MRD-Negativität als Ziel in der Behandlung von Blutkrebs
Als minimale Resterkrankung (MRD) werden geringste Mengen an Krebszellen bezeichnet, die nach einer Behandlung im Blut oder Knochenmark der Patientin/des Patienten zurückbleiben. Da diese wenigen Zellen nachwachsen können, sind sie der Hauptgrund für Rückfälle bei verschiedensten Arten von Blutkrebs. Das Entfernen auch dieser letzten Spuren von Krebszellen ist somit das langfristige Therapieziel.
MRD-Negativität in der Therapie
Eine Patientin/ein Patient befindet sich in Remission wenn die Behandlung anspricht und der Krebs zurückgeht, die Anzahl der verbliebenen Krebszellen im Körper gibt dabei Auskunft über den Fortschritt der Therapie. Bei einer vollständigen Remission ist mit Standardtests kein Krebs mehr nachweisbar und die Patientin/der Patient ohne Symptome. Die unentdeckten Restzellen können sich jedoch weiterhin vermehren und zu Rezidiven führen. Dies nennt man minimale Resterkrankung oder MRD, aus dem Englischen: „minimal residual disease“. Teilweise wird heute auch die Bezeichnung „measurable residual disease“, also messbare Resterkrankung, bevorzugt. In jahrzehntelanger Forschung sind Medizintechnik und Nachweismethoden so weit verbessert worden, dass heute eine kranke in bis zu 1 000 000 gesunden Zellen gefunden werden kann. Sind selbst mit diesen modernsten Labormethoden keine Krebszellen nachzuweisen, spricht man von MRD-Negativität. Dieser Status ist somit ein guter Indikator für verlängertes rückfallfreies Überleben.
Es gibt verschiedene Arten von Blutkrebs
Blutkrebs ist weltweit die fünfthäufigste krebsbedingte Todesursache mit unterschiedlichen Unterformen. Am verbreitetsten sind die chronisch lymphatische Leukämie (CLL) und Lymphome wie das Non-Hodgkin-Lymphom (NHL). Andere Typen wie Myelome sind dagegen eher seltener. Die damit einhergehenden verschiedenen Eigenschaften bewirken auch Abweichungen in der Behandlung und Diagnose. Bei aggressiven Erkrankungen wie der akuten myeloischen Leukämie (AML) oder der akuten lymphatischen Leukämie (ALL) ist MRD-Negativität das endgültige Ziel der Behandlung, da ansonsten mit einem Rückfall (Rezidiv) zu rechnen ist. Auch bei PatientInnen mit CLL wird der Status der MRD-Negativität zu erreichen versucht.
Im Gegensatz dazu steht bei indolentem, also langsam wachsendem, NHL wie z.B. follikulärem Lymphom (FL), häufig das Erhalten der Lebensqualität im Vordergrund. Solange der Krebs hier in Schach gehalten wird, sind weitere Behandlungsschritte für eine gewisse Zeit oft nicht nötig. Bei der chronisch myeloischen Leukämie (CML) wird heute sogar davon ausgegangen, dass immer ein gewisser Rest an Krebszellen nachweisbar bleibt, also eben die sogenannte MRD. Das Ziel der Behandlung liegt daher in einem möglichst weitgehenden bis vollständigen Zurückdrängen der Symptome und der Krankheitsaktivität.
Bedeutung der MRD-Negativität
Im Gegensatz zu Beschreibungen über die rückfallsfreie Zeit oder das Fehlen von Symptomen, ist MRD-Negativität ein zuverlässigerer Marker über das Ansprechen einer Behandlung. Sie erlaubt auch bessere Prognosen zum weiteren Verlauf der Erkrankung, d.h. Remission (Rückgang der Krankheit) oder Rezidiv (Rückfall). MRD-Negativität ist also ein besseres und stabileres Zeichen für Heilung als dies bei früheren Definitionen der Fall war. Ausschließlich für bestimmte Formen von Blutkrebs ist MRD-Negativität dagegen nach heutiger medizinischer Einschätzung nur selten bis gar nicht erreichbar und somit nicht das endgültige Ziel der Therapie. Es sollte auch stets beachtet werden, dass jede Diagnose nur so gut ist, wie die dahinterstehenden Technologien und diese immer noch weiterentwickelt werden. Es gibt daher auch Stimmen, wie Dr. Richard M. Stone von der Harvard Medical School, die dafür plädieren, MRD-Negativität noch nicht als alleiniges Kriterium für die Beurteilung des Therapieerfolgs heranzuziehen, solange es noch Unsicherheiten in den Messmethoden gibt.
Dennoch ermöglicht die Kenntnis über den MRD-Status für alle Typen und Stadien von Blutkrebs eine präzisere medizinische Versorgung. So kann die Aggressivität des Behandlungsverfahrens auf die vorhandene Resterkrankung abgestimmt und mit den Nebenwirkungen abgewogen werden. Weiter verbesserte Nachweismöglichkeiten werden die Bedeutung des Wissens über MRD und MRD-Negativität noch weiter erhöhen.