Angesichts der Corona-Pandemie fühlen sich viele PatientInnen mit COPD verunsichert: Prim. Priv.-Doz. Dr. Bernd Lamprecht wird in seinem Vortrag die neuesten Erkenntnisse zu COPD und Corona erklären und wichtige Fragen beantworten.
Einstieg
Grüß Gott, sehr geehrte Damen und Herren! Mein Name ist Bernd Lamprecht, und ich darf Ihnen nun im Rahmen des virtuellen Patiententages einige Informationen zum Thema COVID-19 und COPD zur Verfügung stellen. Ich möchte gerne eine Präsentation mit Ihnen teilen, die ich jetzt öffnen werde, und einige Gedanken, die darin sind, darstellen, besprechen und hoffentlich auch Ihre Fragen damit möglichst gut beantworten.
COVID-19 & COPD
COVID-19 ist eine Pandemie, die uns nun schon seit mehreren Monaten belastet. Selbstverständlich trifft sie nicht alle Menschen gleich schwer.
Gerade Menschen mit Grunderkrankungen, mit chronischen Erkrankungen haben einen besonders großen Respekt vor dieser Infektionserkrankung, weil eine schwerere Betroffenheit vorstellbar ist.
COVID-19-Verläufe
Wir wissen, dass erfreulicherweise nur ein kleiner Teil aller Infektionen tatsächlich schwer verläuft. Ein größerer Teil hat einen milden oder sogar asymptomatischen Verlauf. Dennoch kann man nicht 100 Prozent vorhersagen, wer einen schweren Verlauf haben wird.
Und daher sind alle Strategien, die dazu beitragen, eine Infektion überhaupt zu vermeiden, ganz besonders wertvoll.
ACE2-Rezeptoren
Wir wissen heute, dass diese Erkrankung an bestimmten Rezeptoren sich besonders stark abspielt. Das heißt, dass das Virus über bestimmte Eintrittspforten in die Zellen gelangen kann, sich in diesen Zellen dann vervielfältigt und bei dieser Vervielfältigung in der Lage ist, auch die Zellen zu zerstören. Dadurch kommt es zu einem Zellschaden und auch zu den Symptomen, die mit dieser Erkrankung einhergehen.
Endothele Zellinfektion
Allerdings kann sich diese Viruserkrankung anschließend auch sehr gut über die Blutbahn ausbreiten und in Blutgefäßen die sogenannte Innenauskleidung, wir nennen das in der Medizin „Endothel“, entzünden. Solche Entzündungen der Blutgefäßinnenwände kann dann mit Gerinnungsstörungen einhergehen. Es können sich Thrombosen und in der Folge auch in Embolien bilden, und dies kann zu Organfunktionsstörungen im gesamten Körper beitragen.
Lungen-Röntgenbild
Besonders hart betroffen ist zumeist die Lunge. Und Sie sehen hier ein sogenanntes Lungen-Röntgenbild,
- bei dem Sie dunkle Flächen sehen, das ist die mit Luft gefüllte Lunge,
- in der Mitte eine größere weiße kompakte Struktur, das ist das Herz.
- Aber Sie sehen auch seitlich, dass diese dunklen Flächen nicht vollständig sind, dass es hier weißliche Verdichtungen gibt, sogenannte Infiltrate, und in diesen Bereichen, diesen Randzonen, hier haben wir entzündliche Veränderungen, die typisch sind für eine COVID-19-Lungenentzündung.
Lungen-CT
Noch deutlicher sieht man dies in der Computertomografie. Hier können Sie ebenfalls Verdichtungen sehen, die es an diesen Stellen fast unmöglich machen, genügend Sauerstoff aufzunehmen und an das Blut abzugeben.
Die natürliche Folge ist Atemnot infolge von Sauerstoffmangel.
Studienergebnisse zu COVID-19 und COPD
Viele Menschen haben sich in den vergangenen Wochen und Monaten gefragt, wie der besondere Zusammenhang zwischen COVID-19 und COPD zu sehen ist. Und hier gibt es eine Reihe von Publikationen, die meisten davon englischsprachig, damit sie auch international verfügbar sind.
