eine BRCA1-Mutation in sich tragen, haben ein sehr hohes Lebenszeitrisiko, an Brustkrebs zu erkranken. Wir schätzen, dass acht von zehn Frauen mit einer BRCA1-Keimbahnmutation im Laufe des Lebens an Brustkrebs erkranken. Und sie tun es jung. Frauen, die mit Mitte 20, mit Anfang 30 erkranken, haben häufig eine BRCA-Mutation.

Weitere Erkrankungen, die mit BRCA1-Defekten assoziiert sind, sind das Eierstockkarzinom, das Ovarialkarzinom. Die Wahrscheinlichkeit, an einem Eierstockkrebs zu erkranken für eine Frau mit einer BRCA1-Mutation liegt bei etwa 50 Prozent. Das heißt, jede zweite Frau erkrankt im Laufe des Lebens an Eierstockkrebs.

Auch andere Formen von Krebs sind bei Vorliegen einer BRCA1-Mutation häufiger. Darmkrebs, Pankreaskrebs, also der Bauchspeicheldrüsenkrebs, und Hautkrebs sind um den Faktor 2 bis 3 erhöht. Das sind Krebsformen, die glücklicherweise nicht immer sehr häufig vorkommen. Zumindest gilt das für das Pankreaskarzinom. Aber diese Krebsformen führen dazu, dass das Risiko sich verdoppelt.

Bei Vorliegen einer BRCA2-Mutation tragen Frauen ebenfalls ein sehr hohes Lebenszeitrisiko. Das liegt ebenfalls bei etwa 80 Prozent, also acht von zehn Frauen erkranken an Brustkrebs, und ein Drittel der Frauen, also drei von zehn Frauen, erkranken an Eierstockkrebs.

Auch hier gilt wieder, und das gilt in besonderem Maße für BRCA2, dass auch andere solide Krebsformen in ihrem Risiko erhöht sein können: der Bauchspeicheldrüsenkrebs, das Melanom, also der schwarze Hautkrebs, der Darmkrebs, sind typische Krebsformen, die bei Frauen erhöht sind.

Welche Auswirkung hat eine BRCA1/2-Mutation für Männer?

Auch Männer können Keimbahnmutationen in BRCA1 und BRCA2 tragen, und auch Männer haben bei Vorliegen einer Mutation ein erhöhtes Krebsrisiko.

  • Männer können beispielsweise auch an Brustkrebs erkranken, und sie tun dies ebenfalls mit einer wahrscheinlich zehnmal höheren Wahrscheinlichkeit als Männer ohne eine BRCA-Mutation. In Österreich gibt es etwa 70 Männer, die an einem Brustkrebs erkranken, und wir schätzen, dass in einem Zehntel davon eine BRCA1-Mutation ursächlich dafür verantwortlich ist.
  • Männer erkranken häufiger an einem Pankreaskarzinom, an einem Darmkarzinom und an einem schwarzen Hautkrebs, dem sogenannten malignen Melanom. Auch hier ist das Risiko um den Faktor 2 bis 3 erhöht.
  • Und was das Prostatakarzinom-Risiko angeht, so ist dies ebenso deutlich häufiger. Wir schätzen, dass es um den Faktor zwei bis drei häufiger ist als bei Männern ohne Mutation.

Das Risiko, an einer Krebserkrankung zu erkranken, ist gerade bei BRCA2-Mutationsträgern erhöht. Hier ist eine besonders gefürchtete Form des Prostatakarzinom zu erwarten bei Vorliegen einer BRCA2-Mutation. Das Prostatakarzinom tritt deutlich häufiger auf. Und es ist leider Gottes deutlich aggressiver, wenn eine BRCA2-Mutation bei einem Mann vorliegt.

Auch Brustkrebs kann bei Folge einer BRCA2-Mutation häufiger sein, Darmkrebs, der schwarze Hautkrebs und Gallenkarzinome sind ebenfalls bei Männern mit einer BRCA2-Mutation häufiger berichtet worden.

Hier geht es zum Video-Interview: „BRCA- und BRCA2-Mutationen”

Wer sollte sich testen lassen?

Für wen ist ein Gentest empfehlenswert?

Es ist immer eine persönliche Entscheidung, ob man einen Gentest durchführen lassen will oder nicht, aber es macht wahrscheinlich Sinn, wenn in einer Familie vermehrt Fälle von Brust- oder Eierstockkrebs vorliegen.

