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Gewitter im Kopf – Leben mit Epilepsie

Zeit um dankbar zu sein

Leonie ist 22 Jahre alt und hat vor sieben Jahren die Diagnose Epilepsie erhalten. Auf Instagram setzt sie sich für andere Betroffene ein und teilt ihre eigene Krankheitsgeschichte. Im Gastbeitrag mit selpers klärt sie über ihre Erkrankung auf und gibt hilfreiche Tipps für andere Betroffene.

Im Alter von neun Jahren (2008) hat alles angefangen. Ich fühlte mich oft komisch. Mir wurde schlecht und ich hatte dieses Gefühl etwas schon mal erlebt zu haben. Dieses Gefühl konnte ich damals nicht beschreiben, habe es aber versucht. Allerdings haben meine Eltern sowie der Kinderarzt es nicht so ernstgenommen. Klar, die Kleine hat einfach eine blühende Fantasie.

Vier Jahre später fuhr ich zu einer Kur. In diesen vier Jahren erlebte ich immer wieder diese Momente, aber ich hatte mich dran gewöhnt. Es schien ja nicht so schlimm. Da ich auch immer von Kopfschmerzen geplagt wurde, wurde dort ein EEG (Elektroenzephalogramm) durchgeführt. Es war auffällig. Auffällig, da es epileptische Aktivität gab. Ich sollte mich bei einem Neurologen vorstellen, wenn ich wieder zurück war.

Noch bevor ich den Termin beim Neurologen hatte, hatte ich meinen ersten großen Anfall, auch Grand mal genannt. Es war einer dieser Anfälle, der wohl am meisten bekannt bei Epilepsie ist. Ich wurde bewusstlos, habe gezuckt, gezittert und meine Lippen wurden blau. Ich wurde ins Krankenhaus gebracht und es folgten Untersuchungen. Ich wurde im Kinderkrankenhaus sowie ambulant beim Kinderneurologen betreut. Trotz mehrere Hinweise auf Epilepsie wurde immer nur von Migräne gesprochen. Zu diesen Hinweisen zählte dieses zu Beginn beschriebene Gefühl. Das nennt sich Aura und ist ein einfach-fokaler Anfall. Ich erlebe diese mit Übelkeit und einem Deja-vu Erlebnis.
Mein EEG war auch mehrmals auffällig. Mit 16 durfte ich endlich zu einer Neurologin „für Erwachsene“ und die hat dann endgültig Epilepsie diagnostiziert und es konnte eine gezielte Therapie angefangen werden. In den letzten sieben Jahren hatte ich zehn Grand mal Anfälle. Zur Zeit bin ich Grand mal frei, aber erlebe mehrmals pro Monat noch Auren. Das heißt, ich bin nicht anfallsfrei und das ist bezogen auf mehrere Punkte, wie Dosisverringerung der Medikamente und auch Autofahren ist sehr ungünstig.

Was ist Epilepsie?

Epilepsie ist eine Erkrankung des zentralen Nervensystems. Bei einem epileptischen Anfall geben Nervenzellen zu viele Signale auf einmal ab. Es gibt unterschiedliche Anfallsarten und Epilepsieformen, wie generalisierte oder fokale Anfälle und verschiedene Epilepsie-Syndrome.
Eine Epilepsie kann verschiedene Ursachsen haben. Dazu zählen Schädel-Hirn-Trauma, Schlaganfälle oder Tumore. Epilepsie kann auch eine unbekannte Ursache (idiopathisch) haben.
Die Diagnostik erfolgt über EEGs, MRTs, Anfallsbeschreibungen, Familienanamnese sowie manchmal auch über eine Lumbalpunktion.
Behandelt werden Epilepsien meist mit Antiepileptika. Manchmal ist auch eine Operation am Gehirn oder das Einsetzen eines Geräts zur Stimulation des Nervensystems nötig.

