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Diagnose Morbus Fabry: Mut und Hoffnung im Alltag

Willibald Koglbauer ist 65 Jahre alt und erhielt im April 2014 die Diagnose „Morbus Fabry“. Heute ist er Obmann der Morbus Fabry Selbsthilfegruppe in Österreich. In diesem Blogbeitrag teilt er seine Erfahrungen mit der seltenen Stoffwechselerkrankung. Dabei spricht er unter anderem über seinen Weg zur Diagnose, über die Bedeutung einer positiven Lebenseinstellung und die Wichtigkeit von Selbsthilfegruppen für den Umgang mit dieser Erkrankung.

selpers: Wie war Ihr Weg bis zur Diagnose?

Willibald Koglbauer: Mein Weg zur Diagnose war sehr holprig, wie es bei vielen seltenen Erkrankungen ist. Es dauert etwas länger, bis man eine Diagnose gestellt bekommt. Bei seltenen Erkrankungen kann man sagen: zwischen zwei und zehn Jahren, bis wirklich jemand eine Diagnose bekommt. Das ist auch bei Morbus Fabry ähnlich. Nur durch mein eigenes Zutun und Initiative ging es bei mir schneller, überraschend schnell. Denn von Beginn der ersten Untersuchung, wo ich Druck gemacht habe, bis zur Diagnose ist ein halbes Jahr vergangen, und dann hatte ich den Befund, die Diagnose bekommen: Morbus Fabry.

selpers: Welche Symptome hatten Sie vor der Diagnose Morbus Fabry?

Willibald Koglbauer: Im Vorfeld, bevor ich die Diagnose bekommen habe, hatte ich Symptome verspürt. Ich bin Leistungssportler gewesen, zwar im Hobbybereich, aber kenne meinen Körper sehr gut. Und ich hatte oft Herzprobleme gehabt. Und das war aber nicht auf das Alter zurückzuführen oder Übertraining, sondern da liegt was vor. Ich habe das gespürt. Und da bin ich dann sehr wohl natürlich auch zum Internisten gegangen, um Kontrollen zu machen. Und da hat es immer geheißen: „Ist okay, Herzrhythmusstörungen haben andere Leute auch.“ Aber ich habe dann den Internisten gewechselt, und das war dann zielführend. Ich habe zwei andere Internisten aufgesucht, und der hat den richtigen Weg eingeschlagen. Nicht, dass ich wollte, dass ich krank bin, aber ich wollte wissen, was ich habe. Und dann ist das Ganze ins Rollen gekommen und somit die Diagnose gestellt worden.

selpers: Was hat die Diagnose Morbus Fabry bei Ihnen verändert?

Willibald Koglbauer: Es hat sich schon einiges verändert durch die Diagnose Morbus Fabry. Ich lebe das Leben jetzt bewusster, weil sonst glaubt man immer, man ist unsterblich. Das geht Tag für Tag so weiter. Aber durch die Krankheit Morbus Fabry ist das bei uns leider so, dass man 20 Jahre weniger Lebenserwartung hat. Am Anfang ist es natürlich wie ein Schlag mit dem Hammer, wenn man die Diagnose bekommt. Aber ich bin da sehr gefasst gewesen nach einiger Zeit und lebe mein Leben jetzt intensiver. Eigentlich geht die Krankheit, ich will nicht sagen an mir vorbei, aber ich lebe gut damit und genieße das Leben viel mehr. Ich schiebe nicht die Dinge, die ich machen will, auf die lange Bank. Ich mache das jetzt zu dieser Zeit. Denn man weiß nie, was morgen ist. Das geht bei Gesunden genauso. Die wissen auch nicht, wie es morgen ist. Das ist meine Devise: Alles so schnell oder bald zu machen, weil man nie weiß, wann es zu Ende geht.

selpers: Was hat Ihnen geholfen, als Sie die Diagnose Morbus Fabry bekommen haben?

Willibald Koglbauer: Sehr geholfen hat mir bei der Diagnose Morbus Fabry meine positive Einstellung generell zum Leben, zu allem. Kein negativ denkender Mensch. Das gibt es bei mir nicht. Ich bin ein Mensch, wenn ich was zum Beispiel mache, irgendwas bewerkstelligen will, bei mir gibt es das Wort nicht „Das geht nicht.“ Es geht alles im Leben. Man muss es nur wollen. Und bei der Krankheit verhält sich das ähnlich. Ich habe sie, ich habe das akzeptiert. Das muss man akzeptieren, das ist bestätigt. Aber wie gesagt, ich habe dann zu mir selbst gefunden, habe gesagt: „Ja, ich habe es. Ich versuche, die Behandlung zu machen. Ich weiß, dass es nicht heilbar ist, aber es kann lebensverlängernd sein oder die Krankheit stoppen.“ Wie immer, was auch rauskommt, ich kann das nicht sagen. Ich fühle mich zurzeit recht gut. Vielleicht nicht alle Tage, aber ich lebe wirklich sehr gut mit der Krankheit durch meine Einstellung. Das hat nicht jeder so.

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selpers: Wie kann die Anbindung an eine Selbsthilfegruppe zum Wohlbefinden einer/eines Betroffenen beitragen?