Immer dann, wenn in einer Linie, also der mütterlichen oder väterlichen Linie

  • drei Fälle von Brustkrebs vorgekommen sind
  • oder zwei Fälle von Brustkrebs, wovon zumindest einer unter dem 51. Lebensjahr aufgetreten ist
  • oder ein Fall von Brustkrebs vor dem 35. Lebensjahr aufgetreten ist,
  • oder wenn in einer Familie Fälle von Brust- oder Eierstockkrebs vorliegen,
  • oder wenn eine Person in beiden Brüsten an Brustkrebs erkrankt ist,
  • oder wenn ein Mann an einem Brustkrebs erkrankt ist,

dann kann man in Österreich, wenn man in Österreich sozialversichert ist, eine genetische Beratung in Anspruch nehmen und einen kostenlosen Test durchführen lassen.

Das alles passiert nach einer genetischen Beratung, einer genauen Aufklärung über die Bedeutung der Analysen und die möglichen Konsequenzen.

Wer sollte innerhalb einer Familie als Erste/r getestet werden?

Das ist eine sehr wichtige Frage: Wer soll als erste Person in der Familie seinen Gentest durchführen lassen? – Immer, wenn es möglich ist, der Erkrankte. Denn die erkrankte Person ist jene Person, die am wahrscheinlichsten eine Mutation in sich trägt.

Mutationen werden mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent weitergegeben an die nachfolgende Generation. Deswegen ist es wahrscheinlich nicht so sinnvoll, dass die gesunde Enkelin einer gesunden Mutter zu uns kommt und einen Gentest durchführen lassen will. Es ist die Großmutter, die bereits erkrankt ist, die uns einen Hinweis auf das Vorliegen einer Mutation gibt. Denn sie trägt die Mutation am wahrscheinlichsten.

Kann ich mich in jedem Alter testen lassen?

Nachdem alle Zellen des Körpers von Mutationen betroffen sind und nachdem die genetische Information über viele, viele Jahre konserviert bleibt, kann man sich im Prinzip in jedem Alter testen lassen.

Wir an der Medizinischen Universität Wien bieten diesen Test ab dem 18. Lebensjahr an, aber im Prinzip kann man ein ganzes Leben diesen Test durchführen lassen.

Warum macht ein Gentest auch dann Sinn, wenn der Krebs bereits ausgebrochen ist?

Ein Gentest macht immer dann Sinn, wenn eine medizinische Konsequenz sich aus dem Ergebnis des Gentests ergibt.

Das ist beispielsweise bei Frauen mit Brustkrebs- oder Eierstockkrebs der Fall. Denn wir wissen, es gibt heute eine Reihe von Medikamenten, die speziell dann eingesetzt werden können, wenn eine BRCA-Mutation vorliegt. Es macht daher sehr viel Sinn,

  • gerade wenn es zu einem fortgeschrittenen Brustkrebs gekommen ist,
  • und wenn ein bestimmter Subtyp des Tumors besteht,
  • oder wenn eine familiäre Disposition auffällig ist,

einen derartigen Test bei bereits erkrankten Frauen durchzuführen. Wir sprechen hier von einer sogenannten therapeutischen Testung.

Dem gegenüber steht die prädiktive Testung, also die Testung von gesunden Frauen, die noch nicht erkrankt sind und die ihr persönliches Krebsrisiko gerne wissen möchten.

Welche Risiken sind mit dem Gentest verbunden

Der Gentest, der im Blut durchgeführt wird oder aus einem Speichelsekret, ist problemlos durchzuführen. Ein blauer Fleck vielleicht, ein Bluterguss, kann eine Komplikation dieser Untersuchung sein. Ansonsten wird er ja im Labor durchgeführt, und es entstehen keine weiteren körperlichen Risiken für die Durchführung eines solchen Gentests.

Wann reichen allgemeine Früherkennungsmethoden aus?

In Österreich werden Frauen ab dem 45. Lebensjahr alle zwei Jahre zu einer Mammografie-Früherkennungsuntersuchung eingeladen. Sie können sich bereits ab dem 40. Lebensjahr zu dieser zweijährlichen Mammografie-Früherkennungsuntersuchung anmelden.

Bei Frauen, bei denen eine familiäre Disposition besteht, bei denen also Familienmitglieder an Brust- und Eierstockkrebs bereits erkrankt sind, kann es Sinn machen, die Frequenz und die Art und Weise der Untersuchungen häufiger durchzuführen, beispielsweise einmal im Jahr. Und es kann auch bedeuten, dass man neben der Mammografie eine möglicherweise genauere, sensitivere Untersuchung, die sogenannte Kernspintomographie, einsetzt. Allerdings sollten Frauen, bei denen so eine familiäre Risikokonstellation vorliegt, sich genau über die Konsequenzen dieser Untersuchungen informieren und eine genetische Beratung durchführen lassen.