Studienergebnisse zu COVID-19 und COPD
In diesen Publikationen werden in erster Linie drei wesentliche Punkte behandelt.
- Einerseits, das ist hier links dargestellt, geht es um mögliche Mechanismen, die die Empfindlichkeit von Menschen mit COPD für eine Coronavirus-Infektion beschreiben sollen. Hier beobachtet man insbesondere die Ausprägung der sogenannten ACE2-Rezeptoren, also jener Eintrittsstellen in die körperlichen Zellen, die für eine Viruserkrankung und dann für die Virusvermehrung verantwortlich sein dürften. Diese ACE2-Rezeptoren sind bei manchen Menschen in höherer Zahl vorhanden, und das kann mit einem erhöhten Risiko für einen schwereren Verlauf einhergehen. Daneben haben gerade Raucher und Menschen mit chronischen Erkrankungen häufig eine etwas reduzierte Abwehr gegenüber Virusinfekten, und das kann auch zu einer stärkeren Betroffenheit beitragen.
- Ein zweiter wichtiger Punkt, der viel Beachtung findet, ist der Einsatz von Kortisonpräparaten. Wir haben in der Anfangsphase großen Respekt davor gehabt, Kortison einzusetzen, weil unklar war, ob Kortison eher einen Vorteil oder einen Nachteil bedeuten kann. Heute weiß man: Inhalative Kortisonpräparate sind jedenfalls sinnvoll und sollten weitergeführt werden, wenn sie schon zuvor für die Behandlung der COPD benötigt wurden. Sie stellen keine Gefahr für ein erhöhtes Infektionsrisiko oder für einen schwereren Verlauf dar.
- Und dann der Verlauf der Erkrankung, rechts dargestellt. Hier wissen wir inzwischen, dass Menschen mit einer eingeschränkten Lungenfunktion zwar kein erhöhtes Risiko haben, an der Coronavirus-Erkrankung zu leiden, aber ein erhöhtes Risiko haben für einen schweren Verlauf. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass bereits vorher nicht so viel Lungenkapazität zur Verfügung steht, dass die Reserven eingeschränkt sind und ein schwererer Verlauf, eine ausgeprägtere Symptomatik, ein Mehr an Atemnot, also höher wahrscheinlich ist. Daher ist es ganz besonders wichtig, dass man bei Bestehen einer chronischen Atemwegserkrankung eine Infektion, so gut es geht, verhindert. Sollte es zu einer kommen, die Symptome unmittelbar ernst nimmt, einen Test durchführen lässt und dann auch gegebenenfalls eine Behandlung in Anspruch nimmt.
GOLD-Empfehlungen I
Auch die globale Initiative für chronische Atemwegserkrankungen, sie nennt sich GOLD, die nahezu jedes Jahr aktuelle Therapieempfehlungen für COPD herausgibt, hat sich mit dem Thema COVID-19 und COPD ausführlich beschäftigt.
Und ich habe Ihnen hier einige wichtige Punkte mitgebracht, die, denke ich für das Verständnis, aber für den Umgang mit der Situation hilfreich sind.
GOLD-Empfehlungen II: Symptome und orale/inhalative Therapie
Hier wird festgehalten, dass Patienten mit COPD mit neu aufgetretenen oder sich verschlimmernden Atemwegssymptomen, mit Fieber oder anderen Symptomen, die mit COVID in Verbindung gebracht werden können, vorstellig werden. Dass die auch dann, wenn diese Symptome mild verlaufen, jedenfalls auf eine Infektion getestet werden sollten. Ich werde nachher noch zeigen, welchen Testmöglichkeiten es gibt. Aber jedenfalls sollte bei Verdacht ein Test durchgeführt werden.
Patienten mit COPD sollen Ihre oralen und inhalativen COPD-Therapien unbedingt wie verschrieben weiterführen. Es gibt keinen Hinweis, dass COPD-Medikamente während der COVID-19-Pandemie ein Problem darstellen. Im Gegenteil: Es gibt Hinweise darauf, dass diese für eine Stabilität der Erkrankung und eine gute Krankheitskontrolle sehr, sehr wertvoll sind.
