Schmerzlinderung durch Gespräche?
Psychotherapie kann dabei unterstützen, die Wahrnehmung und Bewertung der Schmerzen zu verändern. Vor allem mit der kognitiven Verhaltenstherapie hat man bereits vielversprechende Erfolge erzielt: In Studien hat die Therapiemethode sowohl im Vergleich mit Kontrollgruppen, die keine Therapie erhalten haben, als auch mit alternativen Therapien, größere Verbesserungen bei Schmerzwahrnehmung und Schmerzäußerungen gezeigt. Durch Information über die wichtigsten Mechanismen von chronischen Schmerzen und ihre Auswirkungen soll Betroffenen die Angst genommen werden. Je mehr man über etwas weiß, desto besser kann man damit umgehen.
Außerdem können Bewältigungsstrategien hilfreich sein: Es werden verschiedene Maßnahmen zur Ablenkung erlernt, die dabei helfen, die Aufmerksamkeit von den Schmerzen wegzulenken. Je nach körperlicher Verfassung können körperliche Aktivität, Konzentrationsübungen, oder auch Telefonate mit Bekannten Erleichterung bringen. Auch die Bewertung des Schmerzes im Gehirn kann durch Psychotherapie beeinflusst werden: Betroffene, die sich oft vom Schmerz überwältigt und machtlos fühlen, lernen, die Kontrolle über ihren Körper zurückzugewinnen. Dieses Gefühl der Kontrolle nennt man auch Selbstwirksamkeit. Eine im Juni 2018 veröffentlichte Analyse von 22 Studien hat gezeigt, dass Interventionen mit kognitiver Verhaltenstherapie kleine Effekte in der Schmerzlinderung hatten. Außerdem wurde die Selbstwirksamkeit von Betroffenen gesteigert.
Auch Depressionen und Angststörungen, die chronische Schmerzen oft begleiten, können durch Psychotherapie behandelt werden – obwohl die Effekte in den Studien hier ebenfalls eher klein ausfallen. Hier können vor allem Gruppentherapien sehr hilfreich für Betroffene sein. Der Austausch mit anderen und die Erkenntnis, dass sie mit ihrem Leid nicht allein sind, ist eine große Unterstützung bei der Schmerzbewältigung.
Grenzen
Natürlich kann die Psychotherapie die medikamentöse Behandlung bei chronischen Schmerzen nicht ersetzen. Auch die langfristigen Effekte sind noch zu wenig erforscht, um tatsächlich sagen zu können, wie nachhaltig die Verbesserungen sind. Allerdings kann sie dabei helfen, die Gedanken vom Schmerz wegzulenken, das soziale Umfeld und Aktivitäten der Betroffenen wieder aufzubauen, und sie kann bei der Bewältigung helfen. Die Psychotherapie ist somit eine sinnvolle Ergänzung zur Medikation.
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In Zusammenarbeit mit Priv.-Doz. Dr. Christopher Gonano (Facharzt für Anästhesiologie und Intensivmedizin sowie diplomierter Schmerztherapeut mit Abschluss Master of Science für interdisziplinäre Schmerztherapie) hat selpers.com eine kostenlose Patientenschulung rund um das Thema medikamentöse Schmerztherapie bei Krebs entwickelt: https://selpers.com/kurs/medikamentoese-schmerztherapie-bei-krebs/
In unserem Blogbeitrag „Placebo-Effekt: Erwartungshaltung & Schmerzen“ erfahren Sie, welche Auswirkungen der Placebo- und der Nocebo-Effekt auf unsere Warhnehmung von Schmerzen haben können: https://selpers.com/blog/placebo-effekt-erwartungshaltung-schmerzen/