Welche Bedeutung hat meine Lebensweise für das Erkrankungsrisiko?

Sich gesund zu ernähren, Sport zu treiben, nicht zu rauchen, ist aus vielerlei Hinsicht gesund und wichtig. Und wir wissen, dass das Übergewicht, Sportmangel und Alkoholkonsum alle drei Risikofaktoren für das Auftreten der Erkrankung sind.

Das gilt sowohl für Frauen, die eine BRCA-Keimbahnmutation tragen, als auch jene Frauen, die das nicht tun.

Hier geht es zum Video-Interview: „Wer sollte sich testen lassen?”

Genetische Beratung vor dem Test

Wie ist der Ablauf, wenn ich mich für einen Gentest interessiere?

  • An der Medizinischen Universität Wien können Sie sich für ein genetisches Beratungsgespräch anmelden.
  • Sie bekommen dann eine genetische Beratung, die durch einen Facharzt oder eine Fachärztin durchgeführt wird. Und im Rahmen dieses ersten Beratungsgespräches werden Sie über die Genetik, über die familiäre Disposition, über die möglichen Konsequenzen, die sich aus einem Ergebnis ergeben können, aufgeklärt.
  • Sie haben dann im Anschluss die Möglichkeit, eine Blutabnahme durchführen zu lassen.
  • Sie haben natürlich auch die Möglichkeit, noch einmal über das Gehörte nachzudenken. Sie können sich Bedenkzeit erbeten.
  • Sie haben die Möglichkeit, dass Sie, selbst wenn bereits bei Ihnen eine Blutabnahme durchgeführt worden ist und die Analyse durchgeführt wurde, immer noch sich dagegen entscheiden können, das Ergebnis danach zu erfahren. Sie haben ein sogenanntes Recht auf Nichtwissen.
  • Und Sie sind durch ein sehr strenges österreichisches Gentechnikgesetz geschützt.

Was ist eine Genberatung und warum ist sie wichtig?

Nachdem es bei der molekulargenetischen Untersuchung von BRCA1 und BRCA2 um Veränderungen geht, die nicht nur Sie, sondern auch Ihre Familie betreffen können, nämlich Ihre Kinder oder Geschwister, ist es wichtig, sich über die Konsequenzen des Ergebnisses im Klaren zu sein.

Das kann für Sie bedeuten, dass eine besondere Therapie in Frage kommt.

Das kann aber für Ihre Kinder bedeuten, dass sie ein intensives Früherkennungsschema wahrnehmen, dass sie möglicherweise bei Vorliegen einer Mutation sich einer vorbeugenden, sogenannten prophylaktischen Entfernung von Eierstöcken und Eileitern oder sogar zur Entfernung des Brustdrüsengewebes entscheiden können.

Inzwischen gibt es auch nicht-operative Möglichkeiten der Krebsvorbeugung bei BRCA1-Transmutationsträgerinnen. Eine derzeit in Österreich mit durchgeführte weltweite Studie, in der wir Frauen, die eine BRCA1-Mutation tragen, anbieten, eine halbjährliche Spritze zu bekommen, die sie möglicherweise in Zukunft vor einer Krebserkrankung schützt, obwohl eine BRCA-Mutation vorliegt.

Wie lange habe ich nach der Beratung Zeit, mich zu entscheiden?

Sie können sich nach einem genetischen Beratungsgespräch jede Zeit der Welt nehmen. Es ist wichtig, dass Sie mit sich im Reinen sind und dass Sie sich über die Möglichkeiten, aber auch die Konsequenzen im Klaren sind.

Manchmal steht man unter einem gewissen Zeitdruck, nämlich dann, wenn eine Krebserkrankung bereits ausgebrochen ist und wenn sich aus dem Ergebnis des genetischen Tests eine medizinische Konsequenz ergeben kann. In solchen Fällen ist es wichtig, sich sehr früh über die Möglichkeiten und Konsequenzen im Klaren zu sein.

Bei allen anderen Fällen, insbesondere wenn Sie als gesunde Person getestet werden, können Sie jederzeit uns mitteilen, dass Sie das Ergebnis gar nicht wissen möchten.

Sie können ein weiteres Beratungsgespräch erbitten.

Sie können eine psychoonkologische Betreuung wahrnehmen.

Das heißt, Sie haben alle Möglichkeiten.