GOLD-Empfehlungen III: Kontaktreduktion und Information
Die allen Menschen empfohlene Kontaktreduktion, weil Kontakte auch Infektionen erhöhen, ist für Patienten mit chronischen Atemwegserkrankungen natürlich ebenso gültig. Wenn möglich, reduzieren Sie soziale Kontakte, ohne Gefahr zu laufen, eine soziale Isolation zuzulassen. Versuchen Sie, mit vielen Menschen in Kontakt zu bleiben über das Telefon oder andere Medien. Aber reduzieren Sie nach Möglichkeit körperliche Kontakte, bei denen eine Infektionsgefahr besteht. Sorgen Sie auch dafür, dass ausreichend Medikamente für Ihre COPD-Erkrankung zu Hause verfügbar sind und Sie nicht unnötig oft Kontakt zu Ordinationen, Apotheken haben müssen. Versuchen Sie auch, Ihre Informationen aus möglichst seriösen Quellen zu beziehen, in denen nicht Panik verbreitet wird, aber doch auch korrekt informiert wird, wo Gefahren lauern und welche Strategien zu deren Abwendung am besten geeignet sind.
GOLD-Empfehlungen IV: Schützende Strategien und Untersuchungen
Die Behandlung der COPD während der COVID-19-Pandemie soll vor allem schützende Strategien, aber auch bestimmte Untersuchungen erlauben.
Schützende Strategien sind Maßnahmen zur Infektionskontrolle, denen Sie bitte Folge leisten sollten. Versuchen Sie nach Möglichkeit überall dort, wo der Abstand nicht gehalten werden kann, den Mund-Nasen-Schutz zu verwenden. Er dient Ihrem eigenen Schutz. Er dient aber auch dem Schutz der anderen. Durch Kontaktreduktion können Sie einen weiteren Beitrag zum Schutz leisten.
Untersuchungen, wie sie bei Ihrer Erkrankung oft notwendig sind, z.B. die Lungenfunktionsmessung oder Spirometrie, sollte während der COVID-19-Pandemie nur in notwendigen und wichtigen Fällen erfolgen. Weitere Verlaufskontrollen können dann nach Abklingen dieser Pandemie problemlos nachgeholt werden.
GOLD-Empfehlungen V: Medikamentöse und nicht-medikamentöse Therapie
Bei der medikamentösen Therapie, wie erwähnt, haben Sie Sorge, dass ausreichend Medikamente zu Hause verfügbar sind und führen Sie Ihre inhalative Therapie, auch die inhalative Kortisontherapie, so sie notwendig ist, unverändert fort. Sie stabilisiert Ihre Erkrankung und stellt kein erhöhtes Risiko für eine Infektion oder einen schweren Verlauf dar. Im Gegenteil: Sie kann helfen, besser durch die Pandemie zu kommen.
Bei der nicht-medikamentösen Therapie denken Sie natürlich auch an die Auffrischung der Grippeimpfung. Hier ist eine jährliche Impfung empfehlenswert, um einen bestmöglichen Schutz gegen die Grippe zu haben. Die Grippe würde in diesem Jahr ein zusätzliches Risiko darstellen, das man mit einer Impfung bereits vermeiden kann. Versuchen Sie, körperliche Aktivität beizubehalten und damit mit möglichst guter körperlicher Fitness durch diese Wintermonate zu gehen. Bewegen Sie sich nach Möglichkeit an der frischen Luft, ohne sich dabei zu verkühlen.
Testung
Ich habe die Testung angesprochen und erwähnt, dass die Testung jedenfalls bei Auftreten von Symptomen erfolgen sollte, um Sicherheit zu schaffen.
Möglichkeiten der Testung
Wir haben heute mehrere Möglichkeiten der Testung. Hier ist es in Farben und auf der Zeitachse dargestellt.
- Sie sehen in der grauen Linie der Mitte die PCR-Testung, die inzwischen in aller Munde ist, von der Sie bestimmt schon gehört haben. Diese PCR-Testung ist sehr exakt. Sie erfasst eine Virusinfektion bereits in der Frühphase und dann auch noch sehr lange in ihrem Verlauf.
