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Wie Corona die Arzt-Patienten-Kommunikation verändert

Die Covid-19-Pandemie bringt nicht nur Verunsicherung, sie zeigt auch neue Wege auf.

Leere Praxen mit einem Patientenrückgang von bis zu minus 50 Prozent, abgesagte Vorsorgeuntersuchungen, verschobene Routinekontrollen und ausgesetzte Rehabilitationsmaßnahmen. Die gesundheitlichen Kollateralschäden durch den Lockdown, der auch das Gesundheitssystem massiv betraf, sind nicht abzuschätzen. Viele akut oder chronisch kranke Menschen wussten nicht, wohin sie sich wenden sollten und blieben zuhause. Wie viele dadurch Folgeschäden davontrugen, ist nicht abzusehen.

Diese Umstände lenken die Aufmerksamkeit auf die Betreuung vor allem chronisch kranker Menschen, auch – aber nicht nur – in Zeiten einer Krise. Telemedizinische Ansätze bekommen durch die aktuelle Pandemie Aufwind.

Digitaler Austausch zwischen ÄrztInnen und PatientInnen

Die Telemedizin ist eine junge, in Entwicklung begriffene Disziplin. Ende 2017 nutzten nur knapp 2 Prozent der ÄrztInnen eine Videosprechstunde, heute bietet jeder zweite Arzt bzw. jede zweite Ärztin diese Möglichkeit an. 93 Prozent der PatientInnen sprechen sich für einen Ausbau der digitalen Gesundheitsversorgung aus, vor allem für ärztliche geprüfte Informationen, Beratung und Video-Sprechstunden. Besonders für chronisch kranke Menschen, die in ihrem Aktivitätsradius oft eingeschränkt sind, eröffnen digitale Kommunikationswege neue Möglichkeiten.

Das wachsende Engagement der PatientInnen und die mögliche Entlastung der Akteure im Gesundheitssystem bewirken in Ärzteschaft und Politik ein Umdenken. Deutschlands größter Klinikbetreiber forciert den Aufbau einer universellen digitalen Plattform für Patienten, und das nationale Gesundheitsportal des Bundesgesundheitsministeriums, auf dem sich BürgerInnen verlässlich über Themen rund um Gesundheit informieren können, läuft im Probebetrieb. Von der Telegesundheitsdienste-Kommission (TGDK) im Österreichischen Gesundheitsministerium wurden schon vor mehreren Jahren Empfehlungen erarbeitet, damit für den Ausbau von Digital Health auch in Österreich der Grundstein gelegt ist.

Digitale Patienteninformation

Die digitale Informationsbeschaffung im Internet gewinnt ständig an Bedeutung und hat durch die Corona-Pandemie weiter an Gewicht gewonnen. Schon jetzt sucht mehr als die Hälfte der deutschsprachigen Internetnutzer mindestens einmal im Monat online Informationen über Gesundheitsthemen. 58 Prozent von ihnen informieren sich vor einem Arztbesuch, 62 Prozent nach dem Arztbesuch im Netz.

„Der erste Schritt ist, die Patienten zu empowern, dass sie sich einerseits informieren und andererseits ihre Bedürfnisse artikulieren“, sagt Iris Herscovici, Mitbegründerin von selpers.com, einer Plattform zur Patienteninformation, die Gesundheitsinformationen in Form von kostenlosen und barrierearmen Patientenschulungen zur Verfügung stellt. „Es ist wichtig, die Lebensrealität der Menschen wahrzunehmen und zu erkennen, welche Informationen sie wirklich benötigen.“

Bislang ermuntern nur wenige ÄrztInnen ihre PatientInnen zu eigener Recherche oder geben Empfehlungen, auf welchen Websites sie sich vertiefend informieren können. Doch PatientInnen wollen zunehmend Bescheid wissen, wollen bezüglich ihrer Erkrankung informiert sein, sich miteinander austauschen und aktiv an Behandlungsprozessen teilhaben. Was bedeutet meine Erkrankung, zu welchem Arzt gehe ich, welches Krankenhaus ist das richtige und welche Therapie die beste? Digitale Information kann nicht nur die Selbstbestimmung der PatientInnen, sondern auch die während einer Therapie so wichtige Adhärenz fördern.

Die Chance ergreifen

Mit einem umfassenden Online-Angebot wären viele PatientInnen während des Corona-Lockdowns besser betreut gewesen. Andererseits hat die Unmöglichkeit, einen Arzt aufzusuchen, der Frage zu breiter Öffentlichkeit verholfen, ob PatientInnen wirklich in jeder Angelegenheit einen Arzt aufsuchen sollen oder müssen. Telemedizinische Ansätze können – zusätzlich zum unersetzlichen Arztbesuch – auch abseits einer Krise für PatientInnen wie ÄrztInnen eine wertvolle Bereicherung sein. Digital Health kann den Patienten-Arzt-Austausch beschleunigen, Wartezimmer entlasten, Medikamentenverschreibungen erleichtern und chronisch kranken Menschen das Aufrechterhalten des Kontakts zu ihren betreuenden ÄrztInnen ermöglichen. Gemeinsam mit fundierter Patienteninformation eröffnet sich daraus die Chance, Patientenbetreuung neu zu denken.

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Autorin: Dr. med. Iris Herscovici

Bildnachweis: Rido81