Uns ist wichtig, dass Sie exakt und ordentlich und umfassend aufgeklärt werden.

Wie läuft eine solche Beratung ab?

Zunächst einmal wird die Motivation der Ratsuchenden, des Ratsuchenden untersucht.

Dann wird ein kleiner Exkurs in die Genetik, einem die Hintergründe einer Mutation und die medizinischen Konsequenzen erklären.

Dann wird über die Möglichkeiten der Vererbung an Nachkommen im Falle eines positiven Gentestes gesprochen und ein Stammbaum der Familie erstellt. Dieser Stammbaum ist ganz wichtig, weil er uns die familiären Zusammenhänge anschaulich darstellen lässt und weil es die Entscheidung für das Anbieten oder nicht-Anbieten einer genetischen Blutabnahme darstellt.

Anschließend kann die Blutabnahme durchgeführt werden, oder man kann sich Bedenkzeit erbitten.

Und jederzeit können wir bei auftretenden Fragen auf diese Fragen noch einmal eingehen. Und es besteht auch die Möglichkeit einer psychoonkologischen Betreuung.

Wer darf eine Genberatung durchführen

Laut österreichischem Gentechnikgesetz dürfen Fachärzte in ihrer Fachdisziplin und Fachärzte für Humangenetik eine genetische Beratung durchführen.

Wie kann ich mich auf das Beratungsgespräch vorbereiten?

Zunächst einmal ist es ganz wichtig, wenn Sie in Ihrer Familie sich umhören, wer erkrankt ist, an welchem Krebs die Person erkrankt ist und vor allen Dingen, in welchem Alter die Person erkrankt ist.

Dann ist es wichtig, die familiären Zusammenhänge zu kennen. Vielleicht kann man sich schon mit einem kleinen, selbstgebastelten Stammbaum vorbereiten.

Wichtig sind Krebserkrankungen und hier vor allen Dingen natürlich Brust-, Eierstock- und Prostatakarzinomerkrankungen.

Sollte eine Genberatung durchgeführt werden, weil bereits eine Krebserkrankung ausgebrochen ist, so ist es auch wichtig, zum Beratungsgespräch den histologischen Report und das Ergebnis des Operationsberichtes mitzubringen.

Wie finde ich eine Beratungsstelle in meiner Nähe?

Es gibt in Österreich an die hundert Beratungsärzte. Eine Liste von Beratungszentren und Beratungsärzten finden Sie unter http://www.brustgenberatung.at/.

Wie erkenne ich ein seriöses Labor?

Die Durchführung von genetischen Analysen ist in Österreich sehr streng geregelt. Sie können BRCA1- und -2-Analysen lediglich an einigen universitären Labors durchführen lassen. Diese Labors sind allesamt zertifiziert. Eine Liste der Labors können Sie unter http://www.brustgenberatung.at/ einsehen.

Wie sicher ist der Umgang mit meinen Daten?

Die Sicherheit Ihrer Daten sind durch das österreichische Gentechnikgesetz besonders geschützt. Diese Daten werden anonymisiert in einem speziell gesicherten Bereich aufbewahrt. Sie brauchen also keine Sorgen haben, dass Ihre Daten nach außen geraten oder irgendjemand anderen zur Verfügung gestellt werden.

Hier geht es zum Video-Interview: „Genetische Beratung vor dem Test”

Der Test und seine Konsequenzen

Welche Voraussetzungen müssen für eine aussagekräftige Testung erfüllt sein?

Eine Testung für das Vorhandensein einer Mutation von BRCA1 oder BRCA2 kann praktisch immer im Blut durchgeführt werden.

Nicht immer ist das allerdings im Tumorgewebe möglich. Hier gibt es technische Unwägbarkeiten. Vielleicht gibt es zu wenig Gewebe, vielleicht ist die Qualität des entnommenen Gewebes für eine genetische Analyse nicht ausreichend. Hier kann es durchaus sein, dass es nicht möglich ist, ein aussagekräftiges Ergebnis zu erzielen.

Aber es bleibt uns immer noch die Keimbahnanalyse. Hier gelingt es uns praktisch immer, ein aussagekräftiges Ergebnis zu erreichen.

Welche Vorbereitungen muss ich vor dem Test treffen?

Für eine genetische Analyse müssen Sie zum Zeitpunkt der Blutabnahme nicht nüchtern sein. Sie müssen es auch keine speziellen Vorbereitungen auf sich nehmen. Es genügt, zum Zeitpunkt der Abnahme ein genetisches Beratungsgespräch durchgeführt zu haben.

Wie wird der Gentest durchgeführt?

  • Nach der Blutabnahme wird das Blut ins Labor transportiert, wo zunächst die genetische Information, die DNA, isoliert wird.
  • Es wird also die genetische Information von anderen Zellbestandteilen gereinigt und aufgearbeitet.
  • Und diese DNA wird dann auf das Vorliegen von Schreibfehlern, wenn Sie so wollen, mit einer Technik, die wir Next Generation Sequencing nennen, also eine ganz moderne und effektive Technik untersucht.
  • Und die dabei gefundenen Strukturen werden mit einer Referenzdatenbank verglichen.
  • Wenn sich hier Abweichungen ergeben, die möglicherweise eine Konsequenz bedeuten, ein Eiweißmolekül, das nicht mehr funktionstüchtig ist, so wird dies in einem sehr detaillierten und ausführlichen Bericht festgehalten,
  • der dann der Patientin bei einem zweiten Aufklärungsgespräch übermittelt wird.

Wann wird der Test in Österreich kostenlos durchgeführt?

Der Gentest wird allen Personen angeboten, die die Kriterien des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger erfüllen.

Personen, die nicht in Österreich sozialversichert sind, die die Kriterien nicht erfüllen, können diesen Test nicht kostenlos angeboten bekommen. Aber Sie können natürlich diesen Test selbst zahlen.

Wir empfehlen aber nur dann die Durchführung eines Tests, wenn tatsächlich eine familiäre Disposition vermutet wird. Das heißt, wenn mehrere Personen in einer Familie erkrankt sind.

Und immer nur dann, wenn eine Patientin bereits erkrankt ist, soll der Test initial durchgeführt werden.

Wie lange dauert es, bis ich das Ergebnis erfahre?

Auch wenn die Technologie in den letzten Jahren sich deutlich verbessert hat und es uns heute gelingt, sehr rasch Genanalysen durchzuführen, kann es durchaus zu Wartezeiten kommen. Wir schätzen aber, dass innerhalb von drei bis vier Wochen üblicherweise ein molekulargenetisches Ergebnis vorliegt.

In Fällen, in denen das Ergebnis eine Konsequenz auf die weitere medizinische Therapie hat, kann das Ergebnis auch früher vorliegen.

Welche Auswirklungen hat das Ergebnis auf mein Leben?

Das Ergebnis seiner molekulargenetischen Analyse zu kennen, bedeutet immer, Wissen zu haben. Wissen bedeutet Macht. Wissen bedeutet, dass Sie proaktiv selbst über Möglichkeiten der Früherkennung, über Möglichkeiten der Vorbeugung entscheiden können.

Wenn Sie sich diese Möglichkeiten nehmen lassen, dadurch, dass Sie den Gentest, wenn indiziert, nicht durchführen, haben Sie auch nicht die Möglichkeit, Ihr Risiko zu kennen, und Sie haben auch nicht die Möglichkeit, entsprechende Entscheidungen zu treffen.

Aber es obliegt immer Ihnen, ob Sie das Ergebnis einer molekulargenetischen Analyse wissen möchten und daraus Konsequenzen ziehen.

Welche emotionalen und sozialen Folgen können mit der Testung verbunden sein?

Das Wissen um ein hohes persönliches Krebsrisiko kann natürlich auch eine Bürde sein. Es kann eine Möglichkeit sein, sich mit dem Thema Krebsrisiko und -Früherkennung auseinanderzusetzen. Es kann aber auch eine psychologische Belastung darstellen.

Deswegen ist es so wichtig, deswegen empfehlen wir das auch regelmäßig, dass auch eine psycho-onkologische Betreuung, Unterstützung wahrgenommen wird, um mit dem erhöhten Risiko umzugehen.

Und natürlich ist es auch die Sorge um das Wohl der eigenen Kinder, das Frauen und Männer möglicherweise verunsichert. Auch hier empfehlen wir Kontaktaufnahme mit Psycho-Onkologen bzw. ein weiteres Gespräch, in das man durchaus auch die Kinder mit einbeziehen kann.

Hier geht es zum Video-Interview: „Der Test und seine Konsequenzen”

Geprüft Univ.-Prof. Dr. Christian Singer: Stand 22.10.2020 | AT-4006 | Quellen und Bildnachweis

Die Kurse sind kein Ersatz für das persönliche Gespräch mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt, sondern ein Beitrag dazu, PatientInnen und Angehörige zu stärken und die Arzt-Patienten-Kommunikation zu erleichtern.