- Daneben gibt es den sogenannten Antigen-Schnelltest. Er ist hier mit der roten Kurve dargestellt. Er hat ein schmäleres Spektrum. Er kann die Erkrankung insbesondere zu jenem Zeitpunkt feststellen, wo eine besonders hohe Viruslast vorherrscht und eine hohe Infektiosität gegeben ist. Allerdings kann er die Erkrankung nicht ganz in der Frühphase und auch nicht so lange beobachten.
- Und schließlich gibt es die sogenannten Antikörpertests. Die Antikörpertests, hier mit den beiden blauen Linien dargestellt, sie zeigen an, ob jemand bereits infiziert gewesen ist und bereits das Immunsystem reagiert und Antikörper gebildet hat. Es ist praktisch eine Art Nachprüfung, ob denn etwas schon erfolgt ist. Diese Antikörper kann man aber natürlich nicht in der akuten Phase der Infektion nachweisen, sondern sie sind erst zwei bis vier Wochen nach der Infektion frühestens nachweisbar.
PCR- und Antigentest
Bei den beiden Tests, die wir in der akuten Phase, also bei vorhandenen Symptomen zur Verfügung haben, dem PCR- und Antigentest, muss man eben unterscheiden, dass die PCR wesentlich genauer, sensitiver ist und der Antigen-Schnelltest, der in wenigen Minuten ein Ergebnis liefert und auch deutlich günstiger ist, nicht so exakt sein kann. Dennoch wird er ausreichend oft eingesetzt. Und wird er in der richtigen Konstellation, also bei Vorliegen von Symptomen eingesetzt, so kann dies sehr wohl zur Diagnostik einen großen Beitrag leisten und Sicherheit vermitteln.
Behandlung
Wie sieht es mit der Behandlung aus? Wenn es denn zu einer Infektion gekommen ist, so wird ein Großteil einen milden Verlauf haben. Viele werden sogar asymptomatisch bleiben, auch wenn sie an einer COPD im Hintergrund leiden.
Sollte es doch einen schwereren Verlauf geben mit zunehmender Atemnot, hohem belastenden Fieber und Kreislaufproblemen, so stehen inzwischen einige wenige Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung.
Remdesivir
Eine Substanz, die in der Frühphase in Betracht kommt, ist eine antivirale Therapie mit dem Wirkstoff Remdesivir. Dieses Präparat wurde ursprünglich für Ebola entwickelt, hat sich dort nicht besonders bewährt und wurde jetzt bei COVID-19 untersucht.
Studie zu Remdesivir bei COVID-19: Design
Ein durchschlagender Erfolg mit einer Heilung der Betroffenen ist hier nicht beobachtbar. Allerdings konnte eine sehr schöne Studie zeigen, wie doppelblind und randomisiert sowie Placebo-kontrolliert durchgeführt wurde, dass hier bei über tausend Patienten, die in diesem Studienrahmen untersucht wurden, eine Verkürzung der Krankheitsdauer zu beobachten war.
Studie zu Remdesivir bei COVID-19: Ergebnis
Das heißt: Jene, die Remdesivir erhielten, waren im Durchschnitt vier bis fünf Tage weniger lang im Krankenhaus als jene, die Placebo erhalten haben.
WHO Solidarity
Dieses Studienergebnis ist nicht in allen Studien reproduzierbar.
Sie haben vielleicht gehört, dass die große, von der WHO organisierte Studie, Solidarity heißt sie, dieses Ergebnis nicht bestätigen konnte.
WHO Solidarity: Ergebnis
Diese Studie, die in 30 Ländern an mehr als 11.000 Personen durchgeführt wurde, hat verschiedene Therapien, und so unter anderem auch Remdesivir untersucht, allerdings das Remdesivir nicht so frühzeitig eingesetzt, wie in der zuerst dargestellten Studie.
WHO Solidarity: Zusammenfassung
Und das mag auch der Grund dafür sein, dass sich in dieser Studie kein wesentlicher Effekt, kein wesentlicher Vorteil der Medikamente gezeigt hat.
Wird das Präparat aber in der Frühphase der Erkrankung und damit rechtzeitig eingesetzt, so gibt es Hinweise für eine Verkürzung der Krankheitsdauer, und das ist schon ein erster Fortschritt in der Behandlung.
Systemisches Kortison
In der zweiten Phase der Erkrankung haben wir gelernt, dass Kortisonpräparate helfen können. Also systemisches Kortison, in Tabletten- oder Infusionsform verabreicht, kann helfen, die überschießende Entzündung, die im Körper stattfindet, zu dämpfen.
Es ist, wie gesagt, kein Medikament für die Frühphase. Dort gehören antivirale Medikamente eingesetzt.
Aber in der zweiten Phase, in der Woche 2 der Erkrankung, wenn immer noch hohes Fieber herrscht, wenn die Entzündung nicht zum Stillstand kommt, ausgeprägte Symptome dies begleiten, dann kann eine Kortisontherapie Wirkung zeigen.
Hier hat sich der Wirkstoff Dexamethason bewährt. Hier werden 6 Milligramm pro Tag für 7 bis 10 Tage verabreicht.
Lösliches ACE2
Eine Therapie, die gegenwärtig noch untersucht wird, auch an Zentren in Österreich, das ist lösliches ACE2, also ein Präparat, das an diesen ACE2-Rezeptoren der Zellen binden kann und dem Virus den Eintritt in diese Zellen versperren kann.
Erste Fallberichte wie dieser hier aus Wien geben Hoffnung, dass dieser Ansatz sehr wirksam sein kann. Größere Ergebnisse stehen noch aus. Wir hoffen, noch vor dem Jahreswechsel die ersten Ergebnisse der 180 bis 200 so behandelten Patienten erfahren zu können.
Rekonvaleszenten-Plasma
Anfangs war große Hoffnung auch mit dem Plasma von Genesenen verbunden. Wir sprechen von Rekonvaleszenten-Plasma. Das ist auch eine tatsächlich mögliche Therapie, die allerdings noch nicht so viel Bestätigung gefunden hat, als sie routinemäßig eingesetzt werden kann. Sie ist gegenwärtig Studien vorbehalten oder sehr ernsten Situationen, in denen alle anderen Therapien schon ausgeschöpft wurden.
Hier werden primär Antikörper übertragen, die jemand gebildet hat, der diese Erkrankung bereits überwunden hat.
Es ist eine Art passive Impfung, wenn man so möchte, denn hier werden Antikörper, die ein anderer gebildet hat, genützt, um die Erkrankung zu beeinflussen.
Impfung
Ein Ansatz, der nach vorne gerichtet ist, ist die Impfung, an der mit Hochdruck gearbeitet wird. Die Impfung soll es ermöglichen, dass das Immunsystem Antikörper bildet, um dann, wenn eine tatsächliche Konfrontation mit dem Virus besteht, besser gewappnet zu sein, also vorbereitet zu sein, um dann die Viruselimination rasch bewerkstelligen zu können.
Impfstoffe
Bei dieser Impfung sind derzeit ganz viele verschiedene Impfstoffe in unterschiedlichen Studienphasen in Untersuchung. Einige davon sind schon in die Phase III vorgerückt, und einige wenige stehen auch tatsächlich schon vor einer Zulassung.
Die Impfstoffentwicklung, die normalerweise mehrere Jahre benötigt, wurde hier in dieser Not massiv beschleunigt. Man hat mit ganz großem Einsatz und auch viel Ressourcen es bewerkstelligen können, das in Monaten zu leisten, was sonst üblicherweise Jahre braucht. Allerdings nicht ohne die Qualität hoch genug anzusetzen. Es wird keine Zulassung in Europa eines Impfstoffes geben, der nicht die Qualitätskriterien und die Sicherheitskriterien erfüllt.
Insofern kann man sich hier auf die Qualitätsüberprüfung durch die Zulassungsbehörden in Europa und den USA bestimmt verlassen.
Impfstoffe in den Ländern
In vielen Ländern sind unterschiedliche Impfstoffe in Erprobung. Sie sehen in den Farbgebungen die Phasen dieser Impfstoffentwicklung, und Sie sehen, dass es auch unterschiedliche Arten von Impfstoffen sind:
- Es gibt Impfstoffe mit ganzem Virus,
- Impfstoffe mit Eiweißmolekülen,
- und es gibt auch sogenannte RNA Impfstoffe, also erbgutbasierte Impfstoffe, die nur die Informationen für Eiweißstoffe übermitteln und in der Folge dem Immunsystem erlauben, eine entsprechende Antwort vorzubereiten, um später gewappnet zu sein, wenn eine tatsächliche Viruserkrankung eintritt.
Post-COVID-Syndrom I
Und abschließend noch ein paar Worte zu den Folgen von COVID.
Die Patienten genesen Gott sei Dank im Regelfall recht rasch, und wir haben bei vielen Nachkontrollen nach 3 Monaten keine Einschränkungen der Lungenfunktion mehr gesehen.
Post-COVID-Syndrom II
Allerdings gibt es auch so etwas wie ein Post-COVID-Syndrom.
Darunter versteht man, dass mehrere Symptome, die dieselbe Ursache haben, auch noch nach Abklingen der akuten Infektion vorhanden sind. So etwas kann bestehen nach schweren Virusinfekten und ist nicht etwas gänzlich Neues.
Post-COVID-Syndrom III: Symptome
Symptome, die das bedeuten, sind im Regelfall
- Müdigkeit und Abgeschlagenheit,
- Atemnot,
- Ängstlichkeit,
- Schlafstörungen
- oder die Folgen von Organschäden, die durch Gerinnungsprobleme/Blutgerinnsel ausgelöst wurden.
- Auch Muskelschwäche nach längerem Aufenthalt in liegender Position, wenig Bewegung
- oder Vernarbungen an der Lunge können eine Folge dieser Viruserkrankung sein.
Alles in allem und nach bisherigen Beobachtungen tritt dies jedoch sehr selten auf. Und in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle kommt es zu einer vollständigen Rückbildung und vollständigen Genesung.
Post-COVID-Syndrom IV: Prävalenzen
Trotzdem haben zum Zeitpunkt der Krankenhausentlassung meist nach 10 bis 14 Tagen noch viele Patienten Symptome, sind also zu diesem frühen Zeitpunkt noch nicht völlig beschwerdefrei, leiden, wie Sie hier sehen, wenn sie von Intensivstationen entlassen werden, das ist in Orange gestellt, oder wenn sie von Normalstation entlassen werden, das ist in Blau dargestellt, noch unter Müdigkeit, Atemnot oder den anderen neurologischen Symptomen, Hustenreiz und auch natürlich körperlicher Schwäche.
Das bedarf dann einerseits Zeit und körperlicher Schonung, aber auch gezielter Rehabilitation.
Rehabilitation
Wir wissen heute, dass durch Rehabilitation, also ein gezieltes Kraft- und Ausdauertraining, meist ärztlich supervidiert, eine deutliche Verbesserung all dieser Symptome eintreten kann. Und einige Rehakliniken in Österreich haben sich inzwischen darauf spezialisiert, Patientinnen und Patienten nach durchgemachter COVID-19-Erkrankung zur Verfügung zu stehen, um wieder an ihre ursprüngliche Leistung anschließen zu können.
Wir werden hier nicht sehr rasch herausfinden, wie lange es braucht, bis sich bei allen Betroffenen die Symptome vollständig zurückbilden. Wir werden es mit der Zeit beobachten können. Jetzt haben wir einige Monate der Beobachtung. Wir werden nächstes Jahr wissen, ob es bei einem Großteil der Patienten nach Rehabilitation wieder zu einer vollständigen Normalisierung der Lungenfunktion kommen kann.
Abschluss
Ich danke an dieser Stelle sehr herzlich für Ihr Interesse
Ihre Fragen
und möchte jetzt die Zeit, die uns noch bleibt, gerne nutzen, um jene Fragen zu beantworten, die ich im Vorfeld von Ihnen übermittelt bekommen habe.
Frage 1: Atemmasken
Die erste Frage, die ich bekommen habe, dreht sich um das Thema der Atemmasken. Es schreibt jemand: Für mich ist es sehr schwierig, eine Atemmaske zu tragen, weil ich an COPD leide und dadurch nicht richtig atmen kann. Gibt es hier Möglichkeiten der Erleichterung?
Die Atemmaske ist ein wichtiger Schutz für Sie selbst, aber auch für Ihre Umgebung. Es gibt wohl Atemmasken mit einem sogenannten Ausatemventil. Dann allerdings ist der Schutz für Ihre Umgebung nicht in vollem Umfang gegeben.
Wichtig wäre also, möglichst Situationen, wo die Maske unbedingt notwendig ist, auf das Minimum zu reduzieren. Dort aber, wo Abstand nicht gehalten werden kann, ist die Maske für Sie selbst und für die Umgebung tatsächlich ein wichtiger Schutz, der durch nichts anderes einwandfrei ersetzt werden kann, auch nicht durch die Gesichtsvisiere.
Frage 2: Inhalative Therapie in Verbindung mit Kortisontabletten
Eine zweite Frage, die mich erreicht hat, ist die Frage nach inhalativer Therapie und einer zusätzlichen Kortisontherapie in Tablettenform, ob dies sinnvoll ist.
Wenn akute Atemnot besteht im Sinne einer sogenannten Exazerbation, also einer akuten Verschlechterung der COPD, dann ist eine Kortisontherapie zu jedem Zeitpunkt gerechtfertigt.
Hier müssen Sie keine Sorge haben, dass es zu einem Problem mit einer möglichen Coronavirus-Infektion kommt. Hier zählt eine bestmögliche Behandlung der Atemnot, eine bestmögliche Kontrolle der chronischen Atemwegserkrankungen.
Also ja: Wenn notwendig im Sinne von ein paar Tagen einer systemischen Kortisontherapie, so ist dies selbstverständlich möglich.
Frage 3: Weitere Besuche bei Lungenfacharzt
Eine weitere Frage ist, ob weitere Besuche beim Lungenfacharzt sinnvoll sind. Es schreibt jemand: Soll ich weiterhin zum Lungenfacharzt gehen, wenn ich Betreuung bezüglich meiner COPD brauche? Ich habe Angst, mich dort anzustecken, weil manche Menschen ihre Symptome verwechseln und nicht mit Corona in Zusammenhang bringen.
Ich empfehle Ihnen, die notwendigen Kontrollen beim Lungenfacharzt wahrzunehmen. Rufen Sie vorher die Ordination an. Fragen Sie nach, ob es möglich ist, zu Zeitpunkten zu kommen, in denen wenig Andrang ist. Tragen Sie die Maske. Halten Sie Abstand und führen Sie die notwendigen Untersuchungen durch.
Die Ärztinnen und Ärzte haben wunderbare Schutzvorrichtungen inzwischen getroffen. Sie wissen um Strategien, um Infektionen in den Ordinationen zu verhindern. Und Sie sind dort, wenn Sie selbst auch auf diese Maßnahmen achten, wie Abstand, Mund-Nasenschutz und Händehygiene, durchaus gut aufgehoben.
Nehmen Sie diese Hilfe, wenn notwendig, in Anspruch.
Frage 4: Folgeschäden an der Lunge durch Corona
Eine weitere Frage ist die Angst, durch eine Infektion mit dem Coronavirus weitere Lungenfunktion zu verlieren.
Das muss nicht sein. Ich selbst habe schon viele COPD-Patienten behandelt, die ihre Coronavirus-Infektion sehr gut überstanden haben. Viele hatten überhaupt einen milden Verlauf. Einige hatten einen schwereren Verlauf. Und dennoch ist es möglich gewesen, ähnlich wie bei einer Exazerbation diese Phase gut zu überwinden und anschließend eine Rehabilitation in Anspruch zu nehmen und wieder zur alten Form aufschließen zu können.
Eine hundertprozentige Sicherheit dafür gibt es natürlich nicht. Es ist schon richtig, dass jemand mit eingeschränkter Lungenfunktion stärkere Symptome verspüren kann und auch unter dieser Virusinfektion stärker betroffen sein kann als jemand mit vollständig erhaltener Lungenfunktion.
Dennoch: Die Chancen für einen milden Verlauf sind auch bei COPD-Erkrankung durchaus gut. Und kommt es zu einem schwereren Verlauf, sind auch hier die Chancen gut, nachher eine vollständige Rückbildung der akuten Infektion und wieder eine Normalisierung der Lungenfunktion auf dem alten Niveau erleben zu können.
Nutzen Sie, wenn notwendig, dazu nach dem Behandlungserfolg der Akuttherapie auch eine Rehabilitation.
Frage 5: Ernährung
Eine weitere Frage dreht sich um das Thema Ernährung: Hilft es, wenn man zur gesunden Ernährung auch Vitamin D3 einnimmt?
Das ist sinnvoll, auch zur Vorbeugung von COPD-Exazerbationen. Allerdings nur, wenn ein Mangel besteht. Besprechen Sie das bitte mit Ihrem Hausarzt, ob es möglich ist, eine Bestimmung Ihres Vitamin-D-Spiegels durchzuführen. Nur dann, wenn ein Mangel besteht, dann macht auch eine zusätzliche Zufuhr wirklich Sinn, sonst ist das nicht empfehlenswert.
Frage 6: Impfplan
Und die letzte Frage ist eine Frage zum Impfplan für COPD-Patienten. Also konkret: welche Impfungen hier empfohlen werden.
- Das ist die bereits im Vortrag erwähnte Impfung gegen die Influenza einerseits. Diese Impfung ist jährlich in den Wintermonaten Oktober, November empfehlenswert.
- Andererseits ist die Impfung gegen die Pneumokokken. Das sind jene Bakterien, die häufig eine Lungenentzündung verursachen können.
- Und es wird im nächsten Jahr im Impfplan auch noch eine Auffrischungsimpfung für Keuchhusten, Pertussis heißt das, dazu kommen. Auch das ist etwas, das für COPD-Patienten eine Rolle spielt und wo viele Menschen im Alter auf Auffrischungsimpfungen vergessen.
Abschluss
Ich hoffe, Ihnen damit einige brauchbare Informationen gegeben zu haben. Ich wünsche Ihnen: Kommen Sie gesund durch diese Zeit. Auf Wiedersehen.
Fr. Dr. Herscovoci
Vielen Dank für diesen wirklich umfassenden Überblick.
Als nächstes geht es um das Thema Schmerz. Oberarzt Dr. Wolfgang Jaksch ist Facharzt für Anästhesie und Intensivmedizin und tätig an der Klinik Ottakring des Wiener Krankenanstaltenverbundes. Und er wird Ihnen erzählen, warum es wichtig ist, auch in Zeiten der Pandemie den Schmerz ernst zu nehmen und wie Schmerzbehandlung in Zeiten wie diesen sichergestellt wird.
Bleiben Sie dran. Es werden am Ende auch viele Fragen beantwortet, die Sie uns im Vorfeld geschickt haben.
Aktuelles zu Coronavirus und COPD
22.11.2020 | 14.30 – 15.00 Uhr
Angesichts der Corona-Pandemie fühlen sich viele PatientInnen mit COPD verunsichert: welche speziellen Maßnahmen sollten Menschen mit chronisch-obstruktiver Bronchitis ergreifen? Welche Erkenntnisse haben die ersten Monate der Pandemie im Zusammenhang mit COPD-PatientInnen geliefert? Was lernen wir daraus für die Zukunft? Auf diese und viele weitere Fragen wird Prim. Priv.-Doz. Dr. Bernd Lamprecht in seinem Vortrag eingehen.
Vortragender
Facharzt für Pneumologie
Prim. Priv.-Doz. Dr. Bernd Lamprecht
Prim. Priv.-Doz. Dr. med. Bernd Lamprecht ist seit 2013 Vorstand der Klinik für Lungenheilkunde am Kepler Universitätsklinikum in Linz. Nach seinem Studium in Innsbruck absolvierte er seine Ausbildung zum Facharzt für Pneumologie in Salzburg. Dozent Lamprecht dient der Medizinischen Fakultät in Linz als Dekan für Studierende und Lehre und ist auch Gastprofessor an der Medizinischen Universität Wien. Seine Expertise ist zudem als gerichtlicher Sachverständiger gefragt.