Willibald Koglbauer: Also ich kann nur jedem, welcher wirklich die Diagnose Morbus Fabry hat, empfehlen, auch eine Selbsthilfegruppe aufzusuchen. In dem Fall natürlich Morbus-Fabry-Selbsthilfegruppe. Man ist nicht alleine. Man weiß, es gibt auch andere. Und in der Gruppe ist man wie eine große Familie. Wir haben einmal jährlich ein Meeting, ein Treffen mit Fachärzten, wo wir Informationen bekommen. Und die Patienten können sich untereinander austauschen. Und das ist ganz eine wichtige Sache, weil jeder hat irgendwo Probleme durch die Erkrankung und kann den anderen Tipps geben. Es ist sehr, sehr positiv, zu dieser Selbsthilfegruppe zu gehen. Und man fühlt sich gut aufgehoben.

selpers: Welche Art von Unterstützung bieten Selbsthilfegruppen für Menschen mit chronischen Erkrankungen?

Willibald Koglbauer: Ich kann von unserer Selbsthilfegruppe sagen, welche Unterstützung wir den Patienten oder den Betroffenen bieten: Wir fördern die medizinische und soziale Versorgung von Patienten und deren Angehörigen. Wir versuchen, Kontakte herzustellen zu anderen Patienten zum Erfahrungsaustausch. Das ist ein ganz wichtiger Aspekt. Und genauso fördern wir wissenschaftliche Arbeiten im medizinischen Bereich, welche dann natürlich auch gespeichert werden. Und Interessensvertretung wird durchgeführt bei den Kostenträgern, bei Ärzten und bei Pharmaunternehmen.

selpers: Wie bereiten Sie sich auf ein Arztgespräch vor? Nehmen Sie jemanden zu Ihren Arztbesuchen mit?

Willibald Koglbauer: Natürlich hat man im Vorfeld schon manchmal Fragen. Zumindest ich. Es gibt Leute, die haben nie Fragen. Die sagen immer: „Der Arzt weiß schon, was er tut.“ Ja, das stimmt schon. Aber es ist unser Recht. Und es ist auch wichtig zu fragen. Denn wenn man kein Interesse zeigt, ist das ganz, ganz schlecht. Da kümmert sich vielleicht der Arzt gar nicht mehr so um einen.

Wenn ich zum Arzt reinkomme, wo ich eben vom Befund doch einiges wissen will. Ich verstehe das Medizinische nicht immer ganz, und er muss es mir so erklären, dass ich es als Nichtmediziner auch verstehe. Denn ich will die Vorgänge dieser Erkrankung in meinem Körper kennen, weil ich meinen Körper selbst gut kenne. Und ich kann das dann besser deuten und in meinem Leben auch einbauen. Und daher stelle ich immer wieder Fragen.

selpers: Haben Sie aktuell Symptome und wie gehen Sie damit um?

Willibald Koglbauer: Ja, ich habe aktuelle Symptome. Und zwar ist das kardial, das Herz betreffend. Mit dem hat es eigentlich angefangen bei mir mit Morbus Fabry, weil das Herz schon geschädigt ist durch diese Erkrankung. Und aktuell sieht die Situation so aus: Bei den Check-ups sehe ich dann immer, wie weit es fortgeschritten ist. Beim letzten Check-up ist leider rausgekommen, dass es scheinbar fortschreitet. Wie schnell, kann ich nicht sagen. Natürlich wird man dann etwas nachdenklich, aber ich mache die Behandlung trotz alldem weiter.

selpers: Was ist Ihr persönlicher Tipp, den Sie Morbus-Fabry-Patient:innen mit auf den Weg geben möchten?

Willibald Koglbauer: Mein Tipp für Morbus-Fabry-Patienten ist, wie ich vielleicht schon einmal erwähnt habe: Positiv denken, nicht den Kopf hängen lassen. Natürlich, bei Diagnosestellung geht das einmal nicht. Da ist man mal einige Tage down. Aber man soll sich wieder am Riemen reißen. Das Leben geht weiter. Das endet nicht mit der Diagnose. Das endet viel später. Und wirklich versuchen, nicht permanent über die Erkrankung zu reden und schauen, dass man Dinge des Lebens genießt. Es gibt so viele schöne Dinge. Man darf auch nicht immer die Nachrichten hören. Man muss sich auf Sachen konzentrieren, die man gerne macht. Das hilft einem bei der Krankheitsbewältigung, wenn man schöne Dinge erlebt und die Zeit genießt, sich Zeit nimmt. Das ist ganz wichtig. Und Sie werden sehen, oder die Patienten werden sehen: Es geht einem, wenn man es kann, dann auch besser.

Was ich jedem empfehlen kann, jedem Fabry-Patienten: wirklich die Therapie auch zu machen. Nicht nur Diagnose Morbus Fabry zu bekommen und nichts dagegen unternehmen. Ich kenne auch Leute, die haben es abgebrochen, weil sie vielleicht nicht den gewünschten Erfolg hatten, was auch immer. Aber bitte versucht es, denn ich kann es aus Erfahrung sagen: Mir geht es mit der Behandlung besser. Mir geht es besser dadurch, dass ich bei der Selbsthilfegruppe bin. Ich habe Leute kennengelernt, die dieselbe Erkrankung haben; und die Behandlung dazu – ich fühle mich auch gut aufgehoben und habe auch eine gute Lebensqualität.

Fast so wie ohne Fabry – zurzeit noch, aber möglicherweise, und ich glaube, dass es auch geholfen hat, ist die Krankheit schon verlangsamt worden durch die Behandlung. Ich hoffe natürlich, dass sie gestoppt wird und ich noch länger genießen kann auf dieser Welt.

Herzlichen Dank für das Interview!

Willibald Koglbauer
Willibald Koglbauer ist 65 Jahre alt und erhielt im April 2014 die Diagnose „Morbus Fabry“. Heute ist er Obmann der Morbus Fabry Selbsthilfegruppe in Österreich.

Interview wurde geführt von:  selpers Redaktion

Bildnachweis: Willibald Koglbauer