Kostenlose Online-Schulungen zu Epilepsie

Die Epilepsie ist eine häufige neurologische Erkrankung. Etwa jede/r Zehnte erlebt mindestens einmal im Leben einen epileptischen Anfall. Dank moderner Bildgebungsverfahren und Medikation lässt sich eine Epilepsie heute in aller Regel sicher diagnostizieren und gut behandeln. Unsere Schulungen wurden zusammen mit medizinischen Experten entwickelt. Jetzt informieren auf https://selpers.com/epilepsie/

Epilepsie im Alltag

Zu meinem Alltag gehört das tägliche Tablettennehmen, aber auch ab und zu die Arzttermine und Auren.
Nebenwirkungen der Epilepsie und Medikamente, wie Müdigkeit, Konzentrations- und Gedächtnisprobleme habe ich auch und leider kann ich wenig dagegen tun. Ich muss es aber akzeptieren.
Dennoch lebe ich, so gut es geht, weiter wie vor der Diagnose. Das ist mir auch sehr wichtig.
Ich bin auf meinem Instagram-Blog und in zwei Projektgruppen sehr aktiv. Die eine Gruppe ist von der Jungen Selbsthilfe der Deutschen Epilepsievereinigung. Aktuell machen wir ein Filmprojekt, um die Aufklärung über Epilepsie voranzutreiben. Die andere Gruppe ist vom International Bureau of Epilepsy (IBE), wo ich bei einem Projekt über Epilepsie und Schwangerschaft teilnehme. Was oft den Alltag zu nicht-epilepsiekranken unterscheidet?
Ich darf nicht Autofahren. Ich bin froh über einen einigermaßen guten ÖPNV, wo ich wohne. Allerdings bin ich dort auch total drauf angewiesen, was mich des Öfteren wirklich ärgert.

Tipps für den Alltag mit Epilepsie

1) Akzeptanz ist ein großer und schwieriger Punkt bei chronischen Erkrankungen.
Die Frage: Wieso ich? Sobald man diesen Punkt überwunden hat, wird es deutlich einfacher.
Ich habe es damals einfach so „hingenommen“ und bin sehr gut damit klar gekommen. Denn ich kann ja auch gar nichts für meine Erkrankung!
2) Trigger kennen und vermeiden! Zu meinen Triggern gehören Alkohol, Stress und Schlafmangel. Dies zu vermeiden, ist leichter gesagt als getan, ich weiß. Ich bin auch dauergestresst und wirklich immer müde. Trotzdem ist es wichtig sich Zeit zu nehmen und sich auszuruhen.
3) Bei Unzufriedenheit/Unsicherheit bei Ärzten und vor allem Neurologen ist es wirklich ratsam sich nochmal einen anderen zu suchen und deren Meinung zu hören. Gerade auch bezüglich andere Untersuchungs-/Behandlungs- und Ursachenfindungsmethoden. Ich habe mehrmals gewechselt und jetzt bin ich wirklich zufrieden. Das macht alles auch so viel einfacher und angenehmer.
4) Traut Euch! Man hört oft, bei Epilepsie sollen manche Dinge komplett unterlassen werden. Dazu gehört zum Beispiel schwimmen, klettern, Autofahren und so weiter. Wenn die Anfallssituation es zulässt, kann alles davon getan werden. Solche Sachen kann man auch immer mit dem Neurologen besprechen.
5) Aufklären! Leider gibt es immer noch sehr viele Vorurteile und Unwissenheit bei vielen chronischen Erkrankungen, wozu auch Epilepsie gehört. Aufklärung kann auf verschiedenen Wegen, wie Social Media, Interviews, Zeitung, Radio, Projekte und sogar nur das Sprechen mit Freunden/Verwandten, geschehen.
Mit meiner Instagram-Seite und den Projekten arbeite ich auch immer daran, andere aufzuklären.
6) Lasst Euch nicht entmutigen! Auch wenn eine schlechte Phase mal lange andauert, sie geht vorbei.

Ich freue mich sehr, dass ich hier meine Geschichte sowie etwas Wissen und Tipps teilen durfte. Wer Lust hat mich weiterzuverfolgen, kann mir gerne auf Instagram folgen.
Ich freue mich immer über Nachrichten und den Austausch. Egal ob es Menschen mit Epilepsie, Menschen mit anderen Erkrankungen und Menschen ohne Erkrankungen sind.

Leonie

Leonie ist 22 Jahre alt, arbeitet aktuell als Ingenieurin und macht bald ihren Master in nachwachsende Rohstoffe und erneuerbare Energien. Seit sieben Jahren hat sie die Diagnose Epilepsie. Auf Instagram teilt Sie Ihre Geschichte und Erfahrungen und klärt über ihre Erkrankung auf.

Hier finden Sie Leonies Instagram

Autorin: Leonie

Bildnachweis